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Marco Polo
14.11.15, 00:46
Angesichts der jüngsten Terrorakte in Frankreich und anderer Schreckensmeldungen, beschleicht mich das ungute Gefühl, dass wir uns aktuell in so einer Art globalen Abwärtsspirale befinden.

Wohin soll das noch führen? :confused:

TomS
14.11.15, 07:14
Ich habe einige Bücher über den nahen Osten und den IS gelesen; einige Experten sind der Meinung, dass sich die "arabische" Region in einem Zustand befindet, den man mit Europa im 30-jährigem Krieg vergleichen kann. Leider sind die Welt und damit Terror / Krieg heute globalisiert ...

Jedenfalls macht mich das sehr betroffen. Wir sehen hier ja immer nur die Spitze des Eisberges, also medienwirksame Terroranschläge, Hinrichtungen / Enthauptungen usw. Was wir nicht sehen ist das Leid der Bevölkerung in der Region selbst.

Wir sehen eine uneinige, politische Welt, die keine Antwort auf diese Probleme hat. Und was man nicht vergessen darf: wir sehen auch eine arabische Welt, die immer mehr zerfällt. Bei aller Verantwortung die die westliche Welt, Russland u.a. tragen darf man nicht vergessen, dass ein Problem in Region nur in und durch die Betroffenen in der Region wirklich gelöst werden kann.

Hermes
14.11.15, 11:46
Ich befürchte seit mindestens 25 Jahren daß ich in meiner persönlichen Lebensspanne nur eine stetige Zunahme von Chaos im Hinblick auf 'das Weltgeschehen' erleben werde. Es sieht einfach überhaupt nicht danach aus, daß sich in absehbarer Zeit irgendetwas beruhigen oder entspannen würde.

Wohin das führen wird weiß ich nicht. Aber die nächsten Jahrzehnte werden weiter beschleunigen.
http://vignette4.wikia.nocookie.net/lyricwiki/images/e/e8/Royal_Trux_-_Accelerator.jpg/revision/20111105222558

Den Vergleich mit dem 30jährigen Krieg in Europa finde ich unangenehm treffend, befeuert zusätzlich von Klimawandel und weiterem Chaos...

TomS
14.11.15, 12:11
Der Vergleich ging in die Richtung, dass der Konflikt im 17. Jh. erst mit der Erschöpfung aller Kräfte (und Menschen) beendet wurde; so wie eine Flamme nach Verbrauch des Brennstoffs erlischt.

Unangenehmerweise ist der Nachschub an Kriegswilligen heute global organisierbar.

The_Theorist
14.11.15, 14:55
Eventuell ist das beste Mittel, dass alle Krieg ablehnen und nicht mehr auf das hören, was die Salafisten sagen. Sollte die Wehrpflicht eingeführt werden, werde ich mit meinen 15 Jahren auf die Straße gehen und protestieren. Krieg noch zu befeuern ist das dümmste, was man machen kann. Man sollte endlich handeln und diplomatisches Geschick spielen lassen, damit dieser ganze Terror endlich aufhört. Ich will schließlich auch noch die sweet 60s erleben.

Hawkwind
14.11.15, 18:34
Eventuell ist das beste Mittel, dass alle Krieg ablehnen und nicht mehr auf das hören, was die Salafisten sagen. Sollte die Wehrpflicht eingeführt werden, werde ich mit meinen 15 Jahren auf die Straße gehen und protestieren. Krieg noch zu befeuern ist das dümmste, was man machen kann. Man sollte endlich handeln und diplomatisches Geschick spielen lassen, damit dieser ganze Terror endlich aufhört. Ich will schließlich auch noch die sweet 60s erleben.

Mit "diplomatischem Geschick" kommst du leider bei manchen Menschen nicht weiter - so auch hier: der IS will ja gar nicht verhandeln.
Da stößt der Pazifismus an seine Grenzen. Die einzige Alternative ist es, diesen Fundamentalismus zu bekämpfen oder aber sich zu unterwerfen. Ich möchte aber nicht in einer mittelalterlichen gottesstaatlichen Gesellschaft leben.

Ich
14.11.15, 22:20
Wohin soll das noch führen? :confused:
Mit viel Glück in den vorläufigen Zusammenbruch des militanten Islam. Dann vermutlich in einen kalten Krieg der Konfessionen und Weltanschauungen. Und in 40 Jahren in die endgültige Säkularisierung islamischer Staaten.

Das ist natürlich keine Prognose, sondern nur eine Parallele zu Nachkriegseuropa.
Ich habe die leise Hoffnung, dass der IS dieselbe Rolle für den Islamismus spielen könnte, wie Nazideutschland für Militarismus und Faschismus: Dass anhand der Konsequenzen auch der letzte kapiert, wie widerlich das werden kann und dass man das nicht haben will.
Das funktioniert aber wahrscheinlich nur zu einem so hohen Preis, dass den niemand zahlen will. Wahrscheinlicher ist eine Niederschlagung des IS unter westlicher Führung. In der islamischen Welt hätten wir dann Dolchstoßlegenden und weiter geförderte Ressentiments, die eher der Situation nach dem ersten Weltkrieg gleichen. Der richtige Knaller würde dann noch kommen.

The_Theorist
15.11.15, 06:46
Mein erster Gedanke war es, einfach das zu tun, was der IS will, nachdem wir dann in die Organisation V-Männer eingeschleust haben, dann könnte man den IS von innen heraus ausschalten, ähnlich wie ein Virus seinen Wirt von innen heraus zerstört...

TomS
15.11.15, 10:09
Ich gebe Ich teilweise recht. Ich teile jedoch auch die Befürchtungen.

Das Problem ist, dass der IS nicht so besiegt werden kann wie Nazideutschland, nämlich militärisch und mit einer vergleichsweise geringen Opferzahl an deutschen Zivilisten (verglichen mit den Opferzahlen ins. in den östlichen Gebieten wie Polen und insbs. Russland). Es gibt nicht "hier" die Front und "dort" die Zivilisten; das ist im Falle des IS geographisch nicht trennbar.

Der IS kann auch nicht langfristig "überwunden" werden wie Nazideutschland, nämlich von einer westlichen geprägten Koalition mit westlicher Lebensauffassung auf Basis von gemeinsamen Werten, die sich nach den Zusammenbruch recht schnell wieder etabliert haben. So eine Koalition ist im Falle des IS nicht sichtbar; es müsste sich nämlich um eine islamisch / arabisch geprägte, jedoch moderate Koalition handeln.

