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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neutrinos, Standardmodell, erweitertes Modell


Jogi
14.04.10, 17:44
Hi EMI.

Neutrinos sind Teilchen, Leptonen mit Spin 1/2, Fermionen.
Klar.
Also Teilchenstrahlung.(?)
(Sag' doch einfach mal ja oder nein, im letzteren Falle würde mich jedoch eine Begründung interessieren.)

Das Positron kommt aus dem Zerfall des Proton, besser aus dem Zerfall des W+.
Ja, das passt.


Den ß+ Zerfall kann es nur im Atomkern geben, da das Proton leichter wie das Neutron ist und deshalb Energiezufuhr braucht, bevor es zerfallen kann.
So:
Photon + p -> n + Positron + Neutrino
Hier hab' ich folgendes Problem:
Das Neutrino bräuchte ich nur, um Leptonen- und Spinzahl-Verletzung zu vermeiden, eine reine Formalität.
Ist die Neutrinoemission für diesen Fall experimentell bestätigt?

oder:
Z° + p -> n + W+ , W+ -> Positron + Neutrino
In diesem Fall sollte das Z°-Boson mit einem benachbarten Nuklid ausgetauscht werden.
Ausgetauscht?
Dann bliebe das Nachbarnuklid, was es war, also entweder ein Proton oder ein Neutron.
Aber es würde nicht umgewandelt.
Jedenfalls nicht beim einfachen Zerfall.
Beim doppelten ß+Zerfall soll es hingegen zwei auslaufende Neutrinos geben, was ja auch Sinn macht.

Für den neutrinolosen, doppelten ß-Zerfall (das wäre dann das Pendant zum oberen Fall, den mit dem einlaufenden Photon) gibt es ja Messungen, die allerdings noch nicht allgemein akzeptiert sind, eben wegen Leptonenzahlverletzung.

Ich fände die Verletzung der Leptonenzahl nicht so schlimm.
Dann käme man vielleicht auch mal in der Frage nach dem solaren Neutrinodefizit und der aus diesem Grund angenommenen Neutrino-Oszillation weiter.


Gruß Jogi

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Dieser Thread wurde als Teil des Threads "Positronen" ausgegliedert.

EMI
14.04.10, 18:13
Ich fände die Verletzung der Leptonenzahl nicht so schlimm.
Dann käme man vielleicht auch mal in der Frage nach dem solaren Neutrinodefizit und der aus diesem Grund angenommenen Neutrino-Oszillation weiter.
Um Gottes willen Jogi,

Die Leptonenzahlerhaltung ist genau so fundamental wie die Erhaltung der Baryonzahl und die Erhaltung der el.Elementarladung Q.
Leptonenzahl L und Baryonzahl B können nur zusammen aus dem Universum verschwinden oder auftauchen.

Q ist im Universum Null, Q=0
(B-L) ist im Universum auch Null, (B-L)=0

Das solare Neutrinodefizit verletzt doch nicht die Leptonenzahl, Jogi.
Zum solaren Neutrinodefizit hatte ich mich letztens erst geäußert.
Das was ich dazu gesagt habe, kann natürlich auch absoluter Quark sein.

Gruß EMI

PS: Ja Jogi, Neutrinos sind Teilchenstrahlung.

Jogi
14.04.10, 20:58
Um Gottes willen :D

Das solare Neutrinodefizit verletzt doch nicht die Leptonenzahl, Jogi.
Unter Zuhilfenahme der Oszillation nicht, deshalb wurde die ja auch postuliert.
Rein von den Messergebnissen her fehlen einfach mehr als die Hälfte der Neutrinos, die rechnerisch aus der Sonne kommen müßten.
Man erkauft die Leptonenzahlerhaltung durch die Oszillation, opfert dafür die Erhaltung der L-Familienzahl.
Also irgendwie ist das Standardmodell hier noch nicht vollständig.


Gruß Jogi

Lambert
14.04.10, 21:39
:D


Unter Zuhilfenahme der Oszillation nicht, deshalb wurde die ja auch postuliert.
Rein von den Messergebnissen her fehlen einfach mehr als die Hälfte der Neutrinos, die rechnerisch aus der Sonne kommen müßten.
Man erkauft die Leptonenzahlerhaltung durch die Oszillation, opfert dafür die Erhaltung der L-Familienzahl.
Also irgendwie ist das Standardmodell hier noch nicht vollständig.


Gruß Jogi

Du hast Recht, Jogi. Vermute ich jedenfalls, denn unser Atommodell braucht dringend eine Korrektur.

Ich auch kann leider durch Blockaden (Elektronen entstehen aus dem Zauberhut der radioaktiven Atomkerne) noch nicht mal anfangen, endlich die Neutrinos an der richtigen Stelle in die Matruschka einzuführen. Hätte ich vor 5 Jahren schon machen wollen, musste dann aber gegen die supersymmetrische Wand der Überzeugungen rennen. So lange die Richtung nicht stimmt, kommt die Physik leider nicht von der Stelle.

Damit die Richtung sich nicht ändert, wird z.B. die Existenz vom Startphänomen (ein Messergebnis!), das DM genannt wird, einfach verneint. Tja...

t Trinken. Hilft.

Gruß,
Lambert

EMI
15.04.10, 02:55
Unter Zuhilfenahme der Oszillation nicht, deshalb wurde die ja auch postuliert.
Rein von den Messergebnissen her fehlen einfach mehr als die Hälfte der Neutrinos, die rechnerisch aus der Sonne kommen müßten.
Man erkauft die Leptonenzahlerhaltung durch die Oszillation, opfert dafür die Erhaltung der L-Familienzahl.
Also irgendwie ist das Standardmodell hier noch nicht vollständig.
Wo könnten die e-Neutrinos, die in der Sonne entstehen und nicht auf der Erde ankommen, dann hin sein, wenn sie sich nicht in µ- und T-Neutrinos "verwandeln", Jogi?
Einfach im Nichts aufgelöst?:confused:
Die L-Familienzahl ist auch bei der CP-Invarianzverletzung nicht erhalten.
Deren Erhalt/Nichterhalt hängt von den B-Nanos ab. IMHO
Eine Asymmetrie in der Supersymmetrie Lambert.;)

Gruß EMI

Lambert
15.04.10, 07:22
@EMI

Die W-Bosonen sind offenbar zu detaillieren. Damit passen Elektronen und Positronen wieder in dem Atomkern, wo sie hingehören. Der englische Wiki-Text betreffs ß-decay ist m. E. etwas deutlicher als der deutsche.

Wie auch immer,
Gruß,
Lambert

Jogi
15.04.10, 14:05
Wo könnten die e-Neutrinos, die in der Sonne entstehen und nicht auf der Erde ankommen, dann hin sein, wenn sie sich nicht in µ- und T-Neutrinos "verwandeln", Jogi?
Eine Möglichkeit wäre, daß sie erst gar nicht entstanden sind.
Neutrinoloser ß-Zerfall, könnte ich mir in der Sonne durchaus vorstellen, da herrscht ein Gravitationsdruck, den wir hier auf der Erde nicht simulieren können.
Damit wäre aber die Leptonenzahl verletzt, und das sehen wir ja nicht so gerne, nä?

Eine Umwandlung oder auch gleich eine Emission als µ- und Tau-Neutrinos kann ich mir auch vorstellen, allerdings müßten die dann ja auch detektierbar sein, imho sogar mit größerer Wahrscheinlichkeit, wenn sie denn stabil wären.
Hier könnte ein Knackpunkt liegen.

Andere Möglichkeit:
Es entstehen halt nicht nur Neutrinos, sondern auch Antineutrinos, das Thema Majorana-Spinoren ist ja noch nicht vom Tisch.
Und die können miteinander annihilieren, zerstrahlen.
Aber auch hier wird die Leptonenzahl verletzt, bei der Emission.

Aber das alles ist ja nur ein Nebenschauplatz, obwohl es schon mit Positronen zu tun hat.
Die entstehen ja auch nur bei diesen Zerfällen.



Gruß Jogi

EMI
15.04.10, 14:33
Eine Möglichkeit wäre, daß sie erst gar nicht entstanden sind.
Klar, diese Möglichkeit ist in Betracht zu ziehen, Jogi,

mit der wäre aber die Leptonenzahlerhaltung nicht verletzt.


Neutrinoloser ß-Zerfall, könnte ich mir in der Sonne durchaus vorstellen...
Mit dem doppelten Neutrinolosen ß-Zerfall sehe ich keineswegs die Leptonenzahlerhaltung verletzt, siehe hierzu meine Diskussion mit @rene:
http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=831


Eine Umwandlung oder auch gleich eine Emission als µ- und Tau-Neutrinos kann ich mir auch vorstellen, allerdings müßten die dann ja auch detektierbar sein, imho sogar mit größerer Wahrscheinlichkeit, wenn sie denn stabil wären.
Soweit ich weiß ist es wohl nicht so einfach Elektronenneutrinos zu detektieren.
Um mehrere Größenordnungen schwieriger ist es, µ- und Tau-Neutrios zu detektieren.
Z.Zt. wird das versucht, gelungen ist es wohl noch nicht, soweit ich gehört habe.
Ich gehe davon aus, das wenn's gelingt, alle 3 Arten fast zu gleichen Teilen von der Sonne zu uns kommen.
Elektronenneutrinos etwas mehr wie 1/3, µ-Neutrinos zu 1/3 und Tau-Neutrinos etwas weniger als 1/3. Wegen deren geringen Masseunterschied.
Erzeugt, in der Sonne, wurden aber nur Elektronenneutrinos. Die "Verwandlung" fand danach auch in der Sonne statt. Auf dem Weg zu uns geht nichts mehr.


Andere Möglichkeit:
Es entstehen halt nicht nur Neutrinos, sondern auch Antineutrinos, das Thema Majorana-Spinoren ist ja noch nicht vom Tisch.
Und die können miteinander annihilieren, zerstrahlen.
Aber auch hier wird die Leptonenzahl verletzt, bei der Emission.
Wie das?:confused:
Wenn diese "Möglichkeit" überhaupt gegeben ist, dann wird doch damit nicht die Leptonenzahlerhaltung verletzt! Wie denn?

Gruß EMI

Nach PS: Es bleibt nur die Möglichkeit der Oszillation "Verwandlung/Umwandlung" übrig, Jogi.IMHO

Timm
15.04.10, 17:28
Andere Möglichkeit:
Es entstehen halt nicht nur Neutrinos, sondern auch Antineutrinos, das Thema Majorana-Spinoren ist ja noch nicht vom Tisch.
Und die können miteinander annihilieren, zerstrahlen.


Jogi, kannst Du mir erklären, was ich mir unter Majorana-Neutrinos vorzustellen habe? Und weshalb gerade dieses Merkmal die Annilihation von Neutrinos ermöglicht?

Gruß, Timm

Jogi
16.04.10, 14:28
Mit dem doppelten Neutrinolosen ß-Zerfall sehe ich keineswegs die Leptonenzahlerhaltung verletzt, siehe hierzu meine Diskussion mit @rene:
http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=831
Ja, wenn man den Neutrinoeinfang hinzunimmt, stimmt die Bilanz wieder.
Das gefällt mir sogar sehr gut, meine Frage nach der Strahlungscharakteristik der Neutrinos zielte genau darauf ab.


Soweit ich weiß ist es wohl nicht so einfach Elektronenneutrinos zu detektieren.
Um mehrere Größenordnungen schwieriger ist es, µ- und Tau-Neutrios zu detektieren.
Das scheint auf den ersten Blick seltsam, aber ich hab' schon eine Vorstellung davon, wie die höhere Masse die Kopplungswahrscheinlichkeit verringert.;)


Erzeugt, in der Sonne, wurden aber nur Elektronenneutrinos. Die "Verwandlung" fand danach auch in der Sonne statt. Auf dem Weg zu uns geht nichts mehr.
Auch das kommt mir sehr entgegen.
Ich hatte immer ein Problem damit, dass die Neutrinos unterwegs, im Vakuum, ihre Massenzustände ändern sollen. Das geht nur in WWs mit Kernfeldern, imho.

Andere Möglichkeit:
Es entstehen halt nicht nur Neutrinos, sondern auch Antineutrinos, das Thema Majorana-Spinoren ist ja noch nicht vom Tisch.
Und die können miteinander annihilieren, zerstrahlen.
Aber auch hier wird die Leptonenzahl verletzt, bei der Emission.

Wie das?:confused:
Wenn diese "Möglichkeit" überhaupt gegeben ist, dann wird doch damit nicht die Leptonenzahlerhaltung verletzt! Wie denn?
Sorry, ich dachte hier nur an den ß-Zerfall.
Da laufen grundsätzlich Elektronen aus, und um deren Leptonenzahl auszugleichen, bedarf es jeweils eines Anti-Elektronneutrinos.
Wenn aber hier auch Elektronneutrinos entstehen, stimmt die Bilanz nicht mehr.
Erst wenn man jeweils einen ß+Zerfall hinzurechnet, bei dem jeweils ein Positron ausläuft, und ebenso Neutrinos und Antineutrinos, gehts in Summa wieder auf.


Gruß Jogi

Jogi
16.04.10, 15:00
Hi Timm.

