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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Endliches Universum - auch möglich


Bauhof
23.06.12, 11:10
Hallo zusammen,

Ich plädiere für ein endliches Universum.
Als analoges Beispiel sehe ich die Gestalt der Planetenbahnen. Sie sind alle elliptisch und nicht exakt kreisförmig. Warum?

Weil es unter den vielen Möglichkeiten der Planetenbahnen nur eine einzige Möglichkeit der exakten Kreisbahn gibt. Und unbegrenzt viel andere (elliptische) Möglichkeiten. Der Zufall bestimmt (unter anderem) die Gestalt der Planetenbahnen und lässt die exakte Kreisbahn unwahrscheinlich werden.

Bei der Entstehung des Universums regierte der objektive quantenmechanische Zufall. Warum sollte unter den Myriaden von topologischen Möglichkeiten ausgerechnet die eine Möglichkeit des exakt "flachen" und ungekrümmten Universums realisiert worden sein? Höchst unwahrscheinlich. Der Astrophysiker John D. Barrow zeigt auf Seite 142 - 143 seines Buches [1] die Möglichkeit eines endlichen Universums trotz Flachheit:

Wenn man von dieser Annahme größter Einfachheit ausgeht, könnte man meinen, negativ gekrümmte Universen expandieren nicht nur in alle Ewigkeit, sondern sind auch in alle Richtungen unendlich.

Aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein! Nehmen wir ein geometrisch ebenes, also ungekrümmtes Universum, dass sich immer weiter ausdehnt. Wenn wir nun seinen Raum zu einem 3-D-Zylinder rollen, hat der umschlossene Raum ein endliches Volumen, aber seine Geometrie ist weiterhin eben. Das Universum expandiert weiterhin in alle Ewigkeit, aber es ist nicht mehr unendlich groß. Ist unser Universum vielleicht so beschaffen?
[...]
In letzter Zeit hat man Beobachtungen gemacht, die ansatzweise darauf hindeuten, dass das Universum eine der genannten endlichen Topologien besitzt. Die Auswirkungen der Schwankungen aus der Urzeit des Universums, die von dem NASA-Satelliten WMAP aufgezeichnet wurden, zeigen, dass ein bestimmter Typus von Schwankungen eindeutig reduziert ist.

Das ist rätselhaft, kann aber auf natürliche Weise erklärt werden, wenn das Universum endlich ist. In einen endlichen Raum passen nur ganz bestimmte Vibrationswellen. Viele der längeren Wellen sind ausgeschlossen und fehlen daher im Spektrum.

Jean-Pierre Luminet und andere führten in [2] die momentane Ansicht, dass das Universum unendlich sei, auf einen unzulässigen Schluss aus der Allgemeinen Relativitätstheorie zurück:

Die Frage, ob das Universum endlich oder unendlich sei, gehört zu den ältesten der Philosophie - und sie ist keineswegs schon zugunsten der Unendlichkeit entschieden, wie manche Bücher glauben lassen, weil in ihnen ein unzulässiger Schluss aus der Allgemeinen Relativitätstheorie gezogen wird.


Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Barrow, John D.
Einmal Unendlichkeit und zurück. (http://www.amazon.de/Einmal-Unendlichkeit-zur%C3%BCck-Zeitlose-Endlose/dp/349962298X/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1340442969&sr=1-1)
Was wir über das Zeitlose und Endlose wissen.
Hamburg 2008. ISBN=978-3-499-62298-4

[2] Luminet, Jean-Pierre, Starkman, Glenn D., Weeks, Jeffrey R.
Ist der Raum endlich? (http://www.spektrum.de/alias/dachzeile/ist-der-raum-endlich/825561)
Aufsatz in: Spektrum der Wissenschaft, Juli 1999
Heidelberg 1999

soon
23.06.12, 15:31
Hallo,

Ich plädiere für ein endliches Universum.
Als analoges Beispiel sehe ich die Gestalt der Planetenbahnen. Sie sind alle elliptisch und nicht exakt kreisförmig. Warum?

In dem uns bekannten Teil der Natur gibt es überhaupt nichts mathematisch exakt Kreisförmiges. Der Grund dafür liegt aber nicht in der Anzahl der Möglichkeiten und einer geringen Wahrscheinlichkeit, sondern letztlich in der Quantelung.


