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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Frage zur Rotation in der Relativitätstheorie


NickiMina
02.06.18, 14:00
Hallo :)

Bei Wiki steht unter dem Ehrenfestschen Paradoxon, dass ein mitrotierender Beobachter den Raum nichteuklidisch wahrnehmen muss.Erklärt wird dies dadurch, dass Messstäbe die er tangential am Scheibenumfang anlegt kontrahieren und deswegen er einen größeren Umfang misst als wenn die Scheibe in Ruhe wäre -> nichteuklidische Geometrie. Aber warum steht im einleitenden Satz " Es besagt, dass ... und für einen mitrotierenden Beobachter der RAUM eine nichteuklidische Geometrie annimmt", wenn im ganzen Artikel nur auf das SCHEIBENSYSTEM eingegangen wurde ? :o Wird auch der Raum außerhalb des Scheibensystems nichteuklidisch wahrgenommen ?

LG!

Hawkwind
02.06.18, 21:29
Wird auch der Raum außerhalb des Scheibensystems nichteuklidisch wahrgenommen ?

LG!

Ja, es gilt eben nicht die Formel der euklidischen Geometrie
Umfang = 2 * pi * radius
da der Umfang "lorentz-kontrahiert", und das für beliebige Radien.

Marco Polo
03.06.18, 07:08
Ja, es gilt eben nicht die Formel der euklidischen Geometrie
Umfang = 2 * pi * radius
da der Umfang "lorentz-kontrahiert", und das für beliebige Radien.

Der Umfang wird allerdings nur aus Sicht des nicht mitrotierenden Beobachters kontrahiert.

Der mitrotierende Beobachter am Scheibenrand misst den Umfang dilatiert gemäß

U’ = 2*Pi*r / sqrt(1-ω^2*r^2/c^2)

NickiMina
03.06.18, 07:42
@Hawkwind

So habe ich mir das auch gedacht als ich gestern Abend weiter drüber nachgedacht habe, er würde ja seinen Messstab auch bei der Vermessung des umliegenden Raumes öfter anlegen und damit würde er den ganzen Raum nichteuklidisch wahrnehmen :)

@Marco Polo

Der Umfang kontrahiert doch aber gar nicht, er entspricht für einen Beobachter im Laborsystem (nicht rotierend und außerhalb) U=2*Pi*r. Er sieht halt nur, dass mitrotierende nicht verbundene Stäbe kontrahieren und das sind ja die Stäbe des mitrotierenden Beobachters, welcher dann einen größeren Umfang messen müsste. Der im Laborsystem nimmt seine Messstäbe und für ihn kontrahiert nichts und er misst den Umfang der Scheibe U=2*Pi*r. So steht es auch bei Wiki:

"Ehrenfest ging also ursprünglich davon aus, dass der Scheibenumfang im rotierenden Bezugssystem gleich bleibt und im Laborsystem kleiner wird. Tatsächlich bleibt jedoch der Umfang im Laborsystem gleich und wird größer im rotierenden Bezugssystem."


Aber du teilst die Aussage, dass der mitrotierende Beobachter einen nichteuklidischen Raum wahrnimmt um auf meine ursprüngliche Frage zurück zu kommen ?

Marco Polo
03.06.18, 15:33
Der Umfang kontrahiert doch aber gar nicht, er entspricht für einen Beobachter im Laborsystem (nicht rotierend und außerhalb) U=2*Pi*r.

Ja natürlich. Da hab ich gepennt. Danke für die Richtigstellung.

Aber meine Aussage:

Der mitrotierende Beobachter am Scheibenrand misst den Umfang dilatiert gemäß

U’ = 2*Pi*r / sqrt(1-ω^2*r^2/c^2) ist korrekt.

Hawkwind schrieb ja, dass der Umfang "lorentz-kontrahiert, was aus meiner Sicht nicht korrekt ist. Der Umfang dilatiert gemäß obiger Formel.

Aber du teilst die Aussage, dass der mitrotierende Beobachter einen nichteuklidischen Raum wahrnimmt um auf meine ursprüngliche Frage zurück zu kommen ?Ich meine schon. Alle Punkte auf der Scheibe mit unterschiedlichem radialen Abstand, gehören zu unterschiedlichen nicht-inertialen Systemen und das trotz nichtvorhandener Relativbewegung zwischen diesen Punkten. Das führt dann aus Sicht des mitrotierenden Beobachters zur nicht-euklidischen Geometrie der rotierenden Scheibe und auch des umgebenen Raumes.

NickiMina
03.06.18, 17:06
@Marco Polo

Ja das ist ein nicht zu einfaches und teilweise verwirrendes Thema wie ich finde :) Wenn er nicht kontrahiert, was denn aber dann ?Jetzt stehe ich gerade auf dem Schlauch was mir

"Der mitrotierende Beobachter am Scheibenrand misst den Umfang dilatiert gemäß

U’ = 2*Pi*r / sqrt(1-ω^2*r^2/c^2)"

sagen soll :D Schließlich muss die Raumzeit-Veränderung ja die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit bewahren quasi.

Marco Polo
03.06.18, 18:34
@Marco Polo

Ja das ist ein nicht zu einfaches und teilweise verwirrendes Thema wie ich finde :) Wenn er nicht kontrahiert, was denn aber dann ?Jetzt stehe ich gerade auf dem Schlauch was mir

"Der mitrotierende Beobachter am Scheibenrand misst den Umfang dilatiert gemäß

U’ = 2*Pi*r / sqrt(1-ω^2*r^2/c^2)"

sagen soll :D Schließlich muss die Raumzeit-Veränderung ja die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit bewahren quasi.


Dilatiert heisst in diesem Zusammenhang, dass der mitrotierende Beobachter einen größeren Scheibenumfang misst, als der Beobachter im Laborsystem. Und so stehts ja auch bei Wiki.


Längen kennt man aus der SRT eigentlich stets kontrahiert oder bestenfalls unverändert.


In diesem speziellen Fall haben wir es wegen der nichteuklidischen Geometrie aber offenbar mit einer Art Längendilatation zu tun.


Den Begriff habe ich übrigens frei erfunden, ist aber der Tatsache geschuldet, dass der Umfang der Scheibe aus Sicht des mitrotierenden Beobachters am Scheibenrand, dilatiert (gedehnt), also größer 2 pi r gemessen wird.

NickiMina
03.06.18, 18:41
Achso alles klar :) Finde ich schon bemerkenswert ... ich meine die Gegenstände im umliegenden Raum bewegen sich ja für den mitrotierenden Beobachter, also müsste es doch eine Kontraktion geben wegen der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit oder nicht ? Oder sorgt dafür dilatierte Raum ? ^^

Marco Polo
03.06.18, 19:13
Finde ich schon bemerkenswert ... ich meine die Gegenstände im umliegenden Raum bewegen sich ja für den mitrotierenden Beobachter, also müsste es doch eine Kontraktion geben wegen der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit oder nicht ?

Klingt irgendwie logisch. Sollen sich hierzu lieber mal die Experten zu Wort melden.

Gutes Paper zum Ehrenfest-Paradoxon:

https://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/0803/0803.2036.pdf

Für alle Beobachter (inertial oder nicht) ist die Raumzeit flach.

NickiMina
03.06.18, 19:45
Warum denn auf einmal flach, der mitrotierende Beobachter nimmt doch eine nichteuklidische Geometrie wahr ? :o

Englisch ist nicht meine Stärke leider ...

Bernhard
03.06.18, 20:45
Für alle Beobachter (inertial oder nicht) ist die Raumzeit flach.
Ein Wechsel des Bezugssystem ändert nichts an der intrinsischen Geometrie. Man müsste an dieser Stelle wohl sehr genau definieren, wie der Umfang im rotierenden System genau gemessen werden soll. Ich vermute, dass man eine Abweichung von 2*pi*r erst dann bekommt, wenn man mit mehreren Beobachtern oder sonstigen Zusatzannahmen arbeitet, die von der Vorstellung eines starren Körpers abgeleitet werden können.

Vermutlich muss man mit historischen Aussagen auch vorsichtig sein. Exakte Messungen wurden mit einer rotierenden Scheibe meines Wissens noch nicht durchgeführt, weil man da ja auch sofort die beschriebenen Materialeigenschaften berücksichtigen müsste.

Marco Polo
03.06.18, 21:04
Warum denn auf einmal flach, der mitrotierende Beobachter nimmt doch eine nichteuklidische Geometrie wahr ? :o

Englisch ist nicht meine Stärke leider ...

Wir reden hier von einer Aneinanderreihung von nichtinertialen Koordinatensystemen. Da muss nichts gekrümmt sein.

Nachstehende Erklärung ist recht aufschlussreich:

Will man den Umfang einer rotierenden Scheibe "ingenieus" in den Systemen S und S' bestimmen, könnte man sie in eine nicht-mitrotierende Fassung mit Markierungen legen. Der mitrotierende Scheibenrand wrd zuvor ebenfalls markiert.

Rotiert die Scheibe, bleibt der Scheibenradius r in S konstant, der Umfang wird jedoch über die angebrachten Markierungen kontrahiert gemessen; in S' ist der Scheibenradius r' ebenfalls konstant, der Umfang wird jedoch dilatiert gemessen.

Für alle anderen in S' mitrotierenden Beobachter im Intervall 0 bis r' ergeben sich abhängig vom Zentrumsabstand entsprechend andere Umfangswerte, da der Umfang des Scheibenrands "unzulässigerweise" mit den Massstäben aus einem anderen nicht-inertialen Koordinatensystem vermessen wird.

Das vermutlich grösste Problem am Ehrenfest-Paradoxon ist genau diese Aneinanderreihung verschiedener nicht-inertialer Koordinatensysteme über das gesamte Intervall von 0 bis r', die keine globale Betrachtung der rotierenden Scheibe zulässt.

Timm
03.06.18, 21:29
@Marco Polo

Ja das ist ein nicht zu einfaches und teilweise verwirrendes Thema wie ich finde :) Wenn er nicht kontrahiert, was denn aber dann ?Jetzt stehe ich gerade auf dem Schlauch was mir

"Der mitrotierende Beobachter am Scheibenrand misst den Umfang dilatiert gemäß

U’ = 2*Pi*r / sqrt(1-ω^2*r^2/c^2)"

sagen soll :D Schließlich muss die Raumzeit-Veränderung ja die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit bewahren quasi.
Die Raumzeit ist in Abwesenheit von Gravitation flach.
Stell dir auf dem Umfang tangential angeordnete starre Maßstäbe vor. Wenn diese im Laborsystem kontrahiert sind, haben entsprechend mehr davon auf dem dem Umfang Platz. Der Radius ist nicht kontrahiert, ergo ist der Umfang > 2rpi.

Marco Polo
03.06.18, 21:44
Stell dir auf dem Umfang tangential angeordnete starre Maßstäbe vor. Wenn diese im Laborsystem kontrahiert sind, haben entsprechend mehr davon auf dem dem Umfang Platz. Der Radius ist nicht kontrahiert, ergo ist der Umfang > 2rpi.

Und damit ist der Umfang der Scheibe aus Sicht des mitrotierenden Beobachters dilatiert.

Aber ist das auch für R>r´ bzw. >r gültig, also über den Scheibenrand hinaus?

Theoretisch kann man den Scheibenradius ja auch als unendlich groß annehmen.

Hawkwind
03.06.18, 21:46
Klingt irgendwie logisch. Sollen sich hierzu lieber mal die Experten zu Wort melden.

Gutes Paper zum Ehrenfest-Paradoxon:

https://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/0803/0803.2036.pdf

Für alle Beobachter (inertial oder nicht) ist die Raumzeit flach.

Mhm, bin nicht sicher, ob das Papier so gut ist.
Die Diskussionen zum Ehrenfest-Paradoxon sind i.a. rein kinematischer Natur (Lorentz-Kontraktion). In dem Papier geht es um Zentripetalkräfte aufgrund derer Radien verbogen werden.


When the platform is put into rotation, the transmission, from the axis to the rim, of the forces that provoke the acceleration cannot be instantaneous. For this reason, the radii in the platform deform (but keeping themselves in their common plane) at the same time that the length of the rim diminishes, and, contrary to what is usually said, a gap appears between the static and moving circumferences. When the rotation becomes constant, ω, centripetal accelerations go on being transmitted and keeping the radii bent while the perimeter of the rotating platform is shortened according to length contraction formula...
Of course, for high rotation speed, the deformation due to centrifugal forces, which is much bigger than the relativistic deformation, must be taken into account...

Wenn man solche Verzerrungen diskutieren will, dann kommt man doch wohl nicht umhin, die Materialeigenschaften der Scheibe zu berücksichtigen (ihre Schallgeschwindigkeit, Elastizität etc.), oder?

Bin auch nicht sicher, ob dieses Preprint es wirklich bis zur Publikation geschafft hat - habe nur Zitate gefunden, die auf das Preprint verweisen und nicht auf eine Publikation des Autors mit selbigem Titel.

---

Diese hier kam etwa gleichzeitig und erschien in der renommierten Physical Review:
Relativistic contraction and related effects in noninertial frames
H Nikolić - Physical Review A, 2000 - APS
https://journals.aps.org/pra/abstract/10.1103/PhysRevA.61.032109
pdf hier: https://arxiv.org/pdf/gr-qc/9904078
Die Diskussion ist ähnlich. Leider habe ich die Conclusions noch nicht ganz verstanden. :)

Bernhard
03.06.18, 23:38
Aber ist das auch für R>r´ bzw. >r gültig, also über den Scheibenrand hinaus?
In dem Bereich rotiert aber nichts. Deshalb läuft so eine Frage nur darauf hinaus, wie groß die Scheibe sein kann.

NickiMina
04.06.18, 05:18
@Bernhard

Wenn der mitrotierende Beobachter einen ausfahrbaren Maßstab hätte könnte er damit auch den umliegenden Raum vermessen und je größer r ist desto stärker kontrahiert der Maßstab und desto größer würde er den Umang messen, auch über die Scheibe hinaus.

@Marco Polo

Einstein selber, steht vor allem im englischen Wiki zum EP, hat sich selber damit auseinander gesetzt und ist zu dem Schluss gekommen, dass ein mitrotierender Beobachter den Raum gekrümmt wahrnimmt (sein Gedankengang war a das mit diesen Stäben die dann kontrahieren usw...). Das war auch ein wichtiger Hinweis für ihn, dass auch in Gravitationsfeldern eine nichteuklidische Geometrie verwendet werden muss.

Also kann ich mir schwer vorstellen, dass aufeinmal die Raumzeit doch euklidisch sein soll.

Im Wiki steht aufgrund der Unkenntnis oder des Unverständnisses der allgemein bekannten Lösung (das mit den Maßstäben und der nichteukl. Geometrie usw.) werden mehr und mehr andere Sachen als Lösung vorgeschlagen, die so aber nicht stimmen sollen.

Es steht ja in jedem Wiki und sonst dass die allgemeine Lösung ist, dass der mitrotierende Beobachter einen nichteuklidischen Raum wahrnimmt.

Timm
04.06.18, 06:58
Also kann ich mir schwer vorstellen, dass aufeinmal die Raumzeit doch euklidisch sein soll.


Die Verwirrung entsteht, weil du nicht zwischen Raum- und Raumzeitkrümmung unterscheidest. Der Raum kann sehr wohl in Abwesenheit von Gravitation (genauer Quellen der Gravitation entsprechend der Komponenten des Energie-Impuls-Tensors) gekrümmt sein. Ein Beispiel dafür ist das leere (meint Energiedichte Null) FRW-Universum, das mit flacher Raumzeit räumlich negativ gekrümmt ist. Umgekehrt kann ein Universum räumlich flach sein, obwohl die Raumzeit gekrümmt ist, ein Beispiel dafür ist unser Universum. Ein Kriterium für die Anwesenheit von Gravitation ist die relative Beschleunigung benachbarter Geodäten. Wenn du etwa Murmeln nacheinander fallen läßt, vergrößert sich ihr Abstand beschleunigt.

NickiMina
04.06.18, 13:28
@Timm

Jetzt komme ich gerade nicht mit. Kannst du mir das vielleicht erklären ? Inwiefern wird denn da zwischen Raumkrümmung und Raumzeitkrümmung unterschieden ?

Ich
04.06.18, 15:22
Hi alle,

hier noch mein Senf dazu:

Was das Paper betrifft, teile ich Hawkwinds Einschätzung: Das taugt nicht als Referenz.

Zum Thema Längenkontraktion/dilatation: Wir haben eine Scheibe, die sowohl um ruhenden als auch im roterenden Zustand den Radius r haben soll. Das ergibt sich nicht natürlich, normalerweise dehnen sich solche Scheiben aufgrund der Fliehkraft ziemlich, wenn man sie auf Drehzahl bringt. Wir wollen es aber konstant haben und sorgen irgendwie dafür.

Nachstehende Erklärung ist recht aufschlussreich:
Will man den Umfang einer rotierenden Scheibe "ingenieus" in den Systemen S und S' bestimmen, könnte man sie in eine nicht-mitrotierende Fassung mit Markierungen legen. Der mitrotierende Scheibenrand wrd zuvor ebenfalls markiert.

Rotiert die Scheibe, bleibt der Scheibenradius r in S konstant, der Umfang wird jedoch über die angebrachten Markierungen kontrahiert gemessen; in S' ist der Scheibenradius r' ebenfalls konstant, der Umfang wird jedoch dilatiert gemessen.

Das ist nicht richtig. Wenn ich auf der Scheibe 100 Markierungen anbringe, dann bleiben das im Ruhesystem S auch100 Markierungen, auch wenn die Scheibe rotiert. Die können sich ja nicht magisch vermehren. Von daher bleibt deren Abstand gleich. Was sich erst mal komisch anhört, weil der ja kontrahieren sollte.
Auflösung: Die Scheibe steht bekanntermaßen unter Zugspannung, weil der Umfang ja nicht mehr zum Radius passt sondern größer ist. Das Material zwischen den Markierungen ist also wirklich mechanisch gedehnt. Würde man an jede Markierung einen Maßstab mittig so anschrauben, dass deren Enden sich in Ruhe gerade berühren, dann würden die bei Rotation in S kürzer gemessen werden und den Umfang nicht mehr abdecken. Es wären Spalte zwischen ihnen.
Und so passt das dann zusammen: Der Umfang der rotierenden Scheibe, gemessen in S' mit mitrotierenden Maßstäben, ist tatsächlich größer als im nichtrotierenden Zustand. Das bedeutet, dass der Scheibenrand auch tatsächlich gedehnt ist, zwischen den einzelnen Atomen also mehr Platz ist, was mit entsprechenden Spannungen im Material einhergeht. Die Situation ist prinzipiell dieselbe wie beim Bellschen Paradox (https://de.wikipedia.org/wiki/Bellsches_Raumschiffparadoxon). Und die Ursache ist auch dieselbe: Man zwingt einem Körper, der aufgrund seiner Bewegung eigentlich im Ruhesystem kontrahiert erscheinen müsste, eine konstante Länge auf. Da die Lorentzkontraktion ja trotzdem da ist, heißt das zwangsläufig, dass man den Körper tatsächlich, also mechanisch und mit Kraftaufwand und Bruchgefahr, dehnen muss, damit er lorentzkontrahiert wieder gleich groß aussieht.
Würde man die rotierende Scheibe radial ein paar Mal einschneiden wie eine Torte, dann würden sich die einzelnen Tortenstücke sofort auf ihren normale Länge zusammenziehen und sich Lücken zwischen ihnen auftun. Die Stücke sähen dann im Ruhesystem kontrahiert aus, und zwar umso stärker, je weiter außen.

Timm
04.06.18, 17:08
Kannst du mir das vielleicht erklären ? Inwiefern wird denn da zwischen Raumkrümmung und Raumzeitkrümmung unterschieden ?
Ich will's versuchen.

Raumzeitkrümmung: Wird verursacht durch durch Energie/Impuls, z.B. durch eine Masse oder bezogen auf das Universum durch dessen Energiedichte. Sie ist untrennbar mit Gezeitenkräften verbunden, die darauf beruhen, daß sich die Bahnen frei fallender Objekte beschleunigt voneinander weg, bzw. aufeinander zu bewegen. Das Beispiel mit den Murmeln, die in Richtung einer Masse fallen, hatte ich weiter oben schon erwähnt. Für das Universum gilt grundsätzlich Ähnliches.

Raumkrümmung: Ursache wie bei Universum. Die Geometrie des Raums ist durch die Winkelsumme im Dreieck, bzw. durch das Verhältnis Umfang zu Radius festgelegt:

Euklidisch: 180°, 2pi
Sphärisch: > 180°, < 2pi
Hyperbolisch: < 180°, > 2pi

Du findest ohne Mühe im Web Bilder und Erläuterungen hierzu.

Beim Universum bezieht sich die räumliche Geometrie auf einen festen Zeitpunkt, so als wäre die Expansion unterbrochen. Die Messungen der Winkelsumme nähern sich den 180°, wonach die räumliche Geometrie des Universums aus heutiger Sicht euklidisch ist.

Noch zur Geometrie auf der rotierenden Scheibe: Für den ruhenden Beobachter ist sie wegen U/r < 2pi sphärisch, für den mit rotierenden Beobachter wegen U/r > 2pi jedoch hyperbolisch.

NickiMina
04.06.18, 17:26
@ Timm

Danke :) Im Fall der Rotation wird doch aber von der nichteuklidischen Geometrie der Raumzeit gesprochen, oder ? Schließlich verlieren auch Uhren mit unterschiedlichem Abstand zum Mittelpunkt ihre synchronisation und sonst wäre das ja kein Indiz dafür, dass auch in Gravitationsfeldern die Raumzeit gekrümmt ist.

Weshalb wird denn da überall von der nichteuklidischen Geometrie des Raumes (also nicht Raumzeit) gesprochen ? Weil es darum geht, was der mitrotierende Beobachter "sieht" ?

Noch eine allgemeine Frage: Wie hängt denn das Wahrnehmen der nichteuklidischen Geometrie im rotierenden System mit der Lichtablenkung (verursacht durch die Rotation) zusammen? Die muss ja einen Einfluss auf das haben, was der Beobachter wahrnimmt. Ist beides miteinander gleich zu setzen bzw. wird die nichteuklidische Geometrie wegen der Verzerrung der Lichtwege wahrgenommen ?

Benjamin
04.06.18, 18:10
Hallo :)

Bei Wiki steht unter dem Ehrenfestschen Paradoxon, dass ein mitrotierender Beobachter den Raum nichteuklidisch wahrnehmen muss.Erklärt wird dies dadurch, dass Messstäbe die er tangential am Scheibenumfang anlegt kontrahieren und deswegen er einen größeren Umfang misst als wenn die Scheibe in Ruhe wäre -> nichteuklidische Geometrie. Aber warum steht im einleitenden Satz " Es besagt, dass ... und für einen mitrotierenden Beobachter der RAUM eine nichteuklidische Geometrie annimmt", wenn im ganzen Artikel nur auf das SCHEIBENSYSTEM eingegangen wurde ? :o Wird auch der Raum außerhalb des Scheibensystems nichteuklidisch wahrgenommen ?

LG!

Meiner Meinung nach ist der Raum des Laborbezugssystems für den rotierten Beobachter klar nicht euklidisch. Ich schließe das daraus, weil ein Lichtstrahl im Laborsystem für den Beobachter auf der Scheibe gekrümmt verläuft, und der Paralleltransport nicht kommutativ ist. Das heißt, ein Lichtstrahl, der vom Beobachter auf der rotierenden Scheibe tagential zur Drehrichtung losgeschickt wird und dann an einem Spiegel im Laborsystem reflektiert wird, wird nicht zum selben Punkt zurückkommen, von dem er losgeschickt wurde und ist außerdem auch noch Frequenz verschoben aufgrund dessen, dass sich die Relativgeschwindigkeit Spiegel-Beobachter auf der Scheibe geändert hat.

Die Lichtablenkung (nicht Kommutativität des Paralleltransports) kann meiner Meinung nach als Folge einer nicht-euklidischen Geometrie gedeutet werden.

Timm
04.06.18, 18:59
Im Fall der Rotation wird doch aber von der nichteuklidischen Geometrie der Raumzeit gesprochen, oder ?
Bitte Zitat. Wer spricht hier von der Raumzeit? Die Geometrie des Raums (nicht die der Raumzeit!) ist sphärisch bzw. hyperbolisch und damit nicht euklidisch.

Schließlich verlieren auch Uhren mit unterschiedlichem Abstand zum Mittelpunkt ihre synchronisation und sonst wäre das ja kein Indiz dafür, dass auch in Gravitationsfeldern die Raumzeit gekrümmt ist.
Diesen Zusammenhang sehe ich so nicht. Nicht synchronisierte Uhren gibt es in der SRT, also in flacher Raumzeit, Beispiel beschleunigende Rakete, rotierende Scheibe und in ART, Beispiel gravitative Zeitdilatation.

