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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hintergrundstrahlung


Semmelweis
24.08.15, 21:09
Als Nichtphysiker interessiert mich schon seit längerem eine Frage:

Die Hintergrundstrahlung ist isotrop, allerdings nur in einem ganz bestimmten Bezugssystem. Die ganze Milchstraße bewegt sich einige 100 km/s gegen dieses Bezugssystem, in Bewegungsrichtung ist die Hintergrundstrahlung also blauverschoben.

Kann man dieses Bezugssystem, das im frühen Kosmos entstanden ist als eine Art absoluten Raum betrachten, man befände sich also absolut in Ruhe, wenn die Hintergrundstrahlung isotrop und nicht blau - oder rotverschoben ist?

TomS
24.08.15, 21:32
Die Hintergrundstrahlung ist isotrop, allerdings nur in einem ganz bestimmten Bezugssystem. Die ganze Milchstraße bewegt sich einige 100 km/s gegen dieses Bezugssystem, in Bewegungsrichtung ist die Hintergrundstrahlung also blauverschoben.

Kann man dieses Bezugssystem als eine Art absoluten Raum betrachten, man befände sich also absolut in Ruhe, wenn die Hintergrundstrahlung isotrop und nicht blau - oder rotverschoben ist?
Nicht "absolut" im Newtonschen Sinne, sondern eben in Ruhe bezogen auf ein spezielles Bezugsystem. Insbs. ist dieses Bezugsystem in keiner Weise in den Naturgesetzen ausgezeichnet.

Plankton
24.08.15, 21:39
Nein! Niemals! Das würde doch alles ad absurdum führen oder nicht?
So Betrachtungen resultieren aus der Vorstellung, dass der BigBang stattfindet IMHO.
Aber OK, knifflig ist die Sache schon.... :confused:

Semmelweis
24.08.15, 21:47
Nicht "absolut" im Newtonschen Sinne, sondern eben in Ruhe bezogen auf ein spezielles Bezugsystem. Insbs. ist dieses Bezugsystem in keiner Weise in den Naturgesetzen ausgezeichnet.

Man könnte es aber als ausgezeichnet bezeichnen in dem Sinne, dass das gesamte Material im Kosmos sich an diesem Bezugssystem orientiert hat, denn nur so konnte ja in diesem Bezugssystem eine isotrope Strahlung entstehen.

TomS
25.08.15, 07:46
Ja, es ist schon ein ausgezeichnetes Bezugssystem. Man benutzt dies auch bei der Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung (wenn man den Dipolanteil herausrechnet, d.h. ihn als Artfeakt der Relativbewegung Erde - cmb betrachtet)

Anderes Beispiel: die Gleichungen der ART zeichnen kein Bezugssystem aus; für dich auf der Erde gibt es jedoch durchaus ausgezeichnete Bezugssysteme (meines hat seinen Koordinatenursprung in Nürnberg)

Semmelweis
25.08.15, 17:12
Ja, es ist schon ein ausgezeichnetes Bezugssystem. Man benutzt dies auch bei der Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung (wenn man den Dipolanteil herausrechnet, d.h. ihn als Artfeakt der Relativbewegung Erde - cmb betrachtet)

Anderes Beispiel: die Gleichungen der ART zeichnen kein Bezugssystem aus; für dich auf der Erde gibt es jedoch durchaus ausgezeichnete Bezugssysteme (meines hat seinen Koordinatenursprung in Nürnberg)

Was ist aber davon zu halten, dass das ganze Material im Kosmos ein einziges Bezugssystem bevorzugt, nämlich das in dem die Hintergrundstrahlung isotrop ist? Welche Bedeutung hat diese erstaunliche Tatsache für das Weltbild eines Physikers?

Plankton
27.08.15, 16:03
[...] Welche Bedeutung hat diese erstaunliche Tatsache für das Weltbild eines Physikers?
Dass sich die Dinge von Ordnung hin zu Unordnung entwickeln, und am Anfang alles 'logisch getrennt' war und nun 'alles zusammenwächst' und das ein ewiger nie 'endenwollender Prozess' ist? :confused:

Semmelweis
27.08.15, 16:32
Dass sich die Dinge von Ordnung hin zu Unordnung entwickeln, und am Anfang alles 'logisch getrennt' war und nun 'alles zusammenwächst' und das ein ewiger nie 'endenwollender Prozess' ist? :confused:

Und warum sucht sich das Universum dazu ausgerechnet dieses eine Bezugssystem aus?

