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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Quantenverschränkung und Zwillingsparadoxon


Molchi
03.04.11, 16:34
Hallo zusammen!

Ich weiß nicht, ob jemand von Euch Kipp Thornes Zeitmaschine kennt. Mein Gedankenexperiment basiert auf dieser Idee, nur statt des Wurmlochs sollen hier zwei verschränkte Quanten die Verbindung zwischen verschiedenen Zeitpunkten herstellen (auch wenn diese Methode leider wohl nicht zur Informationsübertragung taugt und ich mir nicht die Lottozahlen ins Gestern zufaxen kann).

Nehmen wir an, in zwei "Kästchen", die ich getrennt voneinander herumtragen kann, befinden sich verschränkte Quanten. Messe ich nun das Photon in Kästchen A, so wird damit instantan der Zustand des Photons in Kästchen B determiniert.

Kästchen A stelle ich mir ins Regal, Käschen B versehe ich mit einer Stopuhr und schicke es auf eine eintägige Reise nahe der LIchtgeschwindigkeit.
Nach einer Stunde hole ich Kästchen A aus dem Regal und Messe das Photon. Nun sollte dies sich unmittelbar auf das Photon in Kästchen B auswirken.

Nach der Rückkehr von Kästchen B zeigt die Uhr, die an Kästchen B angebracht wurde, dass noch nicht mal eine Stunde vergangen ist. Wurde Photon B nun bereits durch meine Messung an A festgelegt, oder ist es noch in einem unbestimmten Zustand? Ich würde denken, dass es ja erst nach Ablauf einer Stunde festgelegt wird.

Und wenn ich das Experiment wiederhole, aber nicht Kästchen A messe, sondern Kästchen B nach seiner Rückkehr. Wirkt sich diese Messung dann in "die Vergangenheit" von Kästchen A aus?

Es müsste im Prinzip so sein, denn die Thorne-Zeitmaschine wird recht ähnlich erklärt (dort hat man zwei Wurmlochenden, dessen Verindung immer gleichlang gehalten wird). Nur lässt sich Thornes Gedankenexperiment in der Realität nicht durchführen.

Mein Verschränkungsversuch müsste aber zumindest theoretisch durchführbar sein (denn im Gegensatz zu Thorne brauch ich keine exotische Materie). Dabei frage ich mich aber:
Was ist, wenn ich Kästchen A (in meinem Regal) nach einer Stunde Messe, und Kästchen B direkt nach seiner Rückkehr (kurz vor Ablauf der Stunde) messe, wenn dessen Zustand ja noch gar nicht determiniert ist?

Ich hoffe, ich habe mich nicht zu umständlich ausgedrückt und Ihr versteht, was ich meine.

Vielleicht kann mir ein Experte eine verständliche Antwort geben (Achtung: ich in kein Physiker). Würde mein Gedankenexperiment in der Realität funktionieren, und wie wären die Resultate, wenn ich versuche, die Quanten "auszutricksen"? Was bedeutet "instantan", wenn relativistische Effekte auftreten und man sich nicht mehr über Gleichzeitigkeit einig ist?

Danke und Grüße

Mario

Philipp Wehrli
03.04.11, 21:17
Wenn Zeitmaschinen möglich sind, gibt es auch ohne Verschränkung eine Paradoxie, nämlich die sogenannte Grossvaterparadoxie: Du könntest in die Vergangenheit reisen und dort vor der Geburt deiner Eltern deinen Grossvater ermorden. Die Frage ist dann: Wirst du dann überhaupt geboren? Und wenn du nicht geboren wirst, wer hat dann deinen Grossvater ermordet?

Die Paradoxie kann aufgelöst werden, wenn du die Viele-Welten Interpretation annimmst. Du kehrst dann mit der Zeitmaschine nicht in deine eigene Vergangenheit zurück, sondern in die Vergangenheit in einer anderen Welt. Dort ermordest du einen Mann, der exakt gleich ist wie dein Grossvater, der aber nie Grossvater wird.

