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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Geschwindigkeit eines Protons aus dem "Unendlichen"


LilCapras
25.05.14, 15:07
Guten Tag

ich habe folgendes Problem, in einer Aufgabe zum elektrischen Potential heißt es das 2 Kugeln vorhanden sind. Kugel 1 ( Radius = 1cm und einem elektrischen Potential von -500V ) Kugel 2 ( Radius = 2 cm und geerdet => Elektrisches Potential = 0 )

Nun lässt man ein ruhendes Proton aus dem Unendlichen los und dieses fliegt auf Kugel 1 zu.

Das Proton hat dabei die Masse(m) = 1,67 x 10^-27 kg und die Ladung (q) von 1,6 x 10^-19 Coulomb.

Die Frage lautet nun mit welcher Geschwindigkeit das Proton auf die Kugel trifft.
Ich nehme an das Kugel 2 vernachlässigt werden kann, da sie "ungeladen" ist und somit das Proton nicht anzieht. Da wir uns im Subatomaren Bereich befinden kann die Gravitation vernachlässigt werden. Da Kugel 1 das elektrische Potential von -500 V hat, besitzt die Kugel einen Elektronen-Überschuss, ist also negativ geladen. ( Wäre die Kugel Positiv geladen könnte das Proton sie ja nie erreichen ) Ich habe schon über die Formel :
F = q x E(lektrisches Feld) die von der Kugel 1 ausgehende konservative Beschleunigung ausgerechnet. Da ich jedoch nicht weiß welche Strecke das Proton zurücklegen muss, bringt mir das alles nicht viel und ich weiß weiterhin keinen Ansatz mit dem man die Geschwindigkeit berechnen könnte. :(

Ich hoffe ihr könnt mir helfen, vielen Dank schonmal im Vorraus.

MfG LilCapras

pauli
25.05.14, 15:24
Nun lässt man ein ruhendes Proton aus dem Unendlichen los und dieses fliegt auf Kugel 1 zu.
...
Da ich jedoch nicht weiß welche Strecke das Proton zurücklegen muss,
na wenn es aus dem "Unendlichen" kommt wird auch diese Teilstrecke unendlich lang sein :)

LilCapras
25.05.14, 15:34
Jaa diesen Ansatz habe ich auch schon verfolgt, aber wenn das der Fall sein sollte ist die ganze Rechnerei überflüssig da das Proton dann unendlich schnell wird :-/
und das kann ja meines Wissens auch nicht sein

Timm
25.05.14, 16:27
Die Newtonsche Fallgeschwindigkeit aus dem Unendlichen ist beim Abstand r vom Massezentrum - (2GM/r)^1/2. Du bräuchtest also die Masse M der ungeladenen Kugel. Die Fallgeschwindigkeit einer Ladung im radialsymmetrischen E-Feld müßtest Du nachschauen.

LilCapras
25.05.14, 16:51
Dieser Weg fällt auch weg da wir lediglich den Radius der Kugel haben, jedoch keine Angaben zu Gewicht oder Dicht oder sonst etwas.

ghostwhisperer
25.05.14, 20:01
Ohje, dabei ist die Lösung so einfach...
Das Proton hat aufgrund seiner Ladung Q relativ zur Kugel die Lage-Energie
Q*Phi. Wenn es die Kugel berührt, hat es das Potential durchlaufen und die kinetische Energie E=1/2*m*v^2=Q*Phi. Alles andere ist irrelevant.
Die Geschwindigkeit wird relativ zur Lichtgeschwindigkeit recht gering sein, so dass relativistisch korrekte Berechnung auch nicht nötig ist.
MFG ghosti

Ich
25.05.14, 20:44
Soweit ich das bei meinen Kindern nachvollziehen kann, löst man 110-130% aller Physikaufgaben in der Schule, indem man Energien gleichsetzt. Das scheint sich aber irgendwie nicht bei den Schülern rumzusprechen.
(...will sagen, ghosti hat Recht.)

Marco Polo
25.05.14, 22:02
Das Proton hat aufgrund seiner Ladung Q relativ zur Kugel die Lage-Energie
Q*Phi. Wenn es die Kugel berührt, hat es das Potential durchlaufen und die kinetische Energie E=1/2*m*v^2=Q*Phi. Alles andere ist irrelevant.
Die Geschwindigkeit wird relativ zur Lichtgeschwindigkeit recht gering sein, so dass relativistisch korrekte Berechnung auch nicht nötig ist.

Ja genau. Sehe ich auch so.

Hawkwind
26.05.14, 13:05
Die Newtonsche Fallgeschwindigkeit aus dem Unendlichen ist beim Abstand r vom Massezentrum - (2GM/r)^1/2. Du bräuchtest also die Masse M der ungeladenen Kugel. Die Fallgeschwindigkeit einer Ladung im radialsymmetrischen E-Feld müßtest Du nachschauen.

Einzige Existenzberechtigung der neutralen Kugel ist hier wohl der Versuch, die armen Schüler zu verwirren. Ich finde das nicht ok.