Jogi, kannst Du mir erklären, was ich mir unter Majorana-Neutrinos vorzustellen habe? Und weshalb gerade dieses Merkmal die Annilihation von Neutrinos ermöglicht?
Klar doch.:D

Bei Neutrinos geht man allgemein von Linkshändigkeit aus. Seltsamerweise (wie ich finde) sowohl bei Neutrinos als auch bei Antineutrinos.
Das ist die Dirac-Sichtweise.
Majorana erlaubt nun aber rechts- und linkshändige Neutrinos, was mir auch viel logischer erscheint, denn dann sind Neutrino und Antineutrino klar unterscheidbar.
Das Neutrino besteht in unserem Modell aus einem (linkshändigen) Elektronstring, dessen Ladung durch einen eingekoppelten, rechtshändigen +Ladungsstring neutralisiert wird.
Die Gesamtrotation bleibt jedoch linkshändig, weil die Länge des Elektronstrings überwiegt.
Beim Antineutrino ist es genau umgekehrt:
Hauptbestandteil ist hier der rechtshändige Positronstring, eingekoppelt ist ein -Ladungsstring.

Kommen sich ein Neutrino und ein Antineutrino nahe genug, können sich die gegensinnig rotierenden Stringabschnitte ineinander verfangen, sich gegenseitig vollends strecken, es entstehen ein oder mehrere Photonen, da muß man auch auf die Spinerhaltung achten.

Wären alle Neutrinos linkshändig, gäb's diese Möglichkeit nicht, weil nur gegensinnige Strings sich gegenseitig strecken.

Noch etwas zur Händigkeit:
Das Standardmodell kennt zwar links- und rechtshändige Elektronen, aber damit ist die E.-pot.-Welle gemeint, nicht der String.
Läuft die E.-pot.-Welle entgegen der Bewegungsrichtung des Elektronstrings (downSpin), erscheint sie im Laborsystem als rechtshändig.


Gruß Jogi

EMI
16.04.10, 15:07
Ich hatte immer ein Problem damit, dass die Neutrinos unterwegs, im Vakuum, ihre Massenzustände ändern sollen. Das geht nur in WWs mit Kernfeldern, imho.
Hallo Jogi,

ich hatte dazu schon mal meine Vorstellungen gepostet.
JoAx hat das dann aus dem "Farbraum" ausgegliedert.
Kann JoAx eigentlich wieder zurück schieben, da dort jetzt ohnehin die Neutrinodiskussion losgebrochen ist.:D
Der Beitrag steht durch die Ausgliederung jetzt so ziemlich verweist da:
Schwierig es kurz zu machen JoAx,

Als Erstes müssen wir mal darstellen was unter Neutrinodefizit zu verstehen ist.
Kurz:
In unserer Sonne werden, wenn unsere Vorstellungen hierzu richtig sind, nur Elektronenneutrinos erzeugt.
Die pro Zeit in der Sonne erzeugten ENeutrinos werden auf der Erde aber nicht nachgewiesen, es kommen hier nur ca. 1/3 davon an.
Bisherige mir dafür bekannte Erklärungen sind:
Entweder unsere Vorstellungen der Erzeugung dieser in der Sonne sind nicht stimmig oder die ENeutrinos verwandeln(oszillieren) sich auf den Weg von der Sonne zu uns.

Ich gehe weder von dem einen noch von dem anderen aus.

Im Bild der Nanos bestehen die el.geladenen Leptonen nur aus A-Nanos.
Die el.neutralen Leptonen (Neutrinos) nur aus B-Nanos.
Die Quarks aus A und B-Nanos.

Die Bindung zwischen AA , BB und AB MUSS unterschiedlich sein!, ansonsten wären die Masseverhältnisse in den 3 Familien immer gleich.
Sprich die "Massenfamilienstufe" der el.geladenen Leptonen wäre gleich der el.neutralen Leptonen und gleich der Quarks.

Ich gehe davon aus, das die AA-Bindung die stärkste, die AB die zweitstärkste und die BB-Bindung die schwächste ist.
Über die Gründe bin ich mir selbst noch nicht klar, das bisher dazu gedachte füllt viele Seiten.

Ein für mich noch ungelöstes Problem ist der Zerfallsmechanismus in die 1.Familie an sich.
Eins zeichnet sich aber dabei ab.
Je größer die Bindung, je größer die Massesprünge, je kürzer die Lebensdauer.
Das heisst, alle 3 Neutrinoarten haben so gut wie keinen Masseunterschied und sind, wenn sie nicht auf ihr Antineutrino treffen äußerst langlebig.
Für das Tauneutrino habe ich mal rund 10^60 Jahre Lebensdauer, bevor es ins Myonneutino zerfällt, berechnet.
Nimm das nicht all zu ernst, ich habe ne Menge Zahlen auf dem Zettel die ich nicht so richtig interpretieren kann.

Nun gut, zurück zu dem Neutrinodefizit.
Wie gesagt, ich gehe davon aus das die BBB-Nanobindung untereinander die schwächste Nanobindung ist und deshalb die Massenverhältnisse der 3 Neutrinoarten untereineinder fast 1 sind.

Die in der Sonne erzeugten ENeutrinos werden auf dem Weg aus der Sonne durch WW "gerüttelt", "geschüttelt" und dadurch "schaukeln" die 3 B-Nanos, durch ihre geringe Bindung untereinander, in der Farb-Reihenfolge hin und her.
Die geringe Energiezunahme(Massenstufe), die dafür nötig ist, erhalten diese auch durch die WW in der Sonne.
Das "Gerüttle" und "Geschaukle" ist wie ein Würfelspiel mit drei Möglichkeiten, sprich es werden alle 3 Neutrinoarten zu gleichen Anteilen in der Sonne "erwürfelt".
Nach verlassen der Sonne ändert sich daran dann nichts mehr.
Da wir auf der Erde nur die ENeutrinos nachweisen können fehlen halt 2/3 der ursprünglich erzeugten.

Wenn das einigermaßen schlüssig ist, sollte es kein Neutrinodefizit von ENeutrinos aus Reaktoren auf der Erde geben, zumindest ein geringerer.

Du siehst, das Ganze ist nicht kurz zu behandeln.
Ich bin ja schon froh darüber, dass ich die AAA-Nanos so ziemlich "im Griff" habe.;)

Gruß EMI

EMI
16.04.10, 15:18
Bei Neutrinos geht man allgemein von Linkshändigkeit aus. Seltsamerweise (wie ich finde) sowohl bei Neutrinos als auch bei Antineutrinos.
Ich denke, das stimmt so nicht Jogi,

da:
Für Neutrinos (http://de.wikipedia.org/wiki/Neutrino) ohne Ruhemasse es nur linkshändige Neutrinos und rechtshändige Antineutrinos geben kann. (Dirac-Spinor)
Für Neutrinos mit Ruhemasse, die sich nicht mit c bewegen können, es auch rechtshändige Neutrinos und linkshändige Antineutrinos geben muss.(Majorana-Spinor)

Gruß EMI

JoAx
16.04.10, 18:32
Kann JoAx eigentlich wieder zurück schieben, da dort jetzt ohnehin die Neutrinodiskussion losgebrochen ist.:D


Ja, ich kann. :D

Und erledigt:

http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?p=50531#post50531


Gruss, Johann

Jogi
16.04.10, 21:13
Ich denke, das stimmt so nicht Jogi,

da:
Für Neutrinos (http://de.wikipedia.org/wiki/Neutrino) ohne Ruhemasse es nur linkshändige Neutrinos und rechtshändige Antineutrinos geben kann. (Dirac-Spinor)
Für Neutrinos mit Ruhemasse, die sich nicht mit c bewegen können, es auch rechtshändige Neutrinos und linkshändige Antineutrinos geben muss.(Majorana-Spinor)


Na, dann ist ja eigentlich alles in Butter.
Dirac berücksichtigt also die E.-pot.-Welle, die dem String entgegenläuft nicht.
Majorana hingegen lässt das zu.


Das war jetzt ein fruchtbarer Abstecher, ich denke, die Neutrinos sind mir nun wieder ein bißchen klarer geworden.

Und dabei hat sich auch eine Möglichkeit gezeigt, wo die Positronen herkommen können.
- Aus der Antineutrinostrahlung.


Gruß Jogi

Timm
17.04.10, 18:59
Hi Jogi,

danke, es ist ein wirklich sehr interessantes Thema. Nun habe ich ein wenig im Netz gestöbert.


Bei Neutrinos geht man allgemein von Linkshändigkeit aus.

Dies ist der Stand des Wu-Experimentes.


Seltsamerweise (wie ich finde) sowohl bei Neutrinos als auch bei Antineutrinos.
Das ist die Dirac-Sichtweise.
Majorana erlaubt nun aber rechts- und linkshändige Neutrinos, was mir auch viel logischer erscheint, denn dann sind Neutrino und Antineutrino klar unterscheidbar.

Im Rahmen der Neutrinooszillation (nicht Standardmodell) erhalten Neutrinos eine Ruhemasse, wobei es nach http://74.125.77.132/search?q=cache:qSnaUMm4KCkJ:pauli.uni-muenster.de/tp/fileadmin/lehre/teilchen/ws0809/Neutrinokosmologie.pdf+neutrinokosmologie+christia n+sch%C3%A4fer&cd=1&hl=de&ct=clnk&gl=de die Modelle Dirac- und Majorana-Neutrinos gibt, über die noch nicht entschieden ist.

Dirac-Neutrinos: sind linkshändige Neutrinos und rechtshändige Antineutrinos, sowie rechtshändige Neutrinos und linkshändige Antineutrinos.

Majorana-Neutrinos. Hier sind Neutrino und Antineutrino identisch. Die M-Neutrinos unterscheiden sich lediglich durch die Händigkeit.

Somit gibt es 4 Dirac-Zustände und 2 Majorana-Zustände. Die Frage nach der Annihilation ist für mich nach wie vor ungeklärt. Weshalb sollen sich M-Neutrinos vernichten können, wenn das Neutrino sein eigenes Antineutrino ist (wie beim Photon)? Ich hätte das eher beim Dirac-Neutrino vermutet. Man geht aber offensichtlich von Annihilation aus, jedenfalls ist von einem thermischen Gleichgewicht zwischen Photonen und Neutrinos in der Frühzeit des Universums die Rede. Es bedeutet, daß Teilchen, die keine elektrische Ladung tragen annihilieren können. Wenn ich es recht verstehe, ist das allerdings off-Standard.

Etwas wirklich konkretes habe ich bis jetzt dazu nichts gefunden.

Na, dann ist ja eigentlich alles in Butter.


Alles? Die Sorte hätte ich gern,

Gruß, Timm

Jogi
17.04.10, 20:05
Hi Timm.


Weshalb sollen sich M-Neutrinos vernichten können, wenn das Neutrino sein eigenes Antineutrino ist?
Das vertsteh' ich inzwischen auch nicht mehr.:(

Wir hatten im Nachbarforum vor einigen Monaten schon mal das Thema, und da schien mir die Geschichte mit den Händigkeiten noch einleuchtend zu sein.

(wie beim Photon)
Ich hab' zwar eine Modellvorstellung vom Antiphoton, die die experimentelle Ununterscheidbarkeit abdeckt, aber eine gegenseitige Annihilation wäre hier ja sinnlos, ein Photon-Antiphoton Paar würde in ein Photon-Antiphoton Paar zerstrahlen.:rolleyes:

Ich hätte das eher beim Dirac-Neutrino vermutet.
Ja, kann ich nachvollziehen.
Wie gesagt, Majorana lässt für beide (Neutrino und Antineutrino) beide Händigkeiten zu, was ich nur mit dem gleichen Argument wie beim Elektron erklären kann. Die E.-pot.-Welle kann vorwärts oder rückwärts laufen.
Da das aber unmittelbar den Zusammenhang zum Spin darstellt, könnte man es auch als Argument für die Möglichkeiten der Annihilation benutzen.
Wenn Dirac nur linkshändige Neutrinos und nur rechtshändige Antis zulässt, hiesse das im Stringmodell für beide grundsätzlich vorwärts laufende E.-pot-Welle (was ja nur eine Konvention ist, messen kann man den Spin eines Neutrinos ja schlecht).
Jetzt können wir postulieren, dass bei Antiteilchen das Spinvorzeichen umgekehrt gilt, die vorwärts laufende Welle also den downSpin darstellt.
Damit ist eine Annihilation eines Dirac-Paares aus formalen Gründen nicht erlaubt, denn 1/2up und 1/2down ergäbe Spin0, wir brauchen aber für ein Photon Spin1.
Deshalb gefallen mir Majorana Neutrinos besser, die dürfen, bei genügender Annäherung und passender Spinpaarung, miteinander zerstrahlen.


Man geht aber offensichtlich von Annihilation aus, jedenfalls ist von einem thermischen Gleichgewicht zwischen Photonen und Neutrinos in der Frühzeit des Universums die Rede.
Yepp, sehe ich auch so.
Und das könnte auch ein Grund für das solare Neutrinodefizit sein, die Dinger zerstrahlen einfach zu Photonen, deshalb verschiebt sich das Strahlungsgleichgewicht zu deren Gunsten.


Wenn ich es recht verstehe, ist das allerdings off-Standard.
Das kann man nicht laut genug betonen, hier wird nur spekuliert!


Gruß Jogi

EMI
18.04.10, 11:46
Dirac-Neutrinos: sind linkshändige Neutrinos und rechtshändige Antineutrinos, sowie rechtshändige Neutrinos und linkshändige Antineutrinos.
Hier hast Du dich vertan Timm, da:
Für Neutrinos (http://de.wikipedia.org/wiki/Neutrino) ohne Ruhemasse es nur linkshändige Neutrinos und rechtshändige Antineutrinos geben kann. (Dirac-Spinor)
Für Neutrinos mit Ruhemasse, die sich nicht mit c bewegen können, es auch rechtshändige Neutrinos und linkshändige Antineutrinos geben muss.(Majorana-Spinor)
Die el.schwache.WW wirkt bei Ruhemasselose Neutrinos NUR auf die linkshändigen Neutrinos und rechthändigen Antineutrinos.

