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Mirko
17.05.12, 09:35
Noch eine blöde Frage:

Photonen sind ja masselose Teilchen, besitzen also die Ruhemasse null !

Kann ich mir das exakt so vorstellen, oder ist die Definition allein darauf begründet das Photonen nie "in Ruhe" anzutreffen sind.
Sie bewegen sich immer mit c und haben keine Ruhemasse aber einen Impuls.Besitzen also Energie !

Wenn ich aber den Impuls eines Photons berechnen möchte, stoße ich auf ein Problem.
Ein Produkt ist gleich null, wenn mindestens ein Faktor gleich null ist !

p = m * v
-> das bedeutet der Impuls eines Photons mit der Masse null müsste auch null sein.

Selbst wenn ich ich die Masse m durch Energie E ersetzen würde, käme ich durch: E = m * c² auf das gleiche Ergebnis !

Setze ich hier falsche Massen ein ???

Danke !

P.S.
Das mag alles sehr trivial klingen, aber ich habe da echt ein Veständnisproblem
Ergänzend möchte ich noch nachfragen, ob da ein Unterschied zur Newtonschen Mechanik gemacht wird.
Wenn man beim "Photonenproblem" nicht die Ruhemasse in die Formeln einsetzt, sondern die Energie bzw. die beschleunigte Masse ( ? ) warum wird dies bei "normalen" Massebeschleunigungen nicht getan ? --> T=1/2 m * v² oder F = m * a

Da Photonen keine Ruhemasse besitzen heisst das zwingend dass sie nie unter c abgebremst werden können ?

amc
17.05.12, 13:08
p = m * v
-> das bedeutet der Impuls eines Photons mit der Masse null müsste auch null sein.
Das ist die Impuls-Formel der klassischen Mechanik. Der relativistische Impuls ergibt sich aus:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/math/b/6/c/b6cdcae64538ce277505b0e92ebdfdf4.png

Der Impuls eines Photons eribt sich aus der Wellenlänge.

http://de.wikipedia.org/wiki/Impuls#Spezielle_Relativit.C3.A4tstheorie
Während in der klassischen Physik jeder Körper eine von Null verschiedene Masse hat, gilt die relativistische Energie-Impuls-Beziehung auch für masselose Teilchen wie Photonen (http://de.wikipedia.org/wiki/Photon). Sie bewegen sich stets mit Lichtgeschwindigkeit. Beim Photon hängt der Betrag des Impulses von seiner Wellenlänge (http://de.wikipedia.org/wiki/Wellenl%C3%A4nge) λ ab:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/math/d/a/9/da9be4f57000a7cfde75818da8281fc3.png,

Bin auch blutiger Laie, vielleicht hilfts ja trotzdem etwas.

Grüße, AMC

Mirko
17.05.12, 15:39
Okay verstehe,
eigentlich auch logisch !

Wenn man es ganz genau sieht, sind dann aber Beschleunigungen von Massen im klassischen Sinne ungenau !

Wenn ich von F = m * a ausgehe und dem Körper die Ruhemasse zuschreibe errechne ich eine ungenaue Kraft ( wenn auch im minimalen Bereich ).

Je höher die Beschleunigung, desto ungenauer der Wert.........
Formal gesehen müsste man diese Kraft auch relativistisch betrachten um ganz genau zu sein, tut es aber nicht da die Abweichungen dermaßen gering sind das sie fast gegen null gehen.
Interessant wird es erst bei sehr hohen Beschleunigungen bzw. Geschwindigkeiten.

Ist das soweit korrekt ?

Philipp Wehrli
17.05.12, 15:41
Das sind gute Fragen. Genau über solche Sachen musst du nachdenken, wenn du die Physik verstehen willst.

Da Photonen keine Ruhemasse besitzen heisst das zwingend dass sie nie unter c abgebremst werden können ?
In Material kann Licht sehr stark abgebremst werden, mit neuester Technik sogar unter Schritttempo.

Die anderen Fragen hat amc glaube ich sehr gut beantwortet.

Philipp Wehrli
17.05.12, 15:44
Okay verstehe,
eigentlich auch logisch !

Wenn man es ganz genau sieht, sind dann aber Beschleunigungen von Massen im klassischen Sinne ungenau !

Wenn ich von F = m * a ausgehe und dem Körper die Ruhemasse zuschreibe errechne ich eine ungenaue Kraft ( wenn auch im minimalen Bereich ).

Je höher die Beschleunigung, desto ungenauer der Wert.........
Formal gesehen müsste man diese Kraft auch relativistisch betrachten um ganz genau zu sein, tut es aber nicht da die Abweichungen dermaßen gering sind das sie fast gegen null gehen.
Interessant wird es erst bei sehr hohen Beschleunigungen bzw. Geschwindigkeiten.

Ist das soweit korrekt ?
Die Formel F = m * a stimmt, wenn m nicht die Ruhemasse, sondern die dynamische Masse ist.

Mirko
17.05.12, 16:02
Die Formel F = m * a stimmt, wenn m nicht die Ruhemasse, sondern die dynamische Masse ist.

Hallo Philipp
Ja, aber genau das tun"wir" in der klassischen Mechanik doch nicht !

Wenn ich einen 10kg Klotz mit 10m/s² beschleunigen möchte brauche ich eine Kraft von 100 Newton !

Diese 10kg sind aber die Ruhemasse des Klotzes. Ergo werden relativistische Effekte durch die Beschleunigung nicht berücksichtigt.
Also ist diese Rechnung im engsten aller Sinne doch falsch....oder besser ungenau.....

Nur weil die Effekte verschwindet gering sind ist es erlaubt mit dieser Formel zu rechnen, oder ?

Mirko
17.05.12, 16:04
Das sind gute Fragen. Genau über solche Sachen musst du nachdenken, wenn du die Physik verstehen willst.

In Material kann Licht sehr stark abgebremst werden, mit neuester Technik sogar unter Schritttempo.

Die anderen Fragen hat amc glaube ich sehr gut beantwortet.

Heisst das denn analog das die Masse des Photons immer weiter gegen null geht je weiter es abgebremst wird ?

Marco Polo
17.05.12, 21:25
Noch eine blöde Frage:

Man sagt ja immer: es gibt keine blöden/dummen Fragen, nur dumme Antworten. Das stimmt aber so nicht. Es gibt sogar sehr dumme Fragen.

Zu denen darf die "Deinige" aber nicht gezählt werden. Mit anderen Worten: Deine Frage ist eine überaus Angebrachte und Berechtigte.

Photonen sind ja masselose Teilchen, besitzen also die Ruhemasse null !Ja und nein. Photonen sind tatsächlich masselose Teilchen. Sie haben aber nicht die Ruhemasse Null. Das ist ein völliger Unsinn, der immer wieder in Physikbüchern zu lesen ist.

Wenn man behauptet, dass ein Photon die Ruhemasse Null hat, dann muss man dem Photon automatisch ein Ruhesystem zugestehen. Denn nur in diesem wäre es ja Null.

Dieses Ruhesystem gibt es aber nicht. Glücklicherweise wird in der modernen Literatur davon immer mehr Abstand genommen.

Da heisst es dann eben nur noch: Das Photon ist masselos. Überhaupt ist es wesentlich sinnvoller über den Impuls zu gehen.

...oder ist die Definition allein darauf begründet das Photonen nie "in Ruhe" anzutreffen sind.
Sie bewegen sich immer mit c und haben keine Ruhemasse aber einen Impuls. Besitzen also Energie !Ja.

Wenn ich aber den Impuls eines Photons berechnen möchte, stoße ich auf ein Problem.
Ein Produkt ist gleich null, wenn mindestens ein Faktor gleich null ist !

p = m * v
-> das bedeutet der Impuls eines Photons mit der Masse null müsste auch null sein.

Selbst wenn ich ich die Masse m durch Energie E ersetzen würde, käme ich durch: E = m * c² auf das gleiche Ergebnis !