---

Zudem denke ich, dass ein Punkt mit V=0 in unmittelbarer Umgebung der geladenen Kugel deren Feld verzerrt: es ist nicht mehr streng Coulomb-artig. Hinter der neutralen Kugel verschwindet das Feld der geladenen Kugel, die Kugelsymmetrie des Problems geht verloren.

ghostwhisperer
26.05.14, 16:38
Einzige Existenzberechtigung der neutralen Kugel ist hier wohl der Versuch, die armen Schüler zu verwirren. Ich finde das nicht ok.

Zudem denke ich, dass ein Punkt mit V=0 in unmittelbarer Umgebung der geladenen Kugel deren Feld verzerrt: es ist nicht mehr streng Coulomb-artig. Hinter der neutralen Kugel verschwindet das Feld der geladenen Kugel, die Kugelsymmetrie des Problems geht verloren.

Letzteres wage ich zu bezweifeln. Die Feldlinien beginnen in Quellen und Senken, wenn vorhanden. Ein Objekt der Ladung Null ist weder das eine noch das andere. Im Fall nur einer Ladung gehen die Feldlinien radialsymmetrisch ins Unendliche.
Anders ausgedrückt: eine Ladung wird immer nur von einer anderen Ladung angezogen. Die ungeladene Kugel zieht also nix an und ist damit irrelevant.
MFG ghosti
PS: man kann ein verzerrtes Feld immer als Überlagerung einfacherer Felder betrachten. Superpositions-Prinzip!

Timm
26.05.14, 17:39
Einzige Existenzberechtigung der neutralen Kugel ist hier wohl der Versuch, die armen Schüler zu verwirren. Ich finde das nicht ok.

Mag schon sein. Ich hatte spekuliert, daß den Schülern der Vergleich Coulombkraft vs. gravitative Anziehung nahegebracht werden sollte, dieser Faktor um die 10^40. Aber da lag ich offensichtlich falsch.

Hawkwind
27.05.14, 08:33
Ja, das wäre didaktisch vielleicht noch sinnvoll gewesen. Aber, wie du schon sagtest, um das zu tun, fehlten noch etliche Angaben.
Gruß,
Uli

Timm
27.05.14, 13:27
Mal abgesehen von der Aufgabenstellung, wodurch unterscheidet sich der freie Fall einer Ladung von dem eines ungeladenen Körpers. Ich gehe davon aus, daß ein im Gravitationsfeld stationärer Beobachter Strahlung detektiert (im Gegensatz zum einem Beobachter, der relativ zu der fallenden Ladung ruht). Die Situation sollte äquivalent zu einem inertialen Beobachter im flachen Raum mit einer beschleunigten Ladung sein. Aber welche Konsquenzen hätte das?

Hawkwind
27.05.14, 14:43
Mal abgesehen von der Aufgabenstellung, wodurch unterscheidet sich der freie Fall einer Ladung von dem eines ungeladenen Körpers. Ich gehe davon aus, daß ein im Gravitationsfeld stationärer Beobachter Strahlung detektiert (im Gegensatz zum einem Beobachter, der relativ zu der fallenden Ladung ruht). Die Situation sollte äquivalent zu einem inertialen Beobachter im flachen Raum mit einer beschleunigten Ladung sein. Aber welche Konsquenzen hätte das?

Hmm, kann es wirklich vom Beobachter abhängen, ob die Ladung strahlt oder nicht?
Ich denke, es wäre schlicht inkonsistent, wenn ein Beobachter Strahlung feststellt und der andere nicht, oder?

Das Problem wird z.B. hier diskutiert:
Free falling electric charge in a static homogeneous gravitational field (http://aflb.ensmp.fr/AFLB-301/aflb301m196.pdf)

Aus dem Abstract

We reconsider the problem of a free falling electric charge
in a static homogeneous gravitational field, specifically in a space-time
domain in which the Riemann tensor vanishes and no electromagnetic
field is present. We choose to describe the radiation emitted by the
charge in terms of a general covariant quantity. We show that, under
these assumptions, the charge, however accelerated, does not radiate,
so that no contradiction arises with the Principle of Equivalence, which
remains valid also for charged matter.


Aus den Conclusions:

To conclude: we considered two observers: the observer at rest with
respect to the matter source of the gravitational field sees the charge
perform the hyperbolic motion, typical of relativistic free fall, hence not
radiating; the observer in free fall with the charge keeps seeing it at
rest, henceagain not radiating, as required by covariance and without
any contradiction.


Laut Fabbri strahlt die frei fallende Ladung also weder für den relativ zur Gravitationsfeldquelle ruhenden noch für den relativ zur Ladung ruhenden Beobachter. Seine relativistische Rechnung ergibt "elektrische Ladungen, die sich auf Geodäten bewegen, verhalten sich wie neutrale Objekte".

The solution of the Lorentz-Dirac equation in our situation is a space-
time geodesic. This result is the same one obtain considering a neutral
particle, so that there is no distinction between the two kinds of objects.



---
Mein Fazit: die pauschale Aussage "beschleunigte Ladungen strahlen" ist in der "Relativistik" nicht mehr aufrecht zu erhalten: es muss heissen: "Ladungen, deren Weltlinien keine Geodäten sind, strahlen".