Meine Meinung ist, dass die arabische / islamische Region eine Entwicklung durchmachen wird, wie wir sie in Europa ebenfalls hatten: Mittelalter - später Humanismus, Reformation und Religionskriege, Aufklärung, Zusammenbruch absolutistischer Herrschaftssysteme, Etablierung demokratischer Werte, ... Es gab im Islam noch keine Phase derartiger Revolutionen, keine Etablierung einer neuen (aus sich selbst heraus entstehenden!) Werteordnung, ... Diese Entwicklung ist nun massiv angebrochen und muss durchlebt werden. Dabei kann von außen nur begrenzt steuernd eingegriffen werden. Die Intensität ist um ein Vielfaches höher als in Europa (Anzahl der Menschen, moderne Technik und Waffen, Globalisierung auch von Geldflüssen und Nachschub, ...).

Die Region wird erst dann zu einem tatsächlich stabilen Frieden finden, wen sie selbst eine allgemein akzeptierte Werteordnung errichtet hat, an der die überwiegende Anzahl der Menschen auch teilhaben kann, insbs. auch bzgl. Wohlstand, Bildung, ...

TomS
15.11.15, 10:13
... nachdem wir dann in die Organisation V-Männer eingeschleust haben, dann könnte man den IS von innen heraus ausschalten ...
Diese V-Leute müssten die Sprache des IS sprechen, die Auffassung der Religion verstehen, zumindest dem Anschein nach seine radikalen Ideen teilen, an Massakern teilnehmen oder diese befehlen, ... und zugleich sich völlig von ihm distanzieren und ihn bekämpfen wollen.

Wie soll das funktionieren? Wer ist so schizophren, das zu können? Und wem - der radikal genug ist, beim IS akzeptiert zu sein - würdest du vertrauen, dass er als V-Mann gegen und nicht für den US arbeitet?

No way!

The_Theorist
15.11.15, 16:08
Es gibt genug abgekochte Verrückte, die das hinkriegen. Wie willst du denn sonst vorgehen?
Ich dachte erst an einen Erstschlag, jedoch fiel mir dann ein, dass diese Verrückten des IS sicherlich schon eine Atombombe im Schrank liegen haben. Ich hoffe inständig, dass keiner auf die Idee kommt, einen Krieg anzufangen. Es muss doch eine bessere Möglichkeit geben. Und wenn sich die Menschen selber in der Region gegen den IS äußern, würde das helfen?
Die könnten den IS doch stürzen..

Mein Plan bis 2033: so gut wie möglich leben, als wäre jeder Tag dein letzter. Das ist für den Einzelnen die beste Aktion.

TomS
15.11.15, 16:53
Es gibt genug abgekochte Verrückte, die das hinkriegen.
Dann lies mal nach, was diverse Geheimdienste seit Jahrzehnten versuchen und nicht hinkriegen. V-Leute in Terrororganisationen fremder Kulturen funktionieren nicht, weil sie entweder enttarnt werden oder unzuverlässig sind. Der Prozentsatz an Doppelagenten ist hoch.

Und klar können die Leute sich vor Ort gegen den IS äußern und ihn stürzen; die Massaker des IS, Hinrichtungen und andere Gräueltaten zeigen, wie hervorragend das funktioniert.

Ein bisschen mehr Realismus wäre hilfreich

Plankton
15.11.15, 16:59
... Der Prozentsatz an Doppelagenten ist hoch.
...
Alle Doppelagenten haben das Los von Bond! Doppel - 0. Bester Beweis dafür, dass Krieg noch nie etwas verbessert hat!
Halte mich da lieber an Ludwig Erhard: Wohlstand für alle.
Just2Cents

The_Theorist
15.11.15, 17:11
Verstehe doch, ich will keinen neuen Krieg, keinen 3. Weltkrieg, keinen Atomschlag. Ich will, dass die Menschen lernen und verstehen, tolerant sind. Ich will nicht mit 40 Angst haben, dass eine Atombombe meine Existenzgrundlage vernichtet, weil gewisse Menschen zu blöd waren, zu checken, dass diese Religionskonflikte keinen Sinn ergeben. Ich will ohne das Militär vorgehen, ich will nicht Millionen von Soldaten im Krieg fallen sehen und erst recht nicht selber einer sein. Sind die Menschen immer noch zu blöd um zu verstehen, wie man friedlich miteinander lebt? Ich denke, der mensch hat eine Macht, mit der er nicht umgehen kann. Vielleicht wäre es besser wenn wir uns alle erschießen, damit die uns nicht erschießen können...

TomS
15.11.15, 20:27
Verstehe doch, ich will keinen neuen Krieg, keinen 3. Weltkrieg, keinen Atomschlag. Ich will, dass die Menschen lernen und verstehen, tolerant sind. Ich will nicht mit 40 Angst haben, dass eine Atombombe meine Existenzgrundlage vernichtet, weil gewisse Menschen zu blöd waren, zu checken, dass diese Religionskonflikte keinen Sinn ergeben. Ich will ohne das Militär vorgehen, ich will nicht Millionen von Soldaten im Krieg fallen sehen und erst recht nicht selber einer sein.
Verstanden, sinvolle Einstellung; sehen sicher Milliarden von Mitmenschen genauso

Sind die Menschen immer noch zu blöd um zu verstehen, wie man friedlich miteinander lebt?
Offensichtlich; leider ja

Ich denke, der mensch hat eine Macht, mit der er nicht umgehen kann.
Teilweise auch richtig

Vielleicht wäre es besser wenn wir uns alle erschießen, damit die uns nicht erschießen können...
Das ist jetzt wieder eine komische Idee.

Hawkwind
15.11.15, 23:22
Das ist jetzt wieder eine komische Idee.

Das nennt man "Resignation" - es ist ja auch zum Verzweifeln.

Andererseits, wenn ich diese Situation mit dem kalten Krieg vergleiche, wo ständig der nukleare Holocaust - vielleicht auch unbeabsichtigt auf Grund eines Fehlalarmes drohte, dann war die Bedrohung damals doch von einer ganz anderen Größenordnung. Aber immerhin ging es rationaler zu - auch der anderen Seite war nicht komplett das Hirn verloren gegangen.

TomS
16.11.15, 05:29
Stimmt, das ist ein wesentlicher Unterschied

Timm
16.11.15, 08:13
Wie die Cuba Krise gezeigt hat, war der kalte Krieg nicht nur eine abstrakte Gefahr. Aber es gab die Strategie des Gleichgewichts. Und eine solche gibt es angesichts dieser Hydra, die sich aus einem Reservoir entwurzelter junger Leute nährt und über modernste Mittel verfügt eben nicht. Wie dieses Reservoir austrocknen, wie ihr diese Mittel nehmen?

Hawkwind
16.11.15, 09:16
Wie die Cuba Krise gezeigt hat, war der kalte Krieg nicht nur eine abstrakte Gefahr. Aber es gab die Strategie des Gleichgewichts. Und eine solche gibt es angesichts dieser Hydra, die sich aus einem Reservoir entwurzelter junger Leute nährt und über modernste Mittel verfügt eben nicht. Wie dieses Reservoir austrocknen, wie ihr diese Mittel nehmen?