Setze ich hier falsche Massen ein ???Man rechnet beim Photonenimpuls eben nicht mit p=m*v. Diese Formel gilt nur für Teilchen mit Ruhemasse. Die Energie eines Photons beträgt E=pc=hv. Also beträgt der Impuls eines Photons p=hv/c.

h ist übrigens das plancksche Wirkungsquantum und v ist die Frequenz.

Grüsse, MP

Marco Polo
17.05.12, 21:54
Heisst das denn analog das die Masse des Photons immer weiter gegen null geht je weiter es abgebremst wird ?

Nein. Photonen sind masselos und bleiben es auch.

Auch kann die Geschwindigkeit eines Photons nicht abgebremst werden. Auch nicht im Medium. Der Wechselwirkungsprozess in diesem Medium ist eine Veränderliche. Mehr nicht. Ist das Photon wechselwirkungsfrei ergibt sich automatich die Vakuumlichtgeschwindigkeit.

Tritt also ein Photon in ein Medium ein, dann kann man über v=s/t eine Gesamtgeschwindigkeit sogar gegen Null strebend messen. Das hat aber nichts mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit zu tun.

Abhängig vom Medium dauert diese Wechselwirkung (Absorption/Emmission) also mehr oder weniger lang und es ergibt sich nur eine scheinbare Geschwindigkeit über die Strecke Eintritt-Austritt.

Im Medium bewegt sich das Photon zunächst mit c, dann wechselwirkt es mit einem Atom (wird also absorbiert und danach emittiert) und danach bewegt es sich wiederum mit c um dann wieder vom nächsten Atom absorbiert und emittiert zu werden und so weiter...

Dieser Gesamtprozess ist aber abhängig von der Art des Mediums und dauert demnach unterschiedlich lang, was insgesamt zu einer scheinbaren Verlangsamung von Photonen im Medium führt.

Zwischen den Atomen bewegen sich Photonen immer mit c, der Vakuumlichtgschwindigkeit.

Grüsse, MP

Bauhof
17.05.12, 22:19
Photonen sind tatsächlich masselose Teilchen. Sie haben aber nicht die Ruhemasse Null. Das ist ein völliger Unsinn, der immer wieder in Physikbüchern zu lesen ist. Wenn man behauptet, dass ein Photon die Ruhemasse Null hat, dann muss man dem Photon automatisch ein Ruhesystem zugestehen. Denn nur in diesem wäre es ja Null.
Dieses Ruhesystem gibt es aber nicht.
Hallo Marc,

ich finde, das ist eine sehr wichtige Erkenntnis, die du sehr gut formuliert hast.

M.f.G. Eugen Bauhof

amc
17.05.12, 22:48
Hi Marco, Eugen,

Photonen sind tatsächlich masselose Teilchen. Sie haben aber nicht die Ruhemasse Null. Das ist ein völliger Unsinn, der immer wieder in Physikbüchern zu lesen ist.

ich finde, das ist eine sehr wichtige Erkenntnis

wenn man sagt, sie besitzen keine definierte Ruhemasse, dann müsste es doch eigentlich schon wieder stimmen. Sie sind nicht masselos. Das ist auch irgendwie Unsinn. Dann würden sie die Raumzeit nicht krümmen und gravitativ wirken. Das hab ich mittlerweile eingesehen ;)

Man kann vielleicht auch sagen, ihre Energie ist äquivalent zu einer Masse, aber das kommt IMHO so ziemlich aufs gleiche raus.

So seh ichs - vielleicht kann man es auch anders sehen ...

Worin besteht die Erkenntis? Dass es Arten von Energien/Massen gibt, die man grundlegend zu unterscheiden hat? Da würde ich prinzipiell zustimmen.

Grüße, AMC

Marco Polo
17.05.12, 23:21
Hallo Marc,

ich finde, das ist eine sehr wichtige Erkenntnis, die du sehr gut formuliert hast.f

besten Dank, Eugen. Immerhin einer mehr, der es begriffen hat.

Viele Physiker meiden inzwischen glücklicherweise, beim Photon von einer Ruhemasse zu sprechen, auch dann wenn diese Null wäre/ist.

Ruhemasse bedingt ein Ruhesytem. Da dieses für Photonen nicht definiert ist, reicht es nicht aus, diesem den Wert Null zuzuweisen. Das ist einfach schlicht und ergreifend falsch.

Genau das liest man in der Fachliteratur aber immer wieder. Das hat aber eher historische Gründe. Genauso wie mit der Masse im Allgemeinen.

Unter Masse versteht man inzwischen die Ruhemasse und keineswegs die dynamische bzw. relativistische Masse.

Darunter besteht in Physikerkreisen inzwischen ein weitverbreiteter Konsens.

Bezüglich meiner Aufregung, dass es kein Photonen-Ruhesystems gibt und demnach die Ruhemasse für ein Photon nicht Null, sondern vielmehr erst garnicht definiert ist, habe ich vor längerer Zeit von dem Physiker "Joachim" aus dem Nachbarforum Zustimmung erhalten. Er war genau der gleichen Meinung. Fand ich gut. :)

Grüzi, MP

Mirko
18.05.12, 05:57
Guten Morgen Marco,

erstmal vielen Dank für deine detailierten Erklärungen.
Da es für Photonen kein Ruhesystem gibt, kann diesem nicht existierenden Ruhesytem der Photonen auch die Masse null nicht zugesprochen werden.
Verstanden !

Vieleicht könntest du noch zu meinem Masse * Beschleunigungspost Stellung nehmen.
Ich füg den hier nochmal ein.

Gruß Mirko

Hallo Philipp
Ja, aber genau das tun"wir" in der klassischen Mechanik doch nicht !

Wenn ich einen 10kg Klotz mit 10m/s² beschleunigen möchte brauche ich eine Kraft von 100 Newton !

Diese 10kg sind aber die Ruhemasse des Klotzes. Ergo werden relativistische Effekte durch die Beschleunigung nicht berücksichtigt.
Also ist diese Rechnung im engsten aller Sinne doch falsch....oder besser ungenau.....

Nur weil die Effekte verschwindet gering sind ist es erlaubt mit dieser Formel zu rechnen, oder ?

Marco Polo
18.05.12, 07:02
Vieleicht könntest du noch zu meinem Masse * Beschleunigungspost Stellung nehmen.


Wenn ich einen 10kg Klotz mit 10m/s² beschleunigen möchte brauche ich eine Kraft von 100 Newton !

Diese 10kg sind aber die Ruhemasse des Klotzes. Ergo werden relativistische Effekte durch die Beschleunigung nicht berücksichtigt.
Also ist diese Rechnung im engsten aller Sinne doch falsch....oder besser ungenau.....

Nur weil die Effekte verschwindet gering sind ist es erlaubt mit dieser Formel zu rechnen, oder ?

Da haste Recht. F=m*a funktioniert nur in der nichtrelativistischen Physik.

Wir kennen f=ma=m*du/dt=dp/dt

Die Masse, genauer gesagt die relativistische Masse, ist keine Konstante.

damit wird aus fx=mo*ax:

fx=gamma³*mo*ax mit gamma=1/sqrt(1-ß²) und ß=v/c

wenn man nur die x-Richtung betrachtet.

Bin zu faul jetzt genauer darauf einzugehen. Aber reicht ja auch erst mal.

Grüsse, Marco Polo

Hawkwind
18.05.12, 10:47
besten Dank, Eugen. Immerhin einer mehr, der es begriffen hat.

Viele Physiker meiden inzwischen glücklicherweise, beim Photon von einer Ruhemasse zu sprechen, auch dann wenn diese Null wäre/ist.

Ruhemasse bedingt ein Ruhesytem. Da dieses für Photonen nicht definiert ist, reicht es nicht aus, diesem den Wert Null zuzuweisen. Das ist einfach schlicht und ergreifend falsch.


