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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Unschärfe und der LaPlace'sche Dämon


Igor
27.08.07, 17:13
Hallo miteinander.

Seit heute bin ich Benutzer dieser Seite, da mich das Thema Quantenphysik und die daraus resultierenden philosophischen Konsequenzen seit meiner Jugend beschäftigen. Mittlerweile bin ich 33, habe einiges an (meist populärwissenschaftlicher ) Literatur gelesen, bin um einiges schlauer, doch eine Frage, und zwar eine grundlegende, ist mir überhaupt nicht klar:

Heisenbergs Unschärferelation.

Problemlos kann ich nachvollziehen, dass ein Zustand nicht vollständig beschrieben werden kann, da jede Messung den Zustand verändern würde. Soweit, so gut. Also ist der LaPlace'sche Dämon tot. Alles ist offen, nichts ist vorherbestimmt.

Nun zu den "verborgenen Variablen": Das einzige, was ich hierzu bisher lesen konnte, ist, dass die Theorie der verborgenen Variablen zu "unsinnigen Schlüssen" kommt (oder Ähnliches).

Erkläre mir einer begreiflich, warum ein System nicht 100% festgelegt sein kann?! Das ich es niemals messen kann ist ja in Ordnung. Doch könnte es nicht trotzdem vorherbestimmt, determiniert sein? Nur eben für mich undurchschaubar?
Hierauf habe ich keine befriedigende Antwort gefunden.

Antwort erbeten.

Mit feundlichen Grüßen, Igor.

Gandalf
27.08.07, 19:55
Hallo miteinander.

Erkläre mir einer begreiflich, warum ein System nicht 100% festgelegt sein kann?! Das ich es niemals messen kann ist ja in Ordnung. Doch könnte es nicht trotzdem vorherbestimmt, determiniert sein? Nur eben für mich undurchschaubar?
Hierauf habe ich keine befriedigende Antwort gefunden.

Antwort erbeten.

Mit feundlichen Grüßen, Igor.

Hallo Igor! (man muß nicht ständig neu beginnen)

Antwort(en) findest Du im noch 'brandheißen' Thread hier:http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=223

Viele Grüße

pauli
27.08.07, 20:45
Erkläre mir einer begreiflich, warum ein System nicht 100% festgelegt sein kann?! Das ich es niemals messen kann ist ja in Ordnung. Doch könnte es nicht trotzdem vorherbestimmt, determiniert sein? Nur eben für mich undurchschaubar?
Hierauf habe ich keine befriedigende Antwort gefunden.
Da hast du prominente Gesellschaft, z.B. Einstein fand das ebensowenig befriedigend.

einschein
28.08.07, 06:41
Da hast du prominente Gesellschaft, z.B. Einstein fand das ebensowenig befriedigend.
Einstein gehört zur Gesellschaft der Toten!
Seine SRT war schon tot geboren!
Es lebe einschein!
Und seine Theorie!
:D

seberta
28.08.07, 08:59
Einstein gehört zur Gesellschaft der Toten!
Seine SRT war schon tot geboren!
Es lebe einschein!
Und seine Theorie!
:D

Zur "Ehrenrettung" des MEISTERS: Er "erfand" ja noch die ART!

Gegen Ende seines Lebens soll er öfters verzweifelt gesagt haben:
"Ich brauche mehr Mathematik"!

Ich vermute: Er hätte mehr PHILOSOPHIE gebraucht (was immer das sein mag!)
Da hätte er wahrscheinlich mehr (EIN)"SCHWEIN" (= Glück) gehabt!