Bei, mit kleiner Ruhemasse behafteten Neutrinos, die sich nicht mit c bewegen können(und daher "umkehren" können) sieht das anders aus.
Hier gibt es links sowie rechtshändige Neutrinos und links sowie rechtshändige Antineutrinos.
Hier wirkt die el.schwache.WW auf alle Neutrinos, die Händigkeit braucht hier nicht mehr beachtet werden.

Die Neutrino/Antineutrino-Zerstrahlung sieht dann so aus:

Neutrino + Antineutrino --> Z° -> e- + e+ --> Photonen

Das Z° ist in der el.schwachen.Theorie eng mit dem Photon verwandt, eigentlich bis auf die Masse mit dem Photon identisch.
Für mich ist das Z° daher ein "schweres Photon".

Gruß EMI

Nach PS: Ich sehe die Zerstrahlung so: Neutrino+Antineutrino -> Z° -> Photonen. Nur mit B-/Anti B-Nanos ;)

Jogi
18.04.10, 12:23
Das Z° ist in der el.schwachen.Theorie eng mit dem Photon verwandt, eigentlich bis auf die Masse mit dem Photon identisch.
Für mich ist das Z° daher ein schweres Photon.

Das ist schon bemerkenswert.
Im Stringmodell hat das Z° Boson ebenfalls die gleiche Signatur wie ein Photon.
Nur mit dem Unterschied daß es massiv ist, da liegen nicht einfach nur zwei langestreckte Strings aneinander, sondern schon die Spiralröhrenstrukturen, die sich erst im mittleren, massiven Abschnitt (des Quarkstrings) befinden.
Ein schweres, gebundenes Photon, das im Kernfeld die neutrale p-p-WW, genauer die antiparallle WW zwischen zwei upQuarks realisiert.

oh mann, jetzt driften wir aber weit vom Threadtitel ab.
Haben wir eigentlich die Herkunft der Positronen inzwischen zu Ende diskutiert?


Gruß Jogi

Timm
18.04.10, 17:51
Hier hast Du dich vertan Timm, da:

Nein, EMI,

denn

Im Rahmen der Neutrinooszillation (nicht Standardmodell) erhalten Neutrinos eine Ruhemasse, wobei es nach http://74.125.77.132/search?q=cache:qSnaUMm4KCkJ:pauli.uni-muenster.de/tp/fileadmin/lehre/teilchen/ws0809/Neutrinokosmologie.pdf+neutrinokosmologie+christia n+sch%C3%A4fer&cd=1&hl=de&ct=clnk&gl=de die Modelle Dirac- und Majorana-Neutrinos gibt, über die noch nicht entschieden ist.

Dirac-Neutrinos: sind linkshändige Neutrinos und rechtshändige Antineutrinos, sowie rechtshändige Neutrinos und linkshändige Antineutrinos.

Majorana-Neutrinos. Hier sind Neutrino und Antineutrino identisch. Die M-Neutrinos unterscheiden sich lediglich durch die Händigkeit.


es ging um Neutrinos mit Ruhemasse, das hast Du übersehen.

Die Neutrino/Antineutrino-Zerstrahlung sieht dann so aus:

Neutrino + Antineutrino --> Z° -> e- + e+ --> Photonen

Das Z° ist in der el.schwachen.Theorie eng mit dem Photon verwandt, eigentlich bis auf die Masse mit dem Photon identisch.
Für mich ist das Z° daher ein "schweres Photon".


Ok, sieht gut aus. Das Z° Boson kann in ein Lepton/Antilepton Paar zerfallen. Aber kann es angesichts seiner im Vergleich zum Neutrino riesigen Masse aus einer Neutrino/Antineutrino Vernichtung entstehen? Reicht eine Kollision mit fast c?

Gruß, Timm

EMI
18.04.10, 18:27
es ging um Neutrinos mit Ruhemasse, das hast Du übersehen.
Hallo Timm,

soweit wie ich weiß, sind die Dirac-Neutrinos masselos, bewegen sich mit c, können deshalb nicht überholt werden und dadurch nicht die Händigkeit ändern.
Von Dirac-Neutrinos mit Ruhemasse habe ich noch nicht gehört.

Im Standardmodell der Teilchenphysik wird keines der Elementarteilchen durch einen Majorana-Spinor beschrieben. Alle Fermionen werden hier als Dirac-Spinoren beschrieben. Majorana-Spinoren tauchen dagegen in Erweiterungen des Standardmodells auf:

Im Standardmodell werden auch die Neutrinos als Dirac-Spinoren beschrieben, sind dort aber, im Widerspruch zu experimentellen Ergebnissen, masselos. Eine populäre Erklärung für die Neutrinomassen, der See-Saw Mechanismus, erfordert, dass die Neutrinos durch Majorana-Spinoren beschrieben werden. Es ist derzeit noch unklar, ob zwischen Neutrinos und Antineutrinos unterschieden werden kann.

Das Z° Boson kann in ein Lepton/Antilepton Paar zerfallen.
Aber kann es angesichts seiner im Vergleich zum Neutrino riesigen Masse aus einer Neutrino/Antineutrino Vernichtung entstehen? Reicht eine Kollision mit fast c?
Über die notwendige Energie würde ich mich da nicht sorgen.
Jedes Teilchen mit Ruhemasse geht Energiemäßig gegen unendlich wenn es gegen c geht.

Gruß EMI

PS: Dein Link geht bei mir nicht.:(

Timm
19.04.10, 10:46
Deshalb gefallen mir Majorana Neutrinos besser, die dürfen, bei genügender Annäherung und passender Spinpaarung, miteinander zerstrahlen.

Wie soll ich das verstehen, Jogi?

Majorana Neutrinos unterscheiden sich nach http://pauli.uni-muenster.de/tp/fileadmin/lehre/teilchen/ws0809/Neutrinokosmologie.pdf (S.4) nur durch die Helizität, denn Neutrino und Antineutrino sind hier, wie schon erwähnt, identisch. Diese Eigenschaften teilen sie mit den Photonen. Und die zerstrahlen ja auch nicht.


Und das könnte auch ein Grund für das solare Neutrinodefizit sein, die Dinger zerstrahlen einfach zu Photonen, deshalb verschiebt sich das Strahlungsgleichgewicht zu deren Gunsten.

Nach dem Modell der Neutrinooszillationen wandeln sich die solaren Elektron-Neutrinos auf dem Weg zur Erde teilweise in Myon- und Tau-Neutrinos um (ebenfalls S.4).

Gruß, Timm

Timm
19.04.10, 15:33
Hallo EMI,

soweit wie ich weiß, sind die Dirac-Neutrinos masselos, bewegen sich mit c, können deshalb nicht überholt werden und dadurch nicht die Händigkeit ändern.
Von Dirac-Neutrinos mit Ruhemasse habe ich noch nicht gehört.

Die Frage, ob Neutrinos Dirac- oder Majorana- Natur haben ist auch noch offen. Falls sich der neutrinolose doppelte Betazerfall bestätigt, wären Neutrinos Majorana Teilchen mit nur den 2 Zuständen vR und νL. Dirac Neutrinos hätten alle 4 Zustände.


Über die notwendige Energie würde ich mich da nicht sorgen.
Jedes Teilchen mit Ruhemasse geht Energiemäßig gegen unendlich wenn es gegen c geht.

Gut, dann sorge ich mich halt wegen des niedrigen Wirkungsquerschnitts von nur 10^-54 qcm.

PS: Dein Link geht bei mir nicht.

Komisch, bei mir auch nicht mehr. Nimm diesen, S.4, 1.3. Jenseits des Standardmodells

http://pauli.uni-muenster.de/tp/fileadmin/lehre/teilchen/ws0809/Neutrinokosmologie.pdf

In Deinem Modell sind nach meinem Eindruck Neutrino und Antineutrino nicht identisch, was unter Berücksichtigung der Helizität auf Dirac (4 Zustände) hindeutet. Welche Modell-Konsequenzen hätte denn Majorana eigentlich? Neutrino und Antineutrino haben jeweils unterschiedliche Nano Konstituenten. Könntest Du im Falle Majorana sagen, gut, die sind halt identisch. Oder müßtest Du für vR ein Nano Trippel und für vL ein anderes postulieren. Wobei jedes dieser beiden mit seinem Anti identisch ist. Ich bin nicht sicher, ob ich mich verständlich ausgedrückt habe.
EMI, falls Du darauf antwortest, dann bitte in Deinem Farbraum,

Gruß, Timm

EMI
19.04.10, 16:14
...wären Neutrinos Majorana Teilchen mit nur den 2 Zuständen vR und νL. Dirac Neutrinos hätten alle 4 Zustände.
Eben nicht Timm,

in deinem Link (geht jetzt:)) steht's genau so falsch.
Da hast Du es sicherlich her, oder?
Egal nun, ich bin ja kein Hamster im Laufrad.



Gut, dann sorge ich mich halt wegen des niedrigen Wirkungsquerschnitts von nur 10^-54 qcm.
Wo, irgend wann werden die sich schon finden.
Wenn nicht, auch egal, die Leptonenzahlbilanz ist eh NULL, ob Neutrinos und Antineutrinos noch vorhanden sind oder halt eben nicht mehr alle.



EMI, falls Du darauf antwortest, dann bitte in Deinem Farbraum:eek:
Dann stell doch deine Fragen auch dort Timm.

Gruß EMI

Timm
19.04.10, 17:54
Zitat von Timm
...wären Neutrinos Majorana Teilchen mit nur den 2 Zuständen vR und νL. Dirac Neutrinos hätten alle 4 Zustände.


Eben nicht Timm,

in deinem Link (geht jetzt:)) steht's genau so falsch.



Aber EMI, warum stößt Dir dieser Apfel so sauer auf? Diese Majorana Definition in Zusammenhang mit Neutrinomasse habe ich in wenigstens 2 unabhängigen Publikationen gefunden. Die sind die Eva, nicht ich.

Gruß, Timm

EMI
19.04.10, 19:14
Aber EMI, warum stößt Dir dieser Apfel so sauer auf?
Diese Majorana Definition in Zusammenhang mit Neutrinomasse habe ich in wenigstens 2 unabhängigen Publikationen gefunden.
Mich stößt doch nichts sauer auf, Timm.
Wie kommst Du auf sowas?:confused:

Nur Falsches wird nicht dadurch richtig, weil man es unkommentiert stehen lässt.

Es geht primär auch nicht um Majorana=Masseneutrinos, sondern um Dirac=Masseloseneutrinos=SM-Neutrinos.

Dirac = Masselos (SM)
Majorana = Massebehaftet (Erweiterung des SM)

Von Dirac-massebehaftete-Neutrinos habe ich noch nie gehört, sagte ich ja schon.
Und das geht in dem Link und deiner Übernahme halt durcheinander. IMHO.

Die Bezeichnung "Dirac", "Majorana" ist ja gerade die Bezeichnung für "masselos", "massebehaftet".

Nun gut, beenden wir das.

Gruß EMI

Jogi
19.04.10, 19:26
Hi Timm.

Wie soll ich das verstehen, Jogi?
Hm, scheint nicht so einfach zu sein, so ganz ohne bildhafte Vorstellung.
Vieleicht hat JGC Lust, mal ein Neutrino zu basteln, und dann auch noch ein Anti.
Wie sieht's aus JGC, bist du fit? Hast du Kapazitäten frei?
Neutrino ist nicht so kompliziert wie 'n Proton, eigentlich kann man das da sogar einfach abschneiden (den hinteren Teil vom downQuark).


Majorana Neutrinos unterscheiden sich nur durch die Helizität, denn Neutrino und Antineutrino sind hier, wie schon erwähnt, identisch.
Hmmm... so einfach ist es nicht.
Majorana erweitert das Dirac'sche Neutrino gleich um zwei grundlegende Eigenschaften:
Erstens bekommen die Dinger Masse.
Zweitens können beide (auch das Anti) links- oder rechtshändig sein.
Und damit (im Stringmodell) auch beide Spins aufweisen.
Und erst das ermöglicht formal die Bildung von Photonen.
(wg. Spinbilanz, das hab' ich doch weiter oben schon dargestellt.)
Das ist aber, wie gesagt nur eine Formalität, um dem Standardmodell zu genügen.
Im Stringmodell dürften auch Dirac-Neutrinos mit ihren Antis zerstrahlen, weil die Helizität dort anders definiert ist, ohne Rücksicht auf den Spin.
Will man das Standardmodell widerspruchsfrei erweitern, bekommt man annihilierende Neutrinopaare aber nur über Majorana.


Nach dem Modell der Neutrinooszillationen wandeln sich die solaren Elektron-Neutrinos auf dem Weg zur Erde teilweise in Myon- und Tau-Neutrinos um.
Dieses Modell muß aber erst mal erklären, wie das gehen soll.
Da müßten im Vakuum WWs stattfinden, die den Neutrinos (mehr) Masse geben.
Und selbst wenn das passiert, dann verlieren die betroffenen Neutrinos erheblich an Speed. (Vielleicht sind die dann einfach noch nicht von der Sonne bis zu uns vorgedrungen?:D )
- Is' nur Spaß.:)


Gruß Jogi

EMI
19.04.10, 20:32
Zweitens können beide (auch das Anti) links- oder rechtshändig sein.
Eben, Jogi,

und deshalb macht es keinen Sinn mehr, bei Majoranas von Händigkeit zu reden, erübrigt sich.


Im Stringmodell dürften auch Dirac-Neutrinos mit ihren Antis zerstrahlen, weil die Helizität dort anders definiert ist, ohne Rücksicht auf den Spin.
Die Händigkeit/Helizität ist über den Spin definiert und über nichts anderes.
Spinrichtung gleich Impuls-/Bewegungsrichtung = rechts, +H.
Spinrichtung entgegen Impuls-/Bewegungsrichtung = links, -H.
Die Helizität ist bei masselosen Teilchen wie den Dirac-Neutrinos, die sich immer mit c bewegen, mit der Chiralität identisch.