Naja, das ist schon eine extrem strenge Sichtweise. :)

Letztendlich wissen wir auch gar nicht, ob die "Ruhemasse" des Photons exakt 0 ist; wir wissen nur, dass 0 kompatibel mit den Messungen ist, d.h. es gibt experimentell eine obere Schranke für die - vielleicht sollte man besser "invariante Masse" sagen - des Photons ( < 10^-18 eV).

Im engl. Wiki sagt man statt "das Photon habe die Ruhemasse 0" lieber "es habe keine Ruhemasse" - eine etwas spitzfindige Unterscheidung oder nicht? :)

Marco Polo
18.05.12, 16:26
Letztendlich wissen wir auch gar nicht, ob die "Ruhemasse" des Photons exakt 0 ist; wir wissen nur, dass 0 kompatibel mit den Messungen ist, d.h. es gibt experimentell eine obere Schranke für die - vielleicht sollte man besser "invariante Masse" sagen - des Photons ( < 10^-18 eV).

Das stimmt natürlich, Hawkwind.

Im engl. Wiki sagt man statt "das Photon habe die Ruhemasse 0" lieber "es habe keine Ruhemasse" - eine etwas spitzfindige Unterscheidung oder nicht? :)Nicht wirklich, wie ich finde. Es gibt imo sogar einen gewaltigen Unterschied zwischen" Ruhemasse 0" und "keine Ruhemasse".

"Ruhemasse 0" bedeutet: Im Ruhesystem des Photons hat es die Masse Null.

"keine Ruhemasse" verstehe ich so: Das Photon hat kein Ruhesystem und deswegen logischerweise auch keine Ruhemasse.

Man kann in einem System (Ruhesystem), dass für Photonen garnicht definiert ist, den Photonen doch keinen Wert zuweisen. Auch nicht den Wert Null.

Aber zugegeben: Es gibt wichtigeres und ausserdem weiss ja auch jeder was gemeint ist, wenn von der Ruhemasse 0 eines Photons die Rede ist. :)

Grüsse, MP

amc
18.05.12, 16:45
Es gibt imo sogar einen gewaltigen Unterschied zwischen" Ruhemasse 0" und "keine Ruhemasse".

Das ist mit Sicherheit so. Und das ist mit Sicherheit auch keine Frage des Standpunkts. Wenn ein Wert nicht definierbar ist, dann ist er auch definitiv nicht null. Aber deshalb sind Photonen ja nicht masselos, sondern eben ruhemasselos. Wenn man nun nur Ruhemasse als Masse bezeichnen möchte, und die Masse des Photons als Energie, dann ist das vielleicht ne Geschmacksfrage, aber zwingend logische mathematische und physikalische Gründe dafür, scheint es mir da so erstmal nicht zu geben.

Grüße, AMC

Hawkwind
21.05.12, 10:31
Für mich macht es keinen Unterschied, ob ich kein Geld oder null Euro habe.

Timm
21.05.12, 11:11
Für mich macht es keinen Unterschied, ob ich kein Geld oder null Euro habe.
Ich fände es ein bißchen gräßlich, wenn mein Kontostand nicht definiert wäre.

Gruß, Timm

Ich
21.05.12, 13:45
"Ruhemasse 0" bedeutet: Im Ruhesystem des Photons hat es die Masse Null.

"keine Ruhemasse" verstehe ich so: Das Photon hat kein Ruhesystem und deswegen logischerweise auch keine Ruhemasse.

Man kann in einem System (Ruhesystem), dass für Photonen garnicht definiert ist, den Photonen doch keinen Wert zuweisen. Auch nicht den Wert Null.


Die Sichtweise ist in der Tat zu streng. Es ist ok, wenn du das Wort "Ruhemasse" ablehnst, weil man nach der Wortbedeutung annehmen könnte, dass eine Messung im Ruhesystem möglich sein muss. Zu sagen "Ruhemasse" sei nicht definiert, greift aber zu weit, siehe hier:
Und das ist mit Sicherheit auch keine Frage des Standpunkts. Wenn ein Wert nicht definierbar ist, dann ist er auch definitiv nicht null.
Das ist eben nicht der Fall. Die Ruhemasse ist exakt definierbar (und meiner Erfahrung nach meist auch definiert) als die Norm des Energie-Impuls-Vektors. Und die ist nun mal Null für Photonen.

Das Problem ist nur, dass das Wort "Ruhemasse" eine andere Definition suggeriert und deswegen (wie man an diesem Thread schön sieht) missverständlich ist, da hast du sicher Recht. Der Begriff ist also wohldefiniert, aber blöd benannt (ich darf in dem Zusammenhang vielleicht an "Länge" erinnern :D).
Gerne kannst du ein weniger suggestives Wort verwenden wie "invariante Masse" oder eben nur "Masse".

amc
21.05.12, 15:31
Das ist eben nicht der Fall.

Doch, ganz bestimmt. "Wenn ein Wert nicht definierbar ist, ..." ;)

Grüße, AMC

Timm
21.05.12, 16:34
Die Ruhemasse ist exakt definierbar (und meiner Erfahrung nach meist auch definiert) als die Norm des Energie-Impuls-Vektors. Und die ist nun mal Null für Photonen.


In der relativistischen Energie-Impuls-Beziehung, die Du wahrscheinlich meinst, taucht je nach dem, wo man nachschaut, die Masse als als m oder als mo auf. Die Richtung geht aber dahin, den Begriff Ruhemasse fallen zu lassen, eben weil Masse im Gegensatz zur Energie invariant ist. Damit erledigt sich m.E. auch die Aussage, die Ruhemasse sei "exakt definierbar".

Gruß, Timm

Ich
21.05.12, 16:55
Das ist eben nicht der Fall.
Doch, ganz bestimmt. "Wenn ein Wert nicht definierbar ist, ..."
Nein, nicht. Ich habe ja nicht gesagt, dass du was falsches geäußert hättest. Ich habe nur gesagt, dass es nicht der Fall ist, dass der Wert nicht definierbar ist.

Damit erledigt sich m.E. auch die Aussage, die Ruhemasse sei "exakt definierbar".
Wenn niemand mehr die invariante Masse als Ruhemasse bezeichnet, klar. Solange man das tut, nimmt man auch die Definition der invarianten Masse - und die ist exakt (bis auf Kleinigkeiten, auf die ich hier sicher nicht eingehen will).

Marco Polo
21.05.12, 19:11
Die Sichtweise ist in der Tat zu streng. Es ist ok, wenn du das Wort "Ruhemasse" ablehnst, weil man nach der Wortbedeutung annehmen könnte, dass eine Messung im Ruhesystem möglich sein muss. Zu sagen "Ruhemasse" sei nicht definiert, greift aber zu weit..

Eigentlich schrieb ich, dass für Photonen kein "Ruhesystem" definiert ist und nicht, dass für Photonen keine "Ruhemasse" definiert ist.

Trotzdem wundert mich natürlich, dass ein Objekt eine definierte "Ruhemasse" haben kann, wenn doch klar ist, dass es für dieses Objekt kein Ruhesystem gibt.

Das Problem ist nur, dass das Wort "Ruhemasse" eine andere Definition suggeriert und deswegen (wie man an diesem Thread schön sieht) missverständlich ist, da hast du sicher Recht.Genau.

Der Begriff ist also wohldefiniert, aber blöd benanntImmerhin sind wir uns einig, dass die Aussage "Ruhemasse" für Photonen blöd benannt ist. Auf mehr wollte ich eigentlich auch gar nicht raus.

(ich darf in dem Zusammenhang vielleicht an "Länge" erinnern :D).Oh ja. Ich erinnere mich gut. :D

Ich
22.05.12, 10:09
Eigentlich schrieb ich, dass für Photonen kein "Ruhesystem" definiert ist und nicht, dass für Photonen keine "Ruhemasse" definiert ist.
Doch:
"Ruhemasse 0" bedeutet: Im Ruhesystem des Photons hat es die Masse Null.

