PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Eigenzeit für äußere Schwarzschild-Metrik


eigenvector
13.11.10, 15:22
Kannst du in Schwarzschildkoordinaten auf die Eigenzeit eines frei fallenden Massenpunktes umrechnen? Und zwar so, dass man es auch versteht?

Und sorry SCR, für Off-Topic. Aber ich denke mal, das interessiert dich auch, oder?

Um Off-Topic-Diskussionen zu vermeiden, dachte ich mir, ich kann dafür ja auch gleich ein neues Thema aufmachen.

Naja, machen wir mal den Anfang:

Das Linienelement hat in der äußeren Schwarzschild-Lösung die Form:

ds²=dr²/(1-a/r)+r²(dϑ²+dφ²sin²(ϑ))-(1-a/r)(cdt)²

Je nach Vorzeichenkonvention könnte das auch ein bisschen anders Aussehen.
Hier ist φ der Azimutwinkel und ϑ der Polarwinkel.
Bei r ist die Sache etwas schwieriger, r beschreibt nämlich nicht den Radius, sondern r=const beschreibt Flächen mit einer Oberfläche von 4πr² (da der Raum gekrümmt ist, ist das nicht das Gleiche wie der Radius).
t beschreibt die Koordinatenzeit. Man kann relativ leicht sehen, dass diese Koordinatenzeit übereinstimmt mit der Eigenzeit einer stationären Uhr, die unendlich weit vom Zentrum entfernt ist.
a bezeichnet den Schwarzschild-Radius.

Um zur Eigenzeit zu kommen, die Eigenzeit, nennen wir sie mal τ, ist definiert über:

ds²=-(cdτ)²

Will man nun also die Eigenzeit für einen frei fallenden Massenpunkt berechnen, so man erst mal eine Lösung der Geodätengleichung zur Schwarzschild-Metrik finden. Die Geodäte beschreibt dann die Bahnkurve des frei fallenden Massenpunkts in den Koordinaten der Schwarzschild-Metrik.
Um dann auszurechnen, wie die Eigenzeit für den Massenpunkt entlang seiner Bahnkurve verläuft, muss man nur noch dτ entlang dieser Kurve integrieren.

Für gewöhnlich allerdings, nimmt man die Eigenzeit gleich als den affinen Parameter an, der das entlang laufen auf der Geodäte beschreibt, wenn man eine Geodäte für einen Massenpunkt ausrechnet.
Dann kann man sich die Integration sparen.

Das war jetzt zwar nicht die eigentliche Rechnung, ich kann mich nämlich grad nicht dazu aufraffen die Geodätengleichung zu lösen, aber ich hoffe, dass ich damit schon mal ein bisschen weiter geholfen habe.

Marco Polo
13.11.10, 15:57
Soweit erst mal vielen Dank an dich, eigenvector.

Endlich mal jemand, der sich auskennt. Das hatte ich dann wohl nicht zu unrecht vermutet. :)

Ich komme frühestens am Sonntag dazu, mich mit deinen Ausführungen zu beschäftigen.

Das Thema ist überaus interessant.

Beste Grüsse, Marco Polo

SCR
14.11.10, 06:43
Hi eigenvector,
ich kann mich nämlich grad nicht dazu aufraffen die Geodätengleichung zu lösen,
vielleicht erspart das hier etwas Arbeit: http://physics.stfx.ca/~pmarzlin/lectures/art03/ART03Vortrag6Ausarbeitung.pdf
(Geodätengleichung: Seite 12; Ausgangsnotation siehe Herleitung S. 2-3)
Und sorry SCR, für Off-Topic. Aber ich denke mal, das interessiert dich auch, oder?
Jepp -> Kein Problem. Ich find's sogar äußerst konstruktiv.

eigenvector
14.11.10, 10:01
Hi eigenvector,

vielleicht erspart das hier etwas Arbeit: http://physics.stfx.ca/~pmarzlin/lectures/art03/ART03Vortrag6Ausarbeitung.pdf
(Geodätengleichung: Seite 12; Ausgangsnotation siehe Herleitung S. 2-3)

Ja, vielen dank, da ist genau die Rechnung enthalten, die ich machen wollte.
Allerdings nicht auf Seite 12, denn dort steht die Lösung der Geodätengleichung für die Lichtablenkung.

Hier war aber gefragt nach einem frei fallenden Massenpunkt.
Die dazugehörige Lösung findet sich im Abschnitt 4.3 (ab Seite 15).
Dort wird die Geodätengleichung für einen Massenpunkt für eine rein radiale Bewegung gelöst (also keine Bewegung in ϑ- oder φ-Richtung), was eine praktische Vereinfachung ist.