Noch eine allgemeine Frage: Wie hängt denn das Wahrnehmen der nichteuklidischen Geometrie im rotierenden System mit der Lichtablenkung (verursacht durch die Rotation) zusammen? Die muss ja einen Einfluss auf das haben, was der Beobachter wahrnimmt. Ist beides miteinander gleich zu setzen bzw. wird die nichteuklidische Geometrie wegen der Verzerrung der Lichtwege wahrgenommen ?
Es gibt radial Frequenzverschiebungen. Mehr dazu kann vielleicht ein anderer hier sagen.

Benjamin
04.06.18, 19:09
Noch eine allgemeine Frage: Wie hängt denn das Wahrnehmen der nichteuklidischen Geometrie im rotierenden System mit der Lichtablenkung (verursacht durch die Rotation) zusammen? Die muss ja einen Einfluss auf das haben, was der Beobachter wahrnimmt. Ist beides miteinander gleich zu setzen bzw. wird die nichteuklidische Geometrie wegen der Verzerrung der Lichtwege wahrgenommen ?

Soweit ich es sehe, hängt das zusammen, wobei du für die korrekte Beschreibung der Lichtwege die 4-dim. Raumzeit brauchst, d.h. die nicht-euklidsche Geometrie des Raumes alleine ist vermutlich zu wenig.

Aber warum beschäftigt dich die Frage, ob der Raum euklidsch oder nicht erscheint?

NickiMina
04.06.18, 19:25
Ich möchte es einfach verstehen, ich finde den Fall der Rotation in der RT echt interessant :) Es gibt da so viele Lösungsvorschläge und Ideen, nur eine wird aber wahrscheinlich richtig sein...

Also ich kenne einen Physiker der auch meinte, dass ein mitrotierender Beobachter durch die Lichtablenkung so interpretieren würde, als wäre er in einem nichteuklidischen Raum.

Bernhard
04.06.18, 20:39
nur eine wird aber wahrscheinlich richtig sein...
Ich denke da wird hier niemand widersprechen :) .

Also ich kenne einen Physiker der auch meinte, dass ein mitrotierender Beobachter durch die Lichtablenkung so interpretieren würde, als wäre er in einem nichteuklidischen Raum.
Die vierdimensionale Metrik ist für einen Beobachter am Rand der Scheibe je nach Koordinatenwahl natürlich i.A. nicht mehr gleich der Minkowski-Metrik, aber ich denke, das bleibt eine unzufriedenstellende Antwort. Vernachlässigt man weiterhin die Masse und kinetische Energie der Scheibe, bleibt die intrinsische Geometrie des Raumes noch immer die des Minkowski-Raumes, weil der Energie-Impuls-Tensor des Systems überall verschwindet. Und in diesem Sinne würde mich eine Abweichung von U = 2 * pi * r für diesen einzelnen Beobachter noch immer überraschen. Man müsste das mal konkret nachrechnen, was aber schon eine Weile dauert und von mir momentan eher nicht nebenbei gemacht werden kann.

Man könnte als nächstes auch die Masse und kinetische Energie der Scheibe berücksichtigen. Mit Masse und Energie entspricht die Geometrie des Raumes nämlich definitiv nicht mehr der des Minkowski-Raumes, allerdings gilt das ebenfalls für beide Beobachter.

Benjamin
04.06.18, 21:38
Vernachlässigt man weiterhin die Masse und kinetische Energie der Scheibe, bleibt die intrinsische Geometrie des Raumes noch immer die des Minkowski-Raumes, weil der Energie-Impuls-Tensor des Systems überall verschwindet. Und in diesem Sinne würde mich eine Abweichung von U = 2 * pi * r für diesen einzelnen Beobachter noch immer überraschen.

Ich denke, der entscheidende Punkt ist der, dass eine Messung des Kreisumfangs nicht anders möglich ist, als dabei das Bezugssystem zu wechseln. Der Punkt gegenüber auf der Scheibe dreht sich schließlich in die entgegengesetzte Richtung, und jeder andere Punkt am Ende der Scheibe hat wieder eine andere Relativgeschwindigkeit zu dem Punkt, von dem aus man messen möchte.
Das heißt, die Abweichung von U=2Pi*r rührt nicht daher, dass die Minkowski-Metrik nicht gegeben ist, sondern dass eine Strecke entlang unterschiedlicher Bezugssysteme ausgemessen wird, sprich, man kontinuierliche Lorentz-Transformationen durchführt, wenn man über die Strecke integriert, welche im ruhenden Bezugsystem nicht nötig sind, und der Kreisumfang immer 2Pi*r ist.

Meiner Ansicht nach sollte sich alles mit Hilfe des Minkowski-Raumes beschreiben lassen, nicht jedoch mit Hilfe eines euklidschen.

Benjamin
04.06.18, 21:44
Ich möchte es einfach verstehen, ich finde den Fall der Rotation in der RT echt interessant :) Es gibt da so viele Lösungsvorschläge und Ideen, nur eine wird aber wahrscheinlich richtig sein...


Ich denke da wird hier niemand widersprechen :) .



Doch, ich möchte widersprechen. :D

Es gibt immer wieder unterschiedlichste Zugänge in der Physik, wo man nicht eindeutig sagen kann, dieser oder jener sei richtiger. Auch in der SRT, wo man die Lorentz-Kraft auf zwei stromdurchflossene Leiter entweder mit Hilfe des Magnetfeldes berechnen kann, oder allein über lorentz-transformierte elektrische Felder. Andererseits kann man die gesamte RT mit als auch ohne die Vorstellung eines Äthers aufrollen, und erhält letztlich dieselben Aussagen.

Bernhard
04.06.18, 23:31
Meiner Ansicht nach sollte sich alles mit Hilfe des Minkowski-Raumes beschreiben lassen, nicht jedoch mit Hilfe eines euklidschen.
Ich denke NickiMina verwendet beide Begriffe synonym ;) .

Bernhard
04.06.18, 23:32
Es gibt immer wieder unterschiedlichste Zugänge in der Physik
NickiMina ging es oben um die experimentelle Situation, und die sollte natürlich eindeutig sein.

Bernhard
04.06.18, 23:49
Der Punkt gegenüber auf der Scheibe dreht sich schließlich in die entgegengesetzte Richtung, und jeder andere Punkt am Ende der Scheibe hat wieder eine andere Relativgeschwindigkeit zu dem Punkt, von dem aus man messen möchte.
Die Punkte am Rand kann man aufgrund der Symmetrie des Problems im rotierenden Bezugssystem als ruhend annehmen.

Auffällig ist vielmehr, dass bei der Messung des Durchmessers aufgrund der Drehung der Scheibe schon mal eine gekrümmte Lichtbahn verwendet werden muss, was zu einer ersten Abweichung führt.

Man könnte ferner die Eigenzeit des rotierenden Beobachters mit einer 2D-Drehung zu einer plausiblen vierdimensionalen Koordinatentrafo kombinieren und damit die neuen Komponenten des metrischen Tensors ausrechnen. Mit Hilfe der daraus folgenden Geodätengleichungen kann man dann alle benötigten Lichtlaufzeiten ausrechnen und hätte damit eine experimentell überprüfbare Vorhersage.

Ich
05.06.18, 08:51
Die vierdimensionale Metrik ist für einen Beobachter am Rand der Scheibe je nach Koordinatenwahl natürlich i.A. nicht mehr gleich der Minkowski-Metrik, aber ich denke, das bleibt eine unzufriedenstellende Antwort. Vernachlässigt man weiterhin die Masse und kinetische Energie der Scheibe, bleibt die intrinsische Geometrie des Raumes noch immer die des Minkowski-Raumes, weil der Energie-Impuls-Tensor des Systems überall verschwindet. Und in diesem Sinne würde mich eine Abweichung von U = 2 * pi * r für diesen einzelnen Beobachter noch immer überraschen. Man müsste das mal konkret nachrechnen, was aber schon eine Weile dauert und von mir momentan eher nicht nebenbei gemacht werden kann.Die "intrinsische Geometrie des Raumes" ist aber eine Sache der Koordinatenwahl, und das ist auch keineswegs unzufriedenstellend, sondern der Kern der Sache.
Nachrechnen muss man das nicht, das haben andere schon gemacht. Das Problem ist schließlich über 100 Jahre alt.
Die Details sind verzwickt. Karl Hilpolt hat den Artikel von Chris Hillman übersetzt (https://de.wikipedia.org/wiki/Born-Koordinaten), den kann ich sehr ans Herz legen.
Das zentrale Resultat zum Umfang/Durchmesser Verhältnis ist die Langevin-Landau-Lifschitz-Metrik, die recht nah an einer vernünftigen operationalen Definition von Abständen auf einer rotierenden Scheibe ist. Diese lautet
ds² = dr² + r²dφ/(1-r²ω²),
der Umfang ist also größer als 2πr.

Bernhard
05.06.18, 09:17
Die "intrinsische Geometrie des Raumes" ist aber eine Sache der Koordinatenwahl,
Wenn man Winkel und Abstände zur intrinsischen Geometrie rechnet ja, wenn man darunter nur die lokale Krümmung des Raumes versteht, dann nicht unbedingt.

Nachrechnen muss man das nicht, das haben andere schon gemacht.
Umso besser.

Timm
05.06.18, 09:29
Vernachlässigt man weiterhin die Masse und kinetische Energie der Scheibe, bleibt die intrinsische Geometrie des Raumes noch immer die des Minkowski-Raumes, weil der Energie-Impuls-Tensor des Systems überall verschwindet. Und in diesem Sinne würde mich eine Abweichung von U = 2 * pi * r für diesen einzelnen Beobachter noch immer überraschen.
Ich denke du kannst wegen des Limits der Bornschen Starrheit nicht von unendlicher Starrheit ausgehen. Die Folge ist U/r > 2 pi und damit hyperbolische Geometrie, wozu es etliche Publikationen gibt, z.B.
http://dergipark.gov.tr/download/article-file/217765

Der Energie-Impuls-Tensor verschwindet nicht, weil Stress Komponenten <> 0 sind.
http://sasuke.econ.hc.keio.ac.jp/~ken/physics-faq/rigid_disk.html
The stresses in the rigid disk warp spacetime. This is plausible, even assuming the mass of the disk is negligible.

Ich vermute, daß mit Stress bei Vernachlässigung der Masse der Scheibe (T_00 = 0) K = -1 ist, was hyperbolische Geometrie bedeutet.

Ich
05.06.18, 09:56
Ich vermute, daß mit Stress bei Vernachlässigung der Masse der Scheibe (T_00 = 0) K = -1 ist, was hyperbolische Geometrie bedeutet.Diese Geometrie entsteht rein kinematisch aus den rotierenden Koordinaten in leerer Raumzeit. Der Spannungs-Energie-Tensor ist Null und hat nichts damit zu tun.

Bernhard
05.06.18, 10:00
Der Spannungs-Energie-Tensor ist Null und hat nichts damit zu tun.
@Timm: Das folgt übrigens ganz allgemein und direkt aus der Transformationseigenschaft eines Tensors. Wenn alle Komponenten eines Tensors in einem Bezugssystem Null sind, sind sie es auch in allen anderen "erlaubten" Bezugssystemen. Das gilt also für den Energie-Impuls-Tensor und für alle bekannten Krümmungstensoren.

Benjamin
05.06.18, 10:09
Die Punkte am Rand kann man aufgrund der Symmetrie des Problems im rotierenden Bezugssystem als ruhend annehmen.


Das Problem ist aufgrund der Corioliskraft nicht symmetrisch. D.h. es ist etwas anderes, ob man sich zur Mitte oder von der Mitte weg bewegt. Daher kommt auch die Lichtablenkung, wenn man einen Lichtstrahl zur Mitte hin oder von ihr weg schickt.

Will man also nicht nur einen lokalen Punkt auf der Scheibe als Bezugssystem wählen, wo eine Betrachtung der Zentrifugalkraft ausreicht, sondern die gesamte Scheibe, dann muss man auch die Corioliskraft mit berücksichtigen.

Timm
05.06.18, 10:25
Diese Geometrie entsteht rein kinematisch aus den rotierenden Koordinaten in leerer Raumzeit. Der Spannungs-Energie-Tensor ist Null und hat nichts damit zu tun.
Aber grundsätzlich ist doch Spannung eine Quelle der Gravitation, oder? Anders kann ich "The stresses in the rigid disk warp spacetime" nicht deuten.

Benjamin
05.06.18, 10:47
Aber grundsätzlich ist doch Spannung eine Quelle der Gravitation, oder? Anders kann ich "The stresses in the rigid disk warp spacetime" nicht deuten.

Ein sich auf einer Kreisbahn bewegender Körper trägt immer Impuls und Energie und damit zu einem Gravitationsfeld bei. Das Gravitationsfeld, das er dabei verursacht, ist jedoch nicht für die Lichtablenkung verantwortlich, die er beobachtet. Die rührt daher, weil er sein (inertiales) Bezugssystem kontinuierlich ändert.

Genauso trägt ein sich linear beschleunigender Körper zu einem Gravitationsfeld bei. Dieses Gravitationsfeld ist aber nicht für die Lichtablenkung eines Lichtstrahles verantwortlich, die ein Beobachter im Bezugssystem des Körpers wahrnimmt. Die rührt daher, weil er sein (inertiales) Bezugssystem kontinuierlich ändert.

Ich
05.06.18, 12:19
Aber grundsätzlich ist doch Spannung eine Quelle der Gravitation, oder? Anders kann ich "The stresses in the rigid disk warp spacetime" nicht deuten.Das stimmt, und du hast die zitierte Aussage m.E. auch richtig gedeutet. Ich halte sie aber für falsch, die annähernd hyperbolische Geometrie ergibt sich einfach aus den gewählten Beobachtern/Koordinaten, wie im Wikipediaartikel ausgeführt.

Timm
05.06.18, 16:03
Das stimmt, und du hast die zitierte Aussage m.E. auch richtig gedeutet. Ich halte sie aber für falsch, die annähernd hyperbolische Geometrie ergibt sich einfach aus den gewählten Beobachtern/Koordinaten, wie im Wikipediaartikel ausgeführt.
Hier sind wir bei der ART. Der Autor erwähnt "stress", was nach meiner Ansicht der Scherspannung im Energie-Impuls-Tensor entspricht. Er sagt nichts über die Krümmung, das war meine vielleicht falsche Interpretation. Zur Klarstellung, weshalb sollte man denn die Scherspannung der rotierenden Scheibe nicht berücksichtigen?

Abgesehen davon, wirkt Scherspannung als Quelle der Gravitation anziehend? Falls ja, spricht das ja eher für einen Beitrag zu positiver Krümmung.

Diese Geometrie entsteht rein kinematisch aus den rotierenden Koordinaten in leerer Raumzeit. Der Spannungs-Energie-Tensor ist Null und hat nichts damit zu tun.
Das deute ich so, daß die rotierenden Scheibe nicht unter Scherspannung steht, was ich nicht verstehe, s. oben.

Ich finde es einfach spannend, die Aussagen der ART mit jenen der SRT zu vergleichen, Krümmung_ART versus Krümmung_SRT . Das Dilemma bei Letzterer scheint die lokale "Einbettung" nicht-euklidischer Geometrie in global euklidische Geometrie zu sein.

EDIT Ich sehe gerade,

https://phys.libretexts.org/TextBooks_and_TextMaps/Relativity/Book%3A_Special_Relativity_(Crowell)/09%3A_Flux/9.2%3A_The_Stress-Energy_Tensor
EXAMPLE 9.2.5 : A ROPE UNDER TENSION

daß Spannung wie negativer Druck wirkt, was dann doch ein Beitrag zu hyperbolischer Krümmung wäre.

Timm
05.06.18, 16:16
@Timm: Das folgt übrigens ganz allgemein und direkt aus der Transformationseigenschaft eines Tensors. Wenn alle Komponenten eines Tensors in einem Bezugssystem Null sind, sind sie es auch in allen anderen "erlaubten" Bezugssystemen. Das gilt also für den Energie-Impuls-Tensor und für alle bekannten Krümmungstensoren.
Du scheinst hier die Kovarianz der ART anzusprechen. Nehmen wir an, die rotierende Scheibe steht unter Scherspannung. Dann ist der sie beschreibende EIT beobachterunabhängig und ist nicht identisch mit dem der nicht rotierenden Scheibe. Aber offenbar siehst du das anders, weshalb?

Timm
05.06.18, 16:36
Ein sich auf einer Kreisbahn bewegender Körper trägt immer Impuls und Energie und damit zu einem Gravitationsfeld bei.

Genauso trägt ein sich linear beschleunigender Körper zu einem Gravitationsfeld bei.
Den Kontext zur Scherspannung sehe ich nicht.

Ja, Masse ist eine Quelle der Gravitation, auch unbeschleunigt.
Sie ist aber bei einer beschleunigenden Rakete völlig vernachlässigbar. In ihr fallen Murmeln ohne beschleunigte Geodäten Abweichung.

Bernhard
05.06.18, 17:02
Du scheinst hier die Kovarianz der ART anzusprechen.
Es ging mir oben eher um einen vergleichsweise trivialen Spezialfall. Eine Erklärung dazu folgt gleich.

Nehmen wir an, die rotierende Scheibe steht unter Scherspannung. Dann ist der sie beschreibende EIT beobachterunabhängig
Der EIT ist nur dann beobachterunabhängig, wenn er in einem System gleich Null ist. In der ART ist das Vakuum zum Glück noch gutmütig und beobachterunabhängig. Anders ausgedrückt: Von nichts kommt nichts, oder: wo nichts ist, ist nichts, egal für welchen Beobachter.

In allen anderen Fällen ist der EIT beobachterabhängig. Wenn man beispielsweise in einem System nur die T^00-Komponente hat, bekommt man über einen Lorentz-Boost sofort auch Impuls-Komponenten T^ij, usw.

Bernhard
05.06.18, 17:18
Karl Hilpolt hat den Artikel von Chris Hillman übersetzt (https://de.wikipedia.org/wiki/Born-Koordinaten), den kann ich sehr ans Herz legen.
Ja, der Artikel ist super. Da werden, so weit ich es gesehen habe, alle hier gestellten Fragen thematisiert.

Timm
06.06.18, 08:38
In allen anderen Fällen ist der EIT beobachterabhängig. Wenn man beispielsweise in einem System nur die T^00-Komponente hat, bekommt man über einen Lorentz-Boost sofort auch Impuls-Komponenten T^ij, usw.
Bleiben wir mal bei der Scherspannung (einer gedehnten Feder oder einer rotierenden Scheibe), die ein physikalisches Phänomen ist. Je nach Material entsteht Strahlung etc. Ist die Scherspannung repräsentiert durch T^ik (https://en.wikipedia.org/wiki/Stress%E2%80%93energy_tensor) beobachterabhängig?

Kannst du noch etwas auf die "kovariante Ableitung des EIT" eingehen? Was bedeutet das im Vergleich zum EIT.

Hierzu möchte ich nochmal nachfragen:
@Timm: Das folgt übrigens ganz allgemein und direkt aus der Transformationseigenschaft eines Tensors. Wenn alle Komponenten eines Tensors in einem Bezugssystem Null sind, sind sie es auch in allen anderen "erlaubten" Bezugssystemen. Das gilt also für den Energie-Impuls-Tensor und für alle bekannten Krümmungstensoren.
Beziehst du dich hier die rotierende vs. nicht rotierenden Scheibe? Es liest sich für mich so, als wolltest du sagen, wenn die nicht rotierende Scheibe ohne Scherspannung ist, gilt das auch für die rotierende Scheibe. Das kann ja wohl nicht sein, denn die Scheiben unterscheiden sich durch die reingesteckte Energie.

Bernhard
06.06.18, 09:31
Ist die Scherspannung repräsentiert durch T^ik (https://en.wikipedia.org/wiki/Stress%E2%80%93energy_tensor) beobachterabhängig?
Die Scherspannung kann man wie eine Masse interpretieren. Im Ruhesystem misst man die Ruhemasse. Im bewegten System bekommt man Zusatzterme, die im Fall eines Massepunktes z.T. mit relativistischer Masse bezeichnet werden.

Kannst du noch etwas auf die "kovariante Ableitung des EIT" eingehen? Was bedeutet das im Vergleich zum EIT.
Das Thema habe ich hier nicht eingebracht. Es gilt aber, dass die kovarianten Ableitungen des EIT verschwinden. Das ist die Energieerhaltung in der ART.

Timm
06.06.18, 10:17
Die Scherspannung kann man wie eine Masse interpretieren. Im Ruhesystem misst man die Ruhemasse. Im bewegten System bekommt man Zusatzterme, die im Fall eines Massepunktes z.T. mit relativistischer Masse bezeichnet werden.

Das denke ich demnach



https://phys.libretexts.org/TextBooks_and_TextMaps/Relativity/Book%3A_Special_Relativity_(Crowell)/09%3A_Flux/9.2%3A_The_Stress-Energy_Tensor
EXAMPLE 9.2.5 : A ROPE UNDER TENSION

daß Spannung wie negativer Druck wirkt, was dann doch ein Beitrag zu hyperbolischer Krümmung wäre.

nicht, denn negativer Druck wirkt gravitativ abstoßend.

Aber abgesehen davon verstehe ich dich so, daß Scherspannung beobachterunabhängig ist, man sie also nicht wegtransformieren kann, richtig?

Klar ist, im Ruhesystem mißt man im Gegensatz zum rotierenden System keine Scherspannung.

Bernhard
06.06.18, 10:50
Klar ist, im Ruhesystem mißt man im Gegensatz zum rotierenden System keine Scherspannung.
Im Laborsystem wirken auf die Scheibe am Rand auch Fliehkräfte, welche zu einem inneren Druck führen. Die zugehörigen Kräfte würde ich im Rahmen einer anschaulichen Erklärung auch zu den Scherkräften rechnen.

Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass diese Kräfte für die Erklärung des ehrenfestschen Paradoxons meiner Meinung nach eine ziemlich untergeordnete, bzw. zu vernachlässigende Rolle spielen.

Ich
06.06.18, 14:34
Hier sind wir bei der ART. Der Autor erwähnt "stress", was nach meiner Ansicht der Scherspannung im Energie-Impuls-Tensor entspricht. Er sagt nichts über die Krümmung, das war meine vielleicht falsche Interpretation. Zur Klarstellung, weshalb sollte man denn die Scherspannung der rotierenden Scheibe nicht berücksichtigen?
[...]
Das deute ich so, daß die rotierenden Scheibe nicht unter Scherspannung steht, was ich nicht verstehe, s. oben.

Ich finde es einfach spannend, die Aussagen der ART mit jenen der SRT zu vergleichen, Krümmung_ART versus Krümmung_SRT . Das Dilemma bei Letzterer scheint die lokale "Einbettung" nicht-euklidischer Geometrie in global euklidische Geometrie zu sein.
Ich weiß nicht, ob wir noch vom selben reden. Die Aussagen zur Geometrie im Ehrenfestschen Paradoxon sind rein kinematischer Natur. Das ist die Geometrie auf einer rotierenden Scheibe, wenn man die Scheibe selbst komplett vernachlässigt. Nur ein rotierendes Bezugssystem.
Wenn man sich dann eine echte Scheibe (ohne ihren gravitativen Einfluss) dazudenkt, dann kommt heraus, dass sie sich dehnen muss, wie in meinem Beitrag #20 (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?p=87666#post87666) beschrieben.
Wenn man das Gravitationsfeld der Scheibe wissen will, dann gibt es wohl für den spannungs- und drucklosen Zustand eine exakte Lösung (https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.75.3046). Ob das hilfreich ist, weiß ich nicht.

Timm
06.06.18, 15:08
Ich weiß nicht, ob wir noch vom selben reden.
Nein, angeregt durch diesen Artikel


http://sasuke.econ.hc.keio.ac.jp/~ken/physics-faq/rigid_disk.html

zur Thematik 'rotierende Scheibe' bin ich noch bei der ART (Stichwort Scherspannung) und damit nicht mehr bei der Kinematik des Ehrenfestschen Paradoxons. Es kam offenbar nicht rüber, daß ich die räumlich Krümmung ART vs. EP vergleichen wollte. Ob das wirklich Sinn macht, ist eine andere Frage, hinzu kommt off-topic.

Timm
06.06.18, 15:14
Im Laborsystem wirken auf die Scheibe am Rand auch Fliehkräfte, welche zu einem inneren Druck führen. Die zugehörigen Kräfte würde ich im Rahmen einer anschaulichen Erklärung auch zu den Scherkräften rechnen.


Ich fürchte, wir haben da ein Mißverständnis. Ich war zuletzt mit dem Energie-Impuls-Tensor und der Scherspannung der rotierenden Scheibe bei der ART und hätte besser statt "Ruhesystem" nicht-rotierendes System (also ohne Scherspannung) schreiben sollen. Damit bin ich natürlich nicht mehr im Rahmen der SRT. Es ist ein Nebenschauplatz, der mich einfach interessiert.

@Alle Die Frage, ob die Scherspannung (T^ik (https://en.wikipedia.org/wiki/Stress%E2%80%93energy_tensor) im EIT) der rotierenden Scheibe beobachterunabhängig ist blieb offen. Ich denke ja, falls nein, weshalb?

Bernhard
06.06.18, 19:23
Es ist ein Nebenschauplatz, der mich einfach interessiert.
Das war mir schon klar. Zum einen habe ich diesen Nebenschauplatz auch bereits in #27 eingeführt und zum anderen ist das eigentliche Thema mit dem WP-Artikel zu den Born-Koordinaten eigentlich schon abgeschlossen.

@Alle Die Frage, ob die Scherspannung (T^ik (https://en.wikipedia.org/wiki/Stress%E2%80%93energy_tensor) im EIT) der rotierenden Scheibe beobachterunabhängig ist blieb offen. Ich denke ja, falls nein, weshalb?
Ich zerlege dazu die Scheibe im Laborsystem in dünne radiale Einzelstücke. Jedes Einzelstück verhält sich dann in etwa wie eine Feder, die aufgrund ihres Eigengewichtes gedehnt wird. Man erhält so ein bestimmtes Kraftfeld, welches die Scheibe in radialer Richtung dehnt und damit zu einer gewissen Verformungsenergie führt.

Nun kann man sich auch überlegen, wie sich die Zugkräfte bei einem Wechsel des Bezugssystems verhalten. Bei einem Wechsel vom Laborsystem zu dem System eines Langevin-Beobachters kann ich momentan keine Unterschiede finden. Wenn ich allerdings auf das Laborsystem einen Lorentz-Boost anwende, transformiert sich der Kraftvektor wie ein Vierervektor und wird damit beobachterabhängig. Ein solcher Beobachter würde dann eine deformierte rotierende Scheibe beobachten, wenn ich mich nicht irre.

Timm
07.06.18, 17:08
Nun kann man sich auch überlegen, wie sich die Zugkräfte bei einem Wechsel des Bezugssystems verhalten.
Da kommt mir der Vergleich mit Gezeitenkräften in den Sinn. Ob das Sinn macht, weiß ich nicht.

Mit einem schmalen radialen Streifen der Scheibe hat man einen rotierenden Stab. Könnten Beobachter auf dem Stab anhand der "Zugkräfte" zwischen Rotation im flachen Raum und Gezeitenkräften in gekrümmter Raumzeit unterscheiden? Jedenfalls steht der Stab in beiden Fällen unter Spannung. Spannend wäre zu sehen, ob und wie der ihn beschreibende EIT sich unterscheidet.

Gezeitenkräfte sind nicht koordinatenabhängig aber die Frage ist, ob man das auf den Fall der Rotation übertragen kann.

Bernhard
07.06.18, 22:04
Gezeitenkräfte sind nicht koordinatenabhängig
Auch da möchte ich aufgrund der Deviationsgleichung widersprechen. Dort werden die Kräfte auch als Vierervektor beschrieben. Die Komponenten eines Vierervektors sind aber als Zahl koordinatenabhängig.

Kann es sein, dass Du Dir innere Spannungen als Skalar vorstellst?

Timm
08.06.18, 09:36
Auch da möchte ich aufgrund der Deviationsgleichung widersprechen. Dort werden die Kräfte auch als Vierervektor beschrieben. Die Komponenten eines Vierervektors sind aber als Zahl koordinatenabhängig.


https://www.physicsforums.com/threads/principle-of-equivalence.837378/page-2#post-5264648 #37
Tidal forces are measurable, physical quantities (like proper acceleration) that don't depend on what frame or coordinate system they are measured in.

So sehe ich das auch. Wie würdest du begründen, daß ein Meßergebnis, ein Zeigerausschlag, koordinatenabhängig ist?

Bernhard
08.06.18, 10:33
Wie würdest du begründen, daß ein Meßergebnis, ein Zeigerausschlag, koordinatenabhängig ist?
Koordinaten sind Skalen. Wenn ich einen Wert, wie beispielsweise eine Länge messe, messe ich mit einer vorher festgelegten Skala, bzw. einer Einheit. Wenn ich diese Einheit ändere, ändern sich notwendigerweise auch die Messwerte. So macht es auch einen Unterschied, ob ich in m oder km messe. 1 km = 1000 m.

Timm
08.06.18, 13:48
Koordinaten sind Skalen. Wenn ich einen Wert, wie beispielsweise eine Länge messe, messe ich mit einer vorher festgelegten Skala, bzw. einer Einheit. Wenn ich diese Einheit ändere, ändern sich notwendigerweise auch die Messwerte. So macht es auch einen Unterschied, ob ich in m oder km messe. 1 km = 1000 m.
Ob du im Ruhesystem 1 km oder 1000 mißt, die Eigenlänge ist dieselbe. Nicht das ist mit Koordinatenabhängigkeit gemeint, sondern die Abhängigkeit von einem gewählten BS, was bei einer Längenmessung zutrifft. Aber nach meiner Meinung nicht auf Gezeitenkräfte. Statt Koordinatenabhängigkeit wird häufig der Begriff Beobachterabhängigkeit verwendet.

Bernhard
08.06.18, 21:18
Aber nach meiner Meinung nicht auf Gezeitenkräfte.
OK. Ich habe übersehen, dass Gezeitenkräfte per Definition in einem frei fallenden Bezugssystem gemessen werden. Legt man zusätzlich das Einheitensystem fest (SI, o.ä.), dann ist das Ergebnis eindeutig.

EDIT: Zusätzlich wird damit nun aber auch klar, dass die Fliehkräfte in der Scheibe keine Gezeitenkräfte sind, sondern durch den EI-Tensor beschrieben werden müssen, weil die Fliehkräfte ja nicht in einem frei fallenden BS, sondern in einem BS mit einem bestimmten Radius gemessen werden.

Timm
09.06.18, 09:04
OK. Ich habe übersehen, dass Gezeitenkräfte per Definition in einem frei fallenden Bezugssystem gemessen werden.
Gezeitenkräfte und Fliekräfte generieren eine prinzipiell meßbare Spannung im Objekt, die sich mit negativem Vorzeichen im Energie-Impuls-Tensor niederschlagen sollte(*). Ob es da aber im 'wie genau' einen generischen Unterschied gibt, weiß ich nicht.

Jedenfalls gehe ich davon aus, daß beide Phänomene beobachterunabhängig sind.

Man kann sich fragen, wie Beobachter auf dem Stab zwischen Gezeiten- und Fliekräften unterscheiden können. Wahrscheinlich mittels ausgetauschter Lichtsignale. Was denkst Du?

(*) Angenommen die Komponenten des EIT, der einen unter Spannung stehenden Stab beschreibt, liegen vor. Offenbaren sie die Ursache der Spannung? Naiv würde ich erwarten nein.

EDIT Zur Klarstellung. Wir vergleichen den Stab frei fallend in gekrümmter Raumzeit und rotierend in flacher Raumzeit.

Bernhard
09.06.18, 10:13
Was denkst Du?
Ich würde die Idee mit den Gezeitenkräften hier erst mal fallen lassen. Wenn wir die Scheibe mit Langevin-Beobachtern und Born-Koordinaten beschreiben, so verschwindet für alle denkbaren (Einzel-)Beobachter (oder Bezugssysteme) der riemannsche Krümmungstensor und damit auch die Gezeitenkräfte.

Schwieriger wird es mit den Spannungen in der Scheibe aufgrund der Rotation. Diese können entweder im Laborsystem oder von einem Langevin-Beobachter oder einem noch zu definierenden Beobachter gemessen werden. Was diese Beobachter genau messen sollen, müsste noch präziser beschrieben werden.

EDIT: Man kann sich dazu den Energie-Impuls-Tensor einer Flüssigkeit im Gleichgewicht https://en.wikipedia.org/wiki/Stress%E2%80%93energy_tensor#Stress–energy_of_a_fl uid_in_equilibrium ansehen. Dort sieht man, dass er Vierergeschwindigkeiten enthält, die beobachterabhängig sind. Bliebe zu klären, ob Druck- und Dichteverteilungen Skalarfelder sind. Die Dichte ist, so viel ich weiß, kein Skalarfeld und damit beobachterabhängig. Um zu beobachterunabhängigen Größen zu kommen, kann man versuchen den EI-Tensor aus anderen Größen darzustellen.

Timm
09.06.18, 17:34
Man kann sich dazu den Energie-Impuls-Tensor einer Flüssigkeit im Gleichgewicht https://en.wikipedia.org/wiki/Stress%E2%80%93energy_tensor#Stress–energy_of_a_fl uid_in_equilibrium ansehen. Dort sieht man, dass er Vierergeschwindigkeiten enthält, die beobachterabhängig sind. Bliebe zu klären, ob Druck- und Dichteverteilungen Skalarfelder sind.
https://en.wikipedia.org/wiki/Stress%E2%80%93energy_tensor#/media/File:StressEnergyTensor_contravariant.svg

In dem Zusammenhang interessiert mich, welche Elemente im EIT die Spannung im Stab (der Einfachkeit halber, statt der Scheibe) abbilden. Geht man von der Impulsdichte T^10 aus, dann generiert der Fluß des x-Impulses in x-Richtung über die Oberfläche den Druck T^11 (grün) und in y- und z-Richtung orthogonal zur zur Oberfläche die Scherspannungen T^12, T^13 (blau).

Ich sehe im Moment nicht, wie im Stab Scherung, also Fluß in orthogonaler Richtung, entstehen sollte. Äußert sich die Spannung als negativer Druck? Und wie klärt man Fragen dieser Art heuristisch (also ohne tiefer in die Mathematik einzusteigen)?

Bei der Scheibe kann ich mir eher Scherung vorstellen, aber dann wird's nochmal komplizierter, wenn man beides hat, Scherung und Druck. Dazu habe ich einigermaßen gründlich recherchiert, ohne fündig zu werden.

Es kam vielleicht noch nicht rüber, es geht mir um ein etwas besseres Verständnis des EIT, weniger um exotische Beispiele, die aber als Vehikel hilfreich sein können.

Bernhard
09.06.18, 18:06
es geht mir um ein etwas besseres Verständnis des EIT, weniger um exotische Beispiele, die aber als Vehikel hilfreich sein können.
Ja, das ist ein interessantes Thema, welches wir auch auslagern könnten.

Die Dichte ist die zeitartige Komponente des Materiestrom-Vektors. Damit ist die von mir verlinkte Form des EIT für Deine Frage nicht ausreichend.

EDIT: Es geht aber auch einfacher. Die einzelnen Massenelemente der Scheibe bewegen sich auf Bahnen mit einer Zwangsbedingung und das kann man mit einer Viererkraft beschreiben. Im vorliegenden Fall geht das vergleichsweise einfach mit: m * d^2dx^{\mu}/dtau^2 = f^{\mu}. Man bekommt damit für jeden Ort in der Scheibe eine bestimmte Viererkraft, auf welche die Scheibe dann mit einer inneren Spannung reagiert.

Bernhard
09.06.18, 20:28
Dazu habe ich einigermaßen gründlich recherchiert, ohne fündig zu werden.
Man kann da ganz allgemein nach relativistic continuum mechanics suchen.

Timm
10.06.18, 14:34
Man kann da ganz allgemein nach relativistic continuum mechanics suchen.
Oder noch allgemeiner nach rotating disc tensile load shear stress.

Scherspannung in der rotierenden Scheibe kann man wohl als nicht vorhanden abhaken.

http://www.codecogs.com/library/engineering/materials/rotating-discs-and-cylinders.php
Due to the rotation of the disc, Circumferential \displaystyle f (Hoop) and radial \displaystyle p Stresses will occur. Both these Stresses are Tensile

Nach meinem Verständnis fließt Impulsdichte in beiden Fällen, radial und tangent, durch die Einheitsfläche. Damit hat der EIT nur diagonale Elemente. Siehst Du das auch so?

Bernhard
10.06.18, 17:15
Damit hat der EIT nur diagonale Elemente. Siehst Du das auch so?
Im Minkowski-Raum sicher nicht. Dort gilt als erster Ansatz: https://de.wikipedia.org/wiki/Energie-Impuls-Tensor#Der_Energie-Impuls-Tensor_der_Hydrodynamik. Dichte und Druck kann man als rotationssymmetrisch annehmen. Die Komponenten des EIT werden dann hauptsächlich von dem Feld der (Vierer-)Geschwindigkeiten auf der Scheibe bestimmt. Ein einzelner herausgegriffener Geschwindigkeitsvektor rotiert mit der Scheibe an jedem Punkt mit. Liegt die Scheibe in der xy-Ebene hat der Geschwindigkeitsvektor i.A. nur in der z-Komponente eine Null. Das (dyadische) Produkt des Geschwindigkeitsvektor mit sich selbst hat also nur in den Komponenten 03, 13, 23, 30, 31, 23 und 33 eine Null stehen. Das überträgt sich bis auf die Komponente 33 dann auf den EIT.

Der EIT https://en.wikipedia.org/wiki/Stress%E2%80%93energy_tensor#/media/File:StressEnergyTensor_contravariant.svg zeigt also eine Energiedichte, notwendigerweise eine Impulsdichte (weil nur der Mittelpunkt der Scheibe ruht ), Druck, bzw. Diagonalelemente und auch Scherkräfte, die man wie folgt erklären kann.

Die Fliehkräfte drücken jedes Massenelement in Richtung Rand. Es entsteht also ein radialer Druck in Richtung Rand. Zusätzlich drückt das Element aber auch in tangentialer Richtung und erzeugt so die Scherkräfte.

Mit einer Hauptachsentransformation könnte man den EIT zwar prinzipiell diagonalisieren, allerdings habe ich oben schon erwähnt, dass die verwendete Form des EIT nicht allgemein kovariant ist.

Ich
10.06.18, 20:38
Falls es in die richtige Richtung geht:
http://www.gregegan.net/SCIENCE/Rings/Rings.html

Bernhard
10.06.18, 21:18
allerdings habe ich oben schon erwähnt, dass die verwendete Form des EIT nicht allgemein kovariant ist.
Ich habe dazu im Band 2A, "Hydrodynamik" von W. Greiner nachgelesen und gesehen, dass Druck und Dichte im Ruhesystem gemessen werden. Mehr Details dazu kann man dort nachlesen.

Timm
11.06.18, 10:29
Falls es in die richtige Richtung geht:
http://www.gregegan.net/SCIENCE/Rings/Rings.html
Ich hänge noch an ein paar grundsätzlichen Fragen. Wie bildet sich Spannung im EIT ab? Ich hatte es so verstanden, Beispiel rotierender Stab, daß wenn die Kraft radial wirkt, dann die Impuls-Dichte durch und nicht tangential zur Fläche fließt. Damit sollte Druck (im Falle Spannung negativer Druck) entstehen. Und der findet sich in den Diagonalelementen. Andererseits wird "tension" gelegentlich als "shear stress" (auch negativ) bezeichnet, was aber nicht-diagonale Elemente bedeutet.

Und gleich noch ein paar Fragen, die offen geblieben sind:

Wie wirkt Scherspannung (also definitiv nicht-diagonal) gravitativ?

Und ist es so, daß Komponenten mit negativem Vorzeichen egal wo antigravitativ wirken?

Weiter oben hatte ich vermutet, daß in der rotierenden Scheibe Impulst-Dichte radial und tangential durch die Fläche fließt und demnach keine Scherung stattfindet. Aber liege ich da richtig?

Bernhard
11.06.18, 12:43
Ich hänge noch an ein paar grundsätzlichen Fragen. Wie bildet sich Spannung im EIT ab? Ich hatte es so verstanden, Beispiel rotierender Stab, daß wenn die Kraft radial wirkt, dann die Moment-Dichte durch und nicht tangential zur Fläche fließt. Damit sollte Druck (im Falle Spannung negativer Druck) entstehen. Und der findet sich in den Diagonalelementen. Andererseits wird "tension" gelegentlich als "shear stress" (auch negativ) bezeichnet, was aber nicht-diagonale Elemente bedeutet.
Eine einzelne Massenzelle wird von der Fliehkraft nach außen (radial) gedrückt. Gleichzeitig drückt dieses Massenelement aber auch auf benachbarte Massenelemente (tangential). Diese Drücke, d.h. Kräfte kann man auf die Flächenelemente xx, xy, xz usw. projizieren. Das sind dann die Komponenten T^{ij} mit i,j = 1,2,3.

Wie wirkt Scherspannung (also definitiv nicht-diagonal) gravitativ?
Das muss man bei bekanntem EIT über die einsteinschen Feldgleichungen ausrechnen.

Und ist es so, daß Komponenten mit negativem Vorzeichen egal wo antigravitativ wirken?
Nein.

Timm
11.06.18, 16:15
Eine einzelne Massenzelle wird von der Fliehkraft nach außen (radial) gedrückt. Gleichzeitig drückt dieses Massenelement aber auch auf benachbarte Massenelemente (tangential). Diese Drücke, d.h. Kräfte kann man auf die Flächenelemente xx, xy, xz usw. projizieren. Das sind dann die Komponenten T^{ij} mit i,j = 1,2,3.
Meinst Du mit T^{ij} mit i,j = 1,2,3 die Diagonalelemente T^{11}, T^{22}, T^{33} (*) oder T^{11}, T^{12}, T^{13}(**)?

(*) T^{ii} mit i = 1,2,3
(**) T^{ij} mit i = 1, j = 1,2,3

Ich möchte hier einfach Mißverständnisse vermeiden.

Das muss man bei bekanntem EIT über die einsteinschen Feldgleichungen ausrechnen.
Ja, sicher. Aber es dürfte ja bekannt sein, wie die nicht-diagonalen Elemente (Scherung) zur Gravitation beitragen. Allerdings mühsam zu finden. :mad:

Nein.
Das kann pauschal nicht sein, denn negativer Druck (T^{ii} sind negativ) wirkt antigravitativ. Und vermutlich gilt das auch für negative T^{ij} (Scherung).

Bernhard
11.06.18, 16:35
Meinst Du mit T^{ij} mit i,j = 1,2,3 die Diagonalelemente T^{11}, T^{22}, T^{33} (*) oder T^{11}, T^{12}, T^{13}(**)?

(*) T^{ii} mit i = 1,2,3
(**) T^{ij} mit i = 1, j = 1,2,3

Ich meine (**)

Das kann pauschal nicht sein, denn negativer Druck (T^{ii} sind negativ) wirkt antigravitativ. Und vermutlich gilt das auch für negative T^{ij} (Scherung).
EDIT: Vermutlich denkst Du da an die Dunkle Energie? Dabei stellt sich aber die Frage, wie das vergleichbar ist. Bei der von mir verwendeten Form des EIT muss man als Druck den Druck im jeweiligen Ruhesystem nehmen und er gilt auch nur für Flüssigkeiten und bestenfalls noch für Gase. Ich frage mich, ob negative Drücke dabei physikalisch überhaupt sinnvoll sind. Es bleibt zusätzlich auch die Möglichkeit, dass ein bestehendes Gravitationsfeld durch möglicherweise negative Drücke nur abgeschwächt wird.

Timm
11.06.18, 19:59
Ich meine (**)
Ok, also T^{11}, T^{12}, T^{13}. Das heiß, radial negativer Druck T^{11} (wegen Spannung) und tangential Scherung, T^{12}, T^{13}. Wolltest Du das sagen?
Radial dürfte klar sein, aber bei tangential bin ich mir nicht sicher.
Ein Beispiel als Abgleich, ob wir übereinstimmen: Wenn der x-Impuls in x-Richtung fließt (genauer Kraft in x-Richtung) entsteht Druck T^{11} , fließt er in y-Richtung entsteht Scherung T^{12}.
Nun hatte ich Dich so verstanden, daß Du auch eine tangential wirkende Kraft annimmst. Dann allerdings gäbe es auch tangential Druck.

EDIT: Vermutlich denkst Du da an die Dunkle Energie? Dabei stellt sich aber die Frage, wie das vergleichbar ist. Bei der von mir verwendeten Form des EIT muss man als Druck den Druck im jeweiligen Ruhesystem nehmen und er gilt auch nur für Flüssigkeiten und bestenfalls noch für Gase. Ich frage mich, ob negative Drücke dabei physikalisch überhaupt sinnvoll sind. Es bleibt zusätzlich auch die Möglichkeit, dass ein bestehendes Gravitationsfeld durch möglicherweise negative Drücke nur abgeschwächt wird.
Ich orientiere mich am EIT, wie bei Wikipedia dargestellt. Die Diagonalelemente sind rho + 3P, analog zur 2. Friedmanngleichung. Heißt, negativer Druck wirkt antigravitativ (oder abstoßend). Wie ist das beim EIT des rotierenden Stabes? Verringert negativer Druck die effektive Masse?

P.S. Ich habe gerade erst begonnen, mich ein bißchen mit dem EIT zu beschäftigen, oberflächlich. Es können sich also leicht Fehler einschleichen.

Bernhard
11.06.18, 22:01
Wolltest Du das sagen?
Ja.

Nun hatte ich Dich so verstanden, daß Du auch eine tangential wirkende Kraft annimmst. Dann allerdings gäbe es auch tangential Druck.
Korrekt.

Ich orientiere mich am EIT, wie bei Wikipedia dargestellt.
Da ist, wie gesagt, große Vorsicht geboten, aber für einen Einstieg in die vorgeschlagene Thematik ist das zulässig. Um diese Form des EIT besser zu verstehen muss man sich (ein wenig) mit relativistischer und nicht-relativistischer Hydrodynamik beschäftigen.

Die Argumentation mit einem negativen Druck greift hier mMn nicht, weil es in Gasen und Flüssigkeiten keinen negativen Druck gibt.

EDIT: In der Kosmologie kann man übrigens aus dem negativen Druck via Vorzeichenkonvention des metrischen Tensors und/oder der kosmologischen Konstante auch einen positiven Druck machen, was mir persönlich als sinnvoll erscheint, weil damit dann die Energiedichte der Dunklen Energie auch positiv bleibt.

Bernhard
12.06.18, 06:05
Da ist, wie gesagt, große Vorsicht geboten,
Verwendet man z.B. naiverweise die Dichte und den inneren Druck der Scheibe ohne Rotation, geht man von einer ideal inkompressiblen Flüssigkeit aus, was unrealistisch ist. Bei einem realistischen Modell muss erst berechnet werden, welche Dichte- und Druckverteilung durch die Fliehkräfte entsteht. Dies geschieht über zusätzliche Gleichungen, wie der relativistischen Zustandsgleichung der Flüssigkeit. Das Verschwinden der Divergenz des EIT ist ja nur die Energie- und Impulserhaltung. Eine weitere Gleichung ist die Erhaltung der Teilchenzahl, die bei einer Scheibe aus Flüssigkeit der Erhaltung der Anzahl der Atome oder Moleküle entspricht.

Bei Festkörpern benötigt man ein Analogon zur Zustandsgleichung. Literatur dazu findet man eventuell über die oben von Ich verlinkte Seite: https://arxiv.org/abs/gr-qc/0605025 , die aber recht anspruchsvoll erscheint.

Wir haben hier also ein weites Feld, wie auch die Suche nach relativistic hydrodynamics zeigt.

Timm
12.06.18, 10:00
Ja.

Damit bestätigst Du "tangential Scherung, T^{12}, T^{13}".

Korrekt.
Damit bestätigst Du " Dann allerdings gäbe es auch tangential Druck."


http://www.codecogs.com/library/engineering/materials/rotating-discs-and-cylinders.php
Due to the rotation of the disc, Circumferential \displaystyle f (Hoop) and radial \displaystyle p Stresses will occur. Both these Stresses are Tensile

Demnach Zugspannung radial und tangential, also auch tangential Druck und nicht Scherung. Ich hatte oben falsch interpretiert.

Die Argumentation mit einem negativen Druck greift hier mMn nicht, weil es in Gasen und Flüssigkeiten keinen negativen Druck gibt.
Das verstehe ich nicht, das FRW Universum beruht ja gerade auf dem Modell der perfekten Flüssigkeit. Es ist völlig legitim hier negativen Druck Lambda zuzuordnen.
https://www.google.de/search?ei=WIQfW4nFMonRsAHni5nICA&q=frw+model+negative+pressure&oq=frw+model+negative+pressure&gs_l=psy-ab.12...11568.11568.0.13915.1.1.0.0.0.0.99.99.1.1. 0....0...1.1.64.psy-ab..0.0.0....0.6udwOqWuwCI
"a positive vacuum energy corresponds to a negative vacuum pressure."

Bernhard
12.06.18, 12:33
"a positive vacuum energy corresponds to a negative vacuum pressure."
OK. Danke für den Hinweis.

Bernhard
23.06.18, 11:06
Hallo Timm,

Und vermutlich gilt das auch für negative T^{ij} (Scherung).
Du beziehst Dich in diesem Thema immer wieder sehr stark auf diese Interpretation des EIT: https://en.wikipedia.org/wiki/Stress%E2%80%93energy_tensor#/media/File:StressEnergyTensor_contravariant.svg und da möchte ich dann doch eine Warnung aussprechen. Der EIT bezieht sich immer auf eine bestimmte Theorie, aus der er abgeleitet wird und dementsprechend auch interpretiert werden muss. Im Fall der Hydrodynamik enthält der EIT Druck und Dichte als Skalarfeld und zwar in dem Sinne, dass hier an jedem Punkt der Raumzeit Druck und Dichte im mitbewegten Bezugssystem (mit ?) zu verstehen ist.

Ich frage mich deshalb, ob speziell im Fall der Hydrodynamik die oben verlinkte Grafik aus der WP überhaupt direkt angewendet werden kann. Die WP ersetzt hier sicher kein Lehrbuch.

Ich
23.06.18, 13:18
Im Fall der Hydrodynamik enthält der EIT Druck und Dichte als Skalarfeld und zwar in dem Sinne, dass hier an jedem Punkt der Raumzeit Druck und Dichte im mitbewegten Bezugssystem (mit ?) zu verstehen ist.Das ist definitiv kein Skalarfeld.

Bernhard
23.06.18, 16:49
Das ist definitiv kein Skalarfeld.
Dann ist der EIT in der zugehörigen Anwendung auf die Hydrodynamik aber kein Tensor mehr.

Ich
23.06.18, 17:20
Wenn Druck und Dichte im jeweilige Ruhesystem gegeben sind, dann die dort in entsprechenden Koordinaten der EIT diagonal. Und ansonsten irgendwie transformiert. Natürlich ist er aber ein Tensor, genau deswegen sind auch weder Druck noch Dichte ein Skalar.

Timm
23.06.18, 17:41
Du beziehst Dich in diesem Thema immer wieder sehr stark auf diese Interpretation des EIT: https://en.wikipedia.org/wiki/Stress%E2%80%93energy_tensor#/media/File:StressEnergyTensor_contravariant.svg und da möchte ich dann doch eine Warnung aussprechen. Der EIT bezieht sich immer auf eine bestimmte Theorie, aus der er abgeleitet wird und dementsprechend auch interpretiert werden muss. Im Fall der Hydrodynamik enthält der EIT Druck und Dichte als Skalarfeld und zwar in dem Sinne, dass hier an jedem Punkt der Raumzeit Druck und Dichte im mitbewegten Bezugssystem (mit ?) zu verstehen ist.

Ich habe den "Wiki EIT" so verstanden, daß angewandt auf das FRW Universum nur die Diagonalelemente rho + 3P eine Rolle spielen, weil es weder shear stress noch momentum flux gibt, während beides entsteht, wenn entsprechende Kräfte auf einen Körper wirken.
Du erwähnst die Hydrodynamik in Verbindung mit der ART. Mir ist nicht klar weshalb, aber ich verstehe zu wenig davon. Geht es um das ideale fluid Modell?

Bernhard
23.06.18, 21:26
Natürlich ist er aber ein Tensor, genau deswegen sind auch weder Druck noch Dichte ein Skalar.
Wenn ich den Druck auf Null setze, berechnet sich der EIT über das Produkt von Dichte * Vierergeschwindigkeit * Vierergeschwindigkeit. Die Vierergeschwindigkeit transformiert wie ein Vektor. Wenn der EIT ein Tensor ist, muss die Dichte also wie ein Skalarfeld transformieren.

Bernhard
24.06.18, 10:11
Du erwähnst die Hydrodynamik in Verbindung mit der ART. Mir ist nicht klar weshalb, aber ich verstehe zu wenig davon. Geht es um das ideale fluid Modell?
In der Literatur findet man dazu einfach viel mehr Material inklusive konkreter Übungen und Beispiele. Zur relativistischen Festkörperphysik kenne ich dagegen nur die weiter oben verlinkte Arbeit, welche nur die Theorie selbst ohne konkrete Beispiele zeigt.

Aus dem Verschwinden der Divergenz des EIT kann man im Fall der Hydrodynamik übrigens als nicht-relativistischen Limes die Euler-Gleichungen ohne äußere Kräfte ableiten, was doch auch ganz interessant ist (?).

EDIT: Den 6. Band der Landau-Lifschitz-Reihe gibt es übrigens als kostenloses pdf (https://archive.org/details/FluidMechanics). Es gibt dort ab S. 499 auch einen Abschnitt über die relativistische Hydrodynamik, allerdings ist der weniger ausführlich als der Abschnitt im alten Band 2a von W. Greiner. Ich vermute, dass W.G. L.-L. als Vorlage verwendet hat.

Ich
24.06.18, 10:23
Wenn ich den Druck auf Null setze, berechnet sich der EIT über das Produkt von Dichte * Vierergeschwindigkeit * Vierergeschwindigkeit. Die Vierergeschwindigkeit transformiert wie ein Vektor. Wenn der EIT ein Tensor ist, muss die Dichte also wie ein Skalarfeld transformieren.Ein Skalar ist eine Größe, die invariant unter Transformationen ist. Die Dichte ist T00. Das, was du Dichte nennst, ist die Dichte im lokalen Ruhesystem. Die transformiert sich gar nicht, weil sie zu einem bestimmten Bezugssystem gehört.

Bernhard
24.06.18, 10:38
Die Dichte ist T00.
T^00 ist die lokale Energiedichte. In dem Punkt stimme ich mit der englischen WP überein. Die Bezeichnungen "shear stress" und "stress" halte ich je nach Anwendung für fraglich.

Bernhard
25.06.18, 05:40
Du beziehst Dich in diesem Thema immer wieder sehr stark auf diese Interpretation des EIT: https://en.wikipedia.org/wiki/Stress%E2%80%93energy_tensor#/media/File:StressEnergyTensor_contravariant.svg und da möchte ich dann doch eine Warnung aussprechen.
Im deutschen Artikel zum EIT wird auch angegeben, wo diese Interpretation herkommt. Die räumlichen Komponenten entsprechen dem maxwellschen Spannungstensor und der bezieht sich auf elektromagnetische Strahlung. Ich gehe also mal davon aus, dass die verlinkte Interpretation vor allem für em-Strahlung gilt.

Timm
25.06.18, 09:39
Im deutschen Artikel zum EIT wird auch angegeben, wo diese Interpretation herkommt. Die räumlichen Komponenten entsprechen dem maxwellschen Spannungstensor und der bezieht sich auf elektromagnetische Strahlung. Ich gehe also mal davon aus, dass die verlinkte Interpretation vor allem für em-Strahlung gilt.
Ich gehe davon aus, daß sich John Baez in seinem General Relativity Tutorial (http://math.ucr.edu/home/baez/gr/stress.energy.html) auf den stress-energy tensor bezieht, den ich verlinkt hatte (englisches Wikipedia):

The stress-energy tensor, aka energy-momentum tensor, Tab, where a,b go from 0 to 3. This tells you everything about what energy and momentum are doing at your given point of spacetime, as follows:

Tab is the flow in the a direction of momentum in the b direction!

To understand this, remember that a,b=0,1,2,3 correspond to t,x,y, and z respectively. Also, remember that "energy" is the same as "momentum in the time direction", and that "density" is the same as "flow in the time direction". Thus the top row of the stress-energy tensor keeps track of the density of energy --- that's T00 --- and the density of momentum in the x,y, and z directions --- those are T01, T02, and T03 respectively. On the other hand, T10, T20, and T30 represent the flow of energy in the x, y and z directions, respectively. The other entries keep track of the flow of spatial momentum in various spatial directions. For example, T12 keeps track of the flow in the x direction of momentum in the y direction.

T11 ist Druck, x-Impuls fließt in x-Richtung
T12 ist Scherung, x-Impuls fließt in y-Richtung, also tangential.

Ich bin mir nicht sicher bei T21, T31 und T32. Eigentlich sollte T21 y-Impuls in x-Richtung sein, also auch Scherung. Sehe ich das richtig?

Bernhard
25.06.18, 14:54
Ich bin mir nicht sicher bei T21, T31 und T32. Eigentlich sollte T21 y-Impuls in x-Richtung sein, also auch Scherung. Sehe ich das richtig?
Vorab: In allen "normalen" Fällen ist der EIT symmetrisch, d.h. T_ab = T_ba. Unsymmetrische EIT kommen z.B. in der Einstein-Cartan-Theorie vor.

Ich
25.06.18, 15:07
Ich gehe davon aus, daß sich John Baez in seinem General Relativity Tutorial (http://math.ucr.edu/home/baez/gr/stress.energy.html) auf den stress-energy tensor bezieht, den ich verlinkt hatte (englisches Wikipedia):



T11 ist Druck, x-Impuls fließt in x-Richtung
T12 ist Scherung, x-Impuls fließt in y-Richtung, also tangential.

Ich bin mir nicht sicher bei T21, T31 und T32. Eigentlich sollte T21 y-Impuls in x-Richtung sein, also auch Scherung. Sehe ich das richtig?
Aus Wikipedia:
In solid state physics and fluid mechanics, the stress tensor is defined to be the spatial components of the stress–energy tensor in the proper frame of reference. In other words, the stress energy tensor in engineering differs from the stress–energy tensor here by a momentum convective term.

Wenn man also ins Ruhesystem geht, dann kriegt man Druck und Spannungen und so. Wenn man nicht im Ruhesystem ist, dann kommen noch Impulsströme dazu - wenn sich eine drucklose Flüssigkeit etwa schräg in x-y-Richtung bewegt, dann hat man einen Impulsstrom in y-Richtung, der durch eine auf x normale Fläche geht und andersherum.
dp/dt = d(mv)/dt = dm/dt*v + dv/dt*m. Der erste Term verschwindet im Ruhesystem, der zweite beschreibt eine Kraft. Durch die Fläche geteilt hat man eine Impulsstromdichte und eine Spannung. "momentum convective term" finde ich ganz gut ausgedrückt, wie bei der Konvektion geht es um Massentransport.

Timm
26.06.18, 10:17
Aus Wikipedia:
In solid state physics and fluid mechanics, the stress tensor is defined to be the spatial components of the stress–energy tensor in the proper frame of reference. In other words, the stress energy tensor in engineering differs from the stress–energy tensor here by a momentum convective term.

Wenn man also ins Ruhesystem geht, dann kriegt man Druck und Spannungen und so. Wenn man nicht im Ruhesystem ist, dann kommen noch Impulsströme dazu - wenn sich eine drucklose Flüssigkeit etwa schräg in x-y-Richtung bewegt, dann hat man einen Impulsstrom in y-Richtung, der durch eine auf x normale Fläche geht und andersherum.
dp/dt = d(mv)/dt = dm/dt*v + dv/dt*m. Der erste Term verschwindet im Ruhesystem, der zweite beschreibt eine Kraft. Durch die Fläche geteilt hat man eine Impulsstromdichte und eine Spannung. "momentum convective term" finde ich ganz gut ausgedrückt, wie bei der Konvektion geht es um Massentransport.
Die Stichworte "Massentransport" und "Impulsströme" erinnern an den Ball aus Testpartikeln in The Meaning of Einstein’s Equation (https://arxiv.org/pdf/gr-qc/0103044.pdf), S. 13, wobei ich einige Fragen habe:
To see this, consider a small ball of test particles, initially at rest relative to each other, that is moving with respect to the matter in the universe. In the the local rest frame of such a ball, the right-hand side of equation (2) is nonzero. For one thing, the pressure due to the matter no longer vanishes. Remember that pressure is the flux of momentum. In the frame of our moving sphere, matter is flowing by. Also, the energy density goes up, both because the matter has kinetic energy in this frame and because of Lorentz contraction.
D.h. im Ruhesystem des Balls ist der Impulsstrom d(mv)/dt. Weshalb gilt hier nicht dm/dt*v < 0, weil der Ball schrumpft?

Seite 2., wie unterscheidet sich diese Matrix

V¨/V = - 1/2
flow of t−momentum in t direction +
flow of x−momentum in x direction +
flow of y−momentum in y direction +
flow of z−momentum in z direction
noch vom Stress-energy tensor? Fehlen da lediglich die Diagonalelemente?

Noch zu shear stress. Die Scherkraft wirkt tangential zur Fläche.

Der Ball Mittelpunkt sein in Ruhe zum Fluid. Wenn er rotiert, sollte es Impulsströme nicht in sondern tangential zur Richtung gehen. Hast Du das gemeint mit "schräg in x-y-Richtung bewegt" gemeint?
Ist generell Scherung flow of i−momentum in j direction mit i <> j?