Timm
27.05.14, 17:39
Hmm, kann es wirklich vom Beobachter abhängen, ob die Ladung strahlt oder nicht?
Ich denke, es wäre schlicht inkonsistent, wenn ein Beobachter Strahlung feststellt und der andere nicht, oder?

Je nachdem, welchen Fall man betrachtet, kann es schon eine Beobachterabhängigkeit geben. Was wohl wegen der Nicht-Invarianz der Energie nicht zu einem Widerspruch führen muß.

2 Beispiele:

http://www.mathpages.com/home/kmath528/kmath528.htm
Our consideration of charged particles in a gravitational field seems to suggest similarly that we can always find a system of coordinates (at least locally) with respect to which a charged particle (at a given instant) does not radiate - even though the particle may be radiating at that instant with respect to some other system of coordinates.

http://arxiv.org/pdf/physics/0506049v5.pdf

Does a uniformly accelerated charge actually radiate?
.....
Inertial observers have no doubts about the answer to the first question. They will answer it affirmatively by using special relativity and Maxwell’s equations, as it is done in classical electrodynamics texts (see, for example,
Ref. 6 whose conventions we adopt). Nevertheless, comoving observers, that is, accelerated observers with respect to whom the charge is at rest, will not detect any radiation because the radiation field is confined to a spacetime region beyond a horizon that they cannot access.4 As we will see, uniformly accelerated observers are able, in principle, to detect electromagnetic radiation from an inertial charge.
Der letzten Satz dürfte sich nicht auf eine frei fallende Ladung und den im GF-Feld stationären Beobachter beziehen.
Mein Fazit: die pauschale Aussage "beschleunigte Ladungen strahlen" ist in der "Relativistik" nicht mehr aufrecht zu erhalten: es muss heissen: "Ladungen, deren Weltlinien keine Geodäten sind, strahlen".
Aber mit der Einschränkung, daß Beobachter keine Strahlung feststellen, sofern sie im System der nicht-inertialen Ladung in Ruhe zu dieser sind.

Die in meiner vorigen Post angedachte Äquivalenz der beiden Situationen dürfte nicht zutreffen.

Gruß, Timm

Slash
27.05.14, 22:22
Die ungeladene Kugel zieht also nix an und ist damit irrelevant.

Wie sieht es eigentlich aus, wenn die ungeladene Kugel freie Ladungsträger besitzt (also bspw. aus Metall besteht) - würde ja Sinn machen, da man sonst das Erden lassen könnte - einen idealen Isolator zu erden geht ja schlecht (oder !?) : Würde sie durch das heranfliegende Proton polarisiert, also ein kleiner Dipol werden bzw. wäre sie polarisiert aufgrund der anderen, geladenen Kugel, oder zumindest auch wenn sie aus einem Dielektrikum allgemein bestünde, das sich polarisieren ließe?

* schulterzuck und frag *
:confused:

Hawkwind
28.05.14, 12:18
Letzteres wage ich zu bezweifeln. Die Feldlinien beginnen in Quellen und Senken, wenn vorhanden. Ein Objekt der Ladung Null ist weder das eine noch das andere. Im Fall nur einer Ladung gehen die Feldlinien radialsymmetrisch ins Unendliche.
Anders ausgedrückt: eine Ladung wird immer nur von einer anderen Ladung angezogen. Die ungeladene Kugel zieht also nix an und ist damit irrelevant.
MFG ghosti
PS: man kann ein verzerrtes Feld immer als Überlagerung einfacherer Felder betrachten. Superpositions-Prinzip!

Naja, die Kugel ist laut Aufgabenstellung ja geerdet und es wird Influenz stattfinden, d.h. auf der der geladenen Kugel zugewandten Seite werden sich entgegengesetzte Ladungen ansammeln und die von der geladenen Kugel ausgehenden Feldlinien enden dort.

Wenn das Potential im Unendlichen genauso wie das Potential der neutralen Kugel gleich Null ist, dann kann es auf der der geladenen Kugel abgewandten Seite kein Feld nach außen mehr geben, da es keinen Potentialunterschied gibt. Aber ist die angeblich neutrale Kugel wirklich neutral, wenn sie geerdet ist und sich in einem elektrischen Feld befindet?

ghostwhisperer
29.05.14, 19:29
war in der Aufgabe denn die Dielektrizitätskonstante gegeben? Wenn nicht, erübrigt sich die Frage. Schätz ich mal.. ghosti

Slash
29.05.14, 23:17
war in der Aufgabe denn die Dielektrizitätskonstante gegeben? Wenn nicht, erübrigt sich die Frage. Schätz ich mal.. ghosti

Hm... aber so oder so scheint doch aus meiner Sicht mit der Aufgabenstellung etwas nicht zu stimmen:

Die ungeladenene Kugel ist geerdet, also vermutlich ein Leiter, dann wandern elektrisch geladene Teilchen.

Ist die ungeladene Kugel kein Leiter, also ein Isolator, dann besitzt sie höchstwahrscheinlich eine andere Dielektrizitätszahl als das Vakuum.


Oder gibt es eine weitere Möglichkeit?
:confused: