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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ebbe und Flut durch Gravitation


TheoC
03.04.15, 17:36
Gravitation ist als Krümmung des Raumes zu verstehen. Das kann ich mir, wenn es um große Massen in großen Entfernungen geht, ganz gut vorstellen. Die Masse der Sonne krümmt den Raum, die Erde fliegt den kürzesten Weg im gekrümmten Raum (um die Sonne herum).

Wie aber ist das zu verstehen bei der gravitativen Wirkung des Mondes auf die Erde, bzw. das Wasser der Meere?

Wenn ich das richtig verstehe kommt es hier zu keiner punktförmigen Wirkung, sondern wird das Wasser der Ozean komplex in Richtung Mond beschleunigt, was Ebbe und Flut bewirkt.

Wirkt die Schwerkraft des Mondes nur auf der Oberfläche des Wassers, oder bis auf den Meeresgrund? Wird so zu sagen der Raum innerhalb der Erde „gekrümmt“ durch den Mond?

Würde mich freuen wenn mir das wer erklären kann.

Danke

Theo

Marco Polo
04.04.15, 00:48
Wirkt die Schwerkraft des Mondes nur auf der Oberfläche des Wassers, oder bis auf den Meeresgrund? Wird so zu sagen der Raum innerhalb der Erde „gekrümmt“ durch den Mond?

Gravitation ist nicht abschirmbar. Die gravitativen Auswirkungen des Mondes auf die Erde wirken also überall und sind keineswegs begrenzt auf die Wasseroberfläche. Du musst dir die Gravitationskräfte als dreidimensionales alles durchdringendes Feld vorstellen.

Wäre das nicht so, dann gäbe es auf der mondabgewandten Seite keine Gezeiten.

Die Gezeitenkräfte sind übrigens nur resultierende Kräfte. Es ist ja nicht so, dass sich der Mond um die Erde dreht. Vielmehr bewegen sich sowohl Mond als auch Erde um den gemeinsamen Schwerpunkt (Baryzentrum).

Die Erde "eiert" dabei um dieses Baryzentrum, was Zentrifugalkräfte hervorruft. Die Gezeitenkräfte resultieren aus Zentrifugalkräften und Gravitationskräften, die in Abhängigeit der geographischen Lage in etwa entgegengesetzt sind.

JoAx
04.04.15, 03:43
Willkommen bei uns, TheoC!

Als erstes möchte ich ein paar Sachen klären. Wenn du hier:
Gravitation ist als Krümmung des Raumes zu verstehen.

von Raum sprichst, meinst du es im mathematischen Sinne, also eigentlich die 4D-Raumzeit, oder doch im gewöhnlichen Sinne, sprich - ohne zeitlicher Komponente?


Grüße, Johann

TheoC
04.04.15, 08:19
Hallo + Danke

schon das 4D Modell, ist nur schwer vorzustellen wie sich solche mathematischen Konstrukte "mischen" ...



Theo

soon
04.04.15, 08:25
Hallo TheoC,

es ist tatsächlich schwierig, etwas Brauchbares zu dem Thema zu finden. Ganz Unrecht hat der Autor dieses Artikels nicht:
http://www.welt.de/wissenschaft/article12238778/So-knifflig-ist-die-Physik-von-Ebbe-und-Flut.html


In diesem PDF steht einiges, - aber ich glaube, das ist nur mit Vorsicht zu genießen. Meine Aufmerksamkeitsspanne ist dafür ... ungeeignet:
http://www.planetschule.de/warum/gezeiten/themenseiten/t10/ebbeundflut.pdf


Wirkt die Schwerkraft des Mondes nur auf der Oberfläche des Wassers, oder bis auf den Meeresgrund?
Da wäre ich jetzt selber nicht drauf gekommen :) . Ich würde beim Versuch einer Erklärung eher bei der Vorstellung ansetzen, dass die Ozeane mehr oder weniger eigenständige Objekte sind, die freier beweglich sind als die Kontinente. Um dann mit dem Gegenstück zur Gravitation zu argumentieren: der Trägheit.