"keine Ruhemasse" verstehe ich so: Das Photon hat kein Ruhesystem und deswegen logischerweise auch keine Ruhemasse.

Aber einig sind wir uns.

Philipp Wehrli
23.05.12, 14:12
Hallo Philipp
Ja, aber genau das tun"wir" in der klassischen Mechanik doch nicht !


Normalerweise rechnet man auch die Relativitätstheorie zur klassischen Physik. Als "nichtklassisch" bezeichnet man alles, was mit Quanten zu tun hat. So würde ich jedenfalls die Begriffe brauchen.



Wenn ich einen 10kg Klotz mit 10m/s² beschleunigen möchte brauche ich eine Kraft von 100 Newton !

Diese 10kg sind aber die Ruhemasse des Klotzes. Ergo werden relativistische Effekte durch die Beschleunigung nicht berücksichtigt.
Also ist diese Rechnung im engsten aller Sinne doch falsch....oder besser ungenau.....

Nur weil die Effekte verschwindet gering sind ist es erlaubt mit dieser Formel zu rechnen, oder ?

Die Formel ist F=am, egal, ob du die Relativitätstheorie nimmst oder nicht. Nach der Newtonschen Physik nimmt nur die Geschwindigkeit zu, wenn eine Kraft wirkt. Nach Einstein kann auch die Masse zunehmen. Bei Newton steht aber nicht explizit, dass die Masse nicht zunehmen kann. Die Formel stimmt zu jedem Zeitpunkt, wenn du die momentane (dynamische) Masse einsetzt.

Hawkwind
23.05.12, 15:48
Die Formel stimmt zu jedem Zeitpunkt, wenn du die momentane (dynamische) Masse einsetzt.

Ganz so einfach ist das leider nicht mehr, denn die "relativistische Masse" ist ein Tensor: je nach Richtung müssen unterschiedliche Werte eingesetzt werden: in transversaler und longitudinaler Richtung stimmen immerhin noch die Richtungen von Beschleunigung und Kraft überein und es passt, wenn man für "m" die jeweilige "transversale" bzw. "longitudinale" Masse einsetzt. In beliebigen Richtungen aber stimmen Kraft und Beschleunigung nicht einmal mehr in der Richtung überein.

Das ist der Hauptgrund, warum die modernere Physik dazu tendiert, diese sog. relativistische Masse nicht mal mehr "Masse" zu nennen; sie ist kein Skalar sondern ein tensorielles Objekt.

Ich
23.05.12, 17:02
Und das ganz abgesehen davon, dass man auch in Vorwärtsrichtung hat:
F = dp/dt = d(mv)/dt = vdm/dt + m dv/dt = vdm/dt + am,
also nicht F = am.

Mirko
24.05.12, 15:32
Ich habe eure Antworten bzw. eure weitere Diskussion verfolgt und möchte daher meine Frage erneut formulieren.

Damit ist die Formel der Kraft, welche momentan immer noch im Physikunterricht gelehrt wird,wie ich von meiner Tochter(7.Klasse) weiss, im engsten Sinne doch nicht nur ungenau, sondern schlichtweg falsch.
Oder ?

Da bei F=m*a immer die Ruhemasse eingestzt wird und nicht die dynamische und schon gar nicht auf F=dp/dt hingewiesen wird, bedeutet dies doch das die resultierenden Kräfte definitiv falsch sind !
Nur weil es aufgrund der sehr,sehr geringen Abweichungen aufgrund kleiner Beschleunigungen bzw. Massen kaum unterschiede im Ergebnis gibt macht es das doch nicht unbedingt richtiger !

Das Argument, dass die Formel für unsere "übliche Umgebung" einen durchaus sehr guten Näherungswert ergibt kann doch nicht über die Falschheit der Formel im engsten Sinne hinweg täuschen !
Ich kann ja auch nicht sagen: flüssiger Stickstoff hat unter 0 Grad Celsius, mehr braucht man nicht zu wissen !

Das mag alles nach Haarspalterei klingen, aber ich möchte einfach wissen das ich das richtig verstehe.

und......keine Sorge, ich werde meiner 12-jährigen Tochter nix davon sagen...sie soll ruhig F=m*a lernen ;)

Ich
24.05.12, 16:31
Das Argument, dass die Formel für unsere "übliche Umgebung" einen durchaus sehr guten Näherungswert ergibt kann doch nicht über die Falschheit der Formel im engsten Sinne hinweg täuschen !
Geheimnis: Alle Formeln sind falsch, wenn du es so siehst.
Physik handelt immer von Idealisierungen, und es macht einen guten Physiker aus, dass er ein Gespür hat, was er vernachlässigen darf und was nicht.
Der relativistische Impuls ist z.B. auch falsch, weil man eigentlich nach Allgemeiner RT rechnen muss, wenn Gravitation da ist. ART ist auch falsch, weil sie vermutlich nur der klassische Grenzfall irgendeiner Quantengravitationstheorie ist. Quantenfeldtheorien wiederum sind noch falscher, weil man sie eigentlich ausschließich über Störungsrechnung in den Griff bekommt (das ist sowas wie F=m*a, obwohl's in Wahrheit noch komplizierter ist).
Als Beispiel: um die Masse eines Protons mit ein paar Prozent Genauigkeit zu berechnen, laufen Supercomputer über Monate. Man kann wirklich fast nichts exakt berechnen.

Bei F=m*a ist es so, dass man eine viel genauere Formel kennt, das ist da also kein grundsätzliches Problem. Es ginge also mit vertretbarem Aufwand genauer, aber das nutzt deiner Tochter nichts. Die Newtonsche Formel ist nicht falsch, sondern eine Näherung. Näherungen werden erst dann falsch, wenn's auf den Unterschied zur genaueren Formel auch wirklich ankommt, oder wenn sie einen anderweitig in die Irre führen. Und das ist in der 7. Klasse nicht der Fall.

Mirko
24.05.12, 17:31
Hallo Ich,
gut, das zeigt zumindest das ich einiges verstanden habe !
Ich hatte auch nicht vor die funktionierende Beschreibung der Natur in Frage zu stellen sondern lediglich bestätigt wissen das mein Gedankengang nicht zu wirr ist !

Dennoch muss ich noch eine Frage/Anmerkung anführen !
Wenn wir doch seit der QM wissen das alles in kleinen bestimmten Portionen abläuft, in Quanten, dann muss es doch theoretisch möglich sein für jeden mathematisch beschreibbaren physikalischen Vorgang Formeln soweit runter zu brechen das das Ergebnis absolut und nicht nur eine Näherung ist !

Laienhaft formuliert:
Ich berechne mit einer Formel das jeweilige Ergebnis für diese Quantenportion und addiere sie nachher:
Bei F=m*a heisst dies, ich berechne F für jede Quantenportion der Beschleunigung a und setze für die nächste Berechnung( der nächsten Quantenportion von a ) die neue dynamische Masse ein !
So müsste ich doch im Endeffekt auf ein absolut korrektes Ergebnis kommen !

Ist das zu naiv gedacht ?

Bauhof
24.05.12, 18:41
Wenn wir doch seit der QM wissen das alles in kleinen bestimmten Portionen abläuft, in Quanten, dann muss es doch theoretisch möglich sein für jeden mathematisch beschreibbaren physikalischen Vorgang Formeln soweit runter zu brechen das das Ergebnis absolut und nicht nur eine Näherung ist ! Laienhaft formuliert: Ich berechne mit einer Formel das jeweilige Ergebnis für diese Quantenportion und addiere sie nachher: Bei F=m*a heisst dies, ich berechne F für jede Quantenportion der Beschleunigung a und setze für die nächste Berechnung( der nächsten Quantenportion von a ) die neue dynamische Masse ein ! So müsste ich doch im Endeffekt auf ein absolut korrektes Ergebnis kommen !

