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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Frage zu Schwarzen Löchern


Barbarossa
07.12.16, 23:01
Hallo,

nachdem ich gelesen habe, dass es in der Theorie auch geladene Schwarze Löcher gibt, hat das bei mir ein paar Fragen aufgeworfen, auf die ich keine Antwort finde.

Zunächst machte mich stutzig, dass wenn die Ladung der ins schwarze Loch fallenden Teilchen erhalten bleibt, die Teilchen "an sich" ja erhalten bleiben müssen, sonst würden ihre "Eigenschaften" (wie z.B. die Ladung) verloren gehen. Das widerspricht dann doch aber der gängigen Vorstellung einer punkförmigen Singularität, die alle im Schwarzen Loch enthaltene Materie in sich vereint. Wäre nämlich alle Materie (und somit auch alle Teilchen) auf nur einem einzigen Punkt vereint, so könnten diese doch nicht mehr in ihrer Wesensart derat existieren, dass sie ihre Eigenschaften überhaupt noch besitzen. Im Grunde müsste die Singularität sich dann doch wie ein "Superteilchen" verhalten, dass all deren Eigenschaften auf sich vereint, ohne jedoch zugleich ein Teilchen zu sein, dass diese Eigenschaften überhaupt (zugleich) haben kann. Das ginge doch nur, wenn es so etwas wie "nackte Quantenzustände ohne materiellen Träger" gäbe, deren aufsummierte Effekte in der punktförmigen Singularität nur als "Nettobetrag" nach außen wahrnehmbar wären.
Ist das nicht ein "Widerspruchsbeweis" dafür, dass es entweder so etwas wie Singularitäten gar nicht geben kann, oder es keine geladenen Schwarzen Löcher geben kann?

Das zweite "Problem" ist folgendes. Angenommen, wir haben hier ein "handelsübliches" Schwarzes Loch, in das momentan keine weitere Materie stürzt. Was würde eigentlich passieren, wenn man es nur noch mit Unmengen von Elektronen (und nichts anderem) füttern würde?
Zwar ist die Schwerkraft in einem Schwarzen Loch die alles beherrschende Kraft, aber die Schwerkraft ist nunmal um viele Größenordnungen schwächer als die Elektromagnetische Kraft. Jedes Elektron, das ins Schwarze Loch fällt, besitzt nur eine winzige Masse, aber trägt zugleich eine satte Elementarladung von -1. Wäre es auf diese Weise nicht möglich, ein Schwarzes Loch zu "überladen"? Wenn man nur genug gleichartige und somit abstoßend wirkende Elementarladungen ins Schwarze Loch bringt müssten die aufsummierten abstoßenden Wirkungen irgendwann die anziehend wirkenden Gravitationskräfte überwiegen und das Schwarze Loch "explodieren"?

Ich
08.12.16, 08:30
Hallo, willkommen im Forum!

Zunächst machte mich stutzig, dass wenn die Ladung der ins schwarze Loch fallenden Teilchen erhalten bleibt, die Teilchen "an sich" ja erhalten bleiben müssen, sonst würden ihre "Eigenschaften" (wie z.B. die Ladung) verloren gehen. Das widerspricht dann doch aber der gängigen Vorstellung einer punkförmigen Singularität, die alle im Schwarzen Loch enthaltene Materie in sich vereint. Wäre nämlich alle Materie (und somit auch alle Teilchen) auf nur einem einzigen Punkt vereint, so könnten diese doch nicht mehr in ihrer Wesensart derat existieren, dass sie ihre Eigenschaften überhaupt noch besitzen. Im Grunde müsste die Singularität sich dann doch wie ein "Superteilchen" verhalten, dass all deren Eigenschaften auf sich vereint, ohne jedoch zugleich ein Teilchen zu sein, dass diese Eigenschaften überhaupt (zugleich) haben kann. Das ginge doch nur, wenn es so etwas wie "nackte Quantenzustände ohne materiellen Träger" gäbe, deren aufsummierte Effekte in der punktförmigen Singularität nur als "Nettobetrag" nach außen wahrnehmbar wären.
Ist das nicht ein "Widerspruchsbeweis" dafür, dass es entweder so etwas wie Singularitäten gar nicht geben kann, oder es keine geladenen Schwarzen Löcher geben kann?Nein. Zum einen ist die ART eine klassische Theorie, die kümmert sich nicht um quantenmechanische Details. Das SL ist im Rahmen dieser Theorie beweisbar durch die drei Größen Masse, Drehimpuls und Ladung vollständig beschrieben. Ferner ist Ladung erhalten, also findet sie sich in der Singularität wieder und kann nicht einfach verschwinden.
Die "Singularität" ist ein Begriff aus der Mathematik. Das heißt nur, dass die klassischen Formeln ins Unendliche wachsen, was man als Indiz dafür ansieht, das die Formeln in dem Fall nicht mehr gültig sind. Wie diese Singularität in Wirklichkeit aussieht, weiß man nicht, weil man noch keine gültige Theorie für diese Extrembereiche hat. Von daher ist es auch sehr vermessen, dieser "Singularität" einen "Widerspruchsbeweis" anhängen zu wollen.
Das zweite "Problem" ist folgendes. Angenommen, wir haben hier ein "handelsübliches" Schwarzes Loch, in das momentan keine weitere Materie stürzt. Was würde eigentlich passieren, wenn man es nur noch mit Unmengen von Elektronen (und nichts anderem) füttern würde?
Zwar ist die Schwerkraft in einem Schwarzen Loch die alles beherrschende Kraft, aber die Schwerkraft ist nunmal um viele Größenordnungen schwächer als die Elektromagnetische Kraft. Jedes Elektron, das ins Schwarze Loch fällt, besitzt nur eine winzige Masse, aber trägt zugleich eine satte Elementarladung von -1. Wäre es auf diese Weise nicht möglich, ein Schwarzes Loch zu "überladen"? Wenn man nur genug gleichartige und somit abstoßend wirkende Elementarladungen ins Schwarze Loch bringt müssten die aufsummierten abstoßenden Wirkungen irgendwann die anziehend wirkenden Gravitationskräfte überwiegen und das Schwarze Loch "explodieren"?Um diese Ladungen ins SL zu pressen, braucht man Energie. Diese trägt wiederum zur Masse des SL bei. Das Verhältnis von Ladung zu Masse bleibt deswegen unterkritisch.

Timm
08.12.16, 10:03
Nein. Zum einen ist die ART eine klassische Theorie, die kümmert sich nicht um quantenmechanische Details. Das SL ist im Rahmen dieser Theorie beweisbar durch die drei Größen Masse, Drehimpuls und Ladung vollständig beschrieben. Ferner ist Ladung erhalten, also findet sie sich in der Singularität wieder und kann nicht einfach verschwinden.

Ist es nicht so, daß klassisch betrachtet (Vakuum Lösung) die rein gefallene Materie nirgends ist und die Singulariät kein Ort (an dem etwas sein könnte), sondern eine Art Zeitendpunkt? Demnach existiert M nicht an einem Ort, sondern manifestiert sich als unendliche Raumzeitkrümmung bei r=0.
Für die Masse des Elektrons gilt das Gesagte aber wie sieht's mit der Ladung aus? Sie trägt wohl nicht zur Raumzeitkrümmung bei. Es scheint mir aber (klassisch) auch keinen Sinn zu machen, sie in der Singularität, einem Nicht-Ort zu vermuten. Also landet man auch hier bei einer Quantengravitation (falls das jemals gelingt), wie du es schon angedeutet hast.

@ Gute Fragen übrigens, Barbarossa.

Ich
08.12.16, 10:51
Es scheint mir aber (klassisch) auch keinen Sinn zu machen, sie in der Singularität, einem Nicht-Ort zu vermuten.Klassisch ist es so, dass ich r beliebig klein machen kann und die gesamte Ladung immer innerhalb dieses Radius finde (wenn ich mich nicht irre, ich habe mich noch nicht viel mit der inneren Geometrie geladener SL beschäftigt). Du wirst sie also nicht in der wohldefinierten Raumzeit finden. Wo sie dann steckt ist vielleicht eher eine pilosophische Frage, "in der Singularität" wäre aber dann doch nicht falsch.

inside
08.12.16, 11:25
Ich denke so: Nicht rotierende, schwarze Löcher gibt es nicht, weil im All einfach alles rotiert.
Durch die Rotation entsteht die Ladung, als elektromagntischer Effekt.
Kann das nicht sein ?

Timm
08.12.16, 14:15
Wo sie dann steckt ist vielleicht eher eine pilosophische Frage, ...
Ja, könnte sein, bzw. stellt sich nicht wirklich, weil klassisch basierte Überlegungen hier eh versagen.

Ich
08.12.16, 14:54
Ich denke so: Nicht rotierende, schwarze Löcher gibt es nicht, weil im All einfach alles rotiert.
Durch die Rotation entsteht die Ladung, als elektromagntischer Effekt.
Kann das nicht sein ?Nö, dann entsteht aus der Ladung ein Magnetfeld, nicht nur ein elektrisches Feld. Und das Innenleben des SL wird komplizierter, mit Ringsingularität und überhaupt alles böse.

Barbarossa
08.12.16, 15:58
Danke für die freundliche Begrüßung :)

Hallo, willkommen im Forum!

Nein. Zum einen ist die ART eine klassische Theorie, die kümmert sich nicht um quantenmechanische Details. Das SL ist im Rahmen dieser Theorie beweisbar durch die drei Größen Masse, Drehimpuls und Ladung vollständig beschrieben. Ferner ist Ladung erhalten, also findet sie sich in der Singularität wieder und kann nicht einfach verschwinden.
Die "Singularität" ist ein Begriff aus der Mathematik. Das heißt nur, dass die klassischen Formeln ins Unendliche wachsen, was man als Indiz dafür ansieht, das die Formeln in dem Fall nicht mehr gültig sind. Wie diese Singularität in Wirklichkeit aussieht, weiß man nicht, weil man noch keine gültige Theorie für diese Extrembereiche hat. Von daher ist es auch sehr vermessen, dieser "Singularität" einen "Widerspruchsbeweis" anhängen zu wollen.

OK, ich habe mir diese Singularität wohl zu bildlich vorgestellt. Nichts genaues weiß man nicht :confused:


Um diese Ladungen ins SL zu pressen, braucht man Energie. Diese trägt wiederum zur Masse des SL bei. Das Verhältnis von Ladung zu Masse bleibt deswegen unterkritisch.

Übersiehst du das nicht etwas (oder ich), denn die Gravitation zieht die Elektronen Richtung SL, während das elektrische Feld die Elektronen abstößt. Wenn man aber bereits Arbeit aufwenden muss, um die Elektronen entgegen der abstoßenden Wirkung des elektrischen Feldes ins SL zu bekommen, so müsste die abstoßende Wirkung auch innerhalb des SL bereits größer sein als die gravitative Anziehung und das SL somit bereits explodiert sein.
Die Intensität von Gravitations- und Elektromagnetischen Feldern nimmt doch im gleichen Maße mit der Entfernung ab. Wenn außerhalb des Ereignishorizonts des SL ein Feld stärker ist als das andere, so muss das auch innerhalb des Ereignishorizonts gelten, oder? Es kann also nie passieren, dass man Energie aufwenden muss, um etwas ins SL hinein zu bekommen, denn dann wäre es keines (mehr). :confused:

Ich
08.12.16, 19:38
Oh, du unterschätzt da die elektromagnetische Kraft etwas. Wenn wir von Elektronen reden, dann brauchst du für ein SL mit einer Sonnenmasse eine Ladung von 0,1 Coulomb, um Energie aufwenden zu müssen. Die kritische Ladung hingegen liegt bei etwa 10^20 Coulomb.

Wenn ich die Metrik richtig deute, dann hast du bei signifikanter Ladung erst in unmittelbarer Nähe des EH eine Anziehungskraft.