Weil es unter den vielen Möglichkeiten der Planetenbahnen nur eine einzige Möglichkeit der exakten Kreisbahn gibt...Nein, es gibt keine Möglichkeit einer exakt kreisförmigen Planetenbahn. Für eine exakt kreisförmige Planetenbahn müsste ein Planet entweder keine räumliche Ausdehnung haben, - also ein Punkt sein, oder der Planet müsste mathematisch exakt kugelförmig sein. Ein Planet ist aber ein Objekt, - ein Teil, das aus Teilen besteht, die wiederum aus Teilen bestehen. Und die kleinsten Teile sind endlich klein, und keine mathematischen Punkte.


Wenn man mit analogen Beispielen argumentieren möchte, dann spricht, meiner Meinung nach, alles für ein fraktales, selbstähnliches Universum. Den Begriff der Selbstähnlichkeit darf man dabei nicht auf 'Aussehen' beziehen, sondern auf das Vorhandensein gleicher, gemeinsamer Eigenschaften.

Beispiel für selbstähnliche Strukturen:
Planetensystem, Galaxie, Galaxiehaufen, Galaxiesuperhaufen...

oder auch:
Zelle, Mensch, Familie, Dorf, Land, Staat...

Die wesentliche Eigenschaft ist dabei, dass Teile aus Teilen bestehen.

Wenn man das erste Beispiel analog weiterführt, dann gelangt man zu dem für uns bisher grössten erfahrbaren Teil
. Dieser Teil wäre in ähnlicher Weise endlich wie seine Bestandteile. Aussagen zu machen, über denkbare grössere Strukturen, macht, finde ich, wenig Sinn. Was ich nicht weiss, versuche ich, einfach offen zu lassen.


Zu allen Zeiten wurden von Menschen das "Universum" so gross bemessen, wie ihr aktueller Erfahrungs- und Phantasiehorizont reichte. Und das war immer unzutreffend...

LG soon



edit:
Eine Planetenbahn kann auch keine mathematisch exakte Elipse sein.

Bauhof
24.06.12, 15:40
In dem uns bekannten Teil der Natur gibt es überhaupt nichts mathematisch exakt Kreisförmiges. Der Grund dafür liegt aber nicht in der Anzahl der Möglichkeiten und einer geringen Wahrscheinlichkeit, sondern letztlich in der Quantelung...
[...]
Eine Planetenbahn kann auch keine mathematisch exakte Elipse sein.
Hallo soon,

willst du damit sagen, dass die Zufälligkeit der Topolgie der Planetenbahnen letztlich in einer Quantelung zu suchen ist?

Außerdem schrieb ich nicht 'mathematisch exakt kreisförmig' oder 'mathematisch exakt elliptisch'. Lies einfach annähernd kreisförmig und annähernd elliptisch. Dann haben die annähernd elliptischen Planetenbahnen eine viel größere Auftretenswahrscheinlichkeit als die annähernd kreisförmigen Planetenbahnen.

M.f.G. Eugen Bauhof

soon
24.06.12, 17:29
Hallo Bauhof,

Lies einfach annähernd kreisförmig und annähernd elliptisch.Gut, dann war es nur ein Missverständnis.


willst du damit sagen, dass die Zufälligkeit der Topolgie der Planetenbahnen letztlich in einer Quantelung zu suchen ist?Nein, ich wollte nur die Quantelung als Grund dafür aufzeigen, dass es in der Natur keine mathematisch exakten Kreise oder Kugeln geben kann.

Hmm, aber jetzt wo du es sagst... Vielleicht gibt es aufgrund der Quantelung generell keine mathematisch exakten geometrischen Formen in der Natur, auch keine Geraden. Dann wäre die Krümmung des Univ... nein,lieber nochmal drüber nachdenken.