Gruß EMI

Jogi
19.04.10, 21:38
Hi EMI.


Mit "dort" meinte ich nicht das Dirac- sondern das Stringmodell.

Im Stringmodell ist das Neutrino (resp. der String) linkshändig, das Anti rechtshändig.
Die E.-pot.-Welle kann jedoch vorwärts oder rückwärts auf dem String unterwegs sein.
Dadurch ändert sich die Händigkeit des Spins, jedoch nicht die des Strings.
edit: (Wahrscheinlich müssen wir das im Stringmodell noch deutlicher herausstellen.)

Gruß Jogi

Timm
21.04.10, 14:08
Hi Jogi,


Dieses Modell muß aber erst mal erklären, wie das gehen soll.
Da müßten im Vakuum WWs stattfinden, die den Neutrinos (mehr) Masse geben.
Und selbst wenn das passiert, dann verlieren die betroffenen Neutrinos erheblich an Speed.


Für die Flavour Umwandlung sind quantenmechanische Prozesse verantwortlich:

http://upload.wikimedia.org/math/1/9/0/190fe6aeba66d1d798d83d8b6577baf9.png

Offensichtlich geht die Oszillation Elektronneutrino Myonneutrino nicht ohne die Annahme einer Ruhemasse. Frag mich bitte um Gottes Willen nichts Genaueres.

Bei den Majorana Neutrinos kommen wir nicht zusammen. Ich will mich jetzt nicht wiederholen. Vielleicht widerspricht ja auch der von mir geäußerte Kenntnisstand Deinem Modell.
Alles nicht tragisch.

Gruß, Timm

Uli
21.04.10, 15:53
Hi Jogi,



Für die Flavour Umwandlung sind quantenmechanische Prozesse verantwortlich:

http://upload.wikimedia.org/math/1/9/0/190fe6aeba66d1d798d83d8b6577baf9.png

Offensichtlich geht die Oszillation Elektronneutrino Myonneutrino nicht ohne die Annahme einer Ruhemasse. Frag mich bitte um Gottes Willen nichts Genaueres.

...
Gruß, Timm

Das ist völlig analog zur Mischung der Quark-Flavors (Kobayashi-Maskawa-Matrix bzw. Cabibbo-Winkel).

Die quantenemchanische Grundlage so einer Mischung ist die Möglichkeit, dass die Flavor-Eigenzustände nicht mit den Massen-Eigenzuständen identisch sein müssen - mit anderen Worten: es gibt ein physikalisches Teilchen mit einer wohldefinierten Masse, das sich als eine Superposition verschiedener Flavor-Eigenzustände beschreiben lässt. Da diese Superposition zeitlich oszilliert transportiert so ein Masseneigenzustand (beispielsweise mit der Masse der Elektronneutrinos) mal die Elektron-Quantenzahl und mal die Myon-Quantenzahl - das ist die Neutrinooszillation.

In dem Falle, dass Massenentartung vorliegt (alle Neutrinos haben eine identische Masse - z.B. sind masselos), wird dieses Feature witzlos, da man im Falle einer Entartung immer die Freiheit hat, die Massen-Eigenzustände identisch zu den Flavor-Eigenzuständen zu definieren).

So meine ich das zumindest nach all den Jahrzehnten noch in Erinnerung zu haben. :)

Gruß,
Uli

Timm
21.04.10, 16:58
Hallo EMI,

hier fand ich noch eine ganz gute Zusammenfassung zu unserem Thema. Georg Wolschin schreibt regelmäßig in "Spektrum der Wissenschaft".

http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~q61/doppelbetared.html
Deshalb sind einige grundlegende Fragen über das Neutrino bis heute unbeantwortet - und das, obwohl es zu den häufigsten Teilchen im Universum überhaupt gehört.

Die wohl wichtigste ist die nach seiner Masse. Diese sollte laut Standardtheorie der Teilchenphysik gleich null sein, aber mittlerweile gibt es überzeugende Hinweise, dass dem nicht so ist. Ein Neutrino mit Masse aber hätte je nach deren Wert womöglich große kosmologische Bedeutung, weil es die Geometrie des Universums beeinflussen könnte.

Eine weitere ungeklärte Frage lautet, ob das Neutrino sein eigenes Antiteilchen ist. Der italienische Physiker Ettore Majorana hatte dies postuliert. Träfe die Vermutung zu, nähme das Neutrino eine einzigartige Position im Zoo der kleinsten Bestandteile unserer Welt ein; denn mit Ausnahme der Bosonen, welche die Wechselwirkungen vermitteln, sind alle anderen elementaren Partikel so genannte Dirac-Teilchen: Sie haben halbzahligen Spin (Eigendrehimpuls), unterscheiden sich von ihren Anti-Teilchen und zerstrahlen bei der Verschmelzung mit ihnen.

Diese Frage würde der neutrinolose doppelte Beta-Zerfall unmittelbar beantworten; denn er kann überhaupt nur stattfinden, wenn das Neutrino ein Majorana-Teilchen ist und eine von Null verschiedene Ruhemasse hat. Mehr noch: Bei einer Messung des neutrinolosen Zerfalls ließe sich die Neutrinomasse weitaus genauer bestimmen, als dies bisher aus dem (einfachen) Betazerfall von Tritium (überschwerem Wasserstoff) möglich war. So liefert die jetzt veröffentlichte Analyse der vier Max-Planck-Forscher eine untere Grenze für die Masse des Neutrinos, sofern dieses ein Majorana-Teilchen ist, im Bereich zwischen 0,05 und 0,2 Elektronenvolt. Dagegen ergeben die Tritium-Experimente derzeit eine obere Massengrenze von 2,2 Elektronenvolt - ohne die Frage nach der Dirac- oder Majorana-Natur des Neutrinos zu beantworten. Beide Aussagen haben jeweils eine Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent.


Zitat von EMI
Die Bezeichnung "Dirac", "Majorana" ist ja gerade die Bezeichnung für "masselos", "massebehaftet".


Ich will das auch nicht unnötig vertiefen. Aber wenn Dirac Teilchen solche mit Spin 1/2 sind, die der Dirac-Gleichung genügen, dann sind e- und e+ Dirac Teilchen, haben also Masse. Dirac Teilchen können, müssen aber nicht Masse haben. Da Neutrinos höchstwahrscheinlich Masse haben, dürfte die 2. Option wohl wegfallen.

Gruß, Timm

Timm
21.04.10, 17:13
Das ist völlig analog zur Mischung der Quark-Flavors (Kobayashi-Maskawa-Matrix bzw. Cabibbo-Winkel).

Die quantenemchanische Grundlage so einer Mischung ist die Möglichkeit, dass die Flavor-Eigenzustände nicht mit den Massen-Eigenzuständen identisch sein müssen - mit anderen Worten: es gibt ein physikalisches Teilchen mit einer wohldefinierten Masse, das sich als eine Superposition verschiedener Flavor-Eigenzustände beschreiben lässt. Da diese Superposition zeitlich oszilliert transportiert so ein Masseneigenzustand (beispielsweise mit der Masse der Elektronneutrinos) mal die Elektron-Quantenzahl und mal die Myon-Quantenzahl - das ist die Neutrinooszillation.

In dem Falle, dass Massenentartung vorliegt (alle Neutrinos haben eine identische Masse - z.B. sind masselos), wird dieses Feature witzlos, da man im Falle einer Entartung immer die Freiheit hat, die Massen-Eigenzustände identisch zu den Flavor-Eigenzuständen zu definieren).


Ah, so ist das also. Die Auffassung der Flavour-Zustände als Superposition hat mir gefehlt, plötzlich macht die Sache Sinn. Danke für die ausgezeichnete Erklärung, Uli. Ich habe im Web nichts vergleichbares gefunden,

Gruß, Timm

EMI
21.04.10, 19:13
Ich will das auch nicht unnötig vertiefen. Aber wenn Dirac Teilchen solche mit Spin 1/2 sind, die der Dirac-Gleichung genügen, dann sind e- und e+ Dirac Teilchen, haben also Masse. Dirac Teilchen können, müssen aber nicht Masse haben. Da Neutrinos höchstwahrscheinlich Masse haben, dürfte die 2. Option wohl wegfallen.
Spin 1/2 Teilchen sind Fermionen, Timm, da dürften wir uns wohl einig sein.
Wenn Dirac-Neutrios, Neutrinos ohne Masse sind und wenn Dirac-Neutrinos auch Neutrinos mit Masse sind, stellt sich doch die einfache Frage was sind dann nun eigentlich Majorana-Neutrionos? Mit der Händigkeit kommt man da nicht weiter, auch nicht ob oder ob nicht, Teilchen und Antiteilchen unterscheidbar sind.

Es gibt entweder Neutrinos ohne Ruhemasse, denen kann man eine Händigkeit als Erhaltungszahl zuordnen.
Oder es gibt Neutrinos mit Ruhemasse, denen kann man keine Händigkeit mehr als Erhaltungszahl zuordnen.
Die Frage, ob bei beiden "Sorten" die Teilchen/Antiteilchen Unterscheidbarkeit gegeben ist oder nicht, bleibt davon unberührt.

Ok, belassen wir es hiermit Timm, Du bist mir als kompetenter Gesprächspartner viel zu wertvoll um dich damit noch weiter zu verärgern.

Gruß EMI

Uli
21.04.10, 19:38
Spin 1/2 Teilchen sind Fermionen, Timm, da dürften wir uns wohl einig sein.
Wenn Dirac-Neutrios, Neutrinos ohne Masse sind und wenn Dirac-Neutrinos auch Neutrinos mit Masse sind, stellt sich doch die einfache Frage was sind dann nun eigentlich Majorana-Neutrionos? Mit der Händigkeit kommt man da nicht weiter, auch nicht ob oder ob nicht, Teilchen und Antiteilchen unterscheidbar sind.

Es gibt entweder Neutrinos ohne Ruhemasse, denen kann man eine Händigkeit als Erhaltungszahl zuordnen.
Oder es gibt Neutrinos mit Ruhemasse, denen kann man keine Händigkeit mehr als Erhaltungszahl zuordnen.
Die Frage, ob bei beiden "Sorten" die Teilchen/Antiteilchen Unterscheidbarkeit gegeben ist oder nicht, bleibt davon unberührt.

Ok, belassen wir es hiermit Timm, Du bist mir als kompetenter Gesprächspartner viel zu wertvoll um dich damit noch weiter zu verärgern.

Gruß EMI

Von der Phänomenologie her ist der charakteristische Unterschied, dass Majorana-Neutrinos mit ihren Antiteilchen identisch sind, d.h. ein- und dasselbe "Ding" spielt Neutrino und Antineutrino, mal ganz salopp gesagt. Man sieht sofort, dass diese Art Neutrino zu Verletzungen der Leptonenzahlerhaltung führt (denn im Standardmodell trägt eine Neutrino die Leptonenzahl 1 und ein Antineutrino -1). Beobachtungen eines (die Leptonenzahlerhaltung verletzenden) neutrinolosen Doppel-Betazerfalls z.B. wären ein Indiz dafür, dass Neutrinos vom Majorana-Typ wären. Da Neutrinos elektrisch neutral sind, wäre so eine Alternative nicht a priori auszuschließen.

Das Standardmodell dagegen geht von Dirac-Neutrinos aus; diese unterscheiden sich von ihren Antiteilchen und keine Verletzung der Leptonenzahlerhaltung wird erwartet.

EMI
22.04.10, 02:10
Das Standardmodell dagegen geht von Dirac-Neutrinos aus; diese unterscheiden sich von ihren Antiteilchen und keine Verletzung der Leptonenzahlerhaltung wird erwartet.
Diese Neutrinos aber sind MASSENLOSE Neutrinos, Uli.

IM SM geht man NUR von Neutrinos OHNE Masse aus.
Davon rede ich doch die ganze Zeit!

Neutrinos MIT Masse gibt es im SM nicht, wiedersprechen dem SM!
Deshalb ist ja, mit dem Nachweis von MIT Ruhemasse Neutrinos, das SM abzuändern.

Diese Änderung hat nun gerade MAJORANA vorgenommen. Majorana führte Ruhemasse-Neutrinos ein und diese nennt man deshalb Majorana-Neutrinos.
Bei den Majorana-Masse-Neutrinos, die nicht mehr mit c unterwegs sein können, lassen sich immer 2 BS angeben in welchen unterschiedliche Händigkeiten festgestellt werden.
Damit verlieren die Majoranas die Unterscheidbarkeit zwischen Pro und Anti, welche die Ruhemasselosen-Diracs im SM noch hatten.

Eine Nachweismöglichkeit, ob es ununterscheidbare Pro und Antis gibt, soll der doppelte Neutrinolose Betazerfall sein, den man bisher noch nicht gefunden hat.
Dieser soll die Leptonenzahlerhatung verletzten.
Ich würde den doppelten Betazerfall nicht als Beweis von gleichzeitig Pro und Antineutrino sehen. Wir zwei Beiden hatten da mit @rene schon mal drüber gesprochen.
Ich sehe auch keine Verletzung der Leptonenzahlerhaltung beim doppelten Neutrinolosen Betazerfall, hatte ich bei der Diskusion mit @rene und dir auch gezeigt.

Im übrigen gehe ich davon aus, das auch Pro und Antimajoranas doch eine unterscheidbare Eigenschaft haben(ohne die Händigkeit) und zwar die "?Ladung" (siehe Farbraum).