Ein Ansatz wäre es sicherlich, hier in Europa genauer drauf zu schauen, was da für Botschaften von den Predigern des Islam an ihre "Gemeinden" gesendet werden, d.h. Verbreitung von islamistischer Mordhetze und Judenhass im Ansatz bereits konsequent zu unterbinden.

Wenn ich lese

Frankreich will nach den Pariser Anschlägen landesweit Moscheen schließen. Nach Angaben des Innenministeriums sollen lediglich die Moscheen betroffen sein, in denen Hass gepredigt wird.
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/11/16/gegen-hass-prediger-frankreich-erwaegt-schliessung-von-moscheen/

dann frage ich mich: "warum erst jetzt?".
2014 waren immerhin ca. 7.000 Juden von Frankreich nach Israel ausgewandert, weil sie um ihre Sicherheit fürchteten. Wäre das nicht bereits Anlass genug gewesen?

Toleranz gegenüber der Intoleranz radikaler Islam-Vertreter wird sich selbst ad absurdum führen.

Timm
16.11.15, 10:15
Ein Ansatz wäre es sicherlich, hier in Europa genauer drauf zu schauen, was da für Botschaften von den Predigern des Islam an ihre "Gemeinden" gesendet werden, d.h. Verbreitung von islamistischer Mordhetze und Judenhass im Ansatz bereits konsequent zu unterbinden.

Wenn ich lese

http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/11/16/gegen-hass-prediger-frankreich-erwaegt-schliessung-von-moscheen/

dann frage ich mich: "warum erst jetzt?".

Schon zurecht. Aber noch sind solch drastische Maßnahmen unserer freiheitlich toleranten Öffentlichkeit offenbar erst nach einem Blutbad zumutbar, nicht präventiv. Möglicherweise kommt jetzt unter diesem Eindruck und der Angst, daß dies ein Anfang war, ein breites Umdenken in Gang.

Bauhof
16.11.15, 14:41
Aber noch sind solch drastische Maßnahmen unserer freiheitlich toleranten Öffentlichkeit offenbar erst nach einem Blutbad zumutbar, nicht präventiv. Möglicherweise kommt jetzt unter diesem Eindruck und der Angst, daß dies ein Anfang war, ein breites Umdenken in Gang.

Hallo Timm,

So sehe ich es auch.
Aber nur ein gemeinschaftliches und entschlossenes Vorgehen aller NATO-Mitglieder gegen den IS kann erfolgreich sein. Daher wäre es zu begrüßen, dass Frankreich den NATO-Bündnisfall beantragt.

Luftschläge allein reichen nicht, es müssten auch NATO-Bodentruppen zum Einsatz kommen. Und zwar von allen NATO-Mitgliedern. Denn es ist ungerecht, wenn allein die Soldaten der USA, England, Frankreich und Kanada ihr Leben riskieren.

Niemand will Krieg, aber anders ist m.E. diesem IS-Gemetzel nicht beizukommen. Aber wie ich die Politiker kenne, werden sie diesen möglichen Weg wieder zerreden, anstatt zu handeln.

M.f.G. Eugen Bauhof

Timm
16.11.15, 16:42
Hallo Eugen,

es mag zynisch klingen, aber man fragt sich, wieviel wo noch passieren muß, bis außer wohlfeilen Solidaritätsbekundungen unter dem Druck der Öffentlichkeit ein einheitlich entschlossener Wille zustande kommt.

Gruß, Timm

TomS
16.11.15, 22:10
Das Problem ist, dass auch durch eine (theoretische) militärische Überwindung des IS keine Basis für eine nachhaltige Befriedung der Region geschaffen wird, weil kein belastbarer gemeinsamer Wertekanon existiert (siehe Irak, Afghanistan - bereits 2x).

Das unterscheidet die Situation ganz grundsätzlich von der im zweiten Weltkrieg.

Ich stimme zu, dass dem IS Einhalt geboten werden muss, und zwar schnell und gründlich; ich sehe aber keinen Ansatzpunkt, wie es dann weitergehen könnte.

Harti
20.11.15, 09:47
Hallo zusammen,
es gibt noch eine andere Möglichkeit die Terroristen des IS zu besiegen. Dieser "Staat" hat eine offene Flanke. Dies ist der Umstand, dass er fast unbegrenzt ausländische Sympathisanten und Mitkämpfer rekrutiert. Die Geheimdienste können auf diesem Weg in großem Umfang Agenten (Spione) einschleusen. Dies werden sie sicherlich schon tun. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der IS auf diesem Weg soweit ausspioniert ist, dass er an seinen verwundbaren Stellen (Strukturen) angegriffen und zerstört werden kann. Möglicherweise setzt auch ein innerer Zersetzungsprozess ein, wenn die Geheimdienste erst in der Lage sind, Mißtrauen unter den Führungskadern zu säen.
Der Nachzug von Mitkämpfern wird auch nachlassen, wenn diese befürchten müssen, als Agenten enttarnt und getötet zu werden. Auch dies kann von Geheimdiensten gezielt provoziert werden.

MfG
Harti

TomS
20.11.15, 16:17
Dies ist der Umstand, dass er fast unbegrenzt ausländische Sympathisanten und Mitkämpfer rekrutiert. Die Geheimdienste können auf diesem Weg in großem Umfang Agenten (Spione) einschleusen
Das ist sicher falsch.

Die überwiegende Mehrheit der Kämpfer und insbs. der Führungsebenen rekrutiert sich aus arabisch-stämmigen Personen mit einer langen entsprechenden Vergangenheit (andere Terrororganisationen, Geheimdienste, ...) und einer guten Vernetzung. Die ausländischen Kämpfer werden in den wenigsten Fällen diesen Aufstieg schaffen.

(eine derartige Story hat die CIA seit 60 Jahren jedem Präsidenten zu jedem Gegner erzählt, und es hat nie funktioniert)

Marco Polo
21.11.15, 06:05
Die überwiegende Mehrheit der Kämpfer und insbs. der Führungsebenen rekrutiert sich aus arabisch-stämmigen Personen mit einer langen entsprechenden Vergangenheit (andere Terrororganisationen, Geheimdienste, ...) und einer guten Vernetzung. Die ausländischen Kämpfer werden in den wenigsten Fällen diesen Aufstieg schaffen.

Ja und nein. Seltsamerweise habe ich letztens ausgerechnet bei dem von mir gehassten "Focus-Online" einen Bericht gelesen, der aus meiner Sicht tatsächlich sehr zutreffend war.

Nämlich dass das Gros der Terroristen durch den Transport eines nihilistisch verzerrten Weltbildes des Islams rekrutiert wird. Also: Die "Dummen" und "Orientierungslosen" fallen bevorzugt auf diese Art der Propaganda herein und reisen von Allmachtphantasien geprägt in Richtung IS.