Ist das zu naiv gedacht ?
Hallo Mirko,

wenn du mit 'Quantenportionen' jonglierst, dann kommt der absolute quantenmechanische Zufall ins Spiel. Der verhindert, dass im Endeffekt ein 'absolut korrektes' Ergebnis, so wie es du dir vorstellst, herauskommt. Man kann nur Wahrscheinlichkeiten berechnen, mit der ein bestimmtes Ergebnis zu Tage tritt.

M.f.G Eugen Bauhof

Mirko
24.05.12, 18:52
Hallo Bauhof,
......okay,verstehe.
Wieder mal schlecht nachgedacht von mir, weil das was du anführst eine der Grundmanifeste der QM ist !
Hätte ich auch selbst drauf kommen können.

Aber schade und unbefriedigend ist es trotzdem irgendwie !:(

Bauhof
24.05.12, 19:33
Aber schade und unbefriedigend ist es trotzdem irgendwie !:(
Hallo Mirko,

da bist du in bester Gesellschaft, denn Einstein, Schrödinger und andere fanden die 'Quantenspringerei' und Borns Wahrscheinlichkeits-Interpretation ebenfalls unbefriedigend. Aber alle (verzweifelten) Versuche, realistische Hintergründe hinter dem Quanten-Geschehen experimentell nachzuweisen, sind in den letzten hundert Jahren gescheitert.

M.f.G Eugen Bauhof

Philipp Wehrli
24.05.12, 21:32
Ganz so einfach ist das leider nicht mehr, denn die "relativistische Masse" ist ein Tensor: je nach Richtung müssen unterschiedliche Werte eingesetzt werden: in transversaler und longitudinaler Richtung stimmen immerhin noch die Richtungen von Beschleunigung und Kraft überein und es passt, wenn man für "m" die jeweilige "transversale" bzw. "longitudinale" Masse einsetzt. In beliebigen Richtungen aber stimmen Kraft und Beschleunigung nicht einmal mehr in der Richtung überein.

Das ist der Hauptgrund, warum die modernere Physik dazu tendiert, diese sog. relativistische Masse nicht mal mehr "Masse" zu nennen; sie ist kein Skalar sondern ein tensorielles Objekt.
Tatsächlich. Da habe ich eine kapitale Dummheit behauptet. :eek:

richy
25.05.12, 09:18
Hi Mirko
ich berechne F für jede Quantenportion der Beschleunigung a und setze für die nächste Berechnung( der nächsten Quantenportion von a ) die neue dynamische Masse ein !
So müsste ich doch im Endeffekt auf ein absolut korrektes Ergebnis kommen !
Deine Schilderung erinnert mich an eine sukzessive Vorgehensweise. Genau so wird dies bei numerischen Simulationen gehandhabt.Allerdings ist diese behelfsmaessige Vorgehensweise nicht immer notwendig, denn fuer manche nichtlineare Probleme (Differentialgleichungen) existieren auch analytische Loesungsmethoden. F=dp(r,t)/dt stellt eine Differentialgleichung dar. So ist v stets dr/dt und a in F=m*a die zweite zeitliche Ableitung des Ortes r. In der Regel ist m(t) konstant und dann die Naeherung F=m*a gueltig. Ein bekanntes Beispiel in dem dies nicht der Fall ist waere die Raketengleichung, da die Masse einer Rakete durch den Treibstoffausstoss zunehmend kleiner wird :
http://de.wikipedia.org/wiki/Raketengrundgleichung
Wie der Link zeigt ist die DGL analytisch d.h. geschlossen, ohne eine Simulation loesbar.
Gruesse

Ich
25.05.12, 09:40
Wenn wir doch seit der QM wissen das alles in kleinen bestimmten Portionen abläuft, in Quanten, dann muss es doch theoretisch möglich sein für jeden mathematisch beschreibbaren physikalischen Vorgang Formeln soweit runter zu brechen das das Ergebnis absolut und nicht nur eine Näherung ist !

Nimm als Beispiel die Quantenelektrodynamik. Das ist die am genauesten bestätigte physikalische Theorie überhaupt, und sie funktioniert eigentlich nur über Sörungsrechnung. Das Problem mit den Quanten ist in dem Zusammenhang, dass unendlich viele verschiedene Dinge passieren könnten, die alle zur vorhergesagten und gemessenen Größe beitragen. Lies mal über Feynman-Diagramme (http://de.wikipedia.org/wiki/Feynman-Diagramm) nach: Die Streuung zweier Elektronen kann theoretisch z.B. auch passieren, indem zwischen beiden ein virtueller Elefant ausgetauscht wird. Das ist beliebig unwahrscheinlich, aber nicht im strengen Sinn unmöglich. Um ein exaktes Ergebnis zu erhalten, müsste man also unendlich viele Möglichkeiten in Betracht ziehen.

Marco Polo
25.05.12, 12:54
Die Streuung zweier Elektronen kann theoretisch z.B. auch passieren, indem zwischen beiden ein virtueller Elefant ausgetauscht wird. Das ist beliebig unwahrscheinlich, aber nicht im strengen Sinn unmöglich.

Es gibt also eine nichtverschwindende Wahrscheinlichkeit dafür, dass tatsächlich zwischen zwei Elektronen ein virtueller Elefant ausgetauscht wird? :confused:

RoKo
25.05.12, 18:44
Hallo Bauhof,

.. Aber alle (verzweifelten) Versuche, realistische Hintergründe hinter dem Quanten-Geschehen experimentell nachzuweisen, sind in den letzten hundert Jahren gescheitert...

Was verstehst du unter "realistische Hintergründe"? Und was ist "gescheitert"? Wieso folgt aus einer "korpuskularen Umdeutung" (Born, 1926), dass Quantenmechanik nichts mit Natur und derem Verhalten zu tun hat? Warum befasst sich die Physik überhaupt mit "Quanten-Geschehen", wenn da nichts geschieht"?

richy
25.05.12, 19:38
Diese Aussage von Bauhof halte ich auch fuer aeusserst fragwuerdig. Insbesonders wenn man beruecksichtigt, dass das Dekohaerenzprogramm realistischer Natur ist und fuer nichtrealistische Interpretationen passend gemacht werden muss. Z.B. loest die Dekohaerenz fuer Kopenhagen keinesfalls das Problem des bewussten Beobachters.Dabei wird das Dekohaerenzprogramm sicherlich von den meisten Physikern akzeptiert. Und zwar in der realistischen Form unter der irrigen Annahme dies sei Zeilingers Kopenhagener Deutung.
Allerdings scheint mir Mirko prinzipielle Unberechenbarkeiten ansprechen zu wollen, die in der nichtlinearen Systemdynamik begruendet liegen.
Gruesse

Hawkwind
25.05.12, 20:08
Es gibt also eine nichtverschwindende Wahrscheinlichkeit dafür, dass tatsächlich zwischen zwei Elektronen ein virtueller Elefant ausgetauscht wird? :confused:

Wenn sie einen reellen Elefanten austauschen würden, das wäre nun wirklich erstaunlich.

Timm
25.05.12, 21:14
Wenn sie einen reellen Elefanten austauschen würden, das wäre nun wirklich erstaunlich.
Sie könnten auch ein virtuelles Boltzmann-Gehirn (http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=31782104) austauschen. Die gibts sogar reell, wenn man unendlich viele Universen annimmt.

Gruß, Timm

richy
25.05.12, 22:00
An dem Bolzmann Gehirn stoert mich besonders, dass ich dann gottaehnlich waere. Wie koennte ich mir dann aber diese ganzen Fragen ausdenken, deren Antwort ich kenne, aber mit einbilden muss, dass ich sie nicht kenne. Zudem haette einen solchen Boss wie mich die Menschheit und gar das ganze Universum nicht verdient. Wobei beides ja nur Einbildungen von mir waeren.
Ich waere zudem der einsamste Mensch im eingebildeten Universum.
Eine fuer mich absolut erschreckende Horrovorstellung.
Der Link ist aber auf jeden Fall lesenswert. Danke @Timm

Timm
25.05.12, 22:10
Ich waere zudem der einsamste Mensch im eingebildeten Universum.
Eine fuer mich absolut erschreckende Horrovorstellung.

