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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Vakuum Verdünnung


Timm
26.03.09, 16:32
Hi,

vermutlich ist meine Frage uralt und leicht zu klären.

Man verschließe in einem perfekten Vakuum eine Metallbox und vergrößere deren Volumen um einen beliebigen Faktor. Während des gesamten Vorgangs sei die Box hermetisch verschlossen.

Ich gehe davon aus, daß die Volumenvergrößerung keinen Einfluß auf die Quanten Fluktuationen hat. Gesetzt, das Vakuum hat einen gewissen Energieinhalt, dann sollte die in der expandierten Box enthaltene Energie gleich der Energie eines gleich großen Volumens außerhalb der Box sein. Es wäre in der Box also Energie "gewonnen" worden. Falls das so stimmt: Sind denn dieser Energiegewinnung keine Grenzen gesetzt? Man denke an die Expansion des Universums. Falls die Energiedichte trotz Expansion konstant bleibt, woher kommt die zusätzliche Energie?

Gruß, Timm

Bauhof
26.03.09, 18:53
Ich gehe davon aus, daß die Volumenvergrößerung keinen Einfluß auf die Quanten Fluktuationen hat. Gesetzt, das Vakuum hat einen gewissen Energieinhalt, dann sollte die in der expandierten Box enthaltene Energie gleich der Energie eines gleich großen Volumens außerhalb der Box sein. Es wäre in der Box also Energie "gewonnen" worden.

Hallo Timm,

aufgrund welchen Vorgangs soll in der Box Energie "gewonnen" worden sein?

M.f.G. Eugen Bauhof

Timm
26.03.09, 21:58
Hallo Eugen,

klassisch gesehen ist gemäß der idealen Gasgleichung P*V=n*R*T alles klar. Zufolge der diabatischen Expansion nimmt die Temperatur, also die Energiedichte ab.

Gruß, Timm

Timm
26.03.09, 22:01
Tippfehler, es muß natürlich "adiabatisch" heißen, Timm

MCD
26.03.09, 23:12
Hi,

vermutlich ist meine Frage uralt und leicht zu klären.

Man verschließe in einem perfekten Vakuum eine Metallbox und vergrößere deren Volumen um einen beliebigen Faktor. Während des gesamten Vorgangs sei die Box hermetisch verschlossen.

Ich gehe davon aus, daß die Volumenvergrößerung keinen Einfluß auf die Quanten Fluktuationen hat. Gesetzt, das Vakuum hat einen gewissen Energieinhalt, dann sollte die in der expandierten Box enthaltene Energie gleich der Energie eines gleich großen Volumens außerhalb der Box sein. Es wäre in der Box also Energie "gewonnen" worden. Falls das so stimmt: Sind denn dieser Energiegewinnung keine Grenzen gesetzt? Man denke an die Expansion des Universums. Falls die Energiedichte trotz Expansion konstant bleibt, woher kommt die zusätzliche Energie?

Gruß, Timm

Hi Timm,

welche Kraft pumpt denn das Volumen der Box auf -oder wie jetzt?:confused:

Gr.
MCD

Timm
27.03.09, 09:29
Hi MCD,

im klassischen Fall, Gas in der Box, wird bei der adiabatischen Expansion Arbeit geleistet und die Temperatur sinkt gemäß dem Poissonschem Gesetz (nicht Gasgleichung, wie ich fälschlich an Eugen schrieb). Die Energiedichte (Energie/Volumeneinheit), sinkt also.

Im Falle der Vakuum Box findet mit der Außenwelt ebenfalls kein Energie Austausch statt. Die Temperatur sei Innen wie Außen 0 K, die Wellen der virtuellen Teilchen seien durch die Metallwände perfekt abgeschirmt. Ich gehe davon aus, daß bei der Expansion keine Arbeit geleistet wird und die Energiedichte in der Box konstant
bleibt. Die Box enthält also nach der Expansion mehr Energie als vorher. Wie der Casimir Effekt zeigt, handelt es sich um eine real messbare Energie. Woher kommt sie letztlich im Sinne des Energie Erhaltungssatzes?

Die größtmögliche Box ist das expandierende Universum.

Gruß, Timm

Uli
27.03.09, 13:34
Virtuelle Teilchen haben nur dann eine Bedeutung, wenn etwas gemessen wird; wenn es also Teilchen gibt, die detektiert werden (in den Feynman-Graphen spricht man von "äußeren Beinchen"). Bei solchen Prozessen muss man - wenn man sehr genau sein will - höhere Ordnungen der Störungstheorie berücksichtigen und Effekte wie Selbstenergie und Vakuumpolarisation "mitnehmen".