Ich sehe nicht, wie man die Paradoxie ohne Viele-Welten Interpretation lösen kann.

Marco Polo
03.04.11, 21:29
Ich sehe nicht, wie man die Paradoxie ohne Viele-Welten Interpretation lösen kann.

Ich auch nicht. Daher ist es imho unmöglich, in die Vergangenheit zu reisen. Zumindest für makroskopische Objekte. Gemäß SRT ist es aber kein Problem in die Zukunft zu reisen. Man müsste nur die harte Gammastrahlung abschirmen können um an dieser Zukunft aktiv teilnehmen zu können. Als Strahlenopfer hätte ich dazu keine Lust. :D

Grüsse, Marco Polo

richy
03.04.11, 23:25
Und zu Marios Frage ?
Die Messung von A wirkt sich instantan auf B aus. Das hat man auch schon gemessen. Ich meine auch unabhaengig von der Relativbewegung. Wenn der Reisende zurueckkehrt waere dann die Verschraenkung dekohaeriert. Einen Widerspruch sehe ich hier nicht.
Gruesse

Molchi
04.04.11, 09:59
Vielen Dank für Eure Antworten!

In der Tat meine ich den Punkt, den richy hervorhebt!

Mein Experiment wäre ja theoretisch durchführbar (im Gegensatz zur Thornes Zeitmaschine), und die Quantenverschränkung erlaubt nun leider (oder zum Glück?) keine (überlichtschnelle) Informationsübertragung. Ich könnte damit also keine Zeitmaschine bauen (auch keine Zeitmaschine, die bloß Informationen versendet). Paradoxien wären also ausgeschlossen, ich könnte damit also auch nicht die Viele-Welten-Theorie überprüfen.

Wenn hier etwas in die Vergangenheit "wirkt", dann ist es die Verschränkung der Quanten. Der Zustand ergibt sich aber zufällig während der Messung, nur, dass Messung A instantan den Zustand im System B beeinflusst. Meine Frage ist wirklich nur, was "instantan" nun in meinem Gedankenexperiment bedeutet, in dem es ja zu einem relativistischen Effekt kommt. Es ging mir nicht um "Paradoxien" oder "Paralelluniversen", sondern einfach darum, was bei den verschiedenen Szenarien stattfindet und was ich bei der Messung beobachten könnte. Wirkt dort etwas "in die Vergangenheit"? Und falls ja, dann stellt sich die Frage, was ich bei meinem Versuch des "Austricksens" sehe, was unmittelbar folgende Frage aufwirft: Wenn ich Quant A und mein Nachbar das verschränkte Quant B in der Hand halten, kann ich dann irgendwie feststellen, ob mein Nachbar das System bereits gemessen hat oder nicht?

Grüße

Mario

Hawkwind
04.04.11, 10:54
Wenn ich Quant A und mein Nachbar das verschränkte Quant B in der Hand halten, kann ich dann irgendwie feststellen, ob mein Nachbar das System bereits gemessen hat oder nicht?


Nein.

Gruss,
Hawkwind

Molchi
04.04.11, 11:18
Danke, Hawkwind!

Somit würde ich also durch einen Messvorgang an B vor Ablauf der Stunde (auf der Stoppuhr von B) gar nichts Besonderes an A bewirken können.

Bleibt noch meine Frage: Wirkt die Verschränkung in meinem Experiment in die Vergangenheit, wenn ich B zuerst messe, nachdem es nahe Lichtgeschwindigkeit unterwegs war?

Grüße

Mario

Hawkwind
04.04.11, 12:01
Danke, Hawkwind!

Somit würde ich also durch einen Messvorgang an B vor Ablauf der Stunde (auf der Stoppuhr von B) gar nichts Besonderes an A bewirken können.

Bleibt noch meine Frage: Wirkt die Verschränkung in meinem Experiment in die Vergangenheit, wenn ich B zuerst messe, nachdem es nahe Lichtgeschwindigkeit unterwegs war?