Gruß EMI

Uli
22.04.10, 09:38
Diese Neutrinos aber sind MASSENLOSE Neutrinos, Uli.

IM SM geht man NUR von Neutrinos OHNE Masse aus.
Davon rede ich doch die ganze Zeit!

Neutrinos MIT Masse gibt es im SM nicht, wiedersprechen dem SM!


Nicht wirklich, EMI: man geht von masselosen Neutrinos aus, solange es kein experimentelles Indiz für eine Masse gibt - ganz ähnlich wie bei Photonen.
Nun gibt es erste - recht indirekte - Hinweise auf eine Masse und diese kann man völlig problemlos ins Standardmodell integrieren, indem man die Leptonen völlig analog zu den Quarks behandelt; es haben ja alle Quark up-down-Dubletts ebenfalls eine Masse. Das träfe dann auch für die Leptonen-Dubletts (Lepton und sein Neutrino) zu.

Das ist eine triviale Erweiterung, mit der das SM gut leben kann: massebehaftete Dirac-Neutrinos.


...
Ich würde den doppelten Betazerfall nicht als Beweis von gleichzeitig Pro und Antineutrino sehen. Wir zwei Beiden hatten da mit @rene schon mal drüber gesprochen.
Ich sehe auch keine Verletzung der Leptonenzahlerhaltung beim doppelten Neutrinolosen Betazerfall, hatte ich bei der Diskusion mit @rene und dir auch gezeigt.
...
Gruß EMI

Der neutrinolose Doppelbetazerfall verletzt definitiv die Erhaltung der Leptonenzahl:
http://de.wikipedia.org/wiki/Doppelter_Betazerfall

"...Beim neutrinolosen Doppelbetazerfall (0νββ) ändert sich die Leptonenzahl um zwei Einheiten. Aus diesem Grund ist er nach dem Standardmodell der Kern- und Teilchenphysik verboten. Eine Beobachtung seines Auftretens wäre ein Nachweis für "Physik jenseits des Standardmodells"...


Gruß,
Uli

Nachtrag:
ein Review der Situation gibt es z.B. hier:
http://bctp.berkeley.edu/neutrino/neutrino5.html


...
Basically, there are two ways to extend the Standard Model in order to make neutrinos massive. One approach involves new particles called Dirac neutrinos, while the other approach involves a completely different type of particle called the Majorana neutrino. ...
The Dirac neutrino is a simple idea with a serious flaw. According to this approach, the reason that right-handed neutrinos have escaped detection so far is that their interactions are at least 26 orders of magnitude weaker than ordinary neutrinos. The idea of the Dirac neutrino works in the sense that we can generate neutrino masses via the Higgs mechanism (figure 2b). However, it also suggests that neutrinos should have similar masses to the other particles in the Standard Model. To avoid this problem, we have to make the strength of neutrino interactions with the Higgs boson at least 12 orders of magnitude weaker than that of the top quark.
...
The second way to extend the Standard Model involves particles that are called Majorana neutrinos. One advantage of this approach is that we no longer have to invoke righthanded neutrinos with extremely weak interactions. However, we do have to give up the fundamental distinction between matter and antimatter. Although this sounds bizarre, neutrinos and antineutrinos can be identical because they have no electric charge.
...


Es gibt also Argumente "ästhetischer Natur" gegen beide Varianten, wobei mich das genannte Argument gegen Dirac-Neutrinos nicht wirklich überzeugt. Die Fermionmassen im Standardmodell verteilen sich nun einmal ohnehin über ganze Größenordnungen (z.B. top- und up-Quark-Massen), ohne dass wir verstehen, warum das so ist; das kann nur eine fundamentalere Theorie als das SM erklären. Warum sollte das nun bei Neutrinos "plötzlich" ein Problem sein und bei Quarks nicht ?

EMI
22.04.10, 11:46
Das ist eine triviale Erweiterung, mit der das SM gut leben kann: massebehaftete Dirac-Neutrinos.
Da kannst Du uns sicherlich auch erklären Uli, was denn der Unterschied zwischen massebehaftete Dirac-Neutrinos und Majorana-Neutrinos ist.
Händigkeit kann nicht mehr herangezogen werden, sicherlich hast Du ne ganz andere trivialere Erklärung zur Hand.



Der neutrinolose Doppelbetazerfall verletzt definitiv die Erhaltung der Leptonenzahl:
Definitiv?:confused: Ich dachte immer Du warst hier dabei:
Hallo rene,
Hallo Uli,

Der "Neutrinolose" doppelte Betazerfall kann doch nur experimentell durch das Energiespektrum der beiden emittierten Elektronen festgestellt werden.
Dieses müsste exakt der geänderten Bindungsenergie der Kerne sein, also einen konstanten Wert haben. So sehe ich das erstmal.
Ok, wenn man genau das misst, konnten keine Antineutrinos den Kern verlassen haben.

Schauen wir uns den "3.Fall" an, hier scheint die Leptonenzahl doppelt verletzt. Ich schreibe zur Vereinfachung mal die beiden Neutronen aus dem gerade, gerade Kern raus.

[1] ......2n -> 2p + 2e- + 0v wird hier angenommen.

Wenn das Neutrino wie Ettore Majorana vermutete auch sein Antiteilchen ist kann man auch folgenden Zerfall annehmen

[2]..... .n -> p + e- + v dieses Antineutrino wird innerhalb der zulässigen Zeit für diesen energetisch verbotenen Kernzustand von einem Neutron als NEUTRINO absorbiert.
........ . v = v
......... .v + n -> p + e-

Ich kann mich weder mit [1] noch mit [2] anfreunden.
Wenn sich die Messergebnisse für den doppelten "Neutrinolosen" Betazerfall bestätigen sollten und diese nicht den kalten Kerfussionstod sterben, kann ich den Zerfall nur so sehen:

[3] ......2v + 2n -> 2p + 2e- Der Kern fängt 2 Neutrinos von außen ein.

oder:

[4]...... v + n -> p + e- Der Kern fängt 1 Neutrinos von außen ein und innerhalb der zulässigen Zeit für diesen energetisch verbotenen Kernzustand wird von diesem
.................................ein weiteres Neutrino von außen eingefangen:
......... .v + n -> p + e-

Nur [3] oder/und [4] würden für mich als Zerfallsprozess für den doppelten "Neutrinolosen" Betazerfall in Frage kommen, wobei der ja nicht Neutrinolos ist.
Die Neutrinos werden ja vom Kern von außen eingefangen und das löst den Zerfall aus. Die Leptonenzahl ist hier erhalten und der Erhaltungssatz gerettet.

Der doppelte Betazerfall nach [3] dürfte sehr sehr selten sein(so im Bereich des Protonenzerfalls), bei [4] schätze ich so aller 10^24 Jahre auch sehr selten.
Hallo EMI

Interessant deine Gedanken zum neutrinolosen doppelten Betazerfall. Mit deinen Punkten 3 und 4 rettest du die Leptonenerhaltung und die Energieerhaltung wäre auch gewährleistet.


Zitat:
[3] ......2v + 2n -> 2p + 2e- Der Kern fängt 2 Neutrinos von außen ein.
Ob die zwei Elektron-Neutrinos (in deinem Punkt 3) die Neutronen im Kern überhaupt zu dieser Reaktion veranlassen können ist sehr unwahrscheinlich, schliesse es sogar aus, weil von einer Korreliertheit der beiden Elektron-Neutrinos ausgegangen werden muss und zudem die kinetische Aktivierungsenergie gross genug sein müsste um beide daran beteiligten Kerne zum Zerfallsprozess anzuregen. Aber du schreibst ja selber dass diese Zerfallswahrscheinlichkeit sehr gering sein dürfte.


Zitat:
[4]...... v + n -> p + e-
Punkt 4 dürfte an der Helizität scheitern.

Dem Majorana-Neutrino kommt eine grosse Bedeutung zu. Die Neutrinos im Beta+ und Beta- Zerfall sind identische Teilchen. Die Neutrinos im Beta+ Zerfall haben eine negative Helizität, im Beta- Zerfall eine positive. Hätten die Neutrinos exakt die Masse Null, könnte man experimentell nicht zwischen Dirac- und Majorana-Neutrinos unterscheiden. Aber da sie ja eine endliche Masse haben (Neutrino-Oszillation) kann über den doppelten Betazerfall darüber entschieden werden.

Im 2v Zerfall emittiert jedes der 2 Protonen ein Positron und ein Neutrino. Im 0v Zerfall emtittiert ein Proton ein Positron und ein linkshändiges Majorana-Neutrino. Wegen der endlichen Masse ist das Neutrino mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit rechtshändig und kann vom zweiten Proton unter Emittierung eines Positrons absorbiert werden. Wenn das vom Proton emittierte Neutrino von einem weiteren Proton im Ladungsaustausch v_e + p -> n + e+ absorbiert werden soll, muss es eine Majorana-Komponente haben. Das bedeutet, dass das Neutrino sein eigenes Antiteilchen ist und dass die Majorana-Komponente des Elektron-Neutrinos die entgegengesetzte Helizität des Standardneutrinos haben muss. Das normale linkshändige Neutrino hat mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine rechtshändige Neutrino-Komponente.

Der doppelte 0v Betazerfall ist zweiter Ordnung, jedoch mit nur 2 Leptonen im Endzustand. Für die theoretische Berechnung ihrer Wahrscheinlichkeit ist die 1/R^2 Abhängigkeit das Produkt zweier Beiträge. Einen 1/R^2 Faktor gibt das Quadrat des Neutrinopropagators 1/(p_v^2-m_v^2). Für die Kerndimensionen kann man die (genaue) Neutrinomasse vernachlässigen und die Integration über Impulse ergibt das 1/R Potential, dem Coulombpotential entsprechend. Der zweite 1/R^2 Faktor kommt von der Integration über die virtuellen Kernzwischenzustände, wo die Unschärferelation den Neutrinoimpuls begrenzt.
Hallo rene,

wieso? Spielt die Händigkeit/Helizität/Chiralität hier überhaupt noch eine Rolle, wo doch:

Für Neutrinos (http://de.wikipedia.org/wiki/Neutrino) ohne Ruhemasse es nur linkshändige Neutrinos und rechtshändige Antineutrinos gibt.
Für Neutrinos mit Ruhemasse, die sich nicht mit Lichtgeschwindigkeit bewegen können, aber auch rechtshändige Neutrinos und linkshändige Antineutrinos geben muss.
Hallo EMI

Ja, hast recht. Diese Reaktion ist möglich (wenn auch nur unter hochenergetischen Bedingungen)

[4]...... v + n -> p + e-

und ist eine Vertauschung eines Anti-Elektron-Neutrinos als Produkt des spontanen Neutronenzerfalls n -> p + e- +v_e
mit dem Elektron-Neutrino als Edukt in deiner Reaktionsgleichung.

Gruß EMI

Uli
22.04.10, 13:32
Da kannst Du uns sicherlich auch erklären Uli,
was denn der Unterschied zwischen massebehaftete Dirac-Neutrinos und Majorana-Neutrinos ist.
Händigkeit kann nicht mehr herangezogen werden, sicherlich hast Du ne ganz andere trivialere Erklärung zur Hand.


Wie gesagt, ein wesentlicher Unterschied ist z.B. Leptonenzahlerhaltung - die einen erhalten sie (Dirac-Neutrinos) und die anderen nicht.
Zum anderen sind es einfach unterschiedliche Modelle mit berechenbaren unterschiedlichen quantitativen Vorhersagen für Prozesse. Man muss halt rechnen und gucken, wo sich die Vorhersagen stark genug voneinander unterscheiden, sodass eine Messung auch wirklich zwischen beiden Modellen unterscheiden kann. Soviel ich verstanden habe, ist das klassische Beispiel der neutrinolose Doppelbetazerfall. Das eine Modell sagt "jibbet nich" , das andere "jibbet".


Wenn sich die Messergebnisse für den doppelten "Neutrinolosen" Betazerfall bestätigen sollten und diese nicht den kalten Kerfussionstod sterben, kann ich den Zerfall nur so sehen:

[3] ......2v + 2n -> 2p + 2e- Der Kern fängt 2 Neutrinos von außen ein.

oder:

[4]...... v + n -> p + e- Der Kern fängt 1 Neutrinos von außen ein und innerhalb der zulässigen Zeit für diesen energetisch verbotenen Kernzustand wird von diesem
.................................ein weiteres Neutrino von außen eingefangen:
......... .v + n -> p + e-

Nur [3] oder/und [4] würden für mich als Zerfallsprozess für den doppelten "Neutrinolosen" Betazerfall in Frage kommen, wobei der ja nicht Neutrinolos ist.
Die Neutrinos werden ja vom Kern von außen eingefangen und das löst den Zerfall aus. Die Leptonenzahl ist hier erhalten und der Erhaltungssatz gerettet.


Wenn ich recht verstehe, argumentierst du, dass man den neutrinolosen Doppelbetazerfall experimentell nicht vom Neutrino-Einfang unterscheiden kann ?

Das sind ja im Prinzip nun innerhalb der beiden alternativen Modelle berechenbare Reaktionen mit quantitativen Vorhersagen. Zugegeben, z.Z. ist die experimentelle Lage wohl eh extrem "dünne" und man kann alles mögliche spekulieren. Falls sich die Indizien für einen Zerfall aber erhärten und eines Tages wirklich gesicherte, gemessene quantitative Resulate vorliegen, muss man abschätzen, ob deine Erklärung quantitativ die Messungen auch ohne einen echten Doppel-Beta-Zerfall erklären kann. Das wäre ein auszuschließender "Hintergrund". Wenn das Verhältnis Signal / Hintergrund zu schwach ist, kann man freilich gar nichts sagen. Ich schätze aber mal, dass die Experimentatoren solche Hintergrundprozesse berücksichtigen, wenn sie ordentlich arbeiten.