Mehr dazu hier
http://de.wikipedia.org/wiki/Vakuumfluktuation

"Im Formalismus der Feynman-Diagramme werden Vakuumfluktuationen durch Diagramme ohne äußere Linien mit einem offenen Ende beschrieben. Weil die Teilchen, die durch innere Linien beschrieben werden, nicht permanent existieren und Grundlagen der klassischen Physik, wie den Energieerhaltungssatz verletzen, nennt man sie Virtuelle Teilchen. Da virtuelle Teilchen keine Observablen sind, ist ein direkter experimenteller Nachweis von Vakuumfluktuationen nicht möglich."

Dem stimme ich zu; das ist also keine Physik, denn Physik bedingt per definitionem Messbarkeit. Sich das Vakuum als einen See brodelnder virtueller Teilchen vorzustellen, das ist nur ein Bild - eine Interpretation die die Störungstheorie nahezulegen scheint. Das ist aber keine Physik im Sinne messbarer Phänomene.

Diese Korrekturen höherer Ordnung haben sicher nichts damit zu tun, ob du in einer großen oder einer kleinen Box misst. Was soll das alles mit "Energiegewinn" zu tun haben ?
Wie willst du diese angeblich gewonnene Energie nutzen können ?
Unnachweisbarer Energiegewinn ist kein Thema der Physik.

Gruß,
Uli

Timm
27.03.09, 19:30
Danke für die Klarstellung.
Noch zur Energie des Quantenvakuums. Laut Wikipedia ist der Casimir-Effekt ein messbares Indiz dafür. Diese Energie trägt zur Gesamtenergie des Universums bei. Wächst nun dieser Beitrag, wenn das Universum expandiert? Und wenn ja, wie ist das mit dem Energie Erhaltungssatz bezogen auf das gesamte Universum in Einklang zu bringen?

Gruß, Timm

Uli
27.03.09, 19:55
Danke für die Klarstellung.
Noch zur Energie des Quantenvakuums. Laut Wikipedia ist der Casimir-Effekt ein messbares Indiz dafür. Diese Energie trägt zur Gesamtenergie des Universums bei. Wächst nun dieser Beitrag, wenn das Universum expandiert? Und wenn ja, wie ist das mit dem Energie Erhaltungssatz bezogen auf das gesamte Universum in Einklang zu bringen?

Gruß, Timm

Der Energieerhaltungssatz gilt für das gesamte Universum sowieso nicht; in einer gekrümmten Raum-Zeit gilt die Energieerhaltung (nach der Allgemeinen Relativität) nur noch lokal. Das expandierende Universum ist aber ganz klar ein nicht-lokales Phänomen, und so gilt der Energieerhaltungssatz für die Energiebilanz des Universums sicher nicht. Die kosmologische Rotverschiebung ist ein Anzeichen dafür, dass das Universum Energie verliert: ein Stern sendet hochfrequentes, energiereiches Licht aus, das bei uns niederfrequenter - also energieärmer - ankommt. Wo ist diese Energie geblieben ?

Die Sache mit der Energie des Vakuumzustandes finde ich dubios. Es ist ja keine nutzbare Energie in dem Sinne, dass ich sie anzapfen könnte. Energiebilanzen sind in der Physik eh immer nur bis auf additive Konstanten definiert; da ist also eine gewisse Willkür der Wahl. So wählt man in der Quantenfeldtheorie die Energienormierung manchmal so, dass der Vakuumzustand den Nullpunkt darstellt.

Eine ausführliche, aber schon recht anspruchsvolle Diskussion zum Vakuumzustand gibt es beispielsweise hier:
http://abenteuer-universum.de/bb/viewtopic.php?f=55&t=1058

Bei uns im Forum wurde auch schon mal über diese Thematik diskutiert:
http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=67

Gruß,
Uli

Timm
28.03.09, 08:27
Diese Einschränkung des Energieerhaltungssatzes kannte ich nicht, sehr interessant.
Wo bleibt die Energie der rotverschobenen Photonen? Ich habe das bisher schlicht für einen "Verdünnungseffekt" gehalten. Aber das erklärt wahrscheinlich physikalisch gesehen wenig. Den Energieverlust von Photonen im Gravitationsfeld können Physiker wohl schlüssig erklären. Gibt es vielleicht von hier aus nicht doch eine Brücke zur Expansion des Raumes?

Die Links werden mir sicherlich auch weiterhelfen, vielen Dank.