Mit anderen Worten: Das sind keine klassischen Islamisten. Das sind eher Nihilisten, bestenfalls aber Schwachköpfe die meinen, Islamisten zu sein (passt ja so schön).

Die Hintermänner sind ebenfalls keine klassischen Islamisten. Das sind vielmehr sekuläre ehemalige Geheimdienstler und Militärs der früheren Baath-Partei unter Saddam Hussein.

Der Islam ist also nur ein Vorwand. Im Grunde geht es um Geld, Macht und die Befriedigung niederster Bedürfnisse, ausgeführt von einem Heer instrumentalisierter Willfähriger.

Das macht die ganze Angelegenheit natürlich nicht weniger schlimm.

TomS
21.11.15, 06:25
Ja, genau so ist das. Die USA hat den strategischen Fehler begangen, die Sunniten (altes Regim Hussein) nicht mehr einzubinden, sondern allein auf die Schiiten zu setzen.

Aber das ist doch kein Widerspruch zu den, was ich geschrieben habe.

Marco Polo
21.11.15, 06:39
Ja, genau so ist das. Die USA hat den strategischen Fehler begangen, die Sunniten (altes Regim Hussein) nicht mehr einzubinden, sondern allein auf die Schiiten zu setzen.

So ist es.

Aber das ist doch kein Widerspruch zu den, was ich geschrieben habe.

Widerspruch dahingehend, dass du angeführt hattest:

Die überwiegende Mehrheit der Kämpfer und insbs. der Führungsebenen rekrutiert sich aus arabisch-stämmigen Personen mit einer langen entsprechenden Vergangenheit (andere Terrororganisationen, Geheimdienste, ...)

Das gilt nämlich vorzugsweise für die Führungsebene und nicht für die Kämpfer. Das Gros der Kämpfer waren früher keineswegs Terroristen oder Geheimdienstler. Ausnahmen bestätigen die Regel.

TomS
21.11.15, 07:42
Das Gros der Kämpfer waren früher keineswegs Terroristen oder Geheimdienstler.
Stimmt.

Ich hatte noch die Leibgarde und die reguläre irakische Armee vergessen (das sind natürlich nicht die, die als Selbstmordattentäter in Erscheinung treten)

Was ich sagen wollte ist, dass ich eine Unterwanderung des IS von außen kaum möglich ist, da sich der IS nicht irgendwie zusammengefunden hat, sondern alte, funktionierende Netzwerke und Strukturen verwendet, und in dieser Form auch einen gewissen Rückhalt in der Bevölkerung hat.

Ich denke jedoch auch, dass sich dieser "nihilistische Islamismus" verselbstständigt hat und außer Kontrolle geraten ist. Es ist nicht so wie bei der RAF, die beschließen könnte, ihren Terror zu beenden.

Man müsste mal Hannah Arendts Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft hinsichtlich des IS lesen. Es gibt da sicher Gemeinsamkeiten zum Nationalsozialismus und Stalinismus, dass nämlich Machtausbau und -erhalt den Terror als wesentliches Element erfordern, und zwar sowohl als Werkzeug gegen die Opfer (Schiiten, Kurden, ..., Juden, Russen, ...) als auch gegen die Täter (Kämpfer, Selbstmordattentäter, ... SS-Schergen, ...), und dass eine Ausweitung des Kampfes dahingehend benötigt wird, das man dem Kampf immer neue Kämpfer und Opfer zuführt. Der Nationalsozialismus war als "friedliche Herrschaftsform" unmöglich; er hat essentiell immer Opfer benötigt, und hätte ohne Krieg, Terror und Vernichtung nicht als solcher aufrechterhalten werden können, weil seine "Legitimation" letztlich ausschließlich im Kampf und in der Unterdrückung lag; er hätte sich selbst mit einem Frieden und der Ermangelung weiterer Opfer abgeschafft.

Ich denke, das ist eine ganz wesentliche Parallele zum IS. Der IS benötigt Opfer, um seine Leute und seine Maschinerie am Laufen zu halten. Der Terror hat sich um des Terrors Willen verselbstständigt; er ist nicht nur Mittel um Zweck (ein Ziel zu erreichen), sondern er ist zum Selbstzweck geworden. Der IS kann nicht einfach nur einen Staat errichten und diesen dann normal regieren; dieser Transformationsprozess würde bedeuten, dass sich der IS in seinem Wesen selbst abschafft (das bedeutet nicht zwingend, dass diese Transformation nicht für einzelne US-Anhänger möglich ist, wie man ja in der frühen BRD erkennen konnte, die ja Nationalsozialisten, SS, ... auf fast allen Ebenen wieder integriert hat).

Wenn das stimmt, was ich sage, dann gibt es zunächst nur drei Möglichkeiten, diese Herrschaftsform zu brechen
1) Man entzieht dem IS die Opfer, und zwar vollständig. Das wäre eine völlige geographische Isolierung, ethnische Entflechtung usw.
2) Man lässt den IS sich völlig verausgaben, d.h. bis zur völligen Erschöpfung der gesamten Region kämpfen.
3) Man vernichtet den Kern des IS vollständig und investiert massiv in die Integration der "Reste" des IS in eine funktionierende Gesellschaft.

(ich halte diese drei Möglichkeiten übrigens nicht unbedingt für gut, sinnvoll, ethisch, praktikabel, ...)

Marco Polo
21.11.15, 07:57
Ich denke jedoch auch, dass sich dieser "nihilistische Islamismus" verselbstständigt hat und außer Kontrolle geraten ist.

Die Frage die sich stellt: Ist dieser "nihilistische Islamismus" eigentlich noch "Islamismus", oder ist das etwas gänzlich neues?

Wenn das stimmt, was ich sage, dann gibt es zunächst nur drei Möglichkeiten, diese Herrschaftsform zu brechen
1) Man entzieht dem IS die Opfer, und zwar vollständig. Das wäre eine völlige geographische Isolierung, ethnische Entflechtung usw.
2) Man lässt den IS sich völlig verausgaben, d.h. bis zur völligen Erschöpfung der gesamten Region kämpfen.
3) Man vernichtet den Kern des IS vollständig und investiert massiv in die Integration der "Reste" des IS in eine funktionierende Gesellschaft.


Hinzufügen würde ich noch das Kappen der Geldquellen. Ohne Geld kein IS. Es werden ja schlieslich Gehälter gezahlt, ohne die der Anreiz für viele verloren gehen dürfte.

TomS
21.11.15, 08:13
Die Frage die sich stellt: Ist dieser "nihilistische Islamismus" eigentlich noch "Islamismus", oder ist das etwas gänzlich neues?
Teils teils. Insofern nein, als er sich auf den Islam beruft und selektiv dessen Elemente verwendet. Ich finde den Begriff recht treffend. Insofern ja, als es sich um eine neue Qualität handelt (waren die Kreuzfahrer Christen?)