Ich
26.06.18, 12:21
D.h. im Ruhesystem des Balls ist der Impulsstrom d(mv)/dt. Weshalb gilt hier nicht dm/dt*v < 0, weil der Ball schrumpft?Der EIT ist eine lokale Eigenschaft der Raumzeit und wird nicht davon beeinflusst, wie sich irgendwelche Testpartikel bewegen. Anderrum schon.

Seite 2., wie unterscheidet sich diese Matrix

noch vom Stress-energy tensor? Fehlen da lediglich die Diagonalelemente?Das ist keine Matrix, sondern die Spur (https://de.wikipedia.org/wiki/Spur_(Mathematik)) des EIT.
Noch zu shear stress. Die Scherkraft wirkt tangential zur Fläche.

Der Ball Mittelpunkt sein in Ruhe zum Fluid. Wenn er rotiert, sollte es Impulsströme nicht in sondern tangential zur Richtung gehen. Hast Du das gemeint mit "schräg in x-y-Richtung bewegt" gemeint? Ich meinte, dass z.B. der EIT nach den Koordinatenachsen ausgerichtet angegeben wird. Dann hast du diese xy-Komponenten, wenn das Fluid schräg zu den Achsen strömt, die Geschwindigkeit also eine x- und y-Komponente hat.
Ist generell Scherung flow of i−momentum in j direction mit i <> j?Scherspannung ist ein Teil davon.

Timm
26.06.18, 14:05
Das ist keine Matrix, sondern die Spur (https://de.wikipedia.org/wiki/Spur_(Mathematik)) des EIT.
Ja.
These flows are the diagonal components of a 4 × 4 matrix
T called the ‘stress-energy tensor’
Glatt überlesen.

Ich meinte, dass z.B. der EIT nach den Koordinatenachsen ausgerichtet angegeben wird. Dann hast du diese xy-Komponenten, wenn das Fluid schräg zu den Achsen strömt, die Geschwindigkeit also eine x- und y-Komponente hat.
Scherspannung ist ein Teil davon.
Ah ok.

Noch eine Unklarheit. Baez' Ball schrumpft transversal. Geometrisch anhand der 2-Sphäre leuchtet das ein. Aber wie kann man sich das mittel der Impulsströme klar machen? Ich hätte Schrumpfen in Bewegungsrichtung erwartet.

Ich
26.06.18, 14:44
Noch eine Unklarheit. Baez' Ball schrumpft transversal. Geometrisch anhand der 2-Sphäre leuchtet das ein. Aber wie kann man sich das mittel der Impulsströme klar machen? Ich hätte Schrumpfen in Bewegungsrichtung erwartet.Wenn es einen einleuchtenden Weg gäbe, sich das klarzumachen, hätte Baez ihn erwähnt, fürchte ich. Ich habe mich noch nicht damit beschäftigt, aber das ist vermutlich etwas komplizierter.

Timm
26.06.18, 15:48
Wenn es einen einleuchtenden Weg gäbe, sich das klarzumachen, hätte Baez ihn erwähnt, fürchte ich. Ich habe mich noch nicht damit beschäftigt, aber das ist vermutlich etwas komplizierter.
Ok, danke.

Timm
26.06.18, 17:55
Wenn es einen einleuchtenden Weg gäbe, sich das klarzumachen, hätte Baez ihn erwähnt, fürchte ich. Ich habe mich noch nicht damit beschäftigt, aber das ist vermutlich etwas komplizierter.
In Analogie zur 2-Sphäre würde ich (wenn ich an den Ball denke) erwarten, daß im statischen Universen auch anfänglich parallele Null Geodäten konvergieren. Weißt Du da Näheres? Ich habe hierzu ohne Ergebnis recherchiert.

Die Geodäten der Testpartikel des Balls verlaufen so, als würde er sich in Richtung einer punktförmigen Masse bewegen. Aber im Gegensatz zum freien Fall ist die Ausdehnung in Bewegungsrichtung wegen der konstanten Pekuliargeschwindigkeit konstant. Ob diese Überlegung Sinn macht, weiß ich nicht.

Bernhard
29.06.18, 17:30
In Analogie zur 2-Sphäre würde ich (wenn ich an den Ball denke) erwarten, daß im statischen Universen auch anfänglich parallele Null Geodäten konvergieren.
Ich würde hier auch eine Analogie zur 2-Sphäre erwarten. D.h. anfänglich parallele Geodäten sollten immer einen gemeinsamen Schnittpunkt haben.

Bernhard
29.06.18, 17:47
Noch eine Unklarheit. Baez' Ball schrumpft transversal. Geometrisch anhand der 2-Sphäre leuchtet das ein. Aber wie kann man sich das mittel der Impulsströme klar machen?
Als Grund wird genannt, dass aufgrund der Lorentz-Kontraktion die Energiedichte als vergrößert erscheint. Damit überwiegt lokal die Anziehung der Materie die Abstoßung aufgrund des kosmologischen Terms.

Bernhard
30.06.18, 14:34
Wenn man nicht im Ruhesystem ist, dann kommen noch Impulsströme dazu - wenn sich eine drucklose Flüssigkeit etwa schräg in x-y-Richtung bewegt, dann hat man einen Impulsstrom in y-Richtung, der durch eine auf x normale Fläche geht und andersherum.
dp/dt = d(mv)/dt = dm/dt*v + dv/dt*m. Der erste Term verschwindet im Ruhesystem, der zweite beschreibt eine Kraft. Durch die Fläche geteilt hat man eine Impulsstromdichte und eine Spannung. "momentum convective term" finde ich ganz gut ausgedrückt, wie bei der Konvektion geht es um Massentransport.
Da das auf statische Druckterme nicht anwendbar ist, ergänze ich hier noch um die Erklärung aus der kinetischen Fluidmechanik. Jeder Druck in einem Fluid setzt bewegte Teilchen voraus, und damit kann dann auch ein statischer Druck(term) als Impulsterm interpretiert werden.

Timm
30.06.18, 17:42
Als Grund wird genannt, dass aufgrund der Lorentz-Kontraktion die Energiedichte als vergrößert erscheint. Damit überwiegt lokal die Anziehung der Materie die Abstoßung aufgrund des kosmologischen Terms.
Ja, wegen der erhöhten Energiedichte schrumpft der Ball.
Er schrumpft senkrecht zum Materiestrom in seinem Ruhesystem. Wie passt das damit zusammen, daß die Lorentz-Kontraktion in Bewegungsrichtung erfolgt?

Bernhard
30.06.18, 18:04
Wie passt das damit zusammen, daß die Lorentz-Kontraktion in Bewegungsrichtung erfolgt?
Da die Materiedichte im bewegten System immer noch räumlich konstant ist, sehe ich momentan auch nur das (starke) Argument über den Verlauf der Geodäten.

BTW: Nimmt man für eine ruhende Scheibe an, dass der EIT nur noch aus der T^00-Komponente besteht, kommt man zu der interessanten Frage, wie sich das statische Gravitationsfeld dazu berechnen lässt. Die zugehörige Feldgleichung ist die relativistische Verallgemeinerung der Poisson-Gleichung.

Bernhard
03.07.18, 06:13
Hallo Timm,

In Analogie zur 2-Sphäre würde ich (wenn ich an den Ball denke) erwarten, daß im statischen Universen auch anfänglich parallele Null Geodäten konvergieren. Weißt Du da Näheres? Ich habe hierzu ohne Ergebnis recherchiert.
geht man von der Robertson-Walker-Metrik mit positiver Krümmung (https://de.wikipedia.org/wiki/Friedmann-Lema%C3%AEtre-Robertson-Walker-Metrik) aus, findet man als Geodäte relativ schnell den Großkreis mit r/R_C = pi und Theta=Pi. Wegen der Isotropie des Modells ist damit automatisch jeder Großkreis im Unterraum mit den drei raumartigen Dimensionen auch eine Geodäte.

Interessant wäre da noch die Zeit, die ein Lichtstrahl benötigt, um an seinen Ursprungsort zurück zu kommen.

Timm
03.07.18, 10:34
Hallo Bernhard,

Interessant wäre da noch die Zeit, die ein Lichtstrahl benötigt, um an seinen Ursprungsort zurück zu kommen.
Dazu benötigt man den Umfang 2pi*r_Krümmung. Den Krümmungsradius in Lichtjahren sollte man aus der Materiedichte erhalten, aber wie? Meine Recherchemöglichkeiten sind momentan wegen Urlaub etwas beschränkt. :)

Bernhard
03.07.18, 11:50
Hallo Timm,

Dazu benötigt man den Umfang 2pi*r_Krümmung.
ja, das sollte stimmen, kann aber auch per Rechnung überprüft werden.

Den Krümmungsradius in Lichtjahren sollte man aus der Materiedichte erhalten, aber wie?
Das sollte mit den Friedmann-Gleichungen schon gehen. Die Materiedichte kann man im "Fließbach" nachlesen.

Meine Recherchemöglichkeiten sind momentan wegen Urlaub etwas beschränkt. :)
Da wünsche ich gute Erholung.

Timm
03.07.18, 14:55
Das sollte mit den Friedmann-Gleichungen schon gehen. Die Materiedichte kann man im "Fließbach" nachlesen.

Mit den Friedmann Gleichungen ist man beim Skalenfaktor, der dimensionslos ist.

Gegeben sei \rho = 2\Lambda (Kriterium für statisch), P = 0 und K = 1. Die Zeit für einen Lichtumlauf sollte unter diesen Bedingungen eine Funktion von \rho sein. Ich nahm an, daß Du auf diese Fragestellung hinaus wolltest.
Dazu braucht man den Krümmungsradius in einer Längeneinheit.

Bernhard
03.07.18, 17:43
Die Zeit für einen Lichtumlauf sollte unter diesen Bedingungen eine Funktion von \rho sein.
Korrekt.

Ich nahm an, daß Du auf diese Fragestellung hinaus wolltest.
Es war einfach eine spontane und wie sich jetzt zeigt mehr oder weniger unsinnige Idee. Spaßeshalber kann man als Dichte die uns bekannte Materiedichte inklusive Dunkler Materie verwenden und bekommt damit näherungsweise die Formel R/c = sqrt(2) / H_0. Der Faktor 1 / H_0 ist die Hubble-Zeit, die laut WP im Standardmodell 14,56 Mrd. Jahre beträgt. Der Lichtumlauf beträgt also bei dieser reichlich "schrägen" Analogiebetrachtung ca. 129 Mrd. Jahre, gemäß T = 2 * pi * sqrt(2) / H_0.

Timm
03.07.18, 18:40
Spaßeshalber kann man als Dichte die uns bekannte Materiedichte inklusive Dunkler Materie verwenden und bekommt damit näherungsweise die Formel R/c = sqrt(2) / H_0. Der Faktor 1 / H_0 ist die Hubble-Zeit, die laut WP im Standardmodell 14,56 Mrd. Jahre beträgt. Der Lichtumlauf beträgt also bei dieser reichlich "schrägen" Analogiebetrachtung ca. 129 Mrd. Jahre, gemäß T = 2 * pi * sqrt(2) / H_0.
Wobei Du nun offenbar beim gebremst expandierenden Universum bist. Im statischen Universum ist die Hubble Konstante Null, wegen da/dt = 0.

Bernhard
04.07.18, 06:20
Wobei Du nun offenbar beim gebremst expandierenden Universum bist.
Ich habe die Materiedichte aus dem Standardmodell verwendet, um für die obige Übungsaufgabe einen Zahlenwert zu bekommen.

Im statischen Universum ist die Hubble Konstante Null, wegen da/dt = 0.
Genau.

Timm
04.07.18, 09:46
Ich habe die Materiedichte aus dem Standardmodell verwendet, um für die obige Übungsaufgabe einen Zahlenwert zu bekommen.

Zur Lösung der Übungsaufgabe benötigt man wie erwähnt die Zeit für einen Lichtumlauf im statischen Universum als Funktion der Materiedichte. Hat man diese Funkiton (die H nicht enthält), dann kann man spielerisch verschiedene Werte für rho einsetzen. Aber noch hat sie niemand hingeschrieben. Dein Ansatz mit H_0 ist es nicht.

Timm
04.07.18, 11:37
http://universeinproblems.com/index.php/Static_Einstein%27s_Universe

Aus diesen Angaben folgt der Radius R = 1/sqrt(4piG*rho) und damit die Lichtumlaufzeit im statischen Universum als Funktion der Materiedichte.

Bernhard
04.07.18, 17:26
http://universeinproblems.com/index.php/Static_Einstein%27s_Universe

Das ist ein interessanter Link. Danke für's Teilen.