Und deshalb hast Du Dir das Forum ausgedacht, danke richy!

Gruss, Timm

RoKo
26.05.12, 00:16
Hallo zusammen,

da haben wohl einige zuviel geraucht.

Zitat aus bdw (o.a.): Ein nacktes Gehirn, das sich quasi „aus dem Nichts“ über dem Küchentisch materialisiert? Prinzipiell besteht diese Möglichkeit im Rahmen der bekannten Naturgesetze durchaus.

Das folgt sowohl aus der Quantenphysik als auch aus der Thermodynamik

1.) Im Rahmen der bekannten Naturgesetze ist es nicht möglich, dass sich aus dem Vakuum auch nur ein einziges Atom bildet.

2.) Die gegenwärtige Konstellation des Universums ist keine zufällige Konstellation in einem thermodynamischen Gleichgewicht. Das Universum befindet sich vielmehr in einem thermischen Ungleichgewicht - zwischen Sonnen und Hintergrundstrahlung.

Marco Polo
26.05.12, 02:22
Wenn sie einen reellen Elefanten austauschen würden, das wäre nun wirklich erstaunlich.

So wie der Meistertitel für S04. :D:(:)

Marco Polo
26.05.12, 03:03
Sie könnten auch ein virtuelles Boltzmann-Gehirn (http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=31782104) austauschen. Die gibts sogar reell, wenn man unendlich viele Universen annimmt.

Wie Rüdiger Vaas schreibt, können sich Teilchen zufällig zu komplexen Konfigurationen anordnen – und sie entstehen bisweilen sogar aus der Energie, die im Vakuum steckt, denn der leere Raum ist nicht vollkommen leer, ist kein absolutes Nichts.

Dazu bedarf es aber nicht unendlich vieler Universen. "Ein einziges" unendliches Universum würde ausreichen um selbst die unwahrscheinlichsten Dinge unendlich oft Wirklichkeit werden zu lassen.

Eigentlich können diese "unwahrscheinlichsten Dinge" aber auch in einem endlichen Universum geschehen. Nur ist eben die Wahrscheinlichkeit dafür extrem gering. Den Begriff "unendlich" bräuchte man demnach gar nicht bemühen.

Die Frage, ob unser Universum endlich oder unendlich ist, ist also von immanenter Bedeutung. Ist es endlich, dann ist es eine Frage der Wahrscheinlichkeit, ob dies oder das realisiert wird. Ist es unendlich, dann stellt sich die Frage erst gar nicht. Beliebige Dinge werden dann (solange nicht gegen Naturgesetze verstossen wird) auf jeden Fall realisiert. Zudem auch noch unendlich oft.

Unendlich viele endliche Universen kämen also, was die Möglichkeit der spontanen Bildung komplexer Strukturen betrifft, "einem" unendlichen Universum gleich würde ich mutmaßen. Vielleicht gibt es ja auch unendlich viele unendliche Universen. Da wirste bekloppt. :)

Guats Nächtle, MP

EMI
26.05.12, 03:51
Welche Quantenzahlen trägt ein virtueller Elefant?
Welche ein nacktes Gehirn?

Es gelten in unserem Universum Erhaltungsgesetze und nicht Mumpitz!

EMI

RoKo
26.05.12, 09:01
Hallo Marco,

wenn du müde bist, solltest du ins Bett gehen, bevor du sinnlose Aussagen anderer kritiklos postest.

Wie Rüdiger Vaas schreibt, können sich Teilchen zufällig zu komplexen Konfigurationen anordnen – und sie entstehen bisweilen sogar aus der Energie, die im Vakuum steckt, denn der leere Raum ist nicht vollkommen leer, ist kein absolutes Nichts.


Richtig ist (gemäß Poincare) , dass bei einer idealisierten Betrachung eines Gases als rein mechanisches System sich ein Anfangszustand nach einer sehr langen Zeit >10^9 Jahren kurzzeitig wieder herstellen könnte. Mit einer beliebigen zufälligen Anordnung von "Teilchen" (was soll das eigentlich sein?) zu komplexen Konfigurationen (denen dann auch noch eine sinnvolle Funktion wie "Gehirn" und "Denken" angedichtet wird) hat das nichts zu tun.

Darüber hinaus gilt selbstverständlich auch für die Vakuumsenergie der Energie-Erhaltungssatz. Im Rahmen der (strittigen) Energieunscharfe könnten allenfalls antisymmetrische "Teilchen"paare wie Elektron und Positron entstehen.

Alles andere entspringt der Phantasie des Autors, der dann auch noch die "Multiversen" der kosmologischen Debatte mit denen der VWI vermischt.

Hawkwind
26.05.12, 11:03
Welche Quantenzahlen trägt ein virtueller Elefant?


Die Baryonenzahl dürfte so in der Gegend von 10^^29 liegen.
Müsste dann wegen Erhaltungsgesetzen ein Paar virtueller Elefant - Anti-Elefant sein.
Aber da wird selbst Herne-West noch eher Meister.:)

EMI
26.05.12, 11:27
Die Baryonenzahl dürfte so in der Gegend von 10^^29 liegen.Genau und die Leptonenzahl auch.



Müsste dann wegen Erhaltungsgesetzen ein Paar virtueller Elefant - Anti-Elefant sein.Eher ein el.neutrales virtuelles Paar Elefant/Antielefant mit geradzahligem Spin.



Aber da wird selbst Herne-West noch eher Meister.:)Da denke ich wohl doch eher Hertha.

Gruß EMI

Timm
26.05.12, 13:43
Im Rahmen der bekannten Naturgesetze ist es nicht möglich, dass sich aus dem Vakuum auch nur ein einziges Atom bildet.
Wäre es dann nicht naheliegend, dass Du Linde, Vilenking, Hartle und Don Page über die Naturgesetze aufklärst, denn die suchen lt. Artikel einen Ausweg aus dem Boltzmannhirn-Gehirn?

Gruss, Timm

RoKo
26.05.12, 14:01
Hallo Timm,

Wäre es dann nicht naheliegend, dass Du Linde, Vilenking, Hartle und Don Page über die Naturgesetze aufklärst, denn die suchen lt. Artikel einen Ausweg aus dem Boltzmannhirn-Gehirn?Die genannten Personen sind in diesem Forum noch nicht aktiv geworden. Daher kann ich sie nicht fragen. Da bleibt mit nur übrig, dich zu fragen, nach welchem für das Vakuum gültigen Naturgesetz die Bildung von Atomen aus dem Vakuum heraus möglich sein soll.

Timm
26.05.12, 15:39
Daher kann ich sie nicht fragen.
Du solltest sie ja nicht fragen, sondern aufklaeren.

Aber ernsthafter die Frage an alle:

Wie begründet man eine Wahrscheinlichkeit > 0 für ein solches Phänomen?
In der populärwissenschaftlichen Literatur werden unter bestimmten Vorraussetzungen wie Vorhandensein von Gezeitenkräften, oder Raumexpansion (Bojowald) virtuelle Teilchen/Antiteilchen Paare auseinander gezerrt, sodass reelle Teilchen entstehen. Fachleute halten das allenfalls fuer schöne Bilder.
Wie berechnet man die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung reeller Teilchen aus Quantenfluktuationen?