Hinzufügen würde ich noch das Kappen der Geldquellen. Ohne Geld kein IS. Es werden ja schlieslich Gehälter gezahlt, ohne die der Anreiz für viele verloren gehen dürfte.
Stimmt!

Marco Polo
21.11.15, 08:17
waren die Kreuzfahrer Christen?

Ja natürlich waren sie das. Sogar vom Papst legitimiert.

Hawkwind
21.11.15, 08:18
...
Wenn das stimmt, was ich sage, dann gibt es zunächst nur drei Möglichkeiten, diese Herrschaftsform zu brechen
1) Man entzieht dem IS die Opfer, und zwar vollständig. Das wäre eine völlige geographische Isolierung, ethnische Entflechtung usw.
2) Man lässt den IS sich völlig verausgaben, d.h. bis zur völligen Erschöpfung der gesamten Region kämpfen.
3) Man vernichtet den Kern des IS vollständig und investiert massiv in die Integration der "Reste" des IS in eine funktionierende Gesellschaft.

(ich halte diese drei Möglichkeiten übrigens nicht unbedingt für gut, sinnvoll, ethisch, praktikabel, ...)

Es geht auch darum, die Unterstützer dieser Bewegung zu bekämpfen, materielle wie ideologische: steinreiche Spender in Saudi-Arabien und sonstwo, Hassprediger in allen Teilen der Welt, rücksichtslose Bloßstellung unserer "Freunde" in Saudi-Arabien, die dort den Wahhabismus leben, eine Verflechtung von Islam und Gesellschaft, die den Zielen des IS sehr sehr ähnelt und evtl. eine Art Vorbild ist. Man denke an die 1000 Peitschenhiebe und 10 Jahre Haft für den saudi-arabischer Blogger Raif Badawi. Solange man diesen "Konsorten" Panzer und anderes liefert, braucht man sich nicht zu wundern.
Last not least täten die Moslems gut daran, ihren Islam zu modernisieren: Gleichberechtigung von Frauen, Ächtung des implizit vorhandenen Antisemitismus, Ächtung des Jihad-Schwachsinns etc. etc. .

Marco Polo
21.11.15, 08:23
Hinzufügen würde ich noch das Kappen der Geldquellen. Ohne Geld kein IS. Es werden ja schlieslich Gehälter gezahlt, ohne die der Anreiz für viele verloren gehen dürfte.

Problem: wie lange haben wir noch die Möglichkeit dazu? Inzwischen wird ein Grossteil der Einnahmen durch Steuern generiert.

Mehr Verbreitung des IS, mehr Steuereinanhmen.

TomS
21.11.15, 08:23
Alles richtig.

Wir erleben geistiges Mittelalter verbunden mit moderner Technologie, Kommunikation und Finanzierungsmodellen.

Timm
21.11.15, 11:28
Es geht auch darum, die Unterstützer dieser Bewegung zu bekämpfen, materielle wie ideologische: steinreiche Spender in Saudi-Arabien und sonstwo, Hassprediger in allen Teilen der Welt, rücksichtslose Bloßstellung unserer "Freunde" in Saudi-Arabien, die dort den Wahhabismus leben, eine Verflechtung von Islam und Gesellschaft, die den Zielen des IS sehr sehr ähnelt und evtl. eine Art Vorbild ist.
Die Gemengelage ist relativ komplex. Das feudale Königshaus ist erklärtes Feindbild des IS. Aber dieses engagiert sich im Jemen und weniger gegen den IS, denn der steht weniger im Focus als der Iran, solange es um die Vorherrschaft in der Region geht.

Es sieht so aus, als müsse das Königshaus eine latente Sympathie der Bevölkerung für den IS dulden aber andererseits dessen Fuß fassen in dieser als Bedrohung seiner Existenz befürchten.

Ob es uns gefällt oder nicht, sollte das Königshaus von einer Revolte hinweg gefegt werden, potenziert sich die Machtbasis des IS. Man stelle sich vor, der IS befehligt die Armee der Saudis. Die Konsequenzen um eine solche Entwicklung nach Möglichkeit zu verhindern nennt man dann Realpolitik.

Marco Polo
21.11.15, 11:57
Ein Hauptproblem in der Region sind die unterschiedlichen Glaubensrichtungen zwischen Sunniten und Schiiten.

Saudi Arabien: hauptsächlich Sunniten
Iran: hauptsächlich Schiiten
Irak: hauptsächlich Schiiten (Hussein war aber Sunnit)
IS: Sunniten
Salafisten, Muslimbruderschaft, Al Kaida, Hamas, Al Nusra Front: Alles Sunniten
Hisbollah: Schiiten

Die sind sich alle spinnefeind. Viele Sunniten betrachten Schiieten als Ketzer.

Hawkwind
21.11.15, 15:12
Ein Hauptproblem in der Region sind die unterschiedlichen Glaubensrichtungen zwischen Sunniten und Schiiten.

Saudi Arabien: hauptsächlich Sunniten
Iran: hauptsächlich Schiiten
Irak: hauptsächlich Schiiten (Hussein war aber Sunnit)
IS: Sunniten
Salafisten, Muslimbruderschaft, Al Kaida, Hamas, Al Nusra Front: Alles Sunniten
Hisbollah: Schiiten

Die sind sich alle spinnefeind. Viele Sunniten betrachten Schiieten als Ketzer.

Und dabei werden Religionen immer wieder als großartiges Kulturgut bewertet. Unterm Strich haben sie enormes Elend und Blutvergießen gebracht, und tun es immer noch. Da lobe ich mir doch einen gottlosen Humanismus.

Marco Polo
21.11.15, 22:53
Und dabei werden Religionen immer wieder als großartiges Kulturgut bewertet. Unterm Strich haben sie enormes Elend und Blutvergießen gebracht, und tun es immer noch. Da lobe ich mir doch einen gottlosen Humanismus.

Gottloser Humanismus ist ok. Religionen sind es auch. Man darf sie aber nicht überbewerten, über das Gesetz stellen oder gar missbrauchen. Genau das geschieht aber leider viel zu oft.

Ich
22.11.15, 21:36
Meine Meinung: Humanismus, ob gottlos oder nicht, ist (zumindest im Diesseits, was uns ja konkret angeht) besser als Religion oder Gottlosigkeit.
Religionen haben viel Elend auf die Welt gebracht, keine Frage.
Atheistische Doktrinen zumindest im letzten Jahrhundert noch viel mehr. Hitler, Stalin und Mao sind opfermäßig nicht zu überbieten, hoffentlich auf lange Zeit.

Ganz einfach:

Was du nicht willst das man dir tu, das füg auch keinem andern zu. Alles andere sind Details.