Gruß, Timm

MCD
28.03.09, 13:02
Hi MCD,

im klassischen Fall, Gas in der Box, wird bei der adiabatischen Expansion Arbeit geleistet und die Temperatur sinkt gemäß dem Poissonschem Gesetz (nicht Gasgleichung, wie ich fälschlich an Eugen schrieb). Die Energiedichte (Energie/Volumeneinheit), sinkt also.

Im Falle der Vakuum Box findet mit der Außenwelt ebenfalls kein Energie Austausch statt. Die Temperatur sei Innen wie Außen 0 K, die Wellen der virtuellen Teilchen seien durch die Metallwände perfekt abgeschirmt. Ich gehe davon aus, daß bei der Expansion keine Arbeit geleistet wird und die Energiedichte in der Box konstant
bleibt. Die Box enthält also nach der Expansion mehr Energie als vorher. Wie der Casimir Effekt zeigt, handelt es sich um eine real messbare Energie. Woher kommt sie letztlich im Sinne des Energie Erhaltungssatzes?

Die größtmögliche Box ist das expandierende Universum.

Gruß, Timm

Hi Timm,

für den klassischen Fall (Teilchen in der Box, Vakuum außen) erscheint mir der Sachverhalt klar/logisch.
Die Energiedichte(n) ändern sich bei Volumenvergrößerung der Box (pi > pa), aber doch nicht die Energie des Gesamtsystems (Box + außen)!?
Jene (äußere)Kraft, welche für eine Volumenvergrößerung der Box aufgebracht werden müsste, wäre idealerweise dem Energiegehalt der Box zuzuschlagen.

Wenn aber in der Box auch völliges Vakuum herrscht (pi = pa), frage ich mich immer noch, durch welche Krafteinwirkung sich das Volumen der Box vergrößern sollte?
Das würde doch nur funktionieren, in dem entweder der Vakuumdruck außen noch weiter abgesenkt würde oder in der Box erhöht -> in beiden Fällen ist/war kein absolutes Vakuum vorhanden und die Energieänderung wäre proportional der Druckänderung.

Verstehe bei dem System, unabhängig virtueller Teilchen, Quantenfluktuationen, Feynman-Graphen und Casimir-Effekt, nicht, woraus die zus. Energie resultieren sollte, wenn nicht durch äußer Kraft eingebracht?

Gr.
MCD

Uli
29.03.09, 11:56
Wo bleibt die Energie der rotverschobenen Photonen? Ich habe das bisher schlicht für einen "Verdünnungseffekt" gehalten. Aber das erklärt wahrscheinlich physikalisch gesehen wenig. Den Energieverlust von Photonen im Gravitationsfeld können Physiker wohl schlüssig erklären. Gibt es vielleicht von hier aus nicht doch eine Brücke zur Expansion des Raumes?
..
Gruß, Timm


Diese "Brücke" gibt es ganz sicher, denn die Expansion des Raumes ist ja genau die Ursache dieses Energieverlustes,

Uli

Timm
29.03.09, 18:19
Hi MCD,

Der klassische Fall ist in der Tat sehr übersichtlich, der Expansionsarbeit entspricht exakt die Abkühlung des eingeschlossenen Gases, also strikte Einhaltung des Energieerhaltungssatzes. "Außen" interessiert nicht, da kein Wärmeaustausch mit Umgebung (=adiabatisch).

Nehmen wir für das Vakuum mal statt der Box einen Kolben, versehen mit einem reibungsfrei laufenden Schieber und unterschlagen dessen träge Masse. Es wird also bei einer Volumenvergrößerung keine Arbeit geleistet. Dann sollte auch die eingeschlossene Vakuum Energie unverändert sein, d.h. sie wäre eine Volumen unabhängige Größe. Andererseits ist die Vakuum Energie real, präzise Messungen des Casimir-Effektes sind nahe am berechneten Wert. Gilt der Energieerhaltunssatz zwar lokal, aber nicht für das Quanten Vakuum? Dem von Uli angegebenen Link abenteuer-universum habe ich das unten stehende Zitat entnommen, das die Probleme der Vakuumenergie auf mehr technischer Ebene zeigt. Der Casimir-Effekt spielt bei diesen Betrachtungen keine Rolle, warum?