Die Ableitungen der Bahnkurve nach der Eigenzeit sind in den Gleichungen (40)+(41) angegeben.
Die erste von beiden kann man integrieren um die Eigenzeit zu erhalten, die verläuft, wenn man sich entlang der r-Koordinate bewegt.

Die Eigenzeit, die der Massenpunkt benötigt um von einer Entfernung r₀ bis zum Schwarzschild-Radius zu fallen ist in Gleichung (44) angegeben.

SCR
15.11.10, 04:34
Morgen eigenvector,
Allerdings nicht auf Seite 12, denn dort steht die Lösung der Geodätengleichung für die Lichtablenkung. [...] Hier war aber gefragt nach einem frei fallenden Massenpunkt. Die dazugehörige Lösung findet sich im Abschnitt 4.3 (ab Seite 15).
Richtig: Eigentlich meinte ich auch Seite 15 -> Sorry, mein Fehler.
Die Ableitungen der Bahnkurve nach der Eigenzeit sind in den Gleichungen (40)+(41) angegeben.
Für unsere Betrachtungen interessant sollte IMHO doch jetzt folgende Passage sein:
Für ein Testteilchen sagen diese Gleichungen aus, dass es die unendlich lange Zeit [Gleichung (42)] braucht, um die endliche Strecke [Gleichung (43)] zurückzulegen, aber schon in endlicher Eigenzeit [Gleichung (44)] an sein Ziel gelangt.
Das frei fallende Testteilchen würde also wahrscheinlich gar nichts aussergewöhnliches bei r = RS feststellen.
Ein Photon würde ebenfalls eine unendlich lange Zeit, nämlich [Gleichung (45)] benötigen, um die endliche Strecke S0 zurückzulegen.
Diese Feststellungen werden in dieser Intention von vielen/allen seriösen Fachpublikationen gedeckt und müssten damit dem kosmoligischen Standardmodell entsprechen.

Könntest Du (oder gerne auch jemand anderes *) bitte verbal etwas näher erläutern, was diese Aussage (in Deinen Augen) bedeutet?
Konkret wird z.B. in diesem Zusammenhang häufig davon gesprochen, dass am EH für einen weit entfernten Beobachter alles "einfriert" - Teilst Du diese Einschätzung?

Gerne möglichst ausführlich und präzise - Danke!

*: Das fände ich eigentlich sogar "fairer": Mir ist nicht bekannt, dass eigenvector eine solche Aussage bisher hier im Forum getätigt hätte -> Er würde an dieser Stelle durch mich erst zu einer solchen "provoziert" - "stellvertretend für andere".

SCR
15.11.10, 19:23
Da habe ich diesbezüglich ein sehr schönes Zitat von Dir gefunden, Marco Polo:
Es wird auch immer wieder behauptet, dass aus unendlicher Entfernung (flache Raumzeit) ein Objekt quasi am EH einfriert, wenn es sich diesem nähert.
(Schön IMHO deshalb, weil Du es völlig neutral dargestellt hast -> Perfekt zum Zitieren geeignet)

Aber anscheinend vertritt gar niemand hier diese Meinung ... Das wäre IMHO völlig o.k.

Marco Polo
15.11.10, 19:56
Da habe ich diesbezüglich ein sehr schönes Zitat von Dir gefunden, Marco Polo:

Es wird auch immer wieder behauptet, dass aus unendlicher Entfernung (flache Raumzeit) ein Objekt quasi am EH einfriert, wenn es sich diesem nähert.

(Schön IMHO deshalb, weil Du es völlig neutral dargestellt hast -> Perfekt zum Zitieren geeignet)

Aber anscheinend vertritt gar niemand hier diese Meinung ... Das wäre IMHO völlig o.k.

Wie kommst du darauf, dass gar niemand hier diese Meinung vertritt und von welcher Meinung sprichst du eigentlich?

Mein ganzer Beitrag von damals lautete wiefolgt:

Hallo zusammen,

wenn ich auch kurz Stellung beziehen darf.

Man muss zwischen einer Uhr und einem Photon am EH unterscheiden.

Ein Freifall-Koordinatensystem ist auch am EH lokal ein Inertialsystem.

Die Zeit vergeht also in diesem lokalen Inertialsystem völlig normal.

Das kann man aber nicht auf ein Photon am EH übertragen.