Aber was ist eigentlich dein Punkt ?

Wenn du sagst, die Neutrinos sind vom Majorana-Typ (da sie Masse haben, wie du sagst), dann verletzen sie die Leptonenzahl-Erhaltung; das dürfte klar sein.

Mit deiner alternativen Erklärung der (meines Wissens recht unsicheren) Beobachtung eines neutrinolosen Doppelbeta-Zerfalls versuchst du nun andererseits die Leptonenzahlerhaltung wiederum zu retten. Warum denn ? Sie ist nicht zu retten, wenn Neutrinos vom Majorana-Typ sind.

Gruß,
Uli

EMI
23.04.10, 17:12
Aber was ist eigentlich dein Punkt ?
Wenn du sagst, die Neutrinos sind vom Majorana-Typ (da sie Masse haben, wie du sagst), dann verletzen sie die Leptonenzahl-Erhaltung; das dürfte klar sein.
Mit deiner alternativen Erklärung der (meines Wissens recht unsicheren) Beobachtung eines neutrinolosen Doppelbeta-Zerfalls versuchst du nun andererseits die Leptonenzahlerhaltung wiederum zu retten. Warum denn ? Sie ist nicht zu retten, wenn Neutrinos vom Majorana-Typ sind.
Hallo Uli,

mein Punkt war, klarzustellen, das es keine massebehaftete Dirac-Neutrinos gibt. Oder besser, das diese halt die Majorana-Neutrinos sind.
Masselose Neutrinos = Dirac-Neutrinos = SM
Massebehaftete Neutrinos = Majorana-Neutrinos = nicht SM.
Massebehaftete Dirac-Neutrinos = Majorana-Neutrinos.

Die experimentellen Ergebnisse zeigen, das es offensichtlich NUR Majorana-Neutrinos gibt.
Sprich es gibt keine Dirac-Neutrinos. Punkt!

Die Neutrinos (Majoranas, andere gibt es nicht) sollen nun "angeblich" die Leptonenzahlerhaltung verletzen. Warum?
Weil sie "angeblich" ihre eigenen Antiteilchen sind. Warum?
Weil sie nun(da die Händigkeit zur Unterscheidung weg ist) nicht mehr von ihrem Antineutrino zu unterscheiden sein sollen.

Mir ist die Leptonenzahlerhaltung "heilig", eigentlich B-L = 0, B/L = 1.
Solange das nicht wiederlegt wird, halte ich daran fest!
Was wäre die Alternative, wenn angeblich Pro und Anti nicht mehr zu unterscheiden sein sollen?
Es muss noch eine Quantenzahl geben, die diese eindeutig unterscheidet, auch wenn es Majorana's mit Masse sind.

Ich denke das ist die "?Ladung", die es aufzufinden gilt.

Gruß EMI

Timm
23.04.10, 20:05
Das Standardmodell dagegen geht von Dirac-Neutrinos aus; diese unterscheiden sich von ihren Antiteilchen und keine Verletzung der Leptonenzahlerhaltung wird erwartet.

Uli, nur zu meinem Verständnis: Im Standardmodell gibt es ein linkshändiges Neutrino und dessen rechtshändiges Antineutrino, mehr nicht. Deshalb greift der Higgs-Mechanismus nicht und somit hat das Neutrino im SM keine Masse. Spricht man hier auch von Dirac Neutrino? Wie beim erweiterten SM, wo es möglicherweise Dirac Neutrinos mit beiden Händigkeiten und ihren Antiteilchen gibt. Da der Higgs-Mechanismus wegen der beiden Händigkeiten hier greift, hätten diese Dirac Neutrinos zwingend Masse.

Ob diese Erweiterung mit massebehafteten Dirac Neutrinos Bestand haben wird, hängt vom Ausgang des 0v2ß-Experiments ab. Die Indizien deuten eher Richtung Majorana Neutrino, das sein eigenes Antiteilchen ist. Es ist verblüffend, daß dadurch das rechtshändige Majorana Neutrino unabhängig von einer Kollision mit dem Higgs-Boson zu einer Masse kommen kann, sogar zu einer größeren Masse, als nach Higgs zu erwarten. Das dürfte im Teilchenzoo einmalig sein.

Korrigiere bitte, wo ich Mißverständnissen aufsitze,

Gruß, Timm

Uli
24.04.10, 09:35
Uli, nur zu meinem Verständnis: Im Standardmodell gibt es ein linkshändiges Neutrino und dessen rechtshändiges Antineutrino, mehr nicht. Deshalb greift der Higgs-Mechanismus nicht und somit hat das Neutrino im SM keine Masse. Spricht man hier auch von Dirac Neutrino?


Denke doch.


Wie beim erweiterten SM, wo es möglicherweise Dirac Neutrinos mit beiden Händigkeiten und ihren Antiteilchen gibt. Da der Higgs-Mechanismus wegen der beiden Händigkeiten hier greift, hätten diese Dirac Neutrinos zwingend Masse.


Da EMI und du das nun behaupten, werde ich etwas verunsichert.
Ich denke einfach mal laut und versuche mal zu rekapitulieren, wie das war. :)

Nach meinem Verständnis sind die Neutrinos im Standardmodell 08/15 - Fermionen - geradeso wie Elektronen und Quarks. Das SM macht ja nun keine Vorhersagen für die Massen der Fermionen; diese sind freie Parameter des Modells und sind durch Fits am die experimentellen Beobachtungen anzupassen. Bei Neutrinos ergab bislang m=0 Übereinstimmung mit den Experimenten; möglicherweise braucht man aber nun von Null verschiedene Werte. Das ist ja schon für Quarks so und ändert nicht zwangsläufig etwas an der Natur der Neutrinos: Quarks bleiben auch weiterhin Dirac-Fermionen - nur bei diesen stellt sich nicht einmal die Frage nach einer alternativen Beschreibung als Majorana-Fermionen, da die Quarks elektrisch geladen sind und nicht ihre eigenen Antis sein können.

Der Mechanismus, der diese freien Parameter m erzeugt, ist freilich die Symmetriebrechung via Higgs; der unterscheidet nicht zwischen Neutrinos einerseits und Quarks und Elektronen andererseits.

Wie ist das mit der Händigkeit der Neutrinos ?

Neutrinos sind die einzigen Fermionen, die nur schwach wechselwirken. Die (geladene) schwache Wechselwirkung (vermittelt durch W-Bosonen) hat aber eine V - A (Vektor - Axialvektor) -Struktur.
http://www.mppmu.mpg.de/~rwagner/skript/V_A_Theorie_schwachen_Wechs.html

Fermionen erfüllen im Standardmodell die Dirac-Gleichung und werden durch 4-komponentige Dirac-Spinoren dargestellt.
Die V-A-Struktur (die übrigens für die Paritätsverletzung der schwachen WW verantwortlich ist), führt bei niedrigen Energien zu Termen für den sog. schwachen geladenen Strom, die aussehen wie

http://www.mppmu.mpg.de/~rwagner/skript/img2498.gif


Dabei sind die u's 4-komponentige Dirac-Spinoren.
Die V-A -Struktur kommt aus der enthaltenen Kombination von Dirac'schen Gamma-Matrizen:

gamma_mu * (1 - gamma_5)

Der gamma_mu - Term alleine transformiert unter Spiegelungen P wie ein Vektor und der gamma_5 -Term wie ein Axialvektor. Es stellt sich heraus, auf Dirac- Spinoren angewandt, ist diese Kombination von Gamma-Matrizen ein sog. Chiralitäts-Projektions-Operator: angewandt auf den Spinor eines Teilchens, erhält man den linkshändigen chiralen Anteil des Spinors - auf Spinoren von Antiteilchen angewandt, erhält man den rechtshändigen Anteil des Spinors.
==> Die geladene schwache WW (W-Bosonen) "interessiert" sich nur für linkshändig chirale Fermionen und rechtshändig chirale Antifermionen.
Diese Helizität ist unabhängig vom Beobachter, in allen inertialen Bezugssystemen hat man dieselbe Chiralität.

Praktischer für die Anwendung ist meist die sog. Helizität; definiert als Projektion des Spin-Vektors auf den Impulsvektor. Dieser ist offenbar nur für masselose Fermionen unabhängig vom Beobachter, denn ein Beobachter könnte ein massives Fermion quasi überholen und dann würde die Helizität flippen, da der Impulsvektor nach Überholung seine Richtung ändert.

Für masselose Fermionen sind Helizität und Chiralität identisch.

Daraus folgt nun z.B., dass ein masseloses Fermion niemals seine Helizität ("Händigkeit") ändern kann: wären Neutrinos masselos, so wären linkshändige Neutrinos immer linkshändig und rechtshändige immer rechtshändig.

Was sollen wir aber nun mit rechtshändigen masselosen Neutrinos bzw. linkshändigen masselosen Antineutrinos im SM anfangen?

Diese würden weder elm. noch schwach noch stark wechselwirken: sie wären undetektierbar, wenn es sie in einem unphysikalischen Sinne denn "gäbe". Das SM interessiert sich deshalb nicht für diese.

Haben die Neutrinos nun aber eine von Null verschieden Masse, so ändert sich diese Situation und eine zu Quarks völlig analoge Behandlung wäre möglich ("Dirac-Fermionen"). Aufgrund ihrer verschwindenen elektrischen Ladung wäre für diese aber auch eine Behandlung als Majorana-Fermionen möglich, wenn man denn darauf verzichtet, dass die Leptonenzahl eine erhaltene Größe ist. Da Majorana-Fermionen ihre eigenen Antiteilchen wären könnten sie unmöglich so etwas wie eine vorzeichenbehaftete Materiequantenzahl wie die Leptonenzahl transportieren. Unmittelbare Konsequenz wäre, dass der "schwache Strom" die Leptonenzahlerhaltung verletzt.
@EMI: will man die Leptonenzahl beibehalten, dann müsste man Majorana-Neutrinos die Leptonenzahl 0 zuordnen, denn sonst könnten sie nicht ihre eigenen Antis sein. Damit platzt aber sofort die Leptonenzahlerhaltung bei schwachen Prozessen.

Jetzt habe ich mir aber die Finger wund geschrieben.
Mein Fazit: ich sehe für massive Dirac-Neutrinos genau so viele Probleme wie für massive Quarks - nämlich keine. :)

Gruß,
Uli

Nachtrag: habe gerade einen interessanten Review-Artikel zum Thema entdeckt:
On the Possibilities of Distinguishing Majorana from Dirac Neutrinos (http://th-www.if.uj.edu.pl/acta/vol28/pdf/v28p2225.pdf)

Werde mir das mal zu Gemüte führen. Ggf. korrigiere ich meinen Text oben in einem separaten Posting.

Timm
24.04.10, 15:45
Zitat von Timm
Wie beim erweiterten SM, wo es möglicherweise Dirac Neutrinos mit beiden Händigkeiten und ihren Antiteilchen gibt. Da der Higgs-Mechanismus wegen der beiden Händigkeiten hier greift, hätten diese Dirac Neutrinos zwingend Masse.


Was sollen wir aber nun mit rechtshändigen masselosen Neutrinos bzw. linkshändigen masselosen Antineutrinos im SM anfangen?

Diese würden weder elm. noch schwach noch stark wechselwirken: sie wären undetektierbar, wenn es sie in einem unphysikalischen Sinne denn "gäbe". Das SM interessiert sich deshalb nicht für diese.

Uli, meine Bemerkung bezog sich auf ein erweitertes Standard Modell, an dem wohl kein Weg vorbeigeht, seit die Anzeichen für eine Neutrinomasse unübersehbar sind.

Nach meinem derzeitigen Wissensstand sind Neutrinos im Standardmodell strikt linkshändig und haben deshalb keine Masse. Den Grund hast Du schon genannt. Hätte es Masse, dann müßte ein Beobachter, der ein solches Neutrino überholt dessen geflippte Händigkeit sehen. Es existiert aber nur eine Händigkeit. Wenn ich es recht verstehe, entfällt auch der Masse verleihende Higgs-Mechanismus bei nur einer Händigkeit.

Alle diese Argumente sind bei der Annahme eines Dirac Neutrinos mit beiden Händigkeiten obsolet. Aber dann sind wie eben schon bei einem erweiterten SM mit massiven Neutrinos.

Vielleicht klärt sich jetzt Manches.


Jetzt habe ich mir aber die Finger wund geschrieben.

Du hast den Sachverhalt sehr klar aufgezeigt, danke.


Mein Fazit: ich sehe für massive Dirac-Neutrinos genau so viele Probleme wie für massive Quarks - nämlich keine. :)


Aber die theoretischen Grundlagen für die Erweiterung des Standard-Modells müssen doch erst mal geschaffen werden, oder?

Gruß, Timm

Uli
24.04.10, 17:40
Uli, meine Bemerkung bezog sich auf ein erweitertes Standard Modell, an dem wohl kein Weg vorbeigeht, seit die Anzeichen für eine Neutrinomasse unübersehbar sind.

Nach meinem derzeitigen Wissensstand sind Neutrinos im Standardmodell strikt linkshändig und haben deshalb keine Masse.


Ich würde es eher umgekehrt ausdrücken: da sie keine Masse haben, haben sie eine wohldefiniere Helizität; man misst ja die Masse und schlussfolgert dann aufgrund bekannter V-A-Struktur der schwachen WW auf ihre Helizität.


...
Aber die theoretischen Grundlagen für die Erweiterung des Standard-Modells müssen doch erst mal geschaffen werden, oder?