Dann haben die annähernd elliptischen Planetenbahnen eine viel größere Auftretenswahrscheinlichkeit als die annähernd kreisförmigen Planetenbahnen.Ich finde das Beispiel etwas unglücklich. Wo hört Kreis auf und fängt Ellipse an? Und irgendwie gibt es bei der Betrachtung ja auch viele unterschiedliche Ellipsen. Und dann kann man auch noch behaupten, dass ein Kreis auch nur eine der vielen Ellipsen ist, bei der halt nur die beiden Brennpunkte annähernd identisch sind. Und genau genau genommen bewegen sich die Planeten ja auf ziemlich eirigen Spiralen...:D

LG soon

Marco Polo
24.06.12, 18:49
Hmm, aber jetzt wo du es sagst... Vielleicht gibt es aufgrund der Quantelung generell keine mathematisch exakten geometrischen Formen in der Natur, auch keine Geraden. Dann wäre die Krümmung des Univ... nein,lieber nochmal drüber nachdenken.

Ich muss es leider sagen, soon: Das ist Unsinn im Quadrat und du tust sicherlich gut daran den Schnurkes nochmal zu überdenken, wie von dir angekündigt. (ich mach natürlich nur Spass) :D Aber trotzdem...

Bauhof
25.06.12, 10:44
Und irgendwie gibt es bei der Betrachtung ja auch viele unterschiedliche Ellipsen. LG soon
Hallo soon,

das ist genau der Punkt.
Es gibt sehr viele unterschiedliche Kombinationen der Halbmesser der Ellipsen, aber es gibt nur eine Kombination der Halbmesser des Kreises. Allgemeiner: es gibt sehr viele unterschiedliche Kegelschnitte, aber nur einen Kegelschnitt, den man ─ exakt oder näherungsweise ─ als Kreis bezeichnet. Warum sollten die urzeitlichen Planetentrümmer ausgerechnet die vielen unterschiedlichen Kegelschnitte meiden und exakt oder näherungsweise zu einer Kreisbahn zusammenfinden?

Ähnlich sehe ich es bei den Myriaden von Krümmungs-Möglichkeiten des Universums. Es müsste ein sehr großer Zufall sein, dass ausgerechnet die urzeitlichen 'Trümmer' des Universums sich zu einer globalen Krümmung = Null zusammenfinden.

M.f.G. Eugen Bauhof

soon
25.06.12, 11:46
Hallo Bauhof,

Ich hätte schreiben sollen: Es gibt es bei der Betrachtung viele einzelne, konkrete Ellipsen, deren Häufigkeit man jeweils einzeln mit der Häufigkeit eines Kreises in Relation setzen muss. Eine Ellipse mit einem Abstand ca. 0 der Brennpunkte (Kreis) ist genauso wahrscheinlich wie eine Ellipse mit einem Abstand ca. 98337,12345623 der Brennpunkt (eine Ellipse).


Dies ist aber für deine Argumentation unerheblich, wenn du sagst 'keine Krümmung steht für unendliches Universum' und 'irgendeine Krümmung steht für endliches Universum'. Insofern hast du Recht.

LG soon

EMI
25.06.12, 16:04
Ich plädiere für ein endliches Universum.Unser Universum ist z.Zt. in jedem Fall endlich, dass folgt aus der ART Bauhof.

1. Universum mit positiver Krümmung ist räumlich geschlossen aber unbegrenzt, wie die Oberfläche einer Kugel.
Es expandiert bis zu einem maximalen Krümmungsradius und geht dann in eine Kontraktion über. Es könnte auch oszillieren.
Das Volumen ist hier stets endlich.

2. Universum mit negativer Krümmung ist räumlich offen und unbegrenzt.
Es expandiert unendlich lange bis zu einem unendlichen Volumen.

3. Universum mit verschwindender Krümmung (euklidisch) ist räumlich offen und unbegrenzt. Es ist der zwischen 1. und 2. liegende Grenzfall.
Es expandiert immer langsamer ohne je anzuhalten, unendlich lange bis zu einem unendlichen Volumen.

Da in kosmischen Maßstäben die Expansion gerade erst begonnen hat, ist noch nicht entscheidbar welche der 3 Möglichkeiten unser Universum hat.
Die Kurven der zeitlichen Entwicklung des Krümmungsradius liegen noch so gut wie aufeinander, gleichen sich in allen 3 Fällen noch.

Gruß EMI

Timm
25.06.12, 18:46
Hallo Eugen,

die Frage, ob das Universum endlich oder unendlich ist, ist nicht entschieden. Da stimme ich Jean-Pierre Luminet zu.

Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen sehe ich aber skeptisch.

Bei der Entstehung des Universums regierte der objektive quantenmechanische Zufall. Warum sollte unter den Myriaden von topologischen Möglichkeiten ausgerechnet die eine Möglichkeit des exakt "flachen" und ungekrümmten Universums realisiert worden sein?
Der Wert Dichte/kritische Dichte liegt heute sehr nahe bei 1, was für die lokale Geometrie praktisch flach bedeutet. Berücksichtigt man die inflationäre Expansion, dann wird aus praktisch flach heute exakt flach beim Urknall. Jedenfalls liegt omega beim Urknall um einen monströsen Faktor nochmal näher an 1 als heute. Darüber sind sich die Kosmologen wohl einig, zumindest kenne ich keine abweichenden Interptretationen.
Daher die Gegenfrage: Wie wahrscheinlich ist das?

Gruß, Timm

RoKo
26.06.12, 02:18
Hallo EMI,

Unser Universum ist z.Zt. in jedem Fall endlich, dass folgt aus der ART ..

So, wie du es darstellst, habe ich es auch mal gelernt. Aber gilt das heute noch? Nach der letzten Vermessung der CMBR neigen mindestens einige Kosmologen zur Annahme von Unendlichkeit.

Bist du dir also sicher?

EMI
26.06.12, 03:06
Nach der letzten Vermessung der CMBR neigen mindestens einige Kosmologen zur Annahme von Unendlichkeit.Ich neige nicht Roko,

ich rechne, obwohl ich das nun gar nicht kann.

Gruß aus Potsdam EMI

Timm
26.06.12, 11:48
Hallo EMI,

so einfach ist das nun auch wieder nicht.

Unser Universum ist z.Zt. in jedem Fall endlich, dass folgt aus der ART Bauhof.

1. Universum mit positiver Krümmung ist räumlich geschlossen aber unbegrenzt, wie die Oberfläche einer Kugel.
Es expandiert bis zu einem maximalen Krümmungsradius und geht dann in eine Kontraktion über. Es könnte auch oszillieren.
Das Volumen ist hier stets endlich.

2. Universum mit negativer Krümmung ist räumlich offen und unbegrenzt.
Es expandiert unendlich lange bis zu einem unendlichen Volumen.

3. Universum mit verschwindender Krümmung (euklidisch) ist räumlich offen und unbegrenzt. Es ist der zwischen 1. und 2. liegende Grenzfall.
Es expandiert immer langsamer ohne je anzuhalten, unendlich lange bis zu einem unendlichen Volumen.

Da in kosmischen Maßstäben die Expansion gerade erst begonnen hat, ist noch nicht entscheidbar welche der 3 Möglichkeiten unser Universum hat.
Die Kurven der zeitlichen Entwicklung des Krümmungsradius liegen noch so gut wie aufeinander, gleichen sich in allen 3 Fällen noch.

Aus der ART folgt kein endliches Volumen des Universums. Lediglich im Falle sphärischer Geometrie ist das so, wie Du ja selbst schreibst.

Ist die Geometrie euklidisch oder hyperbolisch, gibt es für beide Fälle Topologien, die endliches und unendliches Volumen haben.

Der letzte mir bekannte Wert für omega liegt bei 1 +- 0.02. Die endliche Sphäre ist also nicht 100%ig ausgeschlossen. Es wird aber angenommen, daß der Wert sich mit weiter verfeinerten CMB Messungen auf 1 zubewegen wird. Dann wird es spannend, ob gewisse Anzeichen für kompakte Topologien erhärtet werden. Ich bin skeptisch, aber natürlich ist die Frage offen.

Die Topologie, die über endliches/unendliches Volumen entscheidet, ist festgelegt. Die Ebene expandiert nicht "unendlich lange bis zu einem unendlichen Volumen", denn das unendliche Volumen hat sie schon beim Urknall.

Wenn Du von einer endlichen Ebene ausgehst, müßtest Du einen Rand akzeptieren. Tust Du das? Oder hast Du ein zum FRW-Universum kompetitives Modell?

Gruß, Timm

Ich
26.06.12, 15:11
Um ganz am Anfang nochmal einzuhaken:
Der Zufall bestimmt (unter anderem) die Gestalt der Planetenbahnen und lässt die exakte Kreisbahn unwahrscheinlich werden.