Es wird auch immer wieder behauptet, dass aus unendlicher Entfernung (flache Raumzeit) ein Objekt quasi am EH einfriert, wenn es sich diesem nähert.

So wie ich das verstanden habe, gilt dies aber nur für Schwarzschildkoordinaten, also für die äussere Metrik.

Für die innere Metrik müssen angeblich die Kruskal-Szekeres-Koordinaten verwendet werden, wenn man Wikipedia Glauben schenkt.

Ein Photon kann den EH anhand dieses Koordiantensystems von innen heraus nie erreichen, braucht also unendlich lang.

Lokal gesehen bewegt es sich aber stes mit c.

Man muss also bei der ART genauso wie bei der SRT auf die Wahl und die damit verbundenen Eigenheiten, bezüglich des verwendeten Bezugssystems acht geben.

Weiter möchte ich mich dazu aber nicht hervorwagen. :o

Gruss, Marco Polo

daraufhin hattest du erwiedert:

Das war gut - Sehr gut. Zumindest aus meiner Sicht.

Anscheinend hast du deine Meinung geändert.

Davon abgesehen, würde ich den Beitrag so nicht noch mal formulieren. Tatsächlich ist es so, dass sich aus Sicht eines unendlich weit entfernten feldfreien Beobachters, Objekte lediglich asymptotisch dem EH annähern, dafür also unendlich lange brauchen.

Gäbe es ungeladene nichtrotierende SL´s (was eher unwahrscheinlich ist), dann würden wir das auch tatsächlich so wahrnehmen. Dazu brauchen wir keine Schwarzschildmetrik. Die dient nur zur Berechnung.

SCR
15.11.10, 20:45
Hallo Marco Polo,
Wie kommst du darauf, dass gar niemand hier diese Meinung vertritt und von welcher Meinung sprichst du eigentlich?
? Von genau dieser hier:
Es wird auch immer wieder behauptet, dass aus unendlicher Entfernung (flache Raumzeit) ein Objekt quasi am EH einfriert, wenn es sich diesem nähert.
Anscheinend hast du deine Meinung geändert.
Ehrlich gesagt weiß ich heute nicht mehr, welche Meinung ich (bzw. weshalb ich diese) damals vertreten hatte ...
Davon abgesehen, würde ich den Beitrag so nicht noch mal formulieren.
In welchem Punkt / In welchen Punkten? Denn auch heute würde ich diesen Beitrag eigentlich als (grundsätzlich) richtig erachten: Ich sehe da jetzt nichts konkret Falsches.

Ich hatte Dein Zitat eigentlich gerade deshalb gewählt, weil Du (als einziger!) das mit dem "Einfrieren" hier einmal in einer "Möglichkeitsform" formuliert hattest - Das sollte jetzt gerade kein explizites Herausgreifen Deiner Person sein.
Ich wollte niemanden mittels einer von ihm diesbezüglich getätigten Aussage zu einer Erwiderung nötigen - Sondern eigentlich "Freiwillige vor": "Ja, das ist meine Meinung - Das werde ich SCR jetzt auch hier so sagen."
Na ja, wie man's halt immer macht - man macht's verkehrt ... Und SCR ist eben einer der diesbezüglich keinen sich beitenden Napf auslässt ;-)
Tatsächlich ist es so, dass sich aus Sicht eines unendlich weit entfernten feldfreien Beobachters, Objekte lediglich asymptotisch dem EH annähern, dafür also unendlich lange brauchen.
Nachdem ich es jetzt eh schon verhunzt habe:
Ein feldfreier Beobachter sieht demnach gar nichts in ein SL hineinstürzen, alles bewegt sich zwar darauf zu, wird mit zunehmender Nähe zum EH aber (scheinbar) immer langsamer um am EH in der Bewegung gänzlich zu erstarren - Das ist doch (so ganz grob) mit diesem "Einfrieren" gemeint, oder?

richy
15.11.10, 23:18
Hi
Das ist doch (so ganz grob) mit diesem "Einfrieren" gemeint, oder?So ergibt sich dies. Wobei zusaetlich Amplituden von EM Wellen auf 0 sinken.
Und umgekehrt bedeutet dies, dass in dem Moment in dem der Freifaller den EH ueberquert das Universum des Astronomen um weit ueber 10^100 Jahre gealtert ist. Genauer limit t->oo

zttl
16.11.10, 01:44
Die Ableitungen der Bahnkurve nach der Eigenzeit sind in den Gleichungen (40)+(41) angegeben.
Die erste von beiden kann man integrieren um die Eigenzeit zu erhalten, die verläuft, wenn man sich entlang der r-Koordinate bewegt.

