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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Photonen, Gravitation, Impuls


Schrottinger
09.10.13, 13:41
Hallo,

Mich interessiert eine Frage.
Photonen haben keine Ruhemasse, jedoch Energie. Offenbar unterliegen sie dadurch der Gravitation. Weiterhin besitzen sie einen Impuls.

Wenn sich die Bahn eines Photons durch die Gravitation ändert, so müsste sich auch die Richtung seines Impulses ändern. Dieser Richtungsänderung müsste doch eine Kraft entsprechen, die -entgegengesetzt - auf den anziehenden Körper (Quelle der Gravitation) wirkt.

Dann verhält sich ein Photon doch so, ob es selbst eine Gravitationsquelle wäre, obwohl es eben keine Ruhemasse hat.

(Oder ändert sich die Richtung des Impulses in der Raum-Zeit schlicht nicht?)

Ich
09.10.13, 19:18
Willkommen im Forum!

Photonen sind durchaus Quelle für die Gravitation.
Der Quellterm ist ganz allgemein der Energie-Impuls-Tensor (http://de.wikipedia.org/wiki/Energie-Impuls-Tensor). Der enthält neben Energie und Impuls auch noch den Druck.
Im frühen Universum, als Strahlung noch dominierte, wurde die Expansion stärker gebremst als später, weil der Druck der Photonen die Gravitation durch ihre Energie nochmal verdoppelte.
Die Ruhemasse kommt übrigens nicht vor in diesem Tensor.

Schrottinger
09.10.13, 20:44
Ok. Also Gravitation ist eine Folge seiner Energiedichte.

Bleibt noch die (vielleicht dumme) Frage nach der Impulsänderung:
Wenn das Photon (auf seinem Weg durch ein Gravitationsfeld) seiner "Weltlinie" folgt, dann bleibt sein Impuls gleich?

Marco Polo
09.10.13, 21:16
Hallo,

Ok. Also Gravitation ist eine Folge seiner Energiedichte.

Bleibt noch die (vielleicht dumme) Frage nach der Impulsänderung:
Wenn das Photon (auf seinem Weg durch ein Gravitationsfeld) seiner "Weltlinie" folgt, dann bleibt sein Impuls gleich?

eigentlich müsste sich der Impuls ändern. Wegen der Frequenzänderung (z.B. Rotverschiebung) des Photons im Gravitationsfeld.

Gruss, Marco Polo

Ich
10.10.13, 08:26
Ja, der Impuls ändert sich.
Das heißt, nein.

Was mit dem Photon - das heißt, seinem Impulsvektor (http://de.wikipedia.org/wiki/Viererimpuls)- geschieht, ist tatsächlich nur eine einfache Verschiebung entlang seiner Bahn in der Raumzeit, ohne (explizite) Änderung der Richtung. Das nennt sich Paralleltransport (http://de.wikipedia.org/wiki/Paralleltransport).

Wie man an dem Bildchen im Link schön sieht, kann sich die Richtung eines Vektors aber auch durch bloßes Hin- und Herschieben ändern, egal wie sehr man sich bemüht, ihn nicht zu drehen.
Du kannst noch dazunehmen, dass wir hier von vierdimensionalen Größen reden und von Raumzeit, nicht nur Raum. Dort ist z.B. die Energie des Photons einfach eine Komponente seines Impulsvektors, und eine Drehung dieses Vektors verändert u. U. diese Komponente und damit die Energie.

Hawkwind
10.10.13, 13:47
Im Kontext der Allgemeinen Relativitätstheorie, die ja eigentlich zuständig ist für die Beantwortung dieser Fragen, wird es eh schwierig mit den Begriffen. Dort ist die Gravitation sowieso keine Kraft mehr: Objekte unter dem Einfluss der Gravitation alleine bewegen sich kräftefrei auf Geodäten.

Sicher ist aber ein Photon auch Quelle von Gravitation.

Marco Polo
10.10.13, 18:04
Mal angenommen man betrachtet das Photon im Teilchenbild.
Das Photon steigt im Gravitationsfeld nach oben, verliert dabei Energie da ja Arbeit verrichtet wird, gewinnt dabei aber potentielle Energie.

Die Gesamtenergie bliebe erhalten und damit bliebe der Impuls konstant.
Zu naiv gedacht?

Hawkwind
10.10.13, 20:08
Mal angenommen man betrachtet das Photon im Teilchenbild.
Das Photon steigt im Gravitationsfeld nach oben, verliert dabei Energie da ja Arbeit verrichtet wird, gewinnt dabei aber potentielle Energie.

Die Gesamtenergie bliebe erhalten und damit bliebe der Impuls konstant.
Zu naiv gedacht?

Schlicht falsch, würde ich sagen. :)
Der Impuls eines Photons ist doch umgekehrt proportional zur Wellenlänge: langwelligere Photonen haben also weniger Impuls.

Marco Polo
10.10.13, 21:43
Schlicht falsch, würde ich sagen. :)
Der Impuls eines Photons ist doch umgekehrt proportional zur Wellenlänge: langwelligere Photonen haben also weniger Impuls.

Kommt hin Hawkwind. Dennoch: Der Impuls eines Photons ist p=E/c.

Und bei Energieerhaltung, wie weiter oben beschrieben, würde der Impuls konstant bleiben. Natürlich nur beim Teilchenbild eines Photons.

Vermutlich liege ich da jetzt vollkommen falsch. Haha. :)

Ich favorisiere natürlich das Wellenbild. Und da verhält es sich imho so, dass das Photon im Grav-Feld mal rot mal blauverschoben auftritt und durch den damit einhergehenden Energieverlust/Energiegewinn sich der Impuls des Photons verändern muss. :)

Marco Polo
10.10.13, 21:51
Interessant in diesem Zusammenhang mag wohl auch das
Pound-Rebka-Experiment erscheinen. :)

http://de.wikipedia.org/wiki/Pound-Rebka-Experiment

Bauhof
11.10.13, 09:33
Mal angenommen man betrachtet das Photon im Teilchenbild.
Das Photon steigt im Gravitationsfeld nach oben, verliert dabei Energie da ja Arbeit verrichtet wird, gewinnt dabei aber potentielle Energie

Hallo Marc,

wenn das Photon oben seine maximale potentielle Energie im Gravitationsfeld gewonnen hat, fällt es danach wieder nach unten? ;)

M.f.G Eugen Bauhof

Hawkwind
11.10.13, 10:51
Hallo Marc,

wenn das Photon oben seine maximale potentielle Energie im Gravitationsfeld gewonnen hat, fällt es danach wieder nach unten? ;)

M.f.G Eugen Bauhof

Für Photonen im Inneren eines Schwarzen Loches könnte man das so ungefähr darstellen; darum schaffen sie es nicht herauszukommen. Seriöser müsste man aber die ART hinzuziehen.

Ich
11.10.13, 15:50
Mal angenommen man betrachtet das Photon im Teilchenbild.
Das Photon steigt im Gravitationsfeld nach oben, verliert dabei Energie da ja Arbeit verrichtet wird, gewinnt dabei aber potentielle Energie.

Die Gesamtenergie bliebe erhalten und damit bliebe der Impuls konstant.
Zu naiv gedacht?
Das ist schon ok im Wesentlichen.
In der ART gibt es ja eigentlich keine Gravitationskraft und damit auch kein Gravitationspotential. Das steckt ja alles in der Geometrie. Deswegen hast du generell auch einfach irgendwelche Teilchen mit irgendeiner Energie, kannst aber keine potentielle Energie angeben. Das sind diese Schwierigkeiten mit dem Energieerhaltungssatz.
In einer statischen Metrik aber hast du tatsächlich so etwas wie ein Gravitationspotential, und demzufolge auch Energieerhaltung.

Das stellt sich dann (in der Schwarzschildmetrik) ungefähr wie folgt dar:
Das Gravitationspotential P geht von 0 bis 1: 0 am Ereignishorizont, 1 JWD. In SI-Einheiten enspricht 0 einer Bindungsenergie von -c² J/kg und 1 einer Bindungsenergie von 0 J/kg. (Mit Vorsicht zu genießen, die Energiedefinitionen sind verzwickt!)
Jetzt betrachtet man ein Teilchen, das nach innen fällt.
Das kann man sich dann ungefähr so vorstellen:
Die Gesamtenergie des Teilchens bleibt konstant, wenn man sie JWD misst. Also z.B. in ein Photon umwandeln würde, das man nach draußen schickt und dort misst.
Weiter drinnen gemessen ist sie höher, das Teilchen hat ja zu seiner Ruhemasse noch kinetische Energie dazugewonnen. Die kann kurz vor dem EH ein Vielfaches der Ruhemasse sein.

Das Verhältnis zwischen diesen beiden Energien ist natürlich der Rotverschiebungsfaktor. Das ist auch das oben angesprochene Potential.
Es ist also so, dass die lokal gemessene Gesamtenergie eines Teilchens oder Photons immer weniger - also "rotverschoben" - wird, je weiter es nach außen kommt. Der Unterschied zwischen Photonen und Teilchen ist nur die Ruhemasse: Die Energie eines Photons kann man beliebig rotverschieben. Von einem Teilchen muss aber mindestens die Ruhemasse übrigbleiben, deswegen kann es u.U. nur bis zu einem bestimmten Punkt und muss dann wieder umkehren.
Aber die Berechnung erfolgt in beiden Fällen gleich. Das Potential wirkt auf die Gesamtenergie, nicht auf die Ruhemasse. Deswegen kann man es für Photonen wie Teilchen gleich anwenden.

Marco Polo
11.10.13, 21:28
Hallo Marc,

wenn das Photon oben seine maximale potentielle Energie im Gravitationsfeld gewonnen hat, fällt es danach wieder nach unten? ;)

M.f.G Eugen Bauhof

Das hast du richtig erkannt Eugen. Das Photon wird dann zur Sternschnuppe. :D

Marco Polo
12.10.13, 10:01
Der Unterschied zwischen Photonen und Teilchen ist nur die Ruhemasse: Die Energie eines Photons kann man beliebig rotverschieben. Von einem Teilchen muss aber mindestens die Ruhemasse übrigbleiben, deswegen kann es u.U. nur bis zu einem bestimmten Punkt und muss dann wieder umkehren.
Aber die Berechnung erfolgt in beiden Fällen gleich. Das Potential wirkt auf die Gesamtenergie, nicht auf die Ruhemasse. Deswegen kann man es für Photonen wie Teilchen gleich anwenden.

Ja danke. Genauso sehe ich es auch. :)