Bei der Entstehung des Universums regierte der objektive quantenmechanische Zufall. Warum sollte unter den Myriaden von topologischen Möglichkeiten ausgerechnet die eine Möglichkeit des exakt "flachen" und ungekrümmten Universums realisiert worden sein?
Beides ist so nicht richtig. Klar haben Planetenbahnen ein zufälliges Element, aber es gibt Mechanismen, die Bahnen zirkularisieren.
Beim Universum ist das noch ausgeprägter: Jede Abweichung von Flachheit würde sich in einem materiedominierten Universum mit der Zeit dramatisch verstärken. Die kritische Dichte müsste also früher noch viel genauer erreicht worden sein als heute - Ned Wright spricht von 1:10^25 eine Nanosekunde nach dem Urknall.
Deswegen ist es ausgeschlossen, dass dieser Wert zufällig erreicht wurde. Das war/ist das sogenannte Flachheitsproblem.

Der Mechanismus, der die kritische Dichte "erzwungen" hat, war die Inflation. Da reden wir nicht von Restabweichungen im Bereich weniger Promille, oder was immer du bei Planetenorbits als "rund" durchgehen lassen würdest. Man muss vielmehr davon ausgehen, dass die Abweichung sehr viele Zehnerpotenzen kleiner ist. Das heißt, wenn das Modell stimmt, wird man auf großen Skalen keine Abweichung von der Flachheit finden, egal wie genau man schaut. Die beschleunigte Expansion - wieder eine Art Inflation - tut das ihrige, dass das auch in der fernsten Zukunft so bleiben wird.

Ob das Universum als Ganzes nun endlich ist oder nicht, darüber sagt der Prozess nichts aus. Wenn ich für mich persönlich sprechen darf, dann halte ich ein unendliches homogenes Universum, wie es manchen Friedmann-Modellen entspricht, für absolut unplausibel. Ich denke, dass auf unvorstellbar großen Skalen das Universum inhomogen erscheint, gerne auch mit positiver Krümmung. Was aber auch nicht zwingend bedeutet, dass es endlich ist.

RoKo
26.06.12, 19:48
Hallo zusammen,

nach irdischen Maßstäben ist auch ein endliches Universum "unendlich" groß. Der "sichtbare" Radius beträgt derzeit ca. 42 Mrd. Lichtjahre.

Nach Angaben von Max Tegmark (http://arxiv.org/abs/0905.1283) enthält dieses Hubble-Volumen rund 10^80 Protonen von 10^115 möglichen Protonen-Slots, die zugleich als maximale Informationsmenge interpretiert werden.

Nach Angaben von Lee Smolin (http://www.wissenschaft-online.de/spektrum/leseproben/Quantenrz.pdf)enthält dieses Hubblevolumen jedoch 10^185 Raumquanten, die sich in mehr als zwei Zuständen befinden können. Dieser Angabe zufolge könnte allein der Raum 10^10^185 unterschiedliche Informationen haben. Zugleich beansprucht Smolin, mit seiner Theorie die Bekensteingrenze reproduzieren zu können.

Solange zwischen den Theorieansätzen nicht nur Zehnerpotenzen, sondern "Universen" differíeren und ohnehin gemäß dem Standarmodell unser Hubble-Volumen 93% Unwissenheit (Dunkle Materie, dunkle Energie) enthält, ist das alles Spekulation.

EMI
27.06.12, 02:22
Der "sichtbare" Radius beträgt derzeit ca. 42 Mrd. Lichtjahre.:confused:

Ich denke 1/3 davon Roko.

Gruß EMI

RoKo
27.06.12, 07:21
:confused:

Ich korrigiere: 14,2. Sorry.

Timm
27.06.12, 09:31
Der Mechanismus, der die kritische Dichte "erzwungen" hat, war die Inflation. Da reden wir nicht von Restabweichungen im Bereich weniger Promille, oder was immer du bei Planetenorbits als "rund" durchgehen lassen würdest. Man muss vielmehr davon ausgehen, dass die Abweichung sehr viele Zehnerpotenzen kleiner ist.
Da stimme ich nicht zu, die inflationäre Expansion löst das aus der Isotropie des CMB resultierende Horizontproblem. Der CMB läßt sich einer winzigen Region zuordnen, die vor der Inflation im thermischen Gleichgewicht war. Als "Dreingabe" werden zudem lokale Dichteunterschiede innerhalb dieser winzigen Region geglättet.