Eyk van Bommel
28.08.07, 09:23
Um meinen Senf dazuzugeben: :D

Für mich ist das „System 100% festgelegt“, da es physikalischen Gesetzmäßigkeiten folgt. Gesetzmäßigkeiten sind nun mal zu 100% festgelegt. Nur müssten wir jede auch noch so kleinste Bewegung im Universum kennen. Jeden Impuls und den genauen Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt. Würden wir für jedes e- und jeden Quark in unserer Galaxie den Impuls und den Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt kennen, könnten wir wahrscheinlich für die nächsten 2 sec. alle weiteren Impulse und Orte auf der Erde vorhersagen. Danach haben die e- und Quarks der fernen Galaxien zu viel „unerwarteten“ Einfluss!
Abgesehen von der großen Datenmenge wird wohl die Unschärfe mir meinen Plan vermasseln, die Lottozahlen vorherzusagen. :mad:
Ach ja da ist ja noch was! Während im Quantenbereich alles determiniert ist, verhält sich das „intelligente“ Lebende nicht so! Das bedeutet wenn sich die Lottofee verliebt und einfach nicht zur arbeit kommt sondern nach Las Vegas durchbrennt, dann sitze ich mit meiner Berechung ziemlich dumm da!:o

amc
24.12.15, 03:31
hab den thread nicht gelesen, er interessiert mich aber brennend. :D

amc
24.12.15, 11:17
Soweit, so gut. Also ist der LaPlace'sche Dämon tot. Alles ist offen, nichts ist vorherbestimmt.

nein, ganz und gar nicht, igor. so wie ich es verstehe, bedeutet der dämon, dass du, wenn du genaue informationen, besser genaueste informationen herausbekommen willst, zb. über die zukunft - denn nur so gehts - du denselben energiebetrag hineinstecken musst.

ergo = sämtliche kenntnis über die zukunft = sämtlichen energiebetrag hineinstecken = unmöglich. you know. dämon lebt im homo faber. den müssen wir catchen.

nebenbei, dazu passend: schrödingers katze ist tot. dieses paradoxon ist mittlerweile nur noch wissenschafts-historisch von bedeutung.

danke, wenn ich richtig liege, wovon ich mehrheitlich ausgehe.

lg, amc

TomS
24.12.15, 13:06
schrödingers katze ist tot. dieses paradoxon ist mittlerweile nur noch wissenschafts-historisch von bedeutung.
Das ist sicher nicht richtig.

Die vollständige Lösung des sogenannten "Messproblems" sowie die Frage der Interpretation der Quantenmechanik gilt nach wie vor als offen.

Plankton
28.12.15, 10:32
[...]
Die vollständige Lösung des sogenannten "Messproblems" sowie die Frage der Interpretation der Quantenmechanik gilt nach wie vor als offen.
IMHO Einigen kann man sich darauf, dass in den letzten Jahrzehnten viele Schlupflöcher geschlossen wurden und dabei die Vollständigkeit der QM sich bestätigt hat und deren Vorhersagen.
Ansonsten frag ich mich was z.B. mal aus der "Ecke" der GRW-Theorie (https://en.wikipedia.org/wiki/Ghirardi%E2%80%93Rimini%E2%80%93Weber_theory) noch kommt. :confused:

BTW: Heisenbergs Unschärferelation - gutes Paper (http://www.physikdidaktik.uni-wuppertal.de/fileadmin/physik/didaktik/Forschung/Publikationen/Passon/Passon_Grebe-Ellis_2015_Was_besagt_die_HUR.pdf) dazu:
A. Die Unmöglichkeit, einen Zustand zu präparieren, bei dem konjungierte Größen (wie Impuls und Ort) gemeinsam einen exakten Wert haben. Die Breiten der Wahrscheinlichkeitsverteilungen dieser Werte unterliegen einer Unschärferelation. Dies ist die Standardauffassung, die sich in den meisten Lehrbuchdarstellungen findet.
B. Die Unmöglichkeit einer gemeinsamen genauen Messung solcher Größen. Die gemeinsame näherungsweise Messung weißt Ungenauigkeiten auf, die einer Unschärferelation unterliegen.
C. Die Messung einer Größe aus einem Paar konjungierter Variablen führt auf eine Störung der anderen Größe. Die Genauigkeit der Messung und die Größe der dadurch verursachten Störung unterliegen einer Unschärferelation (in der Literatur als „measurement-disturbance relation“ bezeichnet [2]).

Harti
29.12.15, 07:44
Hallo Plankton,
IMHO
A. Die Unmöglichkeit, einen Zustand zu präparieren, bei dem konjungierte Größen (wie Impuls und Ort) gemeinsam einen exakten Wert haben.