Plankton
27.08.15, 16:36
Warum fließen Elektronen in Stahl gut und in Plastik schlecht? Ist für mich die gleiche Frage die du da stellst, abstrahiert. ;)

Semmelweis
27.08.15, 17:34
Warum fließen Elektronen in Stahl gut und in Plastik schlecht? Ist für mich die gleiche Frage die du da stellst, abstrahiert. ;)
Vielleicht hat der Kosmos, von dieser Beobachtung ausgehend, ja doch ein absolutes Bezugssystem. Ist dieser Gedanke nicht naheliegend?

Tun wir einfach mal so, wie wenn es so wäre. Das Bezugssystem mit isotroper Hintergrundstrahlung stellt die festen Raumkoordinaten dar.

Was würde sich für einen Physiker bei diesem Bild ändern?

TomS
27.08.15, 19:23
Und warum sucht sich das Universum dazu ausgerechnet dieses eine Bezugssystem aus?
Falsch herrum. Wir suchen uns das Bezugssystem aus.

Z.B. hat sich nicht Nürnberg mein Bezugssystem ausgesucht, sondern ich suche mir Nürnberg als Bezugssystem aus.

Semmelweis
27.08.15, 20:11
Falsch herrum. Wir suchen uns das Bezugssystem aus.

Z.B. hat sich nicht Nürnberg mein Bezugssystem ausgesucht, sondern ich suche mir Nürnberg als Bezugssystem aus.

Schön. Und was würdest du dazu sagen, wenn nicht nur du, sondern alle Menschen und das ganze Universum sich plötzlich Nürnberg als Bezugssystem aussuchen würden?

So etwas ähnliches ist tatsächlich passiert, das kann man an der isotropie der Hintergrundstrahlung herauslesen.

TomS
27.08.15, 21:35
Schön. Und was würdest du dazu sagen, wenn nicht nur du, sondern alle Menschen und das ganze Universum sich plötzlich Nürnberg als Bezugssystem aussuchen würden?
Ich würde sie zu ihrer Wahl beglückwünschen.

Bauhof
28.08.15, 09:51
Zitat von Semmelweis:
Schön. Und was würdest du dazu sagen, wenn nicht nur du, sondern alle Menschen und das ganze Universum sich plötzlich Nürnberg als Bezugssystem aussuchen würden?

Ich würde sie zu ihrer Wahl beglückwünschen.

Ich auch! :)

Plankton
28.08.15, 15:09
Full ack! :D

Marco Polo
28.08.15, 17:35
Wobei es dann möglicherweise etwas eng in Nürnberg werden könnte. :rolleyes:

Timm
28.08.15, 18:25
... und mit einer Träne im Auge, denkt man an die dann unausweichliche Rationierung der Rostbratwürstchen ... . :D

TomS
28.08.15, 21:24
... und mit einer Träne im Auge, denkt man an die dann unausweichliche Rationierung der Rostbratwürstchen ... . :D
und die der Lebkuchen

Semmelweis
29.08.15, 02:46
Hier spiegelt sich die aktuelle Flüchtlingsproblematik in den Hauptnachrichten wieder. Jaja, dein Gehirn, das unbekannte Wesen. :)

Timm
29.08.15, 09:28
Stattdessen spiegelt sich im Verlauf des Threads Dein Mißverständnis wider, Bezugssysteme seien Physik.

Semmelweis
29.08.15, 09:43
Stattdessen spiegelt sich im Verlauf des Threads Dein Mißverständnis wider, Bezugssysteme seien Physik.

Weil in der Physik alles relativ sein muß, sonst wäre das ja keine Physik.
Ist die Begründung so richtig?

Timm
29.08.15, 11:21
Ich wollte auf etwas anders hinweisen: Die Physik gibt keine Koordinatensysteme vor, im Physikerjargon, die Einsteinschen Feldgleichungen sind kovariant unter beliebigen Koordinatentransformationen . Was aber nicht heißt, daß es wie im Falle des isotropen und homogenen Universums nicht doch ein besonderes KS gibt, in dem mitbewegte Objekte ruhen. Dieses bietet sich schon wegen der dann einfacheren Mathematik an.

Semmelweis
29.08.15, 11:57
Ich wollte auf etwas anders hinweisen: Die Physik gibt keine Koordinatensysteme vor, im Physikerjargon, die Einsteinschen Feldgleichungen sind kovariant unter beliebigen Koordinatentransformationen . Was aber nicht heißt, daß es wie im Falle des isotropen und homogenen Universums nicht doch ein besonderes KS gibt, in dem mitbewegte Objekte ruhen. Dieses bietet sich schon wegen der dann einfacheren Mathematik an.

Jaja, du kannst ganz beruhigt sein, ich will ja hier nichts gegen deinen Einstein sagen.
Einstein würde es dir aber doch erlauben, das isotrope KS als Ruhekoordinatensystem des Universums zu bezeichnen, oder wäre er dir da böse?

Hawkwind
30.08.15, 12:43
Jaja, du kannst ganz beruhigt sein, ich will ja hier nichts gegen deinen Einstein sagen.
Einstein würde es dir aber doch erlauben, das isotrope KS als Ruhekoordinatensystem des Universums zu bezeichnen, oder wäre er dir da böse?

"Sein Einstein würde es ihm erlauben"?
Was soll denn plötzlich dieser polemische Tonfall? Hast du einen an der Klatsche?

Semmelweis
30.08.15, 13:12
"Sein Einstein würde es ihm erlauben"?
Was soll denn plötzlich dieser polemische Tonfall? Hast du einen an der Klatsche?

Es ist doch hoffentlich bekannt, dass Autoritäten das Denken von Personen bestimmen, die Autoritäten nicht ausdrücklich innerlich ablehnen.

Timm
30.08.15, 15:45
Nach dem Geschwurbel zu schließen, scheint sich hier jemand lediglich outen zu wollen. Das Interesse an Physik ist jedenfalls Null.

Gibt es eigentlich ein Geschwurbel Forum, an das man ihn verweisen könnte?

Semmelweis
30.08.15, 16:06
Nach dem Geschwurbel zu schließen, scheint sich hier jemand lediglich outen zu wollen. Das Interesse an Physik ist jedenfalls Null.

Gibt es eigentlich ein Geschwurbel Forum, an das man ihn verweisen könnte?

Das Geschwurbel um Nürnberg habe ich mir nun lange genug geduldig angehört.

Du drückst dich um eine physikalische Antwort.

Kann man das isotrope KS als Ruhekoordinatensystem des Universums bezeichnen?

Warum soll diese Frage keine Physik sein? Hawkwind meinte: "Hast du einen an der Klatsche?"

pauli
30.08.15, 16:29
Definiert der kosmische Mikrowellenhintergrund ein ausgezeichnetes Inertialsystem?
(http://www.relativitätsprinzip.info/faq/cmb-ausgezeichnetes-inertialsystem.html)
Nein, durch die Mikrowellen-Hintergrundstrahlung kann zwar an jedem Punkt des Raumes eine ausgezeichnete Geschwindigkeit definiert werden, das dadurch gewonnene Ruhesystem ist jedoch weder ein Inertialsystem noch ist es im Sinne der Relativitätstheorie ein ausgezeichnetes Koordinatensystem.

Die kosmische Hintergrundstrahlung ist eine thermische Strahlung im Mikrowellenbereich, die das Sonnensystem aus allen Richtungen des Weltalls gleichmäßig erreicht. Da das Universum für Mikrowellenstrahlung transparent ist und diese Strahlung nicht nur aus der Richtung der sichtbaren Sterne oder Galaxien kommt, ist es wahrscheinlich, dass sie der messbare Überrest der Zeit ist, in dem das Universum noch von Strahlung dominiert war. Die Hintergrundstrahlung kommt also weiter aus der Vergangenheit als alle sichtbaren Himmelsobjekte und stellt damit den Rand des sichtbaren Universums dar. Dass sie aus allen Richtungen so gleichmäßig kommt, zeigt wie homogen das Universum ist. Es sieht in allen Richtungen gleich aus.

Es gibt jedoch in der Hintergrundstrahlung eine kleine Abweichung von der gleichmäßigen Verteilung, die dadurch erklärt werden kann, dass sich die Sonne mit einer Geschwindigkeit von 371 Kilometern pro Sekunde relativ zum Ursprung der Hintergrundstrahlung bewegt. Man kann nun die kosmische Hintergrundstrahlung benutzen um ein Bezugssystem zu kreieren, dessen Koordinaten so definiert sind, dass die Hintergrundstrahlung für ein in diesem System ruhendes Objekt homogen ist. Solch ein Koordinatensystem wäre jedoch kein Inertialsystem, da es mit dem Universum expandieren würde. Zwei Koordinatenpunkte würden sich also voneinander entfernen.

Von Kritikern der Relativitätstheorie hört man manchmal, dass bereits die Existenz solch eines ausgezeichneten Systems eine Widerlegung der speziellen Relativitätstheorie sei, da diese die Existenz eines ausgezeichneten Bezugssystems ausschließe. Das ist jedoch nicht zutreffend. Die Aussage der Relativitätstheorie ist nur, dass physikalische Vorgänge in jedem Inertialsystem gleichartig ablaufen. Man kann also durch ein Experiment innerhalb eines abgeschlossenen Systems nicht feststellen, ob sich dieses System relativ zum Mikrowellenhintergrund bewegt oder nicht. Durch Messung des Hintergrunds selbst, ist es dagegen durchaus möglich die relative Geschwindigkeit zur kosmischen Hintergrundstrahlung zu bestimmen.

JoAx
30.08.15, 16:40
Du drückst dich um eine physikalische Antwort.

Kann man das isotrope KS als Ruhekoordinatensystem des Universums bezeichnen?
Die Antwort könnte man schon geben, allerdings ist es zweifelhaft, dass du sie verstehen wirst.

Semmelweis
30.08.15, 17:34
Definiert der kosmische Mikrowellenhintergrund ein ausgezeichnetes Inertialsystem?
(http://www.relativitätsprinzip.info/faq/cmb-ausgezeichnetes-inertialsystem.html)

Danke, pauli!

Plankton
07.09.15, 01:01
Vielleicht interessiert es den Threadersteller als Extra-Info:

Planck enthüllt späte Geburt der ersten Sterne
Neue Karten des ESA-Satelliten Planck zeigen den gesamten Himmel im polarisierten Licht des frühen Universums und verraten, dass die ersten Sterne rund 100 Millionen Jahre später geboren wurden als bisher angenommen. Die Karten geben aber auch neue Einblicke in unsere Milchstraße, deren Staub spektakuläre Ansichten galaktischer Magnetfelder liefert. Wissenschaftler am Garchinger Max-Planck-Institut für Astrophysik haben wichtige Software-Komponenten für Planck entwickelt und sich intensiv an der Auswertung der Missionsdaten beteiligt.
http://www.mpg.de/8944821/planck-sterngeburt?filter_order=LT&research_topic=PA

Gruß

amc
27.12.15, 13:15
Als Nichtphysiker interessiert mich schon seit längerem eine Frage:

Die Hintergrundstrahlung ist isotrop, allerdings nur in einem ganz bestimmten Bezugssystem. Die ganze Milchstraße bewegt sich einige 100 km/s gegen dieses Bezugssystem, in Bewegungsrichtung ist die Hintergrundstrahlung also blauverschoben.

Kann man dieses Bezugssystem, das im frühen Kosmos entstanden ist als eine Art absoluten Raum betrachten, man befände sich also absolut in Ruhe, wenn die Hintergrundstrahlung isotrop und nicht blau - oder rotverschoben ist?

nein. aber, wenn dann nur so. es geht hier nicht um Geschwindigkeiten, sondern um Impulse. würde ich mal in den "Raum" werfen.

isotrop rotverschoben.. oder?