Und wie berechnest du mit der Gleichung (12) die Konstante A, die du in (40) und (41) einsetzen willst? Klingt ganz nach "Sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen".

Wie lange braucht denn eine radial freifallende Uhr bis zum Ereignishorizont der als SL gedachten Erde in ihrer Eigenzeit? Start ist von der "Erdoberfläche" mit der Anfangsgeschwindigkeit 0.

Eine mit konkreten Zahlen belegte Newton-Lösung wäre bereits ein Highlight. Von Einsteins ART nicht zu reden.

SCR
16.11.10, 07:30
Falls das zutreffen sollte ...
Ein feldfreier Beobachter sieht demnach gar nichts in ein SL hineinstürzen, alles bewegt sich zwar darauf zu, wird mit zunehmender Nähe zum EH aber (scheinbar) immer langsamer um am EH in der Bewegung gänzlich zu erstarren - Das ist doch (so ganz grob) mit diesem "Einfrieren" gemeint, oder?
... würde das IMHO eine Kausalitätsverletzung bedeuten:
- Ein Ereignis, welches für einen Beobachter eintritt, würde für einen anderen gar nicht eintreten.
- Für den entfernten Beobachter "läuft mit der Zeit der EH mit Materie über" - Wo soll denn die ganze einfallende Materie am Ende noch hin? http://www.quanten.de/forum/showpost.php5?p=56453&postcount=95
- Könnten sich für einen entfernten Beobachter dann z.B. überhaupt zwei SL vereinen?
...
Ergo: Da stimmt was nicht.
-> zttl hat Recht: Wir sollten einmal die Eingangsparameter und die Gleichung(en) "sezieren".

P.S.: Was stimmt nicht? -> z.B.: Gilt diese Aussage denn für alle feldfreien Beobachter?

SCR
16.11.10, 09:41
Und wie berechnest du mit der Gleichung (12) die Konstante A, die du in (40) und (41) einsetzen willst? Klingt ganz nach "Sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen".
Man vergleiche hierzu einmal "mit bloßem Augenschein" Gleichung (12) ...
http://img593.imageshack.us/img593/3151/gleichung12.jpg
... mit Gleichung (41):
http://img192.imageshack.us/img192/2852/gleichung41.jpg

P.S.: Was stimmt nicht? -> z.B.: Gilt diese Aussage denn für alle feldfreien Beobachter?

Gilt diese denn z.B. für einen feldfreien Beobachter, der in Verlängerung der gedachten Einfallslinie hinter dem SL sitzt?
Doch eher nicht: Da ist schließlich das SL dazwischen - Dieser Beobachter sieht das Teilchen nie (Lassen wir einmal evtl. Lichtbeugungseffekte außen vor).
Wenn dann kann die o.g. Aussage (nach Klärung "des anderen Aspekts" und selbstverständlich nur IMHO) ohnehin nur für den Beobachter gelten, der sich auf einer Ebene mit den anderen beiden Betrachtungsobjekten befindet - Will heißen: Feldfreier Beobachter - Testteilchen - SL müssten schon eine Linie bilden.
Das implizieren meines Erachtens die (direkt und indirekt in den Gleichungen) zu vergleichenden verschiedenen Rs und r.

Eyk van Bommel
16.11.10, 10:11
wird mit zunehmender Nähe zum EH aber (scheinbar) immer langsamer um am EH in der Bewegung gänzlich zu erstarren..
Scheinbar :rolleyes:
Ich gehe ja davon aus, dass die Teilchen tatsächlich „gänzlich erstarren“. Würde mich mal interessieren, ob man dies von einem "scheinbaren erstarren" unterscheiden kann. Und wenn nicht, sind dann nicht beide annahmen möglich?

Gruß
EVB

SCR
16.11.10, 11:07
(Knobel-)Frage an JoAx: Die Entfernung des feldfreien Beobachters ist hier nicht beschränkt - Warum (http://www.quanten.de/forum/showpost.php5?p=56047&postcount=42)?

