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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hawking-Strahlung


Marco Polo
09.05.18, 23:00
Hi zusammen,

es geht um die Hawking-Strahlung. Zu dieser hätte ich eine Frage als Laie:

Es heisst, dass selbstverständlich auch in der Nähe eines EH virtuelle Teilchenpaare entstehen und vergehen. Das Teilchen mag gerade entkommen, während das Antiteilchen ins SL stürzt.

Soweit so gut. Es dürfte klar sein, dass gemäß dieses Mechanismus die Masse des SL stetig abnimmt und nach aussen eine Strahlung detektiert werden kann (zumindest theoretisch).

So in etwa liest man es immer wieder in der populärwissenschaftlichen Literatur. Das ist doch ein Käse im Quadrat, oder?

Denn warum sollten immer nur oder hauptsächlich die Antiteilchen ins SL stürzen? Es sollten doch genauso so viele Teilchen ins SL stürzen, während die Antiteilchen entkommen.

Dann würde aber die Masse des SL auf Dauer niemals abnehmen. Trozdem gäbe es Hawking-Strahlung. Das passt nicht zusammen, oder?

Yukterez
09.05.18, 23:13
Das ist doch ein Käse im Quadrat, oder? Denn warum sollten immer nur oder hauptsächlich die Antiteilchen ins SL stürzen? Es sollten doch genauso so viele Teilchen ins SL stürzen, während die Antiteilchen entkommen.
Wer hat dir denn erzählt dass Antiteilchen eine negative Masse hätten?

Masse, Lebensdauer und Spin eines Teilchens und seines Antiteilchens sind gleich
mit Betonung auf "Masse ist gleich".

Nicht wissend was für einen Unterschied du dir dadurch erwartest,

http://org.yukterez.net/st13.png

Marco Polo
10.05.18, 00:09
Wer hat dir denn erzählt dass Antiteilchen eine negative Masse hätten?

Eigentlich Niemand. Hatte ich das irgendwo behauptet?

Also nochmal: Sollte es sich so verhalten, wie es in der populärwissenschaftlichen Literatur gerne dargestellt wird, dass von diesem virtuellen Teilchenpaar das Teilchen entkommt, während das Antiteilchen ins SL stürzt, dann würde es für einen aussenstehenden Beobachter so aussehen, als würde ein Materieteilchen vom SL wegfliegen.

Dieses theoretische Gebilde wird dann Hawking-Strahlung genannt.

Wenn ich deinen Einwand richtig deute, dann ist es egal ob das Teilchen oder das Antiteilchen entkommt. Es würde immer Hawking-Strahlung entstehen und die Masse des SL würde stetig abnehmen.

Kann man das so stehen lassen?

Dann gibt es wiederum andere Erklärungen, wonach ein nach innen fliegendes Antimaterie-Teilchen einem in der Zeit umgekehrten Materie-Teichen gleichkommt, mit gleichem Ergebnis bezüglich der Hawking-Strahlung wie bei der obigen Erklärung.

Oft liest man es auch aus entropischer Sicht. Wenn ein Teilchen ins SL stürzt, dann geht Information verloren. Die Masse des SL wächst und der Radius des EH wächst auch, genauso wie die Entropie.

Bei dem in der Zeit umgekehrten Materie-Teilchen, das demnach aus dem Inneren des SL stammt, hätten wir einen Entropieverlust, der sich immer durch Strahlung verrät.

Das ist alles nicht auf meinem Mist gewachsen. Ich stelle es lediglich zur Diskussion.

Auf eine seriöse Diskussion ohne Sarkasmus und Spitzfindigkeiten hoffend,

Marco Polo

JoAx
10.05.18, 00:23
Denn warum sollten immer nur oder hauptsächlich die Antiteilchen ins SL stürzen?

Ich würd's vlt. so begründen:

Beide virtuelle Teilchen haben Masse, aber solange sie sich entsprechend schnell vernichten, wird die dafür nötige Energie dem Vakuum nicht entzogen. Oder entzogen und gleich wieder zurückgegeben. Werden die Teilchen allerdings real, muss die Energie dafür von irgendwoher kommen. Dafür steht in diesem Fall wohl das "Gravitationsfeld" (die Raumzeitkrümmung) gerade.

D.h. also, dass die Masse des SL zunächst um eine bestimmte Energie kleiner wird, wenn das Paar entsteht. Wenn das eine Teilchen hinein fällt, bringt es die Hälfte wieder zurück. Die andere Hälfte verschwindet dann mit dem entkommenen Teilchen.

NACHTRAG:
Man darf auch nicht vergessen, dass vorwiegend e-m Strahlung erzeugt wird, und nicht etwa massive Teilchen.

Bernhard
10.05.18, 06:58
Beide virtuelle Teilchen haben Masse, aber solange sie sich entsprechend schnell vernichten, wird die dafür nötige Energie dem Vakuum nicht entzogen. Oder entzogen und gleich wieder zurückgegeben. Werden die Teilchen allerdings real, muss die Energie dafür von irgendwoher kommen. Dafür steht in diesem Fall wohl das "Gravitationsfeld" (die Raumzeitkrümmung) gerade.
So in etwa argumentiert Hawking auch in der "kurzen Geschichte der Zeit". Siehe dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Hawking-Strahlung#Anschauliche_Interpretation .

Es gibt auch ein Analogon aus der QED. Dort gibt es an einer genügend hohen elektromagnetischen Potentialstufe das kleinsche Paradoxon, welches durch eine Teilchenerzeugung an der Stufe erklärt, bzw. gelöst wird. Ein ausreichend starkes em-Feld kann also auch eine reale Paarproduktion (von Elektronen und Positronen) bewirken.

Benjamin
10.05.18, 08:00
Es heisst, dass selbstverständlich auch in der Nähe eines EH virtuelle Teilchenpaare entstehen und vergehen. Das Teilchen mag gerade entkommen, während das Antiteilchen ins SL stürzt.

Wie kommst du darauf, dass nur das Antiteilchen ins Schwarze Loch stürzt?

Im entsprechenden Wikipedia-Artikel (https://de.wikipedia.org/wiki/Hawking-Strahlung) steht z.B. (unter "Anschauliche Interpretation"): "Diejenigen Teilchen oder Antiteilchen, die dem Schwarzen Loch entkommen, bilden die Hawking-Strahlung."

Bernhard
10.05.18, 10:41
Wie kommst du darauf, dass nur das Antiteilchen ins Schwarze Loch stürzt?
Im Fall der elektromagnetischen Hawking-Strahlung ist das Teilchen im Prinzip auch nicht mehr von dem Antiteilchen zu unterscheiden.

Wie Joax schon geschrieben hat, geht die anschauliche Erklärung nur über die Energiebilanz. Eine virtuelle Schwankung des em-Feldes bekommt aus dem Gravitationsfeld so viel Energie, dass sie real wird und dabei reale Teilchen (z.B. Photonen) erzeugt.

Timm
10.05.18, 15:19
Denn warum sollten immer nur oder hauptsächlich die Antiteilchen ins SL stürzen? Es sollten doch genauso so viele Teilchen ins SL stürzen, während die Antiteilchen entkommen.

Ja, Teilchen und Antiteilchen fallen rein. Beide tragen für den entfernten Beobachter negative Energie.

Wikipedia, Hawking Radiation
An alternative view of the process is that vacuum fluctuations cause a particle–antiparticle pair to appear close to the event horizon of a black hole. One of the pair falls into the black hole while the other escapes. In order to preserve total energy, the particle that fell into the black hole must have had a negative energy (with respect to an observer far away from the black hole). This causes the black hole to lose mass, and, to an outside observer, it would appear that the black hole has just emitted a particle.

Die Teilchen-Antiteilchen Vorstellung ist pop-science und einigermaßen anschaulich. Wirklich zur Sache geht's in der QED.

Interessant ist, daß im flachen Raum erzeugte Unruhstrahlung identisch mit Hawkingstrahlung ist, sofern die Beschleunigung der Beobachter übereinstimmt.

pauli
10.05.18, 23:05
ok, was war die Motivation dazu Quantenfluktuationen zu ... (erfinden, errechnen, postulieren, ...)?

Bernhard
11.05.18, 06:34
ok, was war die Motivation dazu Quantenfluktuationen zu ... (erfinden, errechnen, postulieren, ...)?
Diese Vorstellung stammt aus dem Buch "Eine kurze Geschichte der Zeit" und ist damit nur als Einstieg in die Thematik gedacht. Ich habe oben bereits das kleinsche Paradoxon genannt, welches die Hawking-Strahlung mMn schon etwas besser motiviert.

Die ersten Ideen zur Teilchenproduktion durch ein Schwarzes Loch wurden übrigens bereits in den 50ern von D. Brill und A. Wheeler veröffentlicht. Hawkings Leistung besteht also "nur" darin diesen Vorgang quantitativ berechnet zu haben.

Lesenswert ist auch diese Arbeit: A Primer for Black Hole Quantum Physics (https://arxiv.org/abs/0710.4345).

JoAx
11.05.18, 08:23
Keine Ahnung, es klingt für mich jedenfalls sehr konstruiert weil es auf einer unbeobachtbaren, weiteren Konstruktion beruht: der "Quantenfluktuation", und damit es mit anderen Aussagen nicht kollidiert, postulieren wir einfach sie seien "virtuell", mit ungeahnten Konsequenzen. Dann wird der Casimireffekt als Beweis herangezogen, später ist das dann offenbar doch kein Beweis weil dieses und jenes.

Genau so gut kann man auf der Grundlage einer irgendwie gearteten Multiversum-Theorie alle möglichen weiteren Theorien ableiten.

"Multiversen" liefern nicht mehr beobachtbares. Die Hawking-Strahlung ist zumindest theoretisch beobachtbar, wenn auch real ziemlich schwer realisierbar.

"Wellenfunktion" ist auch nicht beobachtbar. Un-/beobachtbarkeit ist imho jedenfalls kein Killer-Kriterium. Wichtig ist, ob ein Instrument es uns erlaubt, quantitative Aussagen zu machen. Wenn ja, und sie sich mit Beobachtungen decken, dann ist so ein Instrument zumindest nützlich.

Dass manche Effekte mit unterschiedlichen Methoden erklärt werden können, muss kein Nachteil bedeuten. :)

Benjamin
11.05.18, 08:51
"Wellenfunktion" ist auch nicht beobachtbar.

Die Elektronenwellenfunktionen sind sehr schön beobachtbar, siehe z.B.: Complete determination of molecular orbitals by measurement of phase symmetry and electron density (https://www.nature.com/articles/ncomms5156)

Hawkwind
11.05.18, 15:10
Die Elektronenwellenfunktionen sind sehr schön beobachtbar, siehe z.B.: Complete determination of molecular orbitals by measurement of phase symmetry and electron density (https://www.nature.com/articles/ncomms5156)

... doch höchstens die Betragsquadrate der Wellenfunktion, die sog. Wahrscheinlichkeitsdichte. Wellenfunktionen sind ja nur bis auf einen Phasenfaktor eindeutig.

Benjamin
12.05.18, 01:57
... doch höchstens die Betragsquadrate der Wellenfunktion, die sog. Wahrscheinlichkeitsdichte. Wellenfunktionen sind ja nur bis auf einen Phasenfaktor eindeutig.

In der von mir angeführten Publikation wird gezeigt, dass man nicht nur das Betragsquadrat sondern auch die Phasensymmetrie experimentell bestimmen kann. Da stabile Zustände mit einer reellen Wellenfunktion beschrieben werden können, ist die Wellenfunktion somit eindeutig festgelegt.

Here, we report on a key experiment that demonstrates that the phase symmetry can be derived from a strictly experimental approach from the circular dichroism in the angular distribution of photoelectrons. In combination with the electron density derived from the same experiment, the full quantum mechanical wave function can thus be determined experimentally. (...) In the following, we show that simultaneously accessing the phase symmetry and the intensity is possible by measuring the excitation distributions of electronic states in reciprocal space using angle-resolved photoelectron spectroscopy (ARPES) with circular polarized light. (...) This permits the experimental reconstruction of the complete wave function in reciprocal space without guessing important symmetry parameters. The complete real space wave function is then obtained by a subsequent Fourier transformation.

Hawkwind
12.05.18, 08:36
In der von mir angeführten Publikation wird gezeigt, dass man nicht nur das Betragsquadrat sondern auch die Phasensymmetrie experimentell bestimmen kann. Da stabile Zustände mit einer reellen Wellenfunktion beschrieben werden können, ist die Wellenfunktion somit eindeutig festgelegt.

