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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kann man Superposition messen?


behdahh
11.08.08, 20:37
Hallo,
ich habe mir schon so ziemlich alle Threads zum Thema verschränkte Photonen und Superposition angesehen, konnte aber dennoch keine befriedeigende Antwