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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Entstehung von schwarzen Löchern.


Norbi
17.06.18, 12:50
Hallo allerseits.

Ich bin beim stöbern im Internet zu diesen recht interessanten Objekten die sich schwarze Löcher nennen auf folgende Grafik gestoßen.

Sie zeigt den Kollaps eines massebehafteten Objektes zu einem schwarzen Loch.
Jetzt stellt sich mir die Frage ob es ganz provokant ausgedrückt schwarze Löcher überhaupt gibt.

Beim Kollaps nimmt ja die Zeitdillatation immer weiter zu bis sie kurz vor der Bildung des Ereignishorizontes gegen unendlich geht.
Von außen betrachtet dauert der Kollaps des Sternes also praktisch unendlich lange.
Wenn das Universum nun aber ein endliches Alter hat oder ein Stern einfach erst vor einer endlichen Zeit kollabiert ist dann dürfte es doch schwarze Löcher im eigentlichen Sinne bei denen die Masse in einer Singularität komprimiert ist doch garnicht geben. Auch ein Ereignishorizont erübrigt sich so da es eben von außen betrachtet unendlich lange dauert bis dieser entsteht.

Also dürfte es eben nur ziemlich merkwürdige Objekte(evtl. Quarksterne) mit annähernd unendlicher Zeitverlangsamung geben die ganz kurz vor Bildung eines Ereignishorizontes eingefroren sind und deren Licht in extremen Maße rotverschoben ist.

Wo liegt da der Denkfehler? Es kann ja nicht sein dass sich so viele Astrophysiker etc. mit der Beschreibung solcher objekte beschäftigen die es eigtl. garnicht gibt.

Marco Polo
17.06.18, 13:11
Wo liegt da der Denkfehler? Es kann ja nicht sein dass sich so viele Astrophysiker etc. mit der Beschreibung solcher objekte beschäftigen die es eigtl. garnicht gibt.
Dein Gedankenbeispiel berücksichtigt aber nur den stationären, feldfreien Beobachter. Für den wird sich das so darstellen. Aber das, was sich physikalisch vor Ort (am EH) tatsächlich abspielt, wird ein mitbewegter Beobachter völlig anders sehen. Für diesen dauert der Kollaps eben nicht unendlich lange.

Der wird den EH in endlicher Eigenzeit überschreiten.

Norbi
17.06.18, 13:54
Naja irgendwie liegt es wohl in der Natur der Sache dass man ein wenig auf die Betrachtung von außen fixiert ist.

Deiner Antwort entnehme ich dass die Beschreibung für einen feldfreien Beobachter also durchaus zutreffend ist.
Dass es also in unserem Universum von unserem Beobachtungsstandpunkt aus gesehen keine Objekte gibt die auf Ihren Schwarzschildradius komprimiert sind, weil der Vorgang von außen betrachtet "zu lange" dauert.

Den Beobachter der bereits in das Loch gestürzt ist kann es also praktisch nicht geben. Da eben kein Objekt dass in ein Schwarzes Loch hineinfällt (oder zu einem wird) für den äußeren Beobachter jemals den Ereignishorizont erreicht.

Andererseits würde der Mensch der in das Schwarze Loch stürzt ja schon vor erreichen des Ereignishorizontes wegen der Zeitdillatation das Universum im Rückspiegel annähernd unendlich altern sehen, was ja offensichtlich noch nicht passiert ist.

Timm
17.06.18, 16:08
Den Beobachter der bereits in das Loch gestürzt ist kann es also praktisch nicht geben. Da eben kein Objekt dass in ein Schwarzes Loch hineinfällt (oder zu einem wird) für den äußeren Beobachter jemals den Ereignishorizont erreicht.

Doch, das Objekt fällt ins SL. Die gravitative Zeitdilatation (https://de.wikipedia.org/wiki/Zeitdilatation#Zeitdilatation_durch_Gravitation) gauckelt dem äußeren Beobachter lediglich vor, daß es immer langsamer fällt und letztlich am Ereignishorizont zu "kleben" scheint.

Bernhard
17.06.18, 16:13
Andererseits würde der Mensch der in das Schwarze Loch stürzt ja schon vor erreichen des Ereignishorizontes wegen der Zeitdillatation das Universum im Rückspiegel annähernd unendlich altern sehen, was ja offensichtlich noch nicht passiert ist.
Das ist falsch. Der Dilatationsfaktor der Schwarzschild-Metrik gilt, wie bereits erwähnt, nur für einen ruhenden Beobachter und der benötigt in der Nähe des EH so viel Schubkraft, dass das kein menschlicher Raumfahrer überleben würde.