Grüße

Mario


Hi,

ich weiss nicht, ob das wirklich deine Frage ist: nach meinem Verständnis legt eine Messung - nach Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik - auch die Historie des kombinierten Systems bis zurück zur Entstehung der Verschränkung fest - schaut also irgendwie aus wie "rückwirkend". Wie Philipp schon angedeutet hat, gibt es aber auch alternative Interpretationen der Quantenmechanik, von denen Everetts Viele-Welten-Deutung sich einiger Beliebtheit erfreut: nach dieser spaltet eine Messung das Universum in n neue Universen, wobei jedes davon den Ablauf von Entstehung der Verschränkung bis zu einem der n möglichen Messergebnisse realisiert. Auch hier wirkt die Verzweigung also "rückwirkend", wenn ich das recht verstehe.

Zwischen diesen Interpretationen kann kein Experiment unterscheiden; wir verlassen mit diesen Deutungen also den festen Boden der auf Empirik basierten Physik.

Molchi
04.04.11, 12:10
Nein, wir verlassen nicht den Boden des Überprüfbaren. Vermutlich habe ich mein Gedankenexperiment nicht sauber beschrieben.

Die Idee war, zwei miteinander verschränkte Teilchen in zwei Kästchen (A und B) zu legen. Kästchen A ruht, Kästchen B wird auf eine eintägige Reise nahe c geschickt. Nach der Rückkehr von Kästchen B ist im Bezugssystem von B nur eine Stunde vergangen. Wenn ich jetzt das Quant B messe, dann wirkt sich die Messung auch auf das Quant A aus. Nur WANN? Wirkt es JETZT (also nach einem Tag im ruhenden Bezugssystem) auf mein Kästchen A, oder wirkt es nach "gestern", nämlich auf den Zeitpunkt, zu dem in Kästchen A eben auch eine Stunde vergangen war (wie im Bezugssystem B zum Zeitpunkt der Messung)?

Das hat nichts mit Kausalitätsverletzung oder Viele-Welten-Modell zu tun. Die Frage müsste sich klar beantworten lassen, denn sowohl Verschränkung als auch spezielle Relativitätstheorie sind ja nachgewiesen und überprüfbar. Nur ist mir unklar, wie sich eine Kombination aus beidem darstellt.

Grüße

Mario

Hawkwind
04.04.11, 12:36
Nur WANN? Wirkt es JETZT (also nach einem Tag im ruhenden Bezugssystem) auf mein Kästchen A, oder wirkt es nach "gestern", nämlich auf den Zeitpunkt, zu dem in Kästchen A eben auch eine Stunde vergangen war (wie im Bezugssystem B zum Zeitpunkt der Messung)?


Die Messung legt die Historie von A und B fest: nach der Messung gibt dir die Schrödingergleichung die zeitliche Entwicklung des Systems von Entstehung der Verschränkung an (z.B. ein Zerfall) bis hin zur Messung des Ergebnisses.

Sehen kann man diese Verschränkung zischen A und B nur, wenn man ein statistisches Ensemble solcher Experimente macht. Da "wirkt" eigentlich nichts von A nach B; Verschränkung lässt sich nur mit Mitteln der Statistik nachweisen: die Messresultate bei A und B korrelieren.

Molchi
04.04.11, 13:02
Demnach würde meine Fragestellung also gar keinen Sinn machen, weil eine Messung an System A mit einer Messung an B zu jedem beliebigen Zeitpunkt korreliert?

Der Punkt ist nur, dass ich mal irgendwann gelesen habe, dass der Zustand eines Systems unbestimmt ist (im Beispiel eines Photons etwa die Polarisation in einem bestimmten Versuchsaufbau). Erst im Moment der Messung gehe dieser unbestimmte Zustand in einen konkreten Zustand über, dann aber GLEICHZEITIG auch in allen "verschränkten" Quanten. Somit ergab sich meine Frage danach, wie lange in meinem relativistischen Gedankenexperiment der Inhalt von Kästchen A bzw. Kästchen B unbestimmt bleibt. Ehrlich gesagt habe ich dieses "unbestimmte" nie wirklich verstanden, da es mich irgendwie an das Kühlschranklicht erinnert: Ich kann nicht nachschauen, ob mein System noch "unbestimmt" ist. Ich kann es nur messen und weiß dann sicher, dass es fortan "bestimmt" ist, nicht aber, ob es vorher schon von jemand anderem gemessen und somit "bestimmt" wurde.

Hawkwind
04.04.11, 13:36
Demnach würde meine Fragestellung also gar keinen Sinn machen, weil eine Messung an System A mit einer Messung an B zu jedem beliebigen Zeitpunkt korreliert?

Der Punkt ist nur, dass ich mal irgendwann gelesen habe, dass der Zustand eines Systems unbestimmt ist (im Beispiel eines Photons etwa die Polarisation in einem bestimmten Versuchsaufbau). Erst im Moment der Messung gehe dieser unbestimmte Zustand in einen konkreten Zustand über, dann aber GLEICHZEITIG auch in allen "verschränkten" Quanten. Somit ergab sich meine Frage danach, wie lange in meinem relativistischen Gedankenexperiment der Inhalt von Kästchen A bzw. Kästchen B unbestimmt bleibt. Ehrlich gesagt habe ich dieses "unbestimmte" nie wirklich verstanden, da es mich irgendwie an das Kühlschranklicht erinnert: Ich kann nicht nachschauen, ob mein System noch "unbestimmt" ist. Ich kann es nur messen und weiß dann sicher, dass es fortan "bestimmt" ist, nicht aber, ob es vorher schon von jemand anderem gemessen und somit "bestimmt" wurde.


Jetzt stellst du meiner unmaßgeblichen Meinung nach schon bessere Fragen. :)
"Unbestimmt" kannst du per Messung nur feststellen, indem du ein gleichartiges Experiment sehr oft wiederholst: wenn du in allen Experimenten immer dasselbe misst, dann war der Zustand offenbar schon vor der Messung "bestimmt" (oder besser "scharf").

EMI
04.04.11, 14:19
...wenn relativistische Effekte auftreten und man sich nicht mehr über Gleichzeitigkeit einig ist?
Man ist sich immer über Gleichzeitigkeit einig, Gleichzeitigkeit ist eindeutig definiert Molchi.


Nur WANN? Wirkt es JETZT (also nach einem Tag im ruhenden Bezugssystem) auf mein Kästchen A, oder wirkt es nach "gestern", nämlich auf den Zeitpunkt, zu dem in Kästchen A eben auch eine Stunde vergangen war (wie im Bezugssystem B zum Zeitpunkt der Messung)?Es wirkt dann wenn gemessen wird, unabhängig davon was die Uhren da irgendwo anzeigen.

Ich vermute, Du glaubst, das deine Zeit eine absolute Zeit ist.;)

Gruß EMI

Hawkwind
04.04.11, 15:36
Anstatt von "Gleichzeitigkeit" sollte man eher das "relativistische Vokabular" wählen und von Ereignissen mit raumartigem Abstand voneinander reden. Das sind ja solche Ereignisse, die nur mit überlichtschnellen Signalen verbunden werden könnten.

In folgendem Experiment wurden Photonen bei ihrer Entstehung in Genf miteinander verschränkt und dann in den 2 Dörfern Satigny und Jussy im Abstand von 8.2 bzw. 10.7 km von Genf nachgewiesen.
Dabei zeigte sich, dass die Korrelation aufgrund von Verschränkung auch zwischen Messereignissen mit raumartigen Abständen voneinander besteht (so wie es die Quantentheorie vorhersagt).
http://arxiv.org/abs/0803.2425

richy
04.04.11, 17:35
Wenn ich Quant A und mein Nachbar das verschränkte Quant B in der Hand halten, kann ich dann irgendwie feststellen, ob mein Nachbar das System bereits gemessen hat oder nicht?
Ja, ueber die Messung einer zweiten Observablen. Den wichtigesten Punkt hast du schon genannt. "mein Nachbar". Man kann die Verschraenkung nur ermitteln wenn man Messreihen vergleicht. Wie Hawkwind schon erwaehnte ist die Kenntnis darueber dazu statistischer Natur. Wenn A "spin up" misst und B "spin down" koennte dies auch Zufall sein. Daraus darf man aber nicht folgern dass dies nur eine statistische Verbindung sei. Bertelmanns Socken. Das schliessen die Experiente zur Bellschen Ungleichung aus.
Du koenntes dein Gedankenexperment so modifizeieren, indem du ein Menge von vielen verschraenkten Teichen betrachtest. Aber auch hier musst du in einem gemeinsamen Besugssystem fuer A und B vergleichen. Wenn du die Daten per Funk uebermittels wird sich wie beim Zwillingsexperiment wohl nichts aussergewoehnliches ergeben.
Es ist meiner Meinung nach keine sprachliche Freiheit zu formulieren, ob eine Verbindung zwischen den Teilchen besteht. Diese besteht. Einsteins Begriff der "Spukhaften Fernwirkung" ist nicht widerlegt sondern ueber die Bellschen Ungleichungen bestaetigt.Aber welcher Art ist die Verbindung ? Hier gehen die Meinungen nun auseinander. Die Verbindung ist PSI selbst. Betrachtet man diese Groesse als etwas lediglich gedachtes, dann existiert eine spukhafte Fernwirkung. Betrachtet man |PSI|^2 als Beschreibung eines (hoeherdimensionalen) physikalischen Vorganges existiert eine physikalische Fernwirkung ueber eine globale Variable.
Ehrlich gesagt habe ich dieses "unbestimmte" nie wirklich verstanden, da es mich irgendwie an das Kühlschranklicht erinnert: Ich kann nicht nachschauen, ob mein System noch "unbestimmt" ist. Diesen unbestimmten Zustand kann man nicht verstehen, aber im Gegensatz zum Kuehlschrak statistisch pruefen, dass dem so sein muss :
http://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/Quantentheorie/gicks/epr.html
Gemaess KI, (Kopenhagen) existieren die Groessen noch gar nicht, lediglich eine abstrakte Information in Form der Wahrscheinlichkeit. Nach KI "existiert" PSI, die Beschreibung, sonst nichts. Gemaess VWI ist die Welle noch nicht in verschiedene Welten dekohaeriert. Statt "physikalisch nicht existent" nimmt man "physikalisch nicht eindeutig realisiert" an. Kein grosser Unterschied aber es ergeben sich verschiedene Vorstellungen bezueglich Verbindung und Wirkung.
Gruesse

Philipp Wehrli
10.04.11, 20:43
Und zu Marios Frage ?
Die Messung von A wirkt sich instantan auf B aus. Das hat man auch schon gemessen. Ich meine auch unabhaengig von der Relativbewegung. Wenn der Reisende zurueckkehrt waere dann die Verschraenkung dekohaeriert. Einen Widerspruch sehe ich hier nicht.
Gruesse
Nein, da gibt es keine instantane Fernwirkung. Nicht mal die Nichtlokalität ist erwiesen, obwohl das in vielen Lehrbüchern so steht. Schau mal hier:
http://homepage.hispeed.ch/philipp.wehrli/Physik/Quantentheorie/Einstein_Podolsky_Rosen/einstein_podolsky_rosen.html
Mit der Viele-Welten Interpretation kannst du das alles lokal realistisch erklären, obwohl das nach Aussage vieler Experten gar nicht möglich ist.

Bauhof
11.04.11, 08:35
Rae Alastair, 'Quantenphysik: Illusion oder Realität?', (1996), Reclam. Vielleicht die einfachste Erklärung zum Einstein-Podolsky-Rosen Experiment, die ich kenne.
Hallo Philipp Wehrli,

dieses Buch besitze ich auch.
Auf welcher Seite finde ich die nach deiner Meinung "einfachste Erklärung zum Einstein-Podolsky-Rosen Experiment"?

M.f.G. Eugen Bauhof

richy
11.04.11, 17:30
Hi Phillip
Einsteins lokaler Realismus nimmt fuer die Welt einen Rahmen an, der nicht erweitert ist. Das ERP Experiment sollte in der uns gewohnten Welt erklaerbar sein. Eine Moeglichkeit dazu besteht darin den Versuchsaufbau und dessen Auswertungen, die vornehmlich statistischer Natur sind, zu kritisieren. Das ist jedoch eine ziemlich aussichtslose Angelegenheit :
http://www.uibk.ac.at/exphys/photonik/people/gwdiss.pdf

Du schreibst auf deiner Seite :
Entgegen der Behauptung vieler Autoren gibt es durchaus eine lokal-realistische Erklärung für das EPR-Experiment, nämlich die Viele-Welten-Interpretation. Offensichtlich erfüllt die Viele-Welten-Interpretation die Lokalitätsbedingung, denn die Schrödingerwelle pflanzt sich immer lokal fort und den nichtlokalen Kollaps der Wellenfunktion gibt es nach dieser Interpretation nicht.
Ich meine da ist dir ein formeller Fehler unterlaufen. Die Schroedinger"welle" (auch Soliton) pflanzt sich ein einem hochdimensionalen Konfigurationsraum fort. Ein Raum den man zur Veranschaulichung auch ueber eine einzelne zusaetzliche GLOBALE Variable beschreiben koennte. In diesem Raum gaebe es einen lokalen Realismus. Wir erleben aber nur eine Projektion daraus und so erscheint unsere Welt auch ueber die VWI nichtlokal, aber physikalisch realistisch. Ich meine so ist die Sprachgebung. Man betrachtet stets aus unserem Anschauungsraum heraus.
Gruesse

Philipp Wehrli
12.04.11, 11:14
Hi Phillip
Einsteins lokaler Realismus nimmt fuer die Welt einen Rahmen an, der nicht erweitert ist. Das ERP Experiment sollte in der uns gewohnten Welt erklaerbar sein.
Nein. Einstein, Podolsky und Rosen suchten explizit nach 'verborgenen Variablen'. Sie haben also sehr wohl erwartet, dass wir nicht die ganze Realität sehen können.
Mich wundert immer wieder, weshalb diese Haltung nicht als selbstverständlich gilt. Vielleicht liegt das daran, dass ich lange Zeit praktisch blind war. Aber für mich ist es selbstverständlich, dass ich nicht alles sehe, was es gibt. Ich suche nach einem möglichst einfachen Gesamtbild, das alle meine Beobachtungen erklärt und widerspruchsfrei ist.


Hi Phillip
Eine Moeglichkeit dazu besteht darin den Versuchsaufbau und dessen Auswertungen, die vornehmlich statistischer Natur sind, zu kritisieren. Das ist jedoch eine ziemlich aussichtslose Angelegenheit :
http://www.uibk.ac.at/exphys/photonik/people/gwdiss.pdf

Diese Möglichkeit wird meiner Ansicht nach durch das Kochen-Specker Theorem ausgeschlossen. Aber auch ohne dieses Theorem und die Experimente dazu, scheint mir diese Variante sehr unwahrscheinlich.



Die Schroedinger"welle" (auch Soliton) pflanzt sich ein einem hochdimensionalen Konfigurationsraum fort. Ein Raum den man zur Veranschaulichung auch ueber eine einzelne zusaetzliche GLOBALE Variable beschreiben koennte. In diesem Raum gaebe es einen lokalen Realismus. Wir erleben aber nur eine Projektion daraus und so erscheint unsere Welt auch ueber die VWI nichtlokal, aber physikalisch realistisch. Ich meine so ist die Sprachgebung. Man betrachtet stets aus unserem Anschauungsraum heraus.
Gruesse