Hi EVB,
Und wenn nicht, sind dann nicht beide annahmen möglich?
Angenommen wir werfen eine Freiwilligen-Katze unseres Vertrauens in ein SL.
Wir würden diese Katze (irgendwann) IMMER an einem bestimmten Ort ruhend sehen, sie würde dabei nicht altern - Sprich sie hätte "ewiges Leben".
Die Katze kann uns dagegen glaubhaft versichern, dass sie beim Sturz in das SL getötet wird/wurde
->
1. Bei der Verwendung von Katzen und mit den Maßsstäben der QM gemessen dürfte dieser Sachverhalt eigentlich keinen Widerspruch darstellen
2. Was tun Katzen nicht alles im Interesse der Wissenschaft
3. Wer sein Haustier wirklich liebt sollte ihm ewiges Leben schenken und umgehend in ein SL werfen

Marco Polo
16.11.10, 17:54
Ein feldfreier Beobachter sieht demnach gar nichts in ein SL hineinstürzen, alles bewegt sich zwar darauf zu, wird mit zunehmender Nähe zum EH aber (scheinbar) immer langsamer um am EH in der Bewegung gänzlich zu erstarren - Das ist doch (so ganz grob) mit diesem "Einfrieren" gemeint, oder?

Ja. Würd ich sagen. Nur dass man das Licht, dass von diesen Objekten ausgesandt wird, wegen der starken Rotverschiebung ohnehin nicht sehen könnte. Dieses Licht wird ja mit der Zeit immer langwelliger und damit energieärmer.

JoAx
16.11.10, 17:59
Hallo zusammen!

So ein Skript von einem Seminarvortrag ist (für mich zumindestens) nicht gerade glasklar verständlich. :(

Deswegen habe ich folgende Fragen:

1. Energiesatz, Formel 12:
a. Ist das eine Art Energieerhaltungssatz?
b. Ist der Radius r in diesem Fall als die Startposition r0=const. zu verstehen?

2. Der Integral in der Formel 42 geht gegen Unendlich, weil die Terme (1-Rs/r) für r->Rs gegen Null gehen. Richtig? Wenn ich r in der Formel 12 nicht so, wie in 1b verstehe, und A einfach ausschreibe, dann könnte ich den (1-Rs/r) Term ausklammern, was den Integral wieder gegen Unendlich gehen lassen sollte.

Stimmt es so weit?


Gruss, Johann

Marco Polo
16.11.10, 18:17
Falls das zutreffen sollte ...

Ein feldfreier Beobachter sieht demnach gar nichts in ein SL hineinstürzen, alles bewegt sich zwar darauf zu, wird mit zunehmender Nähe zum EH aber (scheinbar) immer langsamer um am EH in der Bewegung gänzlich zu erstarren - Das ist doch (so ganz grob) mit diesem "Einfrieren" gemeint, oder?

... würde das IMHO eine Kausalitätsverletzung bedeuten:
- Ein Ereignis, welches für einen Beobachter eintritt, würde für einen anderen gar nicht eintreten.
- Für den entfernten Beobachter "läuft mit der Zeit der EH mit Materie über" - Wo soll denn die ganze einfallende Materie am Ende noch hin?

Wieso Kausalitätsverletzung? Es sind doch zwei verschiedene Bezugssysteme. Einmal das Bezugssystem des feldfreien Beobachters mit Schwarzschildzeit und einmal das Bezugssystem des freifallenden Massenpunktes mit dessen Eigenzeit.

Es ergibt sich wegen der Koordinatensingularität aus Sicht des feldfreien Beobachters nun mal der Umstand, dass einfallende Objekte den EH niemals überschreiten. Sonst wärs ja auch keine Koordinatensingularität.

Hab ich zumindest so verstanden, was nichts heissen muss.

Je mehr Masse einfällt, desto größer wird das SL. Ist doch egal, ob diese am EH einfriert. Sehen können wir diese Masse eh nicht. Aber die gravitativen Auswirkungen wären die gleichen, wie wenn die Massen den EH aus Sicht des feldfreien Beobachters überschreiten würden.

Eyk van Bommel
16.11.10, 18:25
Je mehr Masse einfällt, desto größer wird das SL. Ist doch egal, ob diese am EH einfriert. Sehen können wir diese Masse eh nicht. Aber die gravitativen Auswirkungen wären die gleichen, wie wenn die Massen den EH aus Sicht des feldfreien Beobachters überschreiten würden.