Gruß, Timm

Was zu tun ist, ist doch lediglich, den Formalismus, den es für den Quarksektor bereits gibt, auf den Leptonensektor zu übertragen: Massenterme und Flavor-Mischungsmatrix. Das ist eine recht triviale Erweiterung, meine ich.

Gruß,
Uli

Hmm, irgendwie geht es in diesem Thread gar nicht mehr um Positronen. :)

EMI
24.04.10, 20:14
Du hast den Sachverhalt sehr klar aufgezeigt
Schön das Du es wenigstens Uli abnimmst, was ich vorher schon Seitenweise geschrieben hatte.

Timm
25.04.10, 08:56
Zitat von Timm
Nach meinem derzeitigen Wissensstand sind Neutrinos im Standardmodell strikt linkshändig und haben deshalb keine Masse.


Ich würde es eher umgekehrt ausdrücken: da sie keine Masse haben, haben sie eine wohldefiniere Helizität; man misst ja die Masse und schlussfolgert dann aufgrund bekannter V-A-Struktur der schwachen WW auf ihre Helizität.

Gut, daß Du das ansprichst, denn hier habe ich noch Klärungsbedarf.
Neutrinos unterliegen nur der schwachen Wechselwirkung. Diese wiederum wirkt nach dem Standardmodell ausschließlich auf linkshändige Fermionen. Demzufolge gibt es im SM eben nur linkshändige Neutrinos und ansonsten keinen Prozess, der ihnen Masse verleiht. Aus der Vorhersage des SM, daß Neutrinos nur eine Helizität haben (lt. Wiki H=-1, links) folgt, daß es keine Masse haben kann. Ich behaupte das alles nicht, sondern will vermitteln, wie ich zu der Meinung komme. Vor ein paar Tagen kannte ich das Neutrino nur dem Namen nach.

Wenn Du nun sagst, es sei umgekehrt, man mißt zuerst die Masse und schließt dann auf die Helizität des Neutrinos im Standardmodell, dann verwirrt mich das. Ich könnte Deine Bemerkung verstehen, wenn sie sich auf das erweiterte SM bezogen hätte.

Was zu tun ist, ist doch lediglich, den Formalismus, den es für den Quarksektor bereits gibt, auf den Leptonensektor zu übertragen: Massenterme und Flavor-Mischungsmatrix. Das ist eine recht triviale Erweiterung, meine ich.

Ok, man wendet bekanntes an.


Hmm, irgendwie geht es in diesem Thread gar nicht mehr um Positronen. :)

Ich werde heute abend den Neutrino Teil als eigenständigen Thread etablieren,

Gruß, Timm

Timm
25.04.10, 09:15
Schön das Du es wenigstens Uli abnimmst, was ich vorher schon Seitenweise geschrieben hatte.

Dir nehme ich es auch ab. Es gab ein Mißverständnis zwischen uns, das die Frage Dirac Neutrinos mit oder ohne Masse betraf. Du warst beim derzeitigen SM, ich beim erweiterten SM. Die Diskussion mit Dir hat mir geholfen!

Gruß, Timm

EMI
25.04.10, 11:32
Aus der Vorhersage des SM, daß Neutrinos nur eine Helizität haben (lt. Wiki H=-1, links) folgt, daß es keine Masse haben kann.
Wenn Du nun sagst, es sei umgekehrt, man mißt zuerst die Masse und schließt dann auf die Helizität des Neutrinos im Standardmodell, dann verwirrt mich das.
Hallo Timm,

es ist umgekehrt, so wie Uli es sagte.
Weil die SM-Neutrinos keine Masse haben(wurde einfach angenommen), konnte man diesen eine Erhaltungs-Helizität (H=-1) zuordnen.

Da Neutrinos aber doch eine Masse haben(Experimenteller Nachweis), entfällt diese Erhaltung, weil die Helizität nunmeher BS-abhängig ist.
Neutrinos mit Masse können sich nicht mehr mit c bewegen.

Das ist wie mit den geladenen Leptonen und den Quarks, die haben auch keine Erhaltungs-Helizität. Nunmehr die Neutrinos auch nicht mehr.
Es macht deshalb, aus meiner Sicht, keinen Sinn mehr überhaupt noch von der Quanteneigenschaft Helizität zu reden, da diese offensichtlich bei allen Leptonen/Quarks nicht mehr erhalten bleibt.

Nehmen wir zum besseren Verständnis mal fiktiv an, die el.Elementarladung Q wäre nicht invariant.
Also z.B. ein el.pos.Teilchen bewegt sich von uns weg. Jetzt geben wir Gas und holen dieses el.pos.Teilchen ein.
In dem Moment, wo unser v gleich dem v des el.pos.Teilchens ist, stellen wir auf einmal keine el.Ladung mehr fest, Q=0.
Nun werden wir noch schneller unser v ist größer wie das vom Teilchen, das Teilchen kommt jetzt auf uns zu. Jetzt messen wir an diesem Teilchen eine el.neg.Ladung.
Wenn dem so wäre, wäre die el.Ladung Q nicht invariant und es würde keinen Sinn mehr machen, Teilchen überhaupt noch eine el.Ladung zuzuordnen. IMHO.

Genau diese fiktive Annahme mit Q trifft nun aber auf die Helizität H wirklich zu.
Nur bei Masselosen-Neutrinos macht es Sinn von einer Erhaltung der Helizität zu reden.

Grob verstanden?

Gruß EMI

PS: zu den Positronen gibts eigentlich nichts mehr zu sagen. IMHO

Uli
25.04.10, 11:54
Hi EMI,

mir scheint, ich stimme deinen Ausführungen voll zu - haste aber Glück gehabt. :)

Ich grüble noch ein wenig darüber, dass die Ruhemasse der Neutrinos wirklich ungleich Null sein soll. Bei der Beobachtung von Neutrino-Strömen aus Supernova-Ereignissen gibt es ja bislang kein Indiz dafür, dass die Neutrinos für die immensen Entfernungen mehr Zeit als das Licht benötigt hätten.

Falls sie eine Masse haben würde ich erwarten, dass die Neutrinopulse nicht alle zeitgleich ankommen und einen Tick später als das Licht.

Man kann natürlich auch nicht gänzlich ausschließen, dass die Neutrinos bei diesen Ereignisse einen unmessbar kleine Zeitspanne langsamer als das Licht waren.

http://de.wikipedia.org/wiki/Supernova_1987A


... Drei Stunden bevor das sichtbare Licht die Erde erreichte, wurde ein starker Neutrino-Ausstoß von verschiedenen Neutrino-Observatorien festgestellt, die eigentlich zur Untersuchung der Neutrinooszillation und zur Suche nach Protonenzerfall betrieben worden waren. Dies war die erste Neutrino-Messung an einer Supernova und bestätigte theoretische Modelle, denen zufolge große Teile der Energie einer Supernova in Form von Neutrinos abgestrahlt werden. Da die Neutrinodetektoren nicht empfindlich genug waren, konnte zum Bedauern der Physiker nicht das volle Energie-Spektrum erfasst werden. Da außerdem nur ein Observatorium den Zeitmesser seines Detektors mit einer Atomuhr synchronisiert hatte und vor allem die Ereignisraten deutlich zu niedrig waren, konnte nicht durch Vergleich der Zeitmarken der Observatorien festgestellt werden, ob die Neutrinos mit Lichtgeschwindigkeit oder etwas langsamer reisten. Detektiert wurden elf Neutrinos im Kamiokande[1], acht im Irvine Michigan Brookhaven Experiment[2] und möglicherweise fünf im Mont Blanc Underground Neutrino Observatory[3] und fünf im Baksan-Detektor[4][5]. Dies sind bis heute die einzigen nachgewiesenen Neutrinos, die sicher aus einer Supernova stammen, welche wiederum wenige Stunden später mit Teleskopen beobachtet werden konnte. ...


Gruß,
Uli

EMI
25.04.10, 13:04
Man kann natürlich auch nicht gänzlich ausschließen, dass die Neutrinos bei diesen Ereignisse einen unmessbar kleine Zeitspanne langsamer als das Licht waren.
Hallo Uli,

nach dem Wikiartikel müssten die Neutrinos sogar schneller als die Photonen gewesen sein.:confused: :confused: :confused:
Dann wären Neutrinos ja Tachionen mit imaginärer Masse.

Gruß EMI

PS: Wenn ich überhaupt was von Physik verstehe, dann ist es die Elementarteilchenphysik.;)

Lorenzy
25.04.10, 13:52
nach dem Wikiartikel müssten die Neutrinos sogar schneller als die Photonen gewesen sein.:confused: :confused: :confused:
Dann wären Neutrinos ja Tachionen mit imaginärer Masse.


Ich würde die ollen Tachyonen da mal raus lassen.;)

Die Schockwelle des kollabierenden Sterns, erreicht die Sternoberfläche erst nach einiger Zeit, worauf die Oberfläche rapide aufgeheizt wird und viel mehr Photonen aussendet. Während die Neutrinos schon beim Kernkollaps sagen: "Adios Muchachos !"

EMI
25.04.10, 14:00
Ich würde die ollen Tachyonen da mal raus lassen.;)
Die Schockwelle des kollabierenden Sterns, erreicht die Sternoberfläche erst nach einiger Zeit, worauf die Oberfläche rapide aufgeheizt wird und viel mehr Photonen aussendet. Während die Neutrinos schon beim Kernkollaps sagen: "Adios Muchachos !"
Du hast ja so recht Lorenzy!:)

Die Neutrinos entstehen ja schon beim Elektroneneinfang/Neutronensternbildung.
Also dauerts ca. 3 Stunden bis der Neutronenstern fertig ist (maximale Rotation 1 kHz), oder etwas länger, was die Photonen dann wieder etwas aufholen auf dem weg zu uns.

Gruß EMI

PS: Nun braucht Uli auch nicht mehr zu sehr zu grübeln.:)

Lorenzy
25.04.10, 14:28
Also dauerts ca. 3 Stunden bis der Neutronenstern fertig ist (maximale Rotation 1 kHz), oder etwas länger, was die Photonen dann wieder etwas aufholen auf dem weg zu uns.

Wäre natürlich schon interessant zu wissen wieviel Zeit die Photonen auf die Neutrinos wieder gutmachen. Wenn man die genaue Dauer wüsste wie lange die Schockwelle bis zur Oberfläche braucht, könnte man sowas vielleicht berechnen.
Mhhh.. Die Dauer müsste natürlich sehr genau berechnet werden, was wohl aus Gründen unzureichender Daten nicht möglich ist. Die Wechselwirkung dieser Schockwelle innerhalb des Sterns stell ich mir äusserst komplex vor.

Timm
25.04.10, 17:12
Hallo EMI,


es ist umgekehrt, so wie Uli es sagte.
Weil die SM-Neutrinos keine Masse haben(wurde einfach angenommen), konnte man diesen eine Erhaltungs-Helizität (H=-1) zuordnen.


Wenn ihr das beide sagt, dann ist es so. Aber wo ist mein Denkfehler?

http://hitoshi.berkeley.edu/neutrino/PhysicsWorld.pdf
This picture also explains why neutrinos are massless. If a left-handed neutrino tried to collide with the Higgs boson,it would have to become right-handed. Since no such state exists, the left-handed neutrino is unable to interact with the Higgs boson and therefore does not acquire any mass. In this way, massless neutrinos go hand in hand with the absence of right-handed neutrinos in the Standard Model.


Für mich klingt das so, daß Neutrinos im SM über den Mechanismus der schwachen WW nur linkshändig sind, und deshalb keine Masse haben. Ist das definitiv falsch?
Dabei ging ich davon aus, daß die schwache WW ein inhärenter Teil des SM ist (so wie Gravitationswellen ein Teil der ART sind), die eine Vorhersage der Linkshändigkeit macht, was aber nur sein kann, wenn die Neutrinos keine Masse haben. Aber da liege ich offenbar verkehrt, oder?

Wenn ich Dich und Uli recht verstehe, ist man bei der Entwicklung des SM zunächst von masselosen Neutrinos ausgegangen, hat sich überlegt, wie bringe ich sie im Modell unter und kam dann auf die schwache Wechselwirkung. Wenn es so ist, sehe ich klar.

Tut mir leid, wenn ich so penetrant nachfrage.


Da Neutrinos aber doch eine Masse haben(Experimenteller Nachweis), entfällt diese Erhaltung, weil die Helizität nunmeher BS-abhängig ist.
Neutrinos mit Masse können sich nicht mehr mit c bewegen.

Das ist wie mit den geladenen Leptonen und den Quarks, die haben auch keine Erhaltungs-Helizität. Nunmehr die Neutrinos auch nicht mehr.
Es macht deshalb, aus meiner Sicht, keinen Sinn mehr überhaupt noch von der Quanteneigenschaft Helizität zu reden, da diese offensichtlich bei allen Leptonen/Quarks nicht mehr erhalten bleibt.

Nehmen wir zum besseren Verständnis mal fiktiv an, die el.Elementarladung Q wäre nicht invariant.
Also z.B. ein el.pos.Teilchen bewegt sich von uns weg. Jetzt geben wir Gas und holen dieses el.pos.Teilchen ein.
In dem Moment, wo unser v gleich dem v des el.pos.Teilchens ist, stellen wir auf einmal keine el.Ladung mehr fest, Q=0.
Nun werden wir noch schneller unser v ist größer wie das vom Teilchen, das Teilchen kommt jetzt auf uns zu. Jetzt messen wir an diesem Teilchen eine el.neg.Ladung.
Wenn dem so wäre, wäre die el.Ladung Q nicht invariant und es würde keinen Sinn mehr machen, Teilchen überhaupt noch eine el.Ladung zuzuordnen. IMHO.