Die Projektion, die wir erleben, ist eben nicht die Realität. Beachte das Einsteinsche Realitätskriterium:
Kann man den Wert einer physikalischen Größe mit Sicherheit (das heißt mit der Wahrscheinlichkeit 1) vorhersagen, ohne ein System dabei in irgendeiner Weise zu stören, dann gibt es ein Element der physikalischen Realität, das dieser physikalischen Größe entspricht.

richy
13.04.11, 01:28
Nein. Einstein, Podolsky und Rosen suchten explizit nach 'verborgenen Variablen'. "(Nicht)Lokale (Nicht)versteckte (Nicht)realistische Variablen." Der Ausdruck ist vielleicht deshalb so gewaehlt um moeglichst allgemein alle Faelle zu Erfassen. Dafuer jedoch verwirrend.
Versteckt :
Ob Variablen "versteckt" oder "nicht versteckt" sein koennen ergibt daraus ob sie lokal und/oder zu unserem physikalischen Anschauungsraum gehoeren. "Versteckt" ist somit keine eigenstaendige Annahme.

lokal :
Das Gegenteil einer lokalen Variable waere eine nichtlokale Variable.Mir faellt keine andere Moeglichkeit ein, dass solch eine Variable globale waere und damit eine zusaetzliche Dimension darstellt.
Das ist gerade das Kennzeichen der VWI. Sie geht von globalen, nichtlokalen Variablen aus, die eine Physikalitaet beschreiben.

realistisch :
Bezieht sich darauf ob die Variable ein physikalisches Objekt beschreibt.
Im Falle der Kopenhagener Interpretation ist dies im Gegensatz zur VWI nicht der Fall.

Meine Einteilung waere somit :
VWI,BM : nichtlokal realistisch
KI : nichtlokal, nichtrealistisch
Einstein : lokal, realistisch

Selbst von einem uebergeordneten Standpunkt wuerde man in der VWI von nichtlokalen, globalen Variablen sprechen, genauso wie wir Raum und Zeit ueber globale Variablen/Parameter beschreiben. Anstatt der Bezeichnung "versteckt" wuerde ich "nicht ausgebreitet" vorschlagen.
Man bemaengelt, dass sehr viele Dimensionen in der VWI angenommen werden. Das koennte man vermeiden, indem man diese auf eine einzige ausgebreitete Dimension abbildet. Probleme mit einer mathematischen Mechtigkeit gaebe es keine, denn es existieren nicht unbeschraenkt viele Welten. Man muesste jedoch zusaetzliche Annahmen aufstellen warum diese sich uns entziehen, verstecken. Und dies waere eine Theorie, keine reine Interpretation mehr.Das hat Everett schon elegant geloest.

Diese Möglichkeit wird meiner Ansicht nach durch das Kochen-Specker Theorem ausgeschlossen.
Leider verstehe ich die Beweisfuerung des KS Theorems nicht so ganz. Die Bohmsche Mechanik soll besonders davon betroffen sein. Das verschaerfte KS Theorem nennt sich auch Free Will Theorem. Und hier sieht man dessen grossen Mangel. Es basiert auf der Annahme eines objektiven Zufalls. Der gilt als recht sicher, aber einen solchen zu beweisen gleicht einem Gottesbeweis.
Daher kann die BM das KS Theorem recht gelassen sehen.

Kann man den Wert einer physikalischen Größe mit Sicherheit (das heißt mit der Wahrscheinlichkeit 1) vorhersagen, ohne ein System dabei in irgendeiner Weise zu stören, dann gibt es ein Element der physikalischen Realität, das dieser physikalischen Größe entspricht.
Klar, aber was ist wenn eine Wahrscheinlichkeitsverteilung vor der Messung vorliegt. Darueber streiten sich ja die Geister. Die KI meint hinter PSI steht keine physikalische Realitaet.