Gruss, Timm

EMI
26.05.12, 15:49
Da bleibt mit nur übrig, ... zu fragen, nach welchem für das Vakuum gültigen Naturgesetz die Bildung von Atomen aus dem Vakuum heraus möglich sein soll.HAWKINGstrahlung RoKo,

die Erzeugung von virtuellen Teilchen/Antiteilchen Paaren im Vakuum, die vom SL getrennt werden bevor diese wieder zerstrahlen.
Die z.B. gleichzeitige Erzeugung eines virtuellen Elektron/Positron und Proton/Antiproton Paares.
Treffen und binden sich nun beim Entfernen vom SL Proton und Elektron dann haben wir schon mal ein Wasserstoffatom gebildet aus dem Vakuum.

Gruß EMI

Nach PS: Die Gleichzeitigkeit der Erzeugung ist dafür nicht die Bedingung, nur die Wahrscheinlichkeit eines Aufeinandertreffen ist dann größer.

RoKo
26.05.12, 16:34
Hallo EMI,

.. HAWKINGstrahlung ..Womit letztlich das Wasserstoffatom bzw. dessen Energie dem SL entstammt.

EMI
26.05.12, 16:47
Womit letztlich das Wasserstoffatom bzw. dessen Energie dem SL entstammt.Letztendlich nein Roko,

die Energie des Vakuums ist in Summe Null.
Erscheint nun aus dem Vakuum z.B. ein reelles Wasserstoffatom mit pos.Energie muss das SL ein reelles Antiwasserstoffatom mit neg.Energie verschluckt haben.
Dadurch nimmt die Gesamtenergie (Masse) des SL ab, es schrumpft (verdampft).

Beide Wasserstoffatome (das mit pos. und das mit neg.Energie) entstammen aus dem Vakuum außerhalb des SL.

Gruß EMI

Hawkwind
26.05.12, 17:41
Letztendlich nein Roko,

die Energie des Vakuums ist in Summe Null.
Erscheint nun aus dem Vakuum z.B. ein reelles Wasserstoffatom mit pos.Energie muss das SL ein reelles Antiwasserstoffatom mit neg.Energie verschluckt haben.
Dadurch nimmt die Gesamtenergie (Masse) des SL ab, es schrumpft (verdampft).

Beide Wasserstoffatome (das mit pos. und das mit neg.Energie) entstammen aus dem Vakuum außerhalb des SL.

Gruß EMI

Wir beobachten also, das SL wird um die Masse eines Wasserstoffatoms leichter, und außerhalb entsteht ein neues Wasserstoffatom. Viel naheliegender erscheint doch dann die Schlussfolgerung, die Masse des entstandenen Atoms wurde dem SL entnommen und nicht dem Vakuum.

Was soll das eigentlich mit der negativen Energie, EMI? Materie und Antimaterie unterscheiden sich nicht im Vorzeichen der Energie sondern in den Vorzeichen der Materiequantenzahlen.

Gruß,
Hawkwind

EMI
27.05.12, 01:55
Wir beobachten also, das SL wird um die Masse eines Wasserstoffatoms leichter, und außerhalb entsteht ein neues Wasserstoffatom.
Viel naheliegender erscheint doch dann die Schlussfolgerung, die Masse des entstandenen Atoms wurde dem SL entnommen und nicht dem Vakuum.Ja so ist das halt mit den Beoachtungen (wenn sie einst möglich sind), und den naiven Schlüssen daraus Hawkwind.



Was soll das eigentlich mit der negativen Energie, EMI?
Materie und Antimaterie unterscheiden sich nicht im Vorzeichen der Energie sondern in den Vorzeichen der Materiequantenzahlen.Ich denke Du weist was "das soll".:)
Einfach nachlesen und dann wird's klar, ganz klar.

Gruß EMI

PS: nicht bei mir, bei HAWKING!

Marco Polo
27.05.12, 03:07
Hallo Marco,

wenn du müde bist, solltest du ins Bett gehen, bevor du sinnlose Aussagen anderer kritiklos postest.

Hohoho RoKo und danke für die Steilvorlage. Ich kann mich nämlich erinnern, dass du beim Quantengrillen bei Jogi auf dem Stuhl eingepennt bist. Da warst du auch müde und bist nicht ins Bett gegangen. Hab ich übrigens auf Video. Also immer schön den Ball flach halten, sollte die Devise sein. :):):)

Übrigens kann Rüdiger Vaas und überhaupt die Zeitschrift "Bild der Wissenschaft" durchaus als seriöse Quelle angesehen werden.

Gut. Rüdiger Vaas ist kein Physiker sondern lediglich Wissenschaftsjournalist. Trotzdem ist es i.O., wenn man Beiträge aus der Bild der Wissenschaft kritiklos zitiert.

Man müsste es ja auch erst mal besser wissen, bevor man Kritik übt.

Darüber hinaus gilt selbstverständlich auch für die Vakuumsenergie der Energie-Erhaltungssatz. Im Rahmen der (strittigen) Energieunscharfe könnten allenfalls antisymmetrische "Teilchen"paare wie Elektron und Positron entstehen.Gerade wegen der Energieunschärfe, sollten beliebige Teilchen aus dem Vakuum entstehen können.

Grüsse, Marco Polo

RoKo
27.05.12, 07:02
Hallo Marco,

..
Gerade wegen der Energieunschärfe, sollten beliebige Teilchen aus dem Vakuum entstehen können.
Ein Atom ist kein "Teilchen" sondern ein spezielles Sytem von "Teilchen" mit einer inneren räumlichen und zeitlichen (!) Struktur (stehende Wellen). Gleiches gilt übrigens bereits für Protonen und Neutronen. Ich bezweifele daher, dass innerhalb der Energieunschärfe ausreichend Zeit zur Herausbildung dieser Struktur besteht.

Wie zuvor diskutiert, könnten allenfalls am Rande von SL's simple Wasserstoffatome entstehen, wenn denn eine virtuelle Paarbildung Proton/ Antiproton überhaupt möglich ist.

Marco Polo
28.05.12, 00:13
Hi RoKo,

Ein Atom ist kein "Teilchen" sondern ein spezielles Sytem von "Teilchen" mit einer inneren räumlichen und zeitlichen (!) Struktur (stehende Wellen). Gleiches gilt übrigens bereits für Protonen und Neutronen. Ich bezweifele daher, dass innerhalb der Energieunschärfe ausreichend Zeit zur Herausbildung dieser Struktur besteht.

ja. Das dürfte sich i.d.R. auch so verhalten, wie von dir beschrieben. Aber es besteht eben (so vermutet man meines Wissens) eine nichtverschwindende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich auch komplexe Strukturen aus dem Vakuum bilden können. Sicherlich nicht in den bisherigen 13 Mrd. Jahren.

Wenn aber unendlich viel Zeit und/oder unendlich viel Raum zur Verfügung steht, dann ist dies geradezu zwingend, egal wie unwahrscheinlich es ist.

Zu weit aus dem Fenster lehnen möchte ich mich aufgrund fehlendem Hintergrundwissen aber nicht.

Grüsse, MP

fossilium
28.05.12, 00:23
Hi zusammen,
um nochmal auf die Masse des Photons zu sprechen zu kommen (war ja einer der Ausgangspunkte), die angeblich Null ist - das scheint mir aus drei Gründen zweifelhaft zu sein:
a) wie "Ich" überzeugend dargelegt hat, kann man in der Physik eigentlich nichts genau bestimmen, folglich auch nicht die Masse des Photons;
b) eine Null macht immer misstrauisch, weil das eine Singularität ist, die im Universum nirgendwo in reiner Form realisiert ist (ausser bei iedalisierten Systemen)
c) Wer sagt denn, dass dieses Null kg Masse nicht in Wahrheit ein Mittelwert von kleinsten Schwankungen ist, ganz kurzzeitigen, so wie alles unscharf ist, je genauer man hinsieht.

Grüsse Fossilium

Hawkwind
28.05.12, 11:26
Hi RoKo,



ja. Das dürfte sich i.d.R. auch so verhalten, wie von dir beschrieben. Aber es besteht eben (so vermutet man meines Wissens) eine nichtverschwindende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich auch komplexe Strukturen aus dem Vakuum bilden können. Sicherlich nicht in den bisherigen 13 Mrd. Jahren.

