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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Urknall und Hypersphäre


Bauhof
02.04.13, 13:49
Hallo zusammen,

wenn man Robert Osserman folgt, dann ist unser 3-D-Universum eine Hypersphäre. Er schreibt auf Seite 114 seines Buches [1] folgendes:

In jedem Augenblick nach dem Urknall sind alle Teilchen des Universums auf einer Hypersphäre verteilt.

Wenn dem so wäre, dann wäre unser 3-D-Universum der 3-D-Begrenzungsraum (die "Oberfläche") einer 4-D-Kugel (oder eines 4-D-Ellipsioids). Wäre in diesem Fall unser Universum auch zwingend ein in sich selbst zurückgeschlossenes endliches Universum? Oder kann sich aus der Hypersphäre im Laufe der Zeit auch ein "flaches", unendlich großes Universum bilden?

M.f.G. Eugen Bauhof

[1]Osserman, Robert
Geometrie des Universums. (http://www.amazon.de/Geometrie-Universums-G%C3%B6ttlichen-Einstein-Facetten/dp/3528069023/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1364906992&sr=1-1)
Von der Göttlichen Komödie zu Riemann und Einstein.
Braunschweig 1997. ISBN=3-528-06902-3

Solkar
02.04.13, 17:54
Oder kann sich aus der Hypersphäre im Laufe der Zeit auch ein "flaches", unendlich großes Universum bilden?

Da sag ich mal aus dem Bauch heraus, dass es das dann und nur dann könnte, wenn

lim ∫ dω = ∞
t->∞

für eine nach t parameterisierbare 3-Form ω, weil sonst imo der Stokes dem entgegenstünde.

Marco Polo
02.04.13, 19:36
Und ich sage aus dem Bauch heraus, dass ein Universum nicht unendlich gross werden kann. Auch dann nicht, wenn es dazu unendlich viel Zeit hat.

Es muss schon immer unendlich gewesen sein bzw. von Beginn an.

Solkar
03.04.13, 14:15
Nur wird man Probleme kriegen, eine mathematische iwie "gegebene" Unendlichkeit physikalisch von einem "asymptotisch unendlich werden" zu unterscheiden, deshalb will ich das per Grenzwertbetrachtung abfackeln.

Ferner ist bei "4-D-Kugel" nicht klar, welche Metriken bei der Kugelbedingung zugrundegelegt werden können - euklidisch kann's zumindest nicht gemeint sein, weil das Universum im Grossen gem WMAP flach sein soll, und damit wäre jener Teil von [1] sofort plainly wrong.

Sowas weiss Bauhof aber und würde nicht fragen, wenn [1] so trivial falsch wäre.

Ich
03.04.13, 21:41
Wenn ich die Frage
kann sich aus der Hypersphäre im Laufe der Zeit auch ein "flaches", unendlich großes Universum bilden?
deuten wollte, dann würde ich sagen, dass nicht t->∞ gemeint ist. Eher das, worauf Marco Polo geantwortet hat.
Ferner ist bei "4-D-Kugel" nicht klar, welche Metriken bei der Kugelbedingung zugrundegelegt werden können - euklidisch kann's zumindest nicht gemeint sein, weil das Universum im Grossen gem WMAP flach sein soll, und damit wäre jener Teil von [1] sofort plainly wrong.
"Hypersphäre" hat sowieso positive Krümmung, von daher kann wohl durchaus auch der flache R4 als Einbettungsraum gemeint sein. Experimentell ausgeschlossen ist das natürlich nicht, bestenfalls kann ein Mindestradius angegeben werden. Das wird auch immer so bleiben. Von daher kann eine solche Aussage auch nicht trivial falsch sein.

Was nichts daran ändert, dass die Aussage seltsam ist und keineswegs durch die Empirie bestätigt.

Von daher frage ich:
Gibt's zu der Aussage irgendeinen Kontext, der sie relativieren könnte? Das ist wirklich nichi das Standardmodell, das da durchscheint.

Solkar
03.04.13, 22:32
Wenn ich die Frage [...] deuten wollte, dann würde ich sagen, dass nicht t->∞ gemeint ist. Eher das, worauf Marco Polo geantwortet hat.

Dann sag mir bitte mal, wie Du "unendlich gross" ohne Grenzprozess definieren willst.
Und bitte so, dass es physikalisch iwie Sinn macht, also iwie messbar ist.

Wie Du ja bestimmt weisst, gilt ∞ ∉ ℝ.