Here, we report on a key experiment that demonstrates that the phase symmetry can be derived from a strictly experimental approach from the circular dichroism in the angular distribution of photoelectrons. In combination with the electron density derived from the same experiment, the full quantum mechanical wave function can thus be determined experimentally. (...) In the following, we show that simultaneously accessing the phase symmetry and the intensity is possible by measuring the excitation distributions of electronic states in reciprocal space using angle-resolved photoelectron spectroscopy (ARPES) with circular polarized light. (...) This permits the experimental reconstruction of the complete wave function in reciprocal space without guessing important symmetry parameters. The complete real space wave function is then obtained by a subsequent Fourier transformation.

Hmm, absolute Phasenfaktoren von Wellenfunktionen haben nunmal keinen Einfluss auf Vorhersagen, können also natürlich auch nicht gemessen werden und das kann hier nicht anders sein. Relative Phasen dagegen zeigen sich in Interferenzen und sind von Relevanz für Vorhersagen. Es kann in dem Artikel nur um Phasenunterschiede zweier Wellen gehen.

Die Autoren sprechen von "measurement of phase symmetry"; der Artikel ist mir leider etwas "technisch" (HOMO und LUMO :)) - das, was im Diagramm dargestellt wird, erinnert aber schon an Interferenzmuster - könnte also Phasenunterschiede zweier Wellenfunktionen(?) widerspiegeln.

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Edit
https://en.wikipedia.org/wiki/Wave_function


In Born's statistical interpretation in non-relativistic quantum mechanics,[8][9][10] the squared modulus of the wave function, |ψ|2, is a real number interpreted as the probability density of measuring a particle's being detected at a given place – or having a given momentum – at a given time, and possibly having definite values for discrete degrees of freedom. The integral of this quantity, over all the system's degrees of freedom, must be 1 in accordance with the probability interpretation. This general requirement that a wave function must satisfy is called the normalization condition. Since the wave function is complex valued, only its relative phase and relative magnitude can be measured—its value does not, in isolation, tell anything about the magnitudes or directions of measurable observables; one has to apply quantum operators, whose eigenvalues correspond to sets of possible results of measurements, to the wave function ψ and calculate the statistical distributions for measurable quantities.

Quantum Of Justice
03.07.18, 09:15
Wie jetzt? Die meisten Teilchen (Anti-) sind masselose, z.b. Photonen welche aus dem Vakuum enstehen und dem SL entkommen.
Die Meisten?? d.h. es entkommen auch massebehaftete? Aber wie? Ich dachte diese Teilchen haben keinen Impuls/Geschw. ? Und wenn doch müsste es ja 99.99999999999999999% Lichtgeschwindigkeit haben. Da es ja direkt neben dem Schwarzschild entsteht und Masse hat, und somit vom SL wieder angezogen wird.

Meine Fragen:
1) Wie weit ist das einte Paar-teilchen weg vom Schwarzschild? eine Plank-Länge? Oder 10^-18m?

2) Wie kann Massebehaftete Teilchen entweichen wenn gleich daneben ein SL ist? Mit beinahne Lichtgeschwindigkeit? das würde doch bedeuten dass es beinahme unendlich viel Trägheit besitzt und somit auch Energie??


Danke und Gruss
QOJ

Quantum Of Justice
03.07.18, 09:21
SIGNATUR

Timm, deine Signatur ist interessant.

Denn meiner Meinung nach können wir Mensch keine Wahrheiten finden. Wir können nur erkennen was Falsch ist und was nicht ist. Also wir können nur falsifizieren.
Sprich wir können erkennen, etwas ist nicht falsch. Dass sagt uns aber rein gar nichts über die Wahrheit...

Timm
04.07.18, 09:27
Timm, deine Signatur ist interessant.

.
Beispiel, der Satz des Pythagoras.

Quantum Of Justice
04.07.18, 09:54
Beispiel, der Satz des Pythagoras.

Genau, der Satz des Pythagoras ist nicht falsch. :p:cool:

Aber du hast recht, bei Mathematik wirds haarig weil es perse keine Naturwissenschaft ist. Ich verbinde wahrheit tendenziell mit dem realen und nicht mit Geistes-/Gedanken-Werkzeuge (wie z.B. Mathe)