TomS
22.11.15, 21:48
Insofern wäre es interessant, in einem Dialog zu erfahren, wie ein radikaler Islamist (oder ein anderer Extremist) den Kantschen Imperativ bewertet.

Marco Polo
23.11.15, 11:53
Insofern wäre es interessant, in einem Dialog zu erfahren, wie ein radikaler Islamist (oder ein anderer Extremist) den Kantschen Imperativ bewertet.

Da träfe jemand ohne jede Moralvorstellung auf den "kategorischen Imperativ". Ganz sicher wäre er damit überfordert.

JoAx
23.11.15, 12:57
Saudi Arabien: hauptsächlich Sunniten
Iran: hauptsächlich Schiiten
Irak: hauptsächlich Schiiten (Hussein war aber Sunnit)
IS: Sunniten
Salafisten, Muslimbruderschaft, Al Kaida, Hamas, Al Nusra Front: Alles Sunniten
Hisbollah: Schiiten

Syrien: ~12% Schiiten (aktuell "regierender" Assad & Co.) der Rest Sunniten
Russland & Co.: hauptsächlich Sunniten (der islamische Teil der Bevölkerung, versteht sich *nachgrübbel*)

Ich
23.11.15, 15:48
Da träfe jemand ohne jede Moralvorstellung auf den "kategorischen Imperativ". Ganz sicher wäre er damit überfordert.
Ich denke, diese Leute habe eher ziemlich strikte Moralvorstellungen. Nur eben nicht unsere.

Hawkwind
23.11.15, 17:50
Ich denke, diese Leute habe eher ziemlich strikte Moralvorstellungen. Nur eben nicht unsere.

Die meisten sind wohl eher Typen, die ihr Hirn nicht gern zum Selberdenken nutzen sondern einfach das tun, was andere ihnen vorkauen. Dazu kommt dann Verherrlichung von Gewalt und Abenteuer. Für so einen Sch... ist das männliche Geschlecht ja von je her öfter zugänglich gewesen.

Das Mileu in Europa, in dem Islamisten und Neo-Nazis "rekrutieren", ist sehr ähnlich: "Prolos" ohne abgeschlossene Ausbildung und meist schon mit irgendwelchen Geschichten straffällig geworden.

Denkt wer, dass die mit Kantschem Impeartiv was anfangen können oder wollen?

TomS
23.11.15, 22:17
Wenn es so einfach wäre ... ist es aber nicht.

Marco Polo
13.12.15, 20:59
Wenn es so einfach wäre ... ist es aber nicht.

Es ist sogar noch schlimmer. Wenn man sich vor Augen hält, wieviele unterschiedliche Interessengruppen da mitspielen (verlieren doch selbst Experten bisweilen den Überblick), dann wäre man ja bescheuert, eigene Bodentruppen zu entsenden, solange nicht klar ist, wer hier eigentlich gegen wen kämpft.

Die Geldgeber kommen aus Saudi Arabien und Katar. Man müsste mal überlegen, warum das so ist.

Interessant ist die Tatsache, dass ein Grossteil der Führungsriege des IS aus der "Akademie Bucca" stammt. Das war ein Gefängnis der Amerikaner im Irak.

Alles ehemalige Geheimdienstler und Militärs der Baath-Partei unter Saddam Hussein.

Natürlich hat auch die aktuelle Flüchtligskrise damit zu tun. Schlimm finde ich nur, dass hier oft unbegründet Ängste geschürt werden.

Auch wenn das mit den Flüchtlingen aktuell etwas aus dem Ruder zu laufen scheint, sollte man sich klarmachen, dass auch viele unserer Vorfahren Flüchtlinge waren (eigenlich meine gesamte Familie).

Das Schüren der Angst vor islamistischen Attentaten hier in Deutschland ist imho völlig überzogen, wenn auch nicht gänzlich unbegründet.

Aber seien wir doch mal ehrlich. Hat es in der Vergangenheit auch nur einen einzigen gelungenen islamistisch motivierten Terrroranschlag hier in Deutschland gegeben? So weit ich weiss nein.

Worüber regen wir uns also auf?

Ich
13.12.15, 22:20
Das Schüren der Angst vor islamistischen Attentaten hier in Deutschland ist imho völlig überzogen, wenn auch nicht gänzlich unbegründet.
Kann sein, dass ich da andere Medien vorliegen habe als du, aber ich habe von einem solchen "Schüren von Angst" irgendwie nichts mitbekommen.
Ich sehe im Gegenteil eine bundesweite Einheitslinie, die noch nicht einmal erlaubt, zwischen Islamismus und Islam eine wie auch immer geartete Verbindung herzustellen. Ganz zu schweigen zwischen Flüchtlingen und Terroristen. Erstere sind alles Zahnärzte, die vor dem IS fliehen. Letzere alles Leute ohne Moralvorstellungen. Da gibt es keine Überschneidungen.

Marco Polo
13.12.15, 22:40
Kann sein, dass ich da andere Medien vorliegen habe als du, aber ich habe von einem solchen "Schüren von Angst" irgendwie nichts mitbekommen.

Ich sehe im Gegenteil eine bundesweite Einheitslinie, die noch nicht einmal erlaubt, zwischen Islamismus und Islam eine wie auch immer geartete Verbindung herzustellen. Ganz zu schweigen zwischen Flüchtlingen und Terroristen. Erstere sind alles Zahnärzte, die vor dem IS fliehen. Letzere alles Leute ohne Moralvorstellungen. Da gibt es keine Überschneidungen.

Zunächst mal hätte ich gerne geklärt, ob du das wirklich ernst meinst, oder ob du das eher sarkastisch meinst.

Ich
14.12.15, 07:56
Zunächst mal hätte ich gerne geklärt, ob du das wirklich ernst meinst, oder ob du das eher sarkastisch meinst.
Die ersten beiden Sätze meine ich vollkommen ernst (den zweiten mit Einschränkungen). Wobei ich nur das Onlineangebot der Standardblätter auf Google News lese.
Die letzten Sätze sind offensichtlich Sarkasmus.

Ich
15.12.15, 12:23
Hab' ich was Falsches gesagt?

JoAx
15.12.15, 12:48
Hab' ich was Falsches gesagt?
Ich denke nicht.
Auch die Toleranz darf man nicht falsch verstehen. Andernfalls kann so etwas passieren:
Rotherham child sexual exploitation scandal

Because the majority of perpetrators were Asian or of Pakistani heritage, several council staff described themselves as being nervous about identifying the ethnic origins of perpetrators for fear of being thought racist; others, the report noted, "remembered clear direction from their managers" not to make such identification.

Und man darf nicht glauben, dass das nur Exzesse in ansonsten intakten Gesellschaft sind. Wenn so etwas möglich ist, dann läuft etwas systematisch falsch.

Ich
15.12.15, 13:28
Ich habe noch einmal eine Suche bei meinen zitierten Quellen gemacht und finde tatsächlich keine Artikel, die "Angst schüren" würden.
Wenn der IS so gut organisiert ist, wie Marc annimmt, dann hat er auch Attetäter unter die Flüchtlinge gemischt. Er ist eine Terrororganisation, Deutschland ist eines seiner Ziele, er ist nicht völlig inkompetent und in Deutschland können hunderttausende Menschen mehr oder weniger unkontrolliert einreisen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Attentäter eingeschmuggelt wurden, liegt logischerweise verdammt nah bei 1.
Die Problematik darf in den Medien auch angesprochen werden, das hat nichts mit "Schüren von Angst" zu tun, wenn es rational geschieht. Da sich die Mainstreammedien sowieso vor lauter PC überschlagen, sehe ich da auch keine Gefahr, dass da irgendetwas in diese Richtung läuft.

Der Sarkasmus im zweiten Teil sollte das darstellen. Wie da Marcs "Leute ohne Moralvorstellungen" dazupassen könnte ich bei Bedarf auch noch erklären, das wäre jetzt aber zu kompliziert.

Marco Polo
15.12.15, 19:35
Hab' ich was Falsches gesagt?

Nein. Das war schon in Ordnung.

Mit "Angst schüren" meinte ich diverse Artikel in diversen Zeitungen/Zeitschriften und Onlinemedien, die die Flüchtlingsproblematik ständig mit dem Terrorismus in Verbindung bringen.

Natürlich können mit den Flüchtlingen auch Terroristen zu uns kommen. Aber das schaffen die auch, ohne sich als Flüchtlinge zu tarnen. Die Grenzen sind doch offen (dank Schengen). Die Aussengrenzen des Schengener Raums verdienen den Namen "Grenze" auch nicht wirklich.

Daher bin ich der Meinung, dass man das trennen sollte. Noch schöner wäre es, wenn sich endlich mal an das Dublin-Übereinkommen gehalten würde.

Ich bin natürlich sehr skeptisch, was die riesigen Flüchtlingsströme betrifft. Wen beschleicht da nicht ein mulmiges Gefühl? Aber man ist es selbst schuld, da man viel zu lange weggeschaut hat. Ist ja alles so weit weg da in Syrien und Irak. Jetzt kommen die Probleme zu uns.

TomS
15.12.15, 20:33
Aber man ist es selbst schuld, da man viel zu lange weggeschaut hat. Ist ja alles so weit weg da in Syrien und Irak. Jetzt kommen die Probleme zu uns.
Man hat teilweise weggeschaut. Aber auch wenn man hingeschaut hat, hat man Fehler gemacht. Die CIA hätte al Qaida schon Anfang der 90iger Jahre stärker überwachen müssen und bekämpfen können. Aber was machst du mit einem Geheimdienst, wo die Spione zu 99% vielleicht russisch sprechen und zu << 1% vielleicht etwas arabisch stammeln? Man hat im Irak und Libyen ohne Plan den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben. Man (und da auch Deutschland) mit Waffenlieferungen Geld verdient. Man hat immer wieder mit den falschen Parteien paktiert, insbs. hat man im Irak die Sunniten und die Baath-Partei ignoriert.

Nur - und da bin ich nicht bereit, mir im Westen irgendetwas in die Schuhe schieben zu lassen - die Art des Terrors ist haben sich die Herrschaften dort schon selbst ausgedacht!

inside
16.12.15, 08:40
Der Vergleich mit dem 30 jährigen Krieg ist derart abstrus, dass ich nicht mal wissen will, welcher Spinner das besagte Buch verfasst hat. Den dreissigjährigen Krieg anzulehnen an den Glaubenskrieg verblendeter, radikaler Extremisten..., wowow. Mehr daneben geht nicht. Als ob der 30-jährige Krieg einherging mit Selbstmordattentaten, die durch irregeführten Glauben motiviert waren. Noch wollte eine Religion sich damals zu der Weltreligion etablieren. Das versuchte, wenn überhaupt, Christentum vielleicht im Mittelalter oder das osmanische Reich.Weiterhin gab es zur Zeit des 30jährigen Krieges damals auch keinen Anspruch auf ein Gesetz, das die Religion mit einbezieht, noch einen Wunsch nach einem eigenen Staat, der diese radikale Form der Praktiken fordert, bei Missbrauch harsch bestraft und sich damit brüstet, das in dieser Form zu tun.
Das Katar einer der ersten Player ist, der den IS unterstützt, das ist klar. Saudi Arabien sind aber gar nicht so weit in den Top 20, wie man uns immer glauben machen will.
Was die verteilten Grüppchen angeht, die nach der Zerschlagung des Irakischen Diktaturregimes angeht.... was ist nun besser für das Volk ? Eine Diktatur durch Saddam, die das Land knallhart einte ? Oder der nun verzweifelt-kranke Versuch einer Militärmiliz, eine erneute Einigung zu erzwingen, im Namen des Islam ??? Ok, Saddam war ein Arschloch, ... moment... wie kann ich das sagen? Einen Kaffee mit ihm zusammen hab ich noch nicht getrunken. Der hat mal Kuweit attackiert. Seit dem gilt der als Böse, denn der wollte das, was die Amis zuerst wollten. Saddam war ein Arschloch? Sagen wir mal JA. Aber den Leuten ging es besser als jetzt. Nun ist das Arschloch weg. Land in Stämme und Grüppchen zerteilt, Armut und Krankheit und Terror und der IS regieren. Da stellt sich die Frage, ob das Arschloch nicht doch besser war. Aber der hatte ja ABC-Waffen. Ach, moment. Es wurden keine gefunden. Ach, egal, wenn er welche gehabt hätte, wäre das nun legitimiert. Moment, es ist legitimiert. Wir sind die freie, demokratische Welt. Wenn die schon beschliesst, zu töten, ist es doch höchst wahrscheinlich legitim. Nicht, das ich interessiert bin, ich halte nichts von radikalen Formen irgendwelchen Glaubens. Aber ich, und es mag nun zynisch klingen, kann verstehen, was für eine Fülle von Gründen es geben kann, zum IS zu "migrieren". Die selbstgefällige Art und Haltung der westlichen "demokratischen, freien" Welt. Sich damit zu identifizieren verlangt einem wirklich viel ab.

Marco Polo
18.12.15, 20:20
Wenn man sich die Situation in Syrien anschaut (quasi das ganze Land zerbombt), dann gibt es eigentlich nur Verlierer.

Der einzelne Mensch mag dumm sein. Aber grosse Ansammlungen von Menschen (auch was die Uneinigkeit bei Lösungsansätzen der Krise betrifft) scheinen noch mal viel dümmer zu sein.

Es muss also die Frage gestattet sein: Ist Dummheit eine emergente Eigenschaft? :confused:

Marco Polo
18.12.15, 21:51
Nur - und da bin ich nicht bereit, mir im Westen irgendetwas in die Schuhe schieben zu lassen - die Art des Terrors ist haben sich die Herrschaften dort schon selbst ausgedacht!

Was das betrifft, kann man unterschiedlicher Meinung sein. Den Westen trifft sicherlich eine Teilschuld. Das reicht aber nicht für die Rolle des Sündenbocks. Insofern gebe ich dir Recht.

TomS
18.12.15, 21:58
Der Vergleich mit dem 30 jährigen Krieg ist derart abstrus, dass ich nicht mal wissen will, welcher Spinner das besagte Buch verfasst hat. Den dreissigjährigen Krieg anzulehnen an den Glaubenskrieg verblendeter, radikaler Extremisten..., wowow.
Wie immer wäre es hilfreich, sich zuerst zu informieren ...

Bzgl. des Aspektes, den DU ansprichst, zieht der Autor auch keine Parallele; sein Vergleich zielt auf anderen Aspekte ab:

Der Vergleich ging in die Richtung, dass der Konflikt im 17. Jh. erst mit der Erschöpfung aller Kräfte (und Menschen) beendet wurde; so wie eine Flamme nach Verbrauch des Brennstoffs erlischt.

Unangenehmerweise ist der Nachschub an Kriegswilligen heute global organisierbar.

Hermes
19.12.15, 19:59
Es muss also die Frage gestattet sein: Ist Dummheit eine emergente Eigenschaft? :confused:

Keine Frage, sondern Erkenntnis! Sie ist die Kraft die die Masse zusammenhält! Gelingt es dennoch, sie zu überwinden setzt das gewaltige Kräfte frei, hoffentlich größer noch als die Wucht der verdummten Masse. http://www.greensmilies.com/smile/smiley_emoticons_unknownauthor_fuck.gif

inside
21.12.15, 11:34
Wenn das so ist, dann kann ich tausend Dinge finden, die Ähnlichkeiten mit dem Syrien-Konflikt aufweisen und ein Buch/Artikel verfassen, in dem ich meiner pseudointelektuellen Sucht nach Geltungsdrang mal richtig Luft verschaffe.

The_Theorist
21.12.15, 19:25
Im Prinzip liegt jeder richtig. Am Ende ist es die subjektive Betrachtungsweise eines jeden einzelnen. Dass diese nicht konform mit anderen ist, hat wohl noch keiner begriffen, nicht wahr inside....

inside
22.12.15, 09:16
GENAU. ICH habe es NICHT begriffen. Stimmt. DEIN Level rechtfertigt diese Aussage SELBSTVERSTÄNDLICH. Hier mal ein Tipp:
Ihr solltet ein Ranking-System einführen, ala Stack Overflow, welches einige hier ganz alt dastehen liesse, sofern die Beiträge/Antworten auf ihren Inhalt hin geprüft würden anstelle dass sie lediglich auf Ihre Anzahl hin ausgewertet werden. Das passiert bei peer-reviews ständig. Und ein Board, wie dieses, das sich mit Physik beschäftigt, könnte das mal "zielgerichteter" anbieten.

Theorist hat aber schon verstanden, dass ich hier erwähnt habe, dass es kompletter Blödsinn ist, parallelen zwischen dem 30-jährigen Krieg und dem IS-Terror zu ziehen ?
Darum ging es nämlich.

The_Theorist
22.12.15, 12:38
Stimmt, du hast es wirklich nicht begriffen :D

inside
22.12.15, 13:11
Dann heisse ich Dich herzlich willkommen, Du bist auch dabei:
http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?p=79653#post79653

The_Theorist
22.12.15, 13:21
Oh ja, ich war da n bissl blöde. Ich habe mich näher mit virtuellen Teilchen beschäftigen wollen, aber in einem unkomplizierten physikalische Blickwinkel, wie das 15 jährige halt machen wollen. Aber du weißt doch an deinem eigenen Beispiel: Irren ist menschlich.
Fehler machen wir alle, nur du scheinst sie nicht zu verkraften. Dennoch finde ich es immer wieder faszinierend, wie seltsam manche sind und sich von einem hochnäsigen Teenager wie mir zu Grund und Boden richten lassen, obwohl diese doch vom Stand der Dinge her viel weiter sein müssten als ich... :D :D :D
zu viel Satire, ich halts nicht mehr aus huii

inside
22.12.15, 13:36
Satire ist der Ausweg fehlender Argumente.

The_Theorist
22.12.15, 13:40
oder aber die Unlust auf eine dumme Antwort zu antworten...

Hermes
22.12.15, 19:46
Satire ist der Ausweg fehlender Argumente.

Ha-ha, fast so gut wie „Versteckte Bedeutung verwandelt abstrakte Schönheit.“. :D
Mußte daran denken:
http://www.huffingtonpost.de/2015/12/07/neue-studie-nachdenklich-_n_8737228.html

The_Theorist
22.12.15, 20:01
Davon hab ich auch schon gehört. Klug ist man wohl nur, wenn es eigene Sprüche sind. Und ich kenn ne menge leute, die solche Sprüche posten und echt viel in der Birne haben..

amc
24.12.15, 13:01
Davon hab ich auch schon gehört. Klug ist man wohl nur, wenn es eigene Sprüche sind. Und ich kenn ne menge leute, die solche Sprüche posten und echt viel in der Birne haben..

bitte zitiere.



merde = terror. einer der klügsten aktuellen sprüche oder ...


lg, amc ;)

Gauß
29.12.15, 14:24
Ich glaube, es ist eher wichtig, dass wir alle erst mal ruhig bleiben und in der Gesellschaft, in der wir leben, eine Toleranz schaffen, sodass langfristig alle Kulturen friedlich miteinander leben können. Was bitte bringt ein "Kampf gegen den Terror"? Außerdem ist Terror an sich ein so schwer greifbares Phänomen, dass man dagegen an sich gar nicht kämpfen kann. Höchstens gegen seine Ursachen. Man sollte also eher schauen, dass die Menschen gar keinen Anlass haben, zu Terroristen zu werden, finde ich

The_Theorist
29.12.15, 16:29
gar nicht kämpfen wäre auch 'ne Lösung. Ich bin Pazifist, war ich schon immer.
Aber wir werden uns wohl einer alten Überlieferung bemächtigen müssen, die ich euch nicht vorenthalten will (bisschen frei übersetzt im ersten Teil, soll nur den Sinn wiedergeben):

Ein Schüler sagte einst zu seinem Lehrer: "Sie haben mir das Kämpfen beigebracht, doch lehrten sie mich über den Frieden, wie lässt sich das zusammenschließen?"
Da sagte der Lehrer: "Sieh, es ist besser ein Krieger in einem Garten zu sein, als ein Gärtner in einem Krieg."

Ich weiß momentan auch keine bessere Lösung.