"Hypersphäre" hat sowieso positive Krümmung, Wer sagt denn bitte, dass man den Begriff "Hypersphäre" nicht auf Oberflächen von verallgemeinerten "Hyperkugeln" ("Kugel" bzgl. nicht-euklidischer Metriken) verallgemeinern darf?

von daher kann wohl durchaus auch der flache R4 als Einbettungsraum gemeint sein. Wenn WMAP "nahezu flach" misst, postulieren wie also dennoch unverdrossen eine Hyperkugeloberfläche im euklidischen Sinne,

Experimentell ausgeschlossen ist das natürlich nicht, bestenfalls kann ein Mindestradius angegeben werden. für die wir dann im Gegenzug aber die Kugel so gross machen müssen, dass sie nicht mehr weh tut?

Sowas nennt man gemeinhin eine "ontologische Hypothese", wenn man höflich sein will.
Ich nenne solche Art von Hypothesen plainly wrong.
Genaugenommen sind sie aber in der Tat wohl eher "not even wrong", was die Sache allerdings nicht besser macht.

Bauhof
04.04.13, 09:37
Wenn WMAP "nahezu flach" misst, postulieren wie also dennoch unverdrossen eine Hyperkugeloberfläche im euklidischen Sinne...
Hallo Solkar,

gibt es eine Hyperkugeloberfläche im euklidischen Sinne?
Unter der Hyperkugeloberfläche verstehe ich den dreidimensionalen Begrenzungsraum einer vierdimensionalen Kugel. Dieser Begrenzungsraum hat ein dreidimensionales Volumen V = 2•(Pi)²•R³, wobei R der Radius der 4-D-Kugel ist. Nur, damit Missverständnisse vermieden werden:

1. Eine Kreislinie ist der eindimensionale Begrenzungsraum einer zweidimensionalen "Kugel" (einer Kreisscheibe).

2. Die Kugeloberfläche ist der zweidimensionale Begrenzungsraum einer dreidimensionalen Kugel.

3. Die Hyperkugeloberfläche ist der dreidimensionale Begrenzungsraum einer 4-D-Kugel. Und diese Hyperkugeloberfläche ist nichteuklidisch, weil positiv gekrümmt.

... für die wir dann im Gegenzug aber die Kugel so gross machen müssen, dass sie nicht mehr weh tut?

Ja, denn wenn der Radius R dieser 4-D-Kugel so groß wäre, wie ein Urknall-Partikel seit dem Urknall-Ereignis bis heute entlang dieses 4-D-Radius zurückgelegt hat, dann wäre R etwa 14 Milliarden Lichtjahre groß. Die zugehörige Krümmung wäre so klein, dass der dreidimensionale Begrenzungsraum mit heutigen Mitteln messtechnisch nicht von einem "flachen" Raum unterscheidbar wäre. Ob also die Flachheit des Raumes wirklich der Stand der Dinge ist, muss erst mit der entsprechenden Messpräzision verifiziert werden. Gibt es diese Präzision bei den astronomischen Messungen bereits heute?

M.f.G. Eugen Bauhof

Solkar
04.04.13, 10:07
gibt es eine Hyperkugeloberfläche im euklidischen Sinne? [...]

Eigentlich hatte das einen Satz darüber hinreichend genau erklärt, was ich damit meine, aber egal:
Das Konzept "Kugel" lässt sich verallgemeinern wenn man nicht-euklidische Metriken bei der definierenden Ungleichung zulässt.
Mit "Hyperkugeloberfläche im euklidischen Sinne" meine ich also nicht, dass die Metrik jener Oberfläche euklidisch sein müsste, sondern dass die Kugel, deren Oberfläche wir betrachten, im üblichen Sinne, also bezgl einer euklidischen Abstandsfunktion, definiert ist.

P.S.: Weitere Vorlesungen über Geometrie kannst Du Dir gerne sparen, soweit es mich betrifft.

Bauhof
04.04.13, 16:40
P.S.: Weitere Vorlesungen über Geometrie kannst Du Dir gerne sparen, soweit es mich betrifft.

Hallo Solkar,

das habe ich nicht vor, Vorlesungen über Geometrie zu halten.
Aus deiner Bemerkung schließe ich, dass du dich in der Geometrie gut auskennst. Deshalb kannst du sicherlich berechnen, wie groß der Begrenzungsraum einer eindimensionalen 10cm langen Strecke ist. Aber nur, wenn du möchtest.

M.f.G. Eugen Bauhof