Genau diese fiktive Annahme mit Q trifft nun aber auf die Helizität H wirklich zu.
Nur bei Masselosen-Neutrinos macht es Sinn von einer Erhaltung der Helizität zu reden.

Grob verstanden?


Ja, danke EMI,

Gruß, Timm

Uli
25.04.10, 17:17
Wäre natürlich schon interessant zu wissen wieviel Zeit die Photonen auf die Neutrinos wieder gutmachen. Wenn man die genaue Dauer wüsste wie lange die Schockwelle bis zur Oberfläche braucht, könnte man sowas vielleicht berechnen.
Mhhh.. Die Dauer müsste natürlich sehr genau berechnet werden, was wohl aus Gründen unzureichender Daten nicht möglich ist. Die Wechselwirkung dieser Schockwelle innerhalb des Sterns stell ich mir äusserst komplex vor.

Was ich verblüffend finde, ist, dass es sich um astronomische Entfernungen handelt - im genannten Fall um ca 150 000 Lichtjahre. Wenn die Neutrinos sich "nur" mit 99.9 % der Lichtgeschwindigkeit bewegen, müssten sie hier immerhin 150 Jahre nach den Photonen eintreffen. Sie kommen aber praktisch ohne messbaren Zeitverlust an; ich finde, dieses Ergebnis zeigt eine gewisse "Ambivalenz" zur vermuteten Neutrinoruhemasse ungleich 0.

Uli
25.04.10, 17:26
Hallo EMI,



Wenn ihr das beide sagt, dann ist es so. Aber wo ist mein Denkfehler?

http://hitoshi.berkeley.edu/neutrino/PhysicsWorld.pdf

This picture also explains why neutrinos are massless. If a left-handed neutrino tried to collide with the Higgs boson,it would have to become right-handed. Since no such state exists, the left-handed neutrino is unable to interact with the Higgs boson and therefore does not acquire any mass. In this way, massless neutrinos go hand in hand with the absence of right-handed neutrinos in the Standard Model.



Timm, dieses Argument mutet auf den ersten Blick recht merkwürdig an, finde ich. Was soll das alles mit Kollisionen mit dem Higgs-Boson zu tun haben ?

Es geht bei der spontanen Symmetriebrechung ja nicht um das physikalische Higgs-Boson, sondern um das Higgs-Hintergrundfeld, dessen Vakuum-Erwartunswert ungleich 0 ist. Es ist mehr eine Eigenschaft unseres Vakuums, die für die Symmetriebrechung und die Massen der Fermionen verantwortlich ist.

Die Kopplungen des Higgs-Bosons zu den Fermionen sind dann zwar prortional zu den Massen der Fermionen; deshalb wird es (wenn es denn existiert) besonders gerne in schwere Teilchen zerfallen. Das hat nach meinem Verständnis aber erst einmal nicht unmittelbar etwas mit Higgs-Mechanismus und spontaner Symmetriebrechung zu tun (wenn es auch eine Folge davon ist).

Ich habe jetzt allerdings nur das Zitat und nicht den gesamten Artikel gelesen.

Siehe z.B.
http://de.wikipedia.org/wiki/Higgs-Mechanismus

Gruß,
Uli

Timm
25.04.10, 17:33
Was ich verblüffend finde, ist, dass es sich um astronomische Entfernungen handelt - im genannten Fall um ca 150 000 Lichtjahre. Wenn die Neutrinos sich "nur" mit 99.9 % der Lichtgeschwindigkeit bewegen, müssten sie hier immerhin 150 Jahre nach den Photonen eintreffen. Sie kommen aber praktisch ohne messbaren Zeitverlust an; ich finde, dieses Ergebnis zeigt eine gewisse "Ambivalenz" zur vermuteten Neutrinoruhemasse ungleich 0.

Hi Uli,

Wiki verkündet:

Neutrinos einer Supernova-Explosion (siehe Astrophysik) erreichten 1987 die Erde mit einer Geschwindigkeit, die in den ersten neun Dezimalen der Lichtgeschwindigkeit gleich war.


Ich denke, die Neutrinooszillationsexperimente sind der sicherere Fingerzeig für eine Neutrinomasse,

Gruß, Timm

P.S. Ich verschiebe jetzt den Neutrino Teil.

Uli
25.04.10, 18:00
Hi Uli,

Wiki verkündet:



Ich denke, die Neutrinooszillationsexperimente sind der sicherere Fingerzeig für eine Neutrinomasse,

Gruß, Timm



Ja, ihre Masse ist wohl wirklich extrem klein; man erwartet den Bereich 0.5 - 3 eV. D.h., bei geringster Energie bewegen sie sich bereits praktisch mit Lichtgeschwindigkeit.

Es reicht übrigens auch bereits aus, wenn nur eine der Neutrinosorten eine Masse ungleich Null hat, um Neutrinooszillationen zu bekommen.


P.S. Ich verschiebe jetzt den Neutrino Teil.

Danke !

Gruß,
Uli

Timm
26.04.10, 16:03
Timm, dieses Argument mutet auf den ersten Blick recht merkwürdig an, finde ich. Was soll das alles mit Kollisionen mit dem Higgs-Boson zu tun haben ?

Es geht bei der spontanen Symmetriebrechung ja nicht um das physikalische Higgs-Boson, sondern um das Higgs-Hintergrundfeld, dessen Vakuum-Erwartunswert ungleich 0 ist. Es ist mehr eine Eigenschaft unseres Vakuums, die für die Symmetriebrechung und die Massen der Fermionen verantwortlich ist.

Die Kopplungen des Higgs-Bosons zu den Fermionen sind dann zwar prortional zu den Massen der Fermionen; deshalb wird es (wenn es denn existiert) besonders gerne in schwere Teilchen zerfallen. Das hat nach meinem Verständnis aber erst einmal nicht unmittelbar etwas mit Higgs-Mechanismus und spontaner Symmetriebrechung zu tun (wenn es auch eine Folge davon ist).


Leider verstehe ich zu wenig, Uli, davon und kann Deine Bedenken nicht einschätzen. Vielleicht hilft eine andere Textstelle desselben Artikels weiter:

http://hitoshi.berkeley.edu/neutrino/PhysicsWorld.pdf
(a) According to the Higgs mechanism in the Standard Model, particles in the vacuum acquire mass as they collide with the Higgs boson. Photons (γ) are massless because they do not interact with the Higgs boson. All particles, including electrons (e), muons (μ) and top quarks (t), change handedness when they collide with the Higgs boson; left-handed particles become right-handed and vice versa. Experiments have shown that neutrinos (ν) are always left-handed. Since right-handed neutrinos do not exist in the Standard Model, the theory predicts that neutrinos can never acquire mass.


Nach meinem Eindruck ist Hitoshi Murayama Neutrino Physiker in Berkley. Aber merkwürdig, mehr habe ich zu Higgs/Helizität nicht gefunden.

Bei den erwähnten Experimenten dürfte Goldhaber gemeint sein:

http://www.mppmu.mpg.de/~rwagner/skript/Paritatsverletzung.html#fig:7:5:1:Heli
Experimenteller Aufbau und Ergebnis des Goldhaber-Experiments sind in Abb. 8.11 dargestellt. Es ergab sich eine Asymmetrie bei Umkehrung der Magnetisierung von:

http://www.mppmu.mpg.de/~rwagner/skript/img2460.gif

Daraus kann man auf eine Linkszirkularpolarisation schließen, was gleichbedeutend mit der Linkshändigkeit des Neutrinos ist:

http://www.mppmu.mpg.de/~rwagner/skript/img2462.gif


Du hattest ja schon die V-A-Theorie erwähnt, wobei mir nicht klar ist, ob sie aufgrund des Goldhaber-Experiments entwickelt wurde, oder schon vorher existierte.

http://www.mppmu.mpg.de/~rwagner/skript/Paritatsverletzung.html#fig:7:5:1:Heli
W+- Bosonen koppeln an die Differenz aus Vektor- und Axialvektorstrom, weshalb man auch von der V-A-Theorie der schwachen Wechselwirkung spricht. Für dieses Verhalten existiert bislang keine wirklich tiefe Begründung, es ist vielmehr im Einklang mit dem Experiment so gefunden worden.

Die V-A-Theorie impliziert bereits eine Paritätsverletzung, da sich Vektoren und Axialvektoren unter Parität verschieden transformieren


Von der Annahme oder Messung der Neutrinomasse war bisher nicht die Rede. Vielmehr ergibt sich aus dem Resultat des Goldhaber-Experiments in Übereinstimmung mit der V-A-Theorie die Helizität des Neutrinos H=-1. Solange das strikt gilt, darf es keinen Beobachter geben, der das Neutrino überholen kann. Dieses muß also masselos sein.

Könntest Du dem zustimmen, Uli, oder unterliege ich noch irgendwelchen Irrungen?

Gruß, Timm

Uli
26.04.10, 18:57
Nach meinem Eindruck ist Hitoshi Murayama Neutrino Physiker in Berkley. Aber merkwürdig, mehr habe ich zu Higgs/Helizität nicht gefunden.

Bei den erwähnten Experimenten dürfte Goldhaber gemeint sein:

http://www.mppmu.mpg.de/~rwagner/skript/Paritatsverletzung.html#fig:7:5:1:Heli


Du hattest ja schon die V-A-Theorie erwähnt, wobei mir nicht klar ist, ob sie aufgrund des Goldhaber-Experiments entwickelt wurde, oder schon vorher existierte.

http://www.mppmu.mpg.de/~rwagner/skript/Paritatsverletzung.html#fig:7:5:1:Heli
Gruß, Timm

Die V-A-Struktur der schwachen Wechselwirkung war schon zuvor bekannt; Fermi hatte eine Theorie der schwachen Wechselwirkung entwickelt, die eine Punkt-Wechselwirkung mit V-A -Struktur enthielt - noch ohne W- und Z-Bosonen und nicht renormierbar - dennoch wegweisend.
E. Fermi: Versuch einer Theorie der Betastrahlen, Zeitschrift für Physik Bd.88, 1934, S.161

Das Standardmodell enthält Fermis Theorie als Grenzfall niedriger Energien für die geladene schwache Wechselwirkung.

Ich verstehe Goldhabers Experiment als eine experimentelle Bestätigung der V-A Struktur.

V-A -Struktur impliziert für masselose Fermionen aber unmittelbar Linkshändigkeit.

Ich finde - nach wie vor - Murayama zäumt das Pferd am Schwanz auf.
Zum anderen sind die Kollisionen mit dem Higgs-Boson, die für die Teilchenmassen verantwortlich sein sollen, höchst irreführend.
Man sollte dabei bedenken, dass ein Elektron kaum eine Chance hat, irgendwann einmal mit einem der höchst seltenen Higgs-Bosonen zu kollidieren (bislang wurde kein einziges gesehen - LHC wartet noch). Solche Kollisionen können also unmöglich für seine Masse verantwortlich sein. Murayama hält das vielleicht für eine didaktisch sinnvolle Formulierung - ich nicht.

Es ist vielmehr die Struktur unseres Vakuums: man führt ein skalares Hintergrundfeld derart ein, dass der Vakuumzustand die SU(2)xU(1) -Eichsymmetrie der Theorie spontan bricht, die U(1)-Symmetrie des Elektromagnetismus aber erhalten bleibt - eben, weil man massive W- und Z-Bosonen, aber ein masseloses Photon will. Im ursprünglichen Ansatz von Weinberg und Salam wurden einige Konstanten ganz gezielt gleich Null gesetzt, um auch masselose Neutrinos zu erhalten.

In §4 von
http://www.kurilla.org/content/spontane-symmetriebrechung
wird in einigem Detail beschrieben, wie die Teilchen im SM ihre Massen erhalten und wie man eine elementare Erweiterung für massive Neutrinos machen kann. Letztendlich wird es dann doch wieder etwas formal; aber so ist die Symmetriebrechung nun einmal.

Gruß,
Uli

Timm
26.04.10, 19:59
Die V-A-Struktur der schwachen Wechselwirkung war schon zuvor bekannt;

Ich verstehe Goldhabers Experiment als eine experimentelle Bestätigung der V-A Struktur.

V-A -Struktur impliziert für masselose Fermionen aber unmittelbar Linkshändigkeit.

Ok.


Man sollte dabei bedenken, dass ein Elektron kaum eine Chance hat, irgendwann einmal mit einem der höchst seltenen Higgs-Bosonen zu kollidieren (bislang wurde kein einziges gesehen - LHC wartet noch). Solche Kollisionen können also unmöglich für seine Masse verantwortlich sein. Murayama hält das vielleicht für eine didaktisch sinnvolle Formulierung - ich nicht.

Das überzeugt mich. Dann hake ich die Masse verleihenden Kollisionen als Versuch einer "Veranschaulichung" ab.


Es ist vielmehr die Struktur unseres Vakuums: man führt ein skalares Hintergrundfeld derart ein, dass der Vakuumzustand die SU(2)xU(1) -Eichsymmetrie der Theorie spontan bricht, die U(1)-Symmetrie des Elektromagnetismus aber erhalten bleibt - eben, weil man massive W- und Z-Bosonen, aber ein masseloses Photon will. Im ursprünglichen Ansatz von Weinberg und Salam wurden einige Konstanten ganz gezielt gleich Null gesetzt, um auch masselose Neutrinos zu erhalten.

In §4 von
http://www.kurilla.org/content/spontane-symmetriebrechung
wird in einigem Detail beschrieben, wie die Teilchen im SM ihre Massen erhalten und wie man eine elementare Erweiterung für massive Neutrinos machen kann. Letztendlich wird es dann doch wieder etwas formal; aber so ist die Symmetriebrechung nun einmal.


Hier spricht der Experte. Ich gäbe was drum, wenn ich Dir folgen könnte,

Gruß, Timm