Sinnvoller ist es wohl, erstmal die Sache mit den beiden Bällen in diesem Artikel sehr genau zu lesen:
http://www.einstein-online.info/vertiefung/FahrstuhlKruemmung

LG soon

Timm
04.04.15, 09:03
Wirkt die Schwerkraft des Mondes nur auf der Oberfläche des Wassers, oder bis auf den Meeresgrund? Wird so zu sagen der Raum innerhalb der Erde „gekrümmt“ durch den Mond?


Vielleicht hilft erst mal der allgemeine Fall, wie kommen Gezeitenkräfte zustande?
Für diese Überlegung muß man nichts von der Krümmung des Raums wissen. Frei fallende Körper fallen beschleunigt in Richtung einer Masse. Diese Beschleunigung nimmt mit abnehmendem Abstand zur Masse zu.
Betrachten wir nun einen Schwarm frei fallender Testpartikel. Wie ändert sich dessen Gestalt während des Fallens?

Wenn 2 Testpartikel hintereinander fallen, beschleunigt das untere - weil näher an der Masse - stärker als das obere.
Resultat: der Abstand zwischen den beiden Testpartikeln wächst beschleunigt.

Konträr dazu beschleunigen 2 nebeneinander (sprich im selben Abstand zur Masse) fallende Testpartikel aufeinander zu, denn sie fallen ja in Richtung des Zentrums der Masse.

Stell Dir nun den frei fallenden Schwarm kugelförmig vor. Was passiert unter dem Einfluss der Gezeitenkräfte? Er wird in radialer Richtung gestreckt und senkrecht dazu gestaucht. Wenn Du den Schwarm durch einen deformierbaren Ball ersetzt, passiert im Prinzip das gleiche. Und den Ball durch die Erde, dann sind wir bei Ebbe und Flut.
Bei der Rotation von Erde und Mond um das gemeinsame Zentrum sind, s. die Post von Marco Polo, noch Zentrifugalkräfte zu berücksichtigen, wie in der Skizze hier (http://de.wikipedia.org/wiki/Gezeiten) gezeigt.

soon
04.04.15, 12:00
Während ein Meer bei Ebbe kilometerweit verschwindet, verschiebt sich eine Pfütze am Strand nicht im selben Verhältnis zur Größe, oder doch?
Warum nicht? Wegen der geringeren Masse und Trägheit?

Timm
04.04.15, 15:18
Wie weit das Meer bei Ebbe zurückweicht, hängt von der Steigung des Strandes ab.
Auch auf die Pfütze wirkt die zu ihrer Oberfläche parallele Komponente der Gezeitenkraft, aber im Unterschied zum Meer überall in dieselbe Richtung. Und messbare Effekte kann man sicherlich nicht erwarten.

TheoC
06.04.15, 11:04
Ich bedanke mich für die Antworten.

Zumindest habe ich meine triviale Sicht der Gravitation korrigieren können.:D

Ich gebe allerdings zu dass für mich nur die Newtonsche Sicht ein Gefühl vermittelt von der Wirklichkeit, die gekrümmte 4D Raumzeit übersteigt einfach mein Vorstellungsvermögen.

Wenn ich es recht verstehe hat jeder Punkt auf der Erde seine "eigene" 4D Raumzeit, die aus der Summe der Wirkungen von Masse (Erde, Sonne, Mond, ...) entstehen. Diese Unterschiede sind lokal "minimal" machen aber in "grossen" Dimensionen die Wirkung von Ebbe und Flut.

Ich vermute das meine Überforderung stark damit zusammen hängt das Raum und Zeit für mich (als Mensch) nur als "fixes" Bezugssystem existieren, und ein veränderlicher Raum deswegen grundsätzlich nicht vorstellbar ist ...

Merci

Theo