denn die Schrödingerwelle pflanzt sich immer lokal fort und den nichtlokalen Kollaps der Wellenfunktion gibt es nach dieser Interpretation nicht. Wir haben wohl aehnliche Vortellungen und druecken dies nur anders aus. Die Annahme, dass sich die Schroedingerwelle zunehmend aufteilt, verzeigt ist uebrigends auch ein Argument gegen die Kritik woher denn die ganzen sehr vielen Welten stammen. Die werden ja nicht neu erzeugt.
Genausowenig wird man an einem Laib Brot zweifeln, blos weil dieser sich in sehr viele Scheiben Brot aufteilen laesst. Einem Wellenkollaps finde ich nichteinmal so dramatisch. Aber dass durch diesen wie in der KI ploetzlich eine Brotscheibe vom Himmel fallen soll, ist schon eine sehr gewagte Annahme. Wobei es durchaus moeglich ist, dass sogar KI und VWI zusammen den wirklichen Verhaeltnissen am naechsten kommen.
Gruesse

Philipp Wehrli
24.04.11, 20:25
lokal :
Das Gegenteil einer lokalen Variable waere eine nichtlokale Variable.Mir faellt keine andere Moeglichkeit ein, dass solch eine Variable globale waere und damit eine zusaetzliche Dimension darstellt.
Das ist gerade das Kennzeichen der VWI. Sie geht von globalen, nichtlokalen Variablen aus, die eine Physikalitaet beschreiben.
...
Meine Einteilung waere somit :
VWI,BM : nichtlokal realistisch
KI : nichtlokal, nichtrealistisch
Einstein : lokal, realistisch



Lokal bedeutet: Die Informationen und Wechselwirkungen können sich nur mit höchstens Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Die Viele-Welten Interpretation, so wie ich sie schildere, ist ganz klar lokal. Sag doch mal, wo du hier eine Überlichtgeschwindigkeit vermutest!



realistisch :
Bezieht sich darauf ob die Variable ein physikalisches Objekt beschreibt.
Im Falle der Kopenhagener Interpretation ist dies im Gegensatz zur VWI nicht der Fall.

Was 'Realität' ist, haben Einstein, Podolsky und Rosen doch sehr viel klarer und präziser definiert. Weshalb führst du eine eigene Definition ein, die doch zumindest sehr schwammig ist? Was soll denn ein physikalisches Objekt sein?



Anstatt der Bezeichnung "versteckt" wuerde ich "nicht ausgebreitet" vorschlagen.

Einstein, Podolsky und Rosen haben mit "verborgen" gemeint, dass die Variable nicht direkt messbar ist. Das hat mit "nicht ausgebreitet" nichts zu tun.



Man bemaengelt, dass sehr viele Dimensionen in der VWI angenommen werden. Das koennte man vermeiden, indem man diese auf eine einzige ausgebreitete Dimension abbildet.
Nein, das geht nicht. Die Quantentheorie braucht einen unendlichdimensionalen Hilbertraum. Anders kann man die Experimente nicht korrekt beschreiben.



Probleme mit einer mathematischen Mechtigkeit gaebe es keine, denn es existieren nicht unbeschraenkt viele Welten.

Es existieren alle mögliche Welten, also unendlich viele.



Man muesste jedoch zusaetzliche Annahmen aufstellen warum diese sich uns entziehen, verstecken. Und dies waere eine Theorie, keine reine Interpretation mehr. Das hat Everett schon elegant geloest.

Es braucht keine zusätzliche Annahmen. Das wird ja alles von der Quantentheorie so beschrieben. Hast du meine Seite eigentlich gelesen?http://homepage.hispeed.ch/philipp.wehrli/Physik/Kosmologie/Viele-Welten-Interpretation/viele-welten-interpretation.html



Wobei es durchaus moeglich ist, dass sogar KI und VWI zusammen den wirklichen Verhaeltnissen am naechsten kommen.
Gruesse
Ich sehe nicht, wie man die Kopenhagener und die Viele-Welten Interpretation vereinigen könnte. Der Grundsatz der Kopenhagener ist doch gerade, nur die wirklich gemessenen Dinge als real zu bezeichnen.