Genauso sehe ich es auch:) - Das Ding würde wie ein Hohlkugel aussehen:D ;) Da schneiden sich wieder zwei Themen (imho). Manche sagen ja, wir befinden uns in Wahrheit in einem SL - also in einer Hohlkugel:eek:

Gruß
EVB

JoAx
16.11.10, 18:42
Hi
So ergibt sich dies. Wobei zusaetlich Amplituden von EM Wellen auf 0 sinken.
Und umgekehrt bedeutet dies, dass in dem Moment in dem der Freifaller den EH ueberquert das Universum des Astronomen um weit ueber 10^100 Jahre gealtert ist. Genauer limit t->oo

Da bin ich mir nicht sicher, richy.

Wenn der Freifaller sich wirklich bis zum EH als in einem Inertialsystem befindend betrachten kann (was ich noch irgendwie bezweifle), dann müsste für ihn doch die Welt in Blickrichtung weg vom SL so erscheinen, als ob diese einem komplizierten G.-Feld ausgesetzt wäre. Soll heissen, dass der weit entfernte Beobachter aus seiner Sicht von ihm weg fallen müsste. Oder? (Und das dann auch asymtotisch. ?)


Gruss, Johann

JoAx
16.11.10, 18:43
(Knobel-)Frage an JoAx: Die Entfernung des feldfreien Beobachters ist hier nicht beschränkt - Warum (http://www.quanten.de/forum/showpost.php5?p=56047&postcount=42)?


Die Frage habe ich nicht verstanden, SCR. Die Entfernung das Feldfreien Beibachters zu was genau?


Gruss, Johann

SCR
17.11.10, 14:22
Ohne dem Autor jetzt hier Unrecht tun zu wollen:
Aber wenn man bezüglich der "Seriosität" einer Quelle auch nur im Ansatz Zweifel hegt sollte man auf jeden Fall auf eine anerkannte "Standard-Quelle" zurückgreifen.

Im Landau/Lifschitz ist dieser Sachverhalt unter dem Kapitel §102 Der Gravitationskollaps kugelsymmetrischer Körper aufgeführt (Hier eben im Kontext der Betrachtung der bei der Entstehung eines SL einstürzenden Materie - und ausgehend von der Hamilton-Jacobi-Gleichung; ich muß gestehen: Noch nie davon gehört; das soll uns jetzt aber auch nicht weiter jucken *):

Die Abhängigkeit r(t) wird für den freien Fall im Schwarzschild-Feld durch das Integral (101,4) gegeben, wobei für eine rein radiale Bewegung der Drehimpuls M gleich Null ist. Beginnt der Fall in einer Entfernung r0 vom Zentrum mit der Geschwindigkeit Null zu einem Zeitpunkt t0 und mit der Teilchenenergie E0 = mc² * (1 - rg/r0)^0,5 , so ist die zur Zeit t erreichte Entfernung durch

http://img241.imageshack.us/img241/440/llgleichung1025.jpg Gleichung (102,5)

gegeben. Dieses Integral divergiert für r -> rg wie -rgLn(r-rg). Man entnimmt daraus, dass sich r asymptotisch wie

r - rg = const e^-ct/rg Gleichung (102,6)

dem Werte rg nähert. Die Endphase der Kontraktion eines kollabierenden Körpers auf seinen Gravitationsradius verlaufen also exponentiell mit der sehr kleinen charakteristischen Zahl rg/c.
Die Eigenzeitintervalle auf der Oberfläche des Körpers sind bezüglich der Zeitintervalle t eines entfernten Beobachters im Verhältnis

g00^0,5 = (1 - rg/r)^0,5

verkürzt. Für einen äußeren Beobachter scheinen also bei r -> rg alle Prozesse auf dem Körper zu "erstarren". Die Frequenz von Spektrallinien, die vom Körper emittiert und vom entfernten Beobachter registriert werden, nimmt ab, nicht nur infolge der gravitativen Rotverschiebung, sondern auch durch den von der Bewegung der Lichtquelle herrührenden DOPPLER-Effekt, denn die Quelle fällt mit der Körperoberfläche auf das Zentrum zu. Liegt der Körperradius bereits in der Nähe von rg (so dass die Fallgeschwindigkeit nahezu Lichtgeschwindigkeit erreicht), so wird durch den DOPPLER-Effekt die Frequenz um den Faktor

(1 - v²/c²)^0,5 / (1 + v/c) ~ 0,5 (1 - v²/c²)^0,5

verringert. Als Folge beider Effekte geht die beobachtete Frequenz somit für r -> rg wie

ω = const (1 - rg/r) Gleichung (102,10)

gegen Null.
Vom Standpunkt des äußeren Beobachters bietet der Gravitationskollaps das Bild eines "erkaltenden" Körpers, der in den umgebenden Raum keine Signale sendet und mit der äußeren Welt nur durch sein statisches Gravitationsfeld wechselwirkt. Ein solches Gebilde wird als "Schwarzes Loch" oder "Kollapsar" bezeichnet.
Von daher sind die hiesigen Ansichten bezüglich des "Einfrierens" völlig nachvollziehbar / konsistent mit der Lehrmeinung:
Das ist doch (so ganz grob) mit diesem "Einfrieren" gemeint, oder?
So ergibt sich dies. Wobei zusaetlich Amplituden von EM Wellen auf 0 sinken.
Und umgekehrt bedeutet dies, dass in dem Moment in dem der Freifaller den EH ueberquert das Universum des Astronomen um weit ueber 10^100 Jahre gealtert ist. Genauer limit t->oo
Ja. Würd ich sagen. Nur dass man das Licht, dass von diesen Objekten ausgesandt wird, wegen der starken Rotverschiebung ohnehin nicht sehen könnte. Dieses Licht wird ja mit der Zeit immer langwelliger und damit energieärmer.
Ich sehe jedoch auch bei L&L konkret (aktuell mindestens) drei Aspekte, wobei meines Erachtens
- einer einer weiteren Erklärung bedarf und
- die beiden anderen möglicherweise zum Verständnis der Hintergründe beitragen könnten

-> Mal sehen, ob ich das heute abend noch schaffe meine diesbezüglichen Gedankengänge näher auszuführen.

P.S.: (*) "das soll uns jetzt aber auch nicht weiter jucken":
Falls ein Fehler in der Herleitung / Berechnung vorliegen sollte wäre der bestimmt schon irgendeinem aufgefallen - Dafür haben sich schließlich schon wesentlich fähigere Leute als wir alle zusammen mit den Formeln beschäftigt. -> Es wäre (selbst wenn man das geistige und mathematische Potential dazu hätte) zu 99,99% sowieso vergebene Liebesmühe und damit reine Ressourcenverschwendung hier einen Fehler entdecken zu wollen.

SCR
17.11.10, 19:29
Hallo zusammen,

folgende Anmerkungen meinerseits:

1. Wie oben bereits angeführt kann IMHO diese Aussage nicht für alle Beobachter gelten:
a) z.B. IMHO konkret nicht für den, der sich dem radial einfallenden Teilchen direkt gegenüber auf der anderen Seite des SL befindet.
b) Wie sieht dies für Beobachter aus, die einen Sturz von Materie in ein SL seitlich (im 90°-Winkel) beobachten? In diesem Falle bewegt sich schließlich das frei fallende Objekt nicht mit c vom Beobachter weg sondern quer zu ihm.
Ich vermisse hierzu konkretisierende Angaben in L&L -> Das bedarf IMHO zumindest der Klärung: Gilt das im Extremfall nur für "Beobachter-Teilchen-SL hintereinander auf einer Linie"?

2. Einerseits sieht der entfernte Beobachter die Bewegungen des Objekts zum EH hin sich verlangsamen - Diese Information erreicht ihn. Andererseits wird die gleichzeitige Rotverschiebung mit dem Geschwindigkeitzuwachs des Objekts bis auf Lichtgeschwindigkeit begründet - Diese Information erreicht ihn.
Den Beobachter erreichen somit widersprüchliche Informationen über den Bewegungszustands des Objekts.
Irgendwie habe ich damit ein Problem.
Frage: Müsste man die Rotverschiebung nicht eher als gravitative Rotverschiebung begründen? Das würde zur "Ruhe" am EH doch eher passen.
-> Ist IMHO jetzt nicht besonders wichtig - eher "merkwürdig".

3. Der angenommene feldfreie Beobachter. Einen solchen lässt die Schwarzschildlösung IMHO gar nicht zu. Die Schwarzschildlösung geht nach außen hin asymptotisch in die Minkowski-Metrik über - Richtig. Die Minkowski-Metrik kann aber erst im Unendlichen erreicht werden. So weit reicht aber auch die Gravitation - unendlich. Da muß der Beobachter eben noch weiter weg ...
Oder in anderen Worten: Die Schwarzschildlösung weist nur positive Krümmungen auf. Daher muß alles, was innerhalb dieser Lösung betrachtet wird, in das SL stürzen - Und damit letztendlich auch der Beobachter.
(BTW: Die Schwarzschildlösung kennt keinen kosmologischen EH)

4. Nichtsdestotrotz unter Betrachtung eines eben dann genähert feldfreien Beobachters: Dieser möge genau das beschriebene "Einfrieren" am EH beobachten. Der EH stellt nun aber die Grenzfläche zwischen innerer und äußerer Schwarzschildlösung dar. IMHO wurde ein kleiner, aber entscheidender Aspekt in der L&L-Darstellung außen vor gelassen: Sobald ein Teilchen den EH erreicht, ist seine Masse bereits dem SL zuzurechen. Folge: Der EH dehnt sich (ein klitzekleinwenig) aus - Gerade so viel, um das Teilchen zu "umfassen". Damit befindet sich das Teilchen dann auch für den äußeren Beobachter hinter dem EH und ist damit in das SL gestürzt. IMHO.

Wieso Kausalitätsverletzung? Es sind doch zwei verschiedene Bezugssysteme. Einmal das Bezugssystem des feldfreien Beobachters mit Schwarzschildzeit und einmal das Bezugssystem des freifallenden Massenpunktes mit dessen Eigenzeit.
Im Moment noch nicht, richtig. Aber Du unterstellst damit implizit ein zeitlich unbegrenztes Universum. Ein zeitlich begrenztes Universum findet dadurch seinen Abschluss, dass alle Beobachter exakt und vollständig die gleichen Kausalitätsketten feststellen.

Marco Polo
20.11.10, 02:04
2. Einerseits sieht der entfernte Beobachter die Bewegungen des Objekts zum EH hin sich verlangsamen - Diese Information erreicht ihn. Andererseits wird die gleichzeitige Rotverschiebung mit dem Geschwindigkeitzuwachs des Objekts bis auf Lichtgeschwindigkeit begründet - Diese Information erreicht ihn.
Den Beobachter erreichen somit widersprüchliche Informationen über den Bewegungszustands des Objekts.
Irgendwie habe ich damit ein Problem.
Frage: Müsste man die Rotverschiebung nicht eher als gravitative Rotverschiebung begründen? Das würde zur "Ruhe" am EH doch eher passen.
-> Ist IMHO jetzt nicht besonders wichtig - eher "merkwürdig".

3. Der angenommene feldfreie Beobachter. Einen solchen lässt die Schwarzschildlösung IMHO gar nicht zu. Die Schwarzschildlösung geht nach außen hin asymptotisch in die Minkowski-Metrik über - Richtig. Die Minkowski-Metrik kann aber erst im Unendlichen erreicht werden. So weit reicht aber auch die Gravitation - unendlich. Da muß der Beobachter eben noch weiter weg ...
Oder in anderen Worten: Die Schwarzschildlösung weist nur positive Krümmungen auf. Daher muß alles, was innerhalb dieser Lösung betrachtet wird, in das SL stürzen - Und damit letztendlich auch der Beobachter.
(BTW: Die Schwarzschildlösung kennt keinen kosmologischen EH)

4. Nichtsdestotrotz unter Betrachtung eines eben dann genähert feldfreien Beobachters: Dieser möge genau das beschriebene "Einfrieren" am EH beobachten. Der EH stellt nun aber die Grenzfläche zwischen innerer und äußerer Schwarzschildlösung dar. IMHO wurde ein kleiner, aber entscheidender Aspekt in der L&L-Darstellung außen vor gelassen: Sobald ein Teilchen den EH erreicht, ist seine Masse bereits dem SL zuzurechen. Folge: Der EH dehnt sich (ein klitzekleinwenig) aus - Gerade so viel, um das Teilchen zu "umfassen". Damit befindet sich das Teilchen dann auch für den äußeren Beobachter hinter dem EH und ist damit in das SL gestürzt. IMHO.

Oberflächlich gesehen garnicht mal so übel, SCR. Trotzdem erkennt man, dass du willkürlich zwischen den Bezugssystemen hin- und herspringst und auch sonst Aussagen triffst, die recht fragwürdig sind.

Wenn wir ein unbeschleunigtes Raumschiff und ein beschleunigtes Raumschiff betrachten, dann werden sämtliche Bewegungen auf dem unbeschleunigten Raumschiff aus Sicht des beschleunigten Raumschiffes irgendwann erstarren (einfrieren).

Trotzdem bleibt der Bewegungszustand des unbeschleunigten Raumschiffes davon unberührt. Das sind eben zwei verschiedene Bezugssysteme wie bei der Schwarzwaldmetrik.

http://docs.sfz-bw.de/phag/skripte/relativitaet.pdf

Siehe bei obiger pdf-Datei die Grafik auf Seite 27.