Was die kritische Dichte mit derart frappierender Genauigkeit erzwungen hat, weiß man bis heute nicht. Manche Kosmologen vermuten eine Gestzmäßigkeit dahinter. Die Inflation hat hier nur die Funktion, kleinste Abweichungen dramatisch zu vergrößern, die Funktion einer Lupe mit 10^30 facher Vergrößererung.

Mich fasziniert das Zusammenwirken der CMB- und SNIa-Daten. Beide zusammen ergeben die kritische Dichte, ein sehr starkes Argument für das gegenwärtige Standarmodell.

Ich
27.06.12, 17:33
Da stimme ich nicht zu
Doch, die Inflation löst auch das Flachheitsproblem. Beispiel hier (http://www.astronomy.ohio-state.edu/~ryden/ast162_10/notes43.html). Dort ist es eher bildlich dargestellt, der Zusammenhang zwischen Dichte und Flachheit kommt da nicht so ganz raus. Es ist aber tatsächlich so, dass im de Sitter-Raum die Energiedichte exakt kritisch sein muss.

Ich denke 1/3 davon Roko.
Ich denke nicht. Zumindest nicht in mitbewegten Koordinaten.

Solange zwischen den Theorieansätzen nicht nur Zehnerpotenzen, sondern "Universen" differíeren...
Sorry, aber du hast einfach nicht verstanden, dass beide verschiedene Dinge berechnen. Das stimmt also nicht. Und selbst wenn es stimmen würde hätte es keinerlei Relevanz für diesen Thread.

Timm
27.06.12, 21:36
Doch, die Inflation löst auch das Flachheitsproblem. Beispiel hier (http://www.astronomy.ohio-state.edu/~ryden/ast162_10/notes43.html). Dort ist es eher bildlich dargestellt, der Zusammenhang zwischen Dichte und Flachheit kommt da nicht so ganz raus. Es ist aber tatsächlich so, dass im de Sitter-Raum die Energiedichte exakt kritisch sein muss.

Zur Planck-Zeit, also vor der Inflation, war |Omega - 1| bei 10^-60. Wenn ich Dich recht verstehe, ist das theoretisch geklärt (Omega = 1). Ich kann es übersehen haben, ist das Bestandteil des Standardmodells?

Ich
27.06.12, 21:52
Zur Planck-Zeit, also vor der Inflation, war |Omega - 1| bei 10^-60.
Nee, das müsste so sein, wenn es keine Inflation gäbe. Die Inflation macht diese Randbedingung überflüssig.
Fakt ist, dass eine reine kosmologische Konstante ein flaches Universum erzwingt. Jetzt ist das Inflatonfeld natürlich nicht ganz exakt eine kosmologische Konstante, aber nah genug dran. Und hat deswegen auch die Eigenart, alles, was vorher war -Materie, Krümmung etc.-, bis zur Unkenntlichkeit wegzuverdünnen und nur noch den "reinen" de Sitter-Raum übrigzulassen. Aus dem dann das ziemlich perfekt flache Universum auskondensiert.
Was vorher war ist weg, irrelevant.

Timm
28.06.12, 09:52
Nee, das müsste so sein, wenn es keine Inflation gäbe. Die Inflation macht diese Randbedingung überflüssig. ...

Was vorher war ist weg, irrelevant.
Ja, das hatte ich mißverstanden, danke für die Aufklärung.

Bauhof
28.06.12, 11:21
Aus dem dann das ziemlich perfekt flache Universum auskondensiert.
Hallo ICH,

das 'ziemlich' perfekt flache Universum kann bisher nicht messtechnisch von einem in sich zurückgeschlossenem Universum unterschieden werden. Nämlich dann, wenn das Universum z.B. der Begrenzungsraum (der 'Rand') einer vierdimensionalen Kugel mit einem 4-D-Radius von 13 Milliarden Lichtjahren wäre. Ich denke, das nennt man das Einstein-Universum.

Der dreidimensionale Begrenzungsraum (unser Universum hätte dann eine globale Krümmung von 1/(13 Milliarden Lichtjahren). Wie soll man so eine geringe Krümmung von der 'ziemlich' perfekten Flachheit mit der Krümmung = Null jemals unterscheiden?