Die Vorgänge für einen frei fallenden Beobachter kann man mit Hilfe von https://en.wikipedia.org/wiki/Gullstrand%E2%80%93Painlev%C3%A9_coordinates untersuchen.

Ein SL kann angeblich mathematisch auch dann "wachsen", wenn man bei dem einfallenden Testkörper dessen Masse berücksichtigt. Bitte frag mich aber nicht nach entsprechender Literatur. EDIT: Man kann zumindest das simulierbare Verschmelzen zweier Schwarzer Löcher als Indiz dafür werten.

JoAx
18.06.18, 10:24
Thema ins richtige Unterforum verschoben.


- JoAx -

Ich
18.06.18, 12:35
Deiner Antwort entnehme ich dass die Beschreibung für einen feldfreien Beobachter also durchaus zutreffend ist.
Dass es also in unserem Universum von unserem Beobachtungsstandpunkt aus gesehen keine Objekte gibt die auf Ihren Schwarzschildradius komprimiert sind, weil der Vorgang von außen betrachtet "zu lange" dauert.

Den Beobachter der bereits in das Loch gestürzt ist kann es also praktisch nicht geben. Da eben kein Objekt dass in ein Schwarzes Loch hineinfällt (oder zu einem wird) für den äußeren Beobachter jemals den Ereignishorizont erreicht.Das Thema ist konzeptuell schwierig. Man muss da einige Vorstellungen hinterfragen, die einem sonst im Weg stehen.

Erst mal zu dem, was man sieht: Wenn ein SL entsteht, dann sieht der Kollaps im letzen Augenblick nicht nur extrem verlangsamt aus. Der entscheidende Punkt ist, dass sich das Bild extrem schnell exponentiell verdunkelt, bis in wenigen Sekundenbruchteilen alles schwarz ist und uns keine weitere Information erreicht. Was übrig bleibt ist ein Schwarzes Loch nach allen messbaren Kriterien, und das gibt es für uns schon jetzt.

Das mit dem "eingefrorenen Kollaps" und der unendlichen Zukunft hat hingegen gar nicht so viel mit dem zu tun, was wir tatsächlich sehen oder messen können. Das ist eher ein Artefakt der üblichen Koordinatenwahl und hat vor allem mit "Gleichzeitigkeit" zu tun. Der entscheidende Punkt ist dabei, dass "Gleichzeitigkeit" bekanntermaßen relativ ist und keine messbare physikalische Bedeutung hat, weil wir "gleichzeitige" Ereignisse nicht jetzt sehen, sondern erst später.
Ich kann das auf Wunsch näher ausführen, aber fürs erste: Dass sich das SL, gerechnet in statischen Koordinaten, erst in unendlicher Zukunft bildet, ist eher eine theoretische, rechnerische Aussage ohne viel praktische Relevanz.
Was immer man hingegen messen und sehen kann: Es zeigt sich ein Schwarzes Loch.
Andererseits würde der Mensch der in das Schwarze Loch stürzt ja schon vor erreichen des Ereignishorizontes wegen der Zeitdillatation das Universum im Rückspiegel annähernd unendlich altern sehen, was ja offensichtlich noch nicht passiert ist.Nein. Im Gegenteil sieht man das Universum auch verlangsamt, und man sieht es nur bis zu einer bestimmten Zeit, bis man in die Singularität fällt. Das heißt andersherum, dass man für die Außenwelt auch nach einer bestimmten Zeit nicht mehr erreichbar ist. Man kann also nicht ein paar hundert Jahre später hinfliegen und den Menschen dort "eingefroren" vorfinden, sondern er ist definitiv weg.

Yukterez
19.06.18, 21:08
Ein SL kann angeblich mathematisch auch dann "wachsen", wenn man bei dem einfallenden Testkörper dessen Masse berücksichtigt.
Nicht "auch", sondern "nur" dann kann es wachsen (der Radius von M+m wird im System des feldfreien stationären Beobachters aber genauso immer ein infinitesimales Stückchen größer als 2G(M+m)/c² bleiben, so wie der Radius von M immer ein infinitesimales Stückchen größer als 2GM/c² bleibt). Wie sollte es denn auch wachsen wenn keine Masse dazukäme?

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