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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wärmeausdehnung unter extremen Drücken


CineX
22.07.13, 19:13
Hallo zusammen,

Wenn die Temperatur steigt zeigen die meisten (wenn auch nicht alle) Stoffe und Verbindungen ja eine Ausdehnung mit steigender Temperatur. Im allgemeinen (vermutlich zur Vereinfachung) geht man davon aus dass Druck auf Festkörper wie Metalle oder Oxide keinen Einfluss auf die Wärmedehnung hat, da diese so gut wie nicht komprimierbar sind.
Doch wie sieht das ganze bei extremen Drücken aus? Ich denke da an Drücke im Erdkern, etc.... Durch diese extremen Drücke sollten ja auch im Festkörper die Atomabstände schrumpfen und damit doch theoretisch auch der Wärmeausdehnung entgegenwirken, oder? Also müsste doch theoretisch unter extremen Drücken auch der Ausdehnungskoeffizient sinken. Was passiert denn unter diesen wirklich heftigen Druckbedingungen? Die Frage hat keinen praktischen Hintergrund, es interessiert mich nur da bei Festkörperausdehung der Druck immer ignoriert wird. Daher mal die Frage was passiert wenn wirklich gut Druck da ist Immerhin ist Druck ja ein Widerstand der gegen die Ausdehnung arbeitet. Dass der Druck vielleicht im Alltag eine vernachlässigbare Rolle spielt lasse ich mir eingehen, aber gerade im Inneren von Sternen oder auch in der Erde, also dort wo extreme Drücke herrschen muss doch theoretisch auch der Ausdehnungskoeffizient schrumpfen, oder nicht? Die Kraft die bei der thermischen Ausdehung durch vergrößerung der Atomabstände entsteht wird doch sicherlich irgendwann durch einen noch größeren Gegendruck kompensiert, oder nicht? Das ist doch bestimmt von geologischem Interesse denn im Erdkern herrschen ja gewaltige Drücke.

Slash
23.07.13, 05:57
Also müsste doch theoretisch unter extremen Drücken auch der Ausdehnungskoeffizient sinken. Was passiert denn unter diesen wirklich heftigen Druckbedingungen?

Man müsste es amS anders formulieren: Im Material herrschen aufgrund der äußeren Drücke Spannungen.

Ohne äußere "Drücke" oder Zwangesbedingungen entsteht nur die reine Wärmeausdehnung. Mit Zwangsbedingungen / äußeren Drücken (Lasten) zusätzlich noch Spannungen, die resultierende Ausdehnung ist dann eine andere als im Fall ohne äußere Lasten / Zwangsbedingungen.

Das ist ein wenig aus mechanischer Sicht (Festigkeitslehre) geredet und gilt natürlich nur im elastischen Bereich.

VG
Slash

CineX
23.07.13, 06:19
Hallo,

das klingt logisch. Also kann man Festkörper (Metalle / Oxide) durchaus komprimieren und damit auch an der Ausdehnung hemmen. Und durch diese Hemmung enstehen innere Spannungen im Material.

Ich
23.07.13, 08:38
Richtig. Beispiel: ein Lagerring, der von einem Kühlmantel aus Stahl umgeben ist. Wenn sich der Ring z.B. durch Reibung erwärmt, kann er sich kaum nach außen dehnen, weil er vom Stahl daran gehindert wird. Deswegen wächst er nach innen, mit evtl. negativen Folgen für das Lager.
Sowas wird also durchaus berücksichtigt, aber eher von Ingenieuren und nicht von Schülern.

Auch im Erdkern ist das wichtig, das dortige Material hat trotz der hohen Temperatur eine Dichte von 11 g/cm³, höher als die ~8 g/cm³ des Materials bei Standardbedingungen.

CineX
23.07.13, 08:43
Vielen Dank für das Beispiel :D

JoAx
23.07.13, 09:39
Oder - man betrachte die Brücken. Die haben in der Regel Dehnungsfugen, die dafür sorgen, dass sie nicht kaputt gehen, wenn es Temperaturschwankungen gibt.

Oder - Eisenbahnschienen. Früher (vieler Orts auf der Welt immer noch) hat man sie nicht zusammengeschweißt, sondern auch eine Dehnungsfuge gelassen, genau, wie bei Brücken. Man merkt dann sehr deutlich, wenn die Räder über diese Fuge rollen. Ich weiss nicht, wie das Problem bei geschweißten Schienen gelöst ist, vlt. dadurch, dass man nicht exakt gerade baut, sondern in einem leichten Bogen? Auf jeden Fall macht man die Fuge Heute (wenn es sein muss) nicht exakt quer zu den Schienen, sondern in einem spitzen Winkel, was die Auswirkungen lindert.

Man muss sich auch bewusst sein, dass bei einem hohen Druck die Materialien, die bei "normalen" Bedingungen feste Körper bilden, flüssig werden.

CineX
23.07.13, 09:52
Habe mittlerweile auch ein wenig weitergegoogelt. Also die geschweißten Schienen dehnen sich deshalb nicht aus, da sie fest mit dem Erdreich verbunden sind und genau durch den Druck die Ausdehnung gehemmt wird. Also genau der hemmende Effekt von oben :)

Die Verflüssigung mit Druck gilt doch aber nur für Stoffe mit Dichteanomalie wie Wasser oder? Normal werden Stoffe mit Druck doch fest?
Beispiel Erdkern:


Der innere Erdkern beginnt ab einer Tiefe von 5150 km und reicht bis zum Erdmittelpunkt. Trotz der sehr hohen Temperaturen im inneren Kern, die an der äußeren Grenze bei 5957 °C (±500 °C) liegen,[7] besteht dieser Teil des Erdkerns vorwiegend aus festem Eisen und geringeren Anteilen von Nickel. Es wird angenommen, dass sich die Eisen-Nickel-Legierung im inneren Kern zu 80 % aus Eisen und zu 20 % aus Nickel zusammensetzt, wobei die Dichte des Kerns von der Grenze zum äußeren Erdkern von etwa 12,2 g/cm3 bis zum Mittelpunkt auf 12,6 bis 13,0 g/cm3 ansteigt. Der enorme Druck von 330 GPa[7] könnte eine Erklärung dafür sein, warum die Eisen-Nickel-Legierung des inneren Kerns fest und nicht flüssig ist, wie dies beim äußeren Kern der Fall ist.

http://de.wikipedia.org/wiki/Erdkern

EDIT Ich sehe gerade dass die Dichte im Erdkern für Eisen fast doppelt so hoch ist wie unter Normalbedingungen. Also lassen sich Stoffe tatsächlich trotz Temperaturerhöhung verkleinern :)

JoAx
23.07.13, 11:33
Hast Recht, CineX.
thx.

CineX
23.07.13, 11:38
Bitte bitte :D Bin froh dass ich auch mal was weiß *grins*