Gruß, Timm

Zitat:
Re: 6. Das Vakuum, Teilchen und Antiteilchen, virtuelle Teilchen
von tomS » 12.03.2009 22:35

Zur Vakuumenergie: In der QFT (ohne Berücksichtigung der ART) ist die Energieskala lediglich bis auf eine beliebige universelle Konstante definiert; diese wird üblicherweise immer zu Null gesetzt. Der Formalismus der QFT produziert nun Unendlichkeiten (das einfachste Beispiel habe ich oben gezeigt), die über einen mathematischen Trick (Normalordnung, Regularisierung / Renormierung) entfernt werden müssen. Für eine "gewöhnliche" QFT ist das nicht weiter schlimm, denn
a) handelt es sich nicht um eine fundamentale Theorie (zumindest die Quantentheorie der ART / Gravitation fehlt)
b) lediglich Energiedifferenzen sind messbar.

Betrachtet man nun dieselbe Problemstellung in einer Theorie wie der Supersymmetrie oder Supergravitation, die als Kandidaten für eine vereinheitlichte Theorie gehandelt werden, so sieht die Sache anders aus, denn hier erwartet man, dass auch die Vorhersage der Energiedichte des Vakuums einen korrekten (oder zumindest realistischen) Wert liefert. Nun mass man zwei Fälle unterscheiden: Theorien mit ungebrochener und solche mit gebrochener Supersymmetrie. Erstere produzieren üblicherweise (durch gegenseitige Aufhebung verschiedener divergenter Beiträge) eine Vakuum-Energiedichte von exakt Null. Letztere produzieren durch die Brechung der Supersymmetrie (durch einen Higss-ähnlichen Effekt) eine Vakuumenergiedichte ungleich Null. Leider ist diese um ca. 120 Größenordnungen, d.h. um einen Faktor 10120 falsch - bezogen auf die Abschätzung der Energiedichte des Vakuums bzw. der DE.

Damit steht die theoretische Physik vor dem Problem, dass sie für die Vakuumenergiedichte keine realistischen Wert sowie nicht einmal ansatzweise einen vernünftigen Mechanismus parat hat!Tom

Zitat Ende

Timm
30.03.09, 14:25
Diese "Brücke" gibt es ganz sicher, denn die Expansion des Raumes ist ja genau die Ursache dieses Energieverlustes,

Uli

Jetzt möchte ich Dich bitten, mein Mißverständnis aufzuklären. Du beziehst Dich doch mit "
Ursache dieses Energieverlustes" nicht auf die von mir angesprochenen gravitative Rotverschiebung? Laut Wikipedia liegt dieser die SRT (Zeitdilatation) zugrunde, also etwas grundsätzlich anderes als die kosmologische Rotverschiebung.
Das Thema fesselt mich auch wegen dieses ominösen Photons auf dem Ereignishorizont eines schwarzen Loches. Es bewegt sich lokal mit c radial nach außen, während es dort stationär verharrt. Hier wird als Brücke angeboten, z.B. von Harrison in "Kosmologie", der Raum ströme an dieser Stelle mit c in das SL. Toll, schon kann ich mich erleichtert zurücklehnen.
Ich würde mich freuen, wenn Du zu dieser Beruhigungspille noch etwas sagen könntest, auch wenn wir uns vom eigentlichen Thema weit entfert haben.

Gruß, Timm

Uli
30.03.09, 14:50
Jetzt möchte ich Dich bitten, mein Mißverständnis aufzuklären. Du beziehst Dich doch mit "
Ursache dieses Energieverlustes" nicht auf die von mir angesprochenen gravitative Rotverschiebung? Laut Wikipedia liegt dieser die SRT (Zeitdilatation) zugrunde, also etwas grundsätzlich anderes als die kosmologische Rotverschiebung.


Da hast du recht und das sollte man auseinanderhalten. Meine Bemerkung oben gilt für die kosmische Expansion und nicht für die gravitative Rotverschiebung.
Sorry für die Verwirrung und Danke für die Korrektur.


Das Thema fesselt mich auch wegen dieses ominösen Photons auf dem Ereignishorizont eines schwarzen Loches. Es bewegt sich lokal mit c radial nach außen, während es dort stationär verharrt. Hier wird als Brücke angeboten, z.B. von Harrison in "Kosmologie", der Raum ströme an dieser Stelle mit c in das SL. Toll, schon kann ich mich erleichtert zurücklehnen.
Ich würde mich freuen, wenn Du zu dieser Beruhigungspille noch etwas sagen könntest, auch wenn wir uns vom eigentlichen Thema weit entfert haben.

Gruß, Timm

Das ist ein nettes Bild mit dem ins SL strömenden Raum. Kannte ich noch nicht.

Ansonsten bin ich leider kein Spezi, was Schwarze Löcher, Kosmologie und ART angeht.

Gruß,
Uli