M.f.G. Eugen Bauhof

Ich
28.06.12, 12:50
Nämlich dann, wenn das Universum z.B. der Begrenzungsraum (der 'Rand') einer vierdimensionalen Kugel mit einem 4-D-Radius von 13 Milliarden Lichtjahren wäre. Ich denke, das nennt man das Einstein-Universum.
Nein, das Einstein-Universum ist statisch, also ein Vierdimensionaler Zylinder oder so was. (Wenn du mit dem Begriff dasselbe meist wie ich, nämlich Einsteins ersten statischen Universumsentwurf. Es gibt noch das Einstein-de Sitter Universum, das ist aber nicht geschlossen.)
Der Krümmungsradius des Einstein-Universums ergibt sich aus der Massendichte und läge tatsächlich bei einer Größenordnung von 14-30 Mrd Lichtjahren. Das ist mit etwa 50 Standardabweichungen ausgeschlossen - mal abgesehen von der Tatsache, dass das Universum ganz offensichtlich nicht statisch ist.
Der dreidimensionale Begrenzungsraum (unser Universum hätte dann eine globale Krümmung von 1/(13 Milliarden Lichtjahren). Wie soll man so eine geringe Krümmung von der 'ziemlich' perfekten Flachheit mit der Krümmung = Null jemals unterscheiden?
Die Krümmung ist, wie bereits hier angesprochen, auf ~2% der kritischen Dichte genau bekannt, das entspricht einem Mindestradius von ca. 100 Milliarden Lichtjahren. (UPDATE: Ich habe gerade nachgelesen, die Krümmung ist genauer bekannt, <0,8%. Das ist ein Mindestradius von ~150 Mrd LJ) Diese hohe Genauigkeit wird durch Beobachtungen des CMB erreicht, wo man über die Winkelgröße von Strukturen bekannter Gröe und Entfernung ziemlich direkt die Raumkrümmung ablesen kann.

Bauhof
28.06.12, 13:54
Nein, das Einstein-Universum ist statisch, also ein Vierdimensionaler Zylinder oder so was.
Hallo ICH,

du hast recht, ich habe nachgesehen: Das Einstein-Universum ist statisch. Da hatte ich etwas verwechselt. Deshalb führte auch Einstein die kosmologische Konstante ein. Was er später sehr bedauerte.

Nun fällt mir der Name nicht ein für das Universum-Modell, das ich meinte. Ich habe stillschweigend vorausgesetzt, dass sich der Radius der 4-D-Kugel als Funktion der Zeit vergrößert. Damit vergrößert sich der umhüllende 3-D-Begrenzungsraum (der 'Rand') in der von den Astronomen beobachteten Weise. Wie nennt man dieses Modell?

M.f.G. Eugen Bauhof

Ich
28.06.12, 14:18
Das Modell, das sich "in der von Astronomen beobachteten Weise" verändert, ist das LCDM Modell. Historisch interessant wäre vielleicht noch das angesprochene Einstein-de Sitter-Modell, aber das ist wie gesagt nicht geschlossen.
Ich habe stillschweigend vorausgesetzt, dass sich der Radius der 4-D-Kugel als Funktion der Zeit vergrößert. Damit vergrößert sich der umhüllende 3-D-Begrenzungsraum (der 'Rand') in der von den Astronomen beobachteten Weise. Wie nennt man dieses Modell?
Das ergibt keinen Sinn. Die Raumzeit ist vierdimensional. Eine 4D-Kugel beinhaltet also die Zeit und kann sich nicht mit der Zeit verändern. Ferner sind Mannigfaltigkeiten immer offen, d.h. es gibt keinen Begrenzungsraum. Der "Raum" ist im FRW-Modell eigentlich immer ein Schnitt konstanter kosmologischer Zeit durch die Mannigfaltigkeit.

Wenn du ein Modell meinst, dessen FRW-Raum - also 3D - die Topologie einer Kugeloberfläche hat (S3), dann trifft das für alle FRW-Modelle mit überkritischer Dichte zu. In Abwesenheit von dunkler Energie würden diese Modelle auch alle wieder kollabieren, wären also auch in der zeilichen Ausdehnung endlich. Vielleicht meinst du sowas.