Ich habe mir überlegt, dass aus dem begriffliche Gegensatz von "Ruhe" und "Bewegung" die Unschärferelation folgen könnte.
Ruhe = keine Ortsveränderung
Bewegung = Ortsveränderung

Beispiel: Wenn mein Auto vor der Tür steht (ruht) kann ich seinen Ort genau bestimmen, aber nicht eine (seine) Geschwindigkeit; wenn es fährt, kann ich seine Geschwindigkeit bestimmen, aber nicht seinen genauen Ort, weil ich für eine Geschwindigkeitsbestimmung eine Strecke brauche. Eine mathematische Reduzierung der Strecke auf Null (Grenzwert) beseitigt diesen Gegensatz nicht. (Dies ist gewissermaßen eine Unendlichkeitsfiktion).

Mir ist bekannt, dass die Unschärferelation in ihrer genauen mikrokosmischen Formulierung das Planck´sche Wirkungsquantum repräsentiert.

MfG
Harti

inside
29.12.15, 12:30
Ja, TomS. Moment eben. Die Sache sieht doch so aus, dass das Messproblem lediglich einige konjugierte Eigenschaften betrifft. Diese Eigenschaften lassen sich nicht GLEICHZEITIG GEMEINSAM zu einem bestimmten Grad messen. Aber man muss diese nicht GLEICHZEITIG GEMEINSAM messen. Man misst jede Eigenschaft für sich.

okotombrok
31.12.15, 16:06
Ja, TomS. Moment eben. Die Sache sieht doch so aus, dass das Messproblem lediglich einige konjugierte Eigenschaften betrifft. Diese Eigenschaften lassen sich nicht GLEICHZEITIG GEMEINSAM zu einem bestimmten Grad messen. Aber man muss diese nicht GLEICHZEITIG GEMEINSAM messen. Man misst jede Eigenschaft für sich.

Hallo Inside,

Ich denke, hier wirfst du zwei Sachen durcheinander.
1. Die Unschärferelation (besser Unbestimmtheitsrelation) besagt, dass bei einem Quantensystem Ort und Impuls nie gleichzeitig exakt definiert sind.
Genauer: Das Produkt des Betragsquadrats des Ortsvektors und das Betragsquadrats des Impulsvektors sind stets gleich oder größer als das Planck'sche Wirkungsquantum.
Das hat nichts mit Unzulänglichkeiten von Messungen zu tun wie z.B. das Manko nicht beliebig genau zu messen zu können.

2. Das Messproblem bezieht sich m.E. nicht auf die Unschärferelation, sondern auf die Superposition. Hier wird von einer großen Anzahl gleichberechtigter Möglichkeiten ein definiter Wert gemessen. Was passiert mit den anderen?
Lösen kann das m.E. weder das Dekohärenzkonzept noch die Kopenhagener Interpretation. Lediglich die VWI ist dazu in der Lage - aber diese ist sehr umstritten und ich bin kein Freund von ihr, sie scheint mir zu gewagt und nicht falsifizierbar.

mfg und guten Rutsch, okotombrok

TomS
31.12.15, 16:37
1. Die Unschärferelation (besser Unbestimmtheitsrelation) besagt, dass bei einem Quantensystem Ort und Impuls nie gleichzeitig exakt definiert sind.
Genauer: Das Produkt des Betragsquadrats des Ortsvektors und das Betragsquadrats des Impulsvektors sind stets gleich oder größer als das Planck'sche Wirkungsquantum.
Das hat nichts mit Unzulänglichkeiten von Messungen zu tun wie z.B. das Manko nicht beliebig genau zu messen zu können.
Genau (auch wenn Heisenberg sich dies ursprünglich so überlegt hat und es häufig als Effekt einer Messung beschrieben wird)

12. Das Messproblem bezieht sich m.E. nicht auf die Unschärferelation, sondern auf die Superposition. Hier wird von einer großen Anzahl gleichberechtigter Möglichkeiten ein definiter Wert gemessen. Was passiert mit den anderen?
Lösen kann das m.E. weder das Dekohärenzkonzept noch die Kopenhagener Interpretation. Lediglich die VWI ist dazu in der Lage - aber diese ist sehr umstritten und ich bin kein Freund von ihr, sie scheint mir zu gewagt und nicht falsifizierbar.
Zustimmung.