Wenn aber unendlich viel Zeit und/oder unendlich viel Raum zur Verfügung steht, dann ist dies geradezu zwingend, egal wie unwahrscheinlich es ist.

Zu weit aus dem Fenster lehnen möchte ich mich aufgrund fehlendem Hintergrundwissen aber nicht.

Grüsse, MP

Naja, "virtuelles Atom" macht sicher keinen Sinn. Unter einem "Atom" verstehen wir ein gebundenes, halbwegs stabiles System, das über stationäre Zustände verfügt, die besetzt werden können (Orbitale).

"Virtueller Elefant" geht da schon eher, da der Witz offensichtlich ist:)

Timm
28.05.12, 14:15
Naja, "virtuelles Atom" macht sicher keinen Sinn. Unter einem "Atom" verstehen wir ein gebundenes, halbwegs stabiles System, das über stationäre Zustände verfügt, die besetzt werden können )
Wie interpretierst Du den Boltzmann-Gehirn Artikel?
Gibt es eine nichtverschwindende Wahrscheinlichkeit für die Entstehung irgendwelcher Dinge aus dem Vakuum?
Weshalb suchen die erwähnten Kosmologen nach einer Widerlegung?

Gruss, Timm

Hawkwind
28.05.12, 16:31
Wie interpretierst Du den Boltzmann-Gehirn Artikel?
Gibt es eine nichtverschwindende Wahrscheinlichkeit für die Entstehung irgendwelcher Dinge aus dem Vakuum?
Weshalb suchen die erwähnten Kosmologen nach einer Widerlegung?

Gruss, Timm

Ehrlich gesagt, ich hab's nur diagonal überflogen.

"Die ganze Realität könnte nichts als die Fantasie eines verrückten Gehirns sein, das zufällig dem Vakuum entsprang" klang mir doch etwas zu "abenteuerlich" um mich neugierig zu machen.

Ich verstehe aber auch nichts davon.

RoKo
28.05.12, 17:01
Hallo zusammen,

ich habe mal ein bischen zum Thema "Boltzmann brain" (http://arxiv.org/abs/hep-th/0703115) gegoogelt und im arxiv einen Artikel mit vielen weiteren Links gefunden.

Ob die Kosmologen ernsthaft eine derartige Quantenfluktuation für möglich halten oder nicht, erschliesst sich mir dabei deshalb nicht, weil es nicht begründet wird, sondern als Vergleichsargument in der Debatte um die kosmologische Inflation dient. Eine Fragestellung wäre dann z.B., wie wahrscheinlich ist in einem vorgeschlagenen Modell zur Erklärung der kosmischen Inflation (die als notwendige Bedingung für das Universum, dass wir beobachten, angesehen wird) diese Inflation gegenüber der Wahrscheinlichkeit von "Boltzmann brains". Für solche Vergleiche muss man nicht ernsthaft von der tatsächlichen Möglichkeit ausgehen.

In der kosmologischen Debatte spielen Details ohnehin keine Rolle. Dort ist das Universum stets homogen und isotrop, obwohl es deutlich sichtbar nicht so ist und erst auf einer extremen Größenskala näherungsweise so angenommen werden kann. Von solch einer Warte aus ist es dann leicht, ein Gehirn als eine Ansammlung von Energieniveaus zu betrachten. Mit dem Blick auf die Details ist dies jedoch falsch.

In der quantenphysikalischen Debatte um das Vakuum bzw. um Quantenfluktuationen habe ich bisher stets nur die Annahme virtueller Elektron/Positron-Paare gefunden. Und dafür gibt es einen guten Grund. Nach allem, was wir bisher wissen, müssen wir Elektronen als völlig form- und strukturlos annehmen. Von daher ist es akzeptabel, eine Energiefluktuation entsprechender Größe mit einem Elektron gleichzusetzen. Bei einem Atom ist dies jedoch anders. Hier zwingen sich Proton und Elektron gegenseitig eine bestimmte Form auf und genau darin begründen sich seine Eigenschaften. Eine nach der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation erlaubte Energiefluktuation entsprechender Größe hat garnicht die notwendige Zeit dafür.

Noch abenteuerlicher wird die Sache bei einem Gehirn. Da ich wenig von Neurologie verstehe, ersetze ich es ersatzweise durch einen Computer. Selbst dann, wenn es denkbar wäre, dass in einer Quantenfluktuation kurzzeitig ein Computer samt Speicherinhalt erscheinen könnte, wäre letzterer völlig bedeutungslos. Die Bedeutung kommt nur durch die Vorgeschichte (das Programm) und den Nutzer zustande. Ähnlich dürfte es mit einem Gehirn sein. Ohne Bezug zum eigenen Körper und anderem Bekannten wüsste es nicht, was sein Speicherinhalt bedeutet.

Timm
28.05.12, 17:01
"Die ganze Realität könnte nichts als die Fantasie eines verrückten Gehirns sein, das zufällig dem Vakuum entsprang" klang mir doch etwas zu "abenteuerlich" um mich neugierig zu machen.

Volles Verständnis, mich interessiert auch nur die darunter liegende wie mir scheint prinzipielle Frage.

Gruß, Timm

Timm
29.05.12, 11:44
Hallo RoKo,

ich habe mal ein bischen zum Thema "Boltzmann brain" (http://arxiv.org/abs/hep-th/0703115) gegoogelt und im arxiv einen Artikel mit vielen weiteren Links gefunden.

Ob die Kosmologen ernsthaft eine derartige Quantenfluktuation für möglich halten oder nicht, erschliesst sich mir dabei deshalb nicht, weil es nicht begründet wird, sondern als Vergleichsargument in der Debatte um die kosmologische Inflation dient.
Gut, jetzt kennen wir den Hintergrund. Man könnte auch direkt argumentieren, die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung eines Universums ist offensichtlich > 0, weshalb dann dies nicht auf ein B-G anwenden. Ziemlich müßig das alles. Fördergelder dürften auch nicht winken.


In der quantenphysikalischen Debatte um das Vakuum bzw. um Quantenfluktuationen habe ich bisher stets nur die Annahme virtueller Elektron/Positron-Paare gefunden.
Und virtuelle Photonen, der Vollständigkeit halber.

Gruß, Timm

EMI
29.05.12, 14:51
Und virtuelle Photonen, der Vollständigkeit halber.Und virtuelle Pionen.:)
Und die virtuellen W und Z Bosonen nicht vergessen.
Sicherlich auch noch virtuelle Gluonen und virtuelle Gravitonen.

Gruß EMI

Hawkwind
29.05.12, 16:20
Wir hatten hier im Zusammenhang mit einem Papier von Jaffe zum Casimir-Effekt ja schon einmal die Frage angeschnitten, ob diese virtuellen Teilchen denn nun wirklich "aus dem Vakuum kommen". Natürlich ist so ein Prozess der spontanen Entstehung von Materie aus dem Vakuum wegen Energieerhaltung verboten: es muss extern Energie zugeführt werden, um "das Vakuum aufzubrechen"; ansonsten wären ja auch die Beschleuniger viel billiger. :)
Das ist m.E. alles auch gehörig Interpretation, ob man nun sagt, das Vakuum sei nicht leer oder ob man mittels der "Sprache der Quantenfeldtheorie" von Korrekturen höherer Ordnung redet.

Zudem muss das, was da "aus dem Vakuum herausgebrochen" wird, summa summarum immer die Quantenzahlen des Vakuums tragen (Ladung=0, Leptonenzahl=0,...). Das sind im wesentlichen Photonen und Paare. W-Bosonen pur sind ja geladen und gehen wegen Verletzung der Ladungserhaltung schonmal gar nicht - höchstens paarweise W+ und W-.