Die Kopenhagener Interpretation bzw. Verwandte "lösen" das Messproblem durch eine rein instrumentalistische Interpretation; sie "diskutieren es weg" oder verbergen es.

Die Dekohärenz alleine löst das Messproblem teilweise: sie erklärt das Erscheinen einer klassischen Welt sowie das Auftreten einer ausgezeichneten Basis. Die Dekohärenz beinhaltet oder erklärt jedoch nicht den Kollaps.

Der Verzicht auf den Kollaps führt zur VWI (die ich auch nicht unbedingt mag, die mir aber nach ggw. Kenntnisstand das kleinste Übel zu sein scheint)

ghostwhisperer
22.01.16, 19:12
Kann man die Unschärfe eines Impulses folgendermassen veranschaulichen?
Angenommen wir stellen zwei Spiegel (Barrieren) im Abstand x auf.
Zwischen den Spiegeln entsteht eine stehende Welle.
Welchen Impuls hat diese stehende Welle? Effektiv -> NULL.
Doch nun ja, es geht einmal gehts nach links, wird reflektiert, dann wieder nach rechts.
also dp=2*p ?
Quantenmechanisch hat jedes System pro "Achsenabschnitt" 2 Eigenwerte!
Nämlich +k und -k. k ist die Wellenzahl 2pi/lambda und c=w/k=lambda*f!
Oder anders gesagt: meine stehende Welle wird in Fouriertermen (auch in normaler Wellen-Optik!) als Überlagerung von einer Welle Richtung plus x und minus x aufgefasst.
also folgt auch hier, da p=hq*k:
dp=2p zwischen den Wellen ..?
Das soll das ganze nur veranschaulichen. Quantenmechanisch heisst es wohl korrekt, dass das Quant jeden Zustand zwischen plus und minus p gleichzeitig hat, oder?

Übrigens hat Dirac die QM dadurch lorentz-invariant gemacht, dass er den Term der durch die Ableitung nach der Zeit definiert ist, linearisierte.
Dadurch folgte dann, dass auch diese Ableitung nun 2 Eigenwerte ermöglicht. Sozusagen nach plus und nach minus t. Als gäbe es Zustände, die entgegen dem Zeitpfeil propagieren. Dadurch war es ihm möglich, die Existenz von Antimaterie vorherzusagen!

MfG ghosti

ghostwhisperer
09.02.16, 19:57
Ist die Antwort zu schwierig? Korrekt oder nicht?

Hawkwind
20.02.16, 15:37
Nur mal so viel dazu: dieses Problem ist ziemlich analog zu einem sehr beliebten Beispiel in Einführungsvorlesungen zur Quantenmechanik, nämlich Lösung der Schrödingergleichung für ein Teilchen im uendlich hohen Kastenpotential.

Welchen Impuls hat diese stehende Welle? Effektiv -> NULL.


Der Erwartungswert des Impulses ist in diesem Fall tatsächlich 0 - folgt auch allein aus Symmetriegründen.

Doch nun ja, es geht einmal gehts nach links, wird reflektiert, dann wieder nach rechts.
also dp=2*p ?


Verstehe ich nicht; was soll denn "p" sein? Wie gesagt, der Erwartungswert von p ist 0 und 2 mal 0 bleibt 0. Die Impulsunschärfe definiert sich über den Erwartungswert <P^2>,
genauer

delta p = <P^2> - < P>^2

was sicherlich ungleich 0 ist. Die Impulsunschärfe wird in Zuständen höherer Energie zunehmen, aber <P> bleibt dennoch 0.

Quantenmechanisch hat jedes System pro "Achsenabschnitt" 2 Eigenwerte!
Nämlich +k und -k.

Total falsch. Die Energeieigenzustände des Problems sind nunmal nicht identisch mit den Impulseigenzuständen, d.h. der Impuls ist in den Energieeigenzuständen ist nicht scharf, sondern wie oben schon angedeutet um 0 "verschmiert". Es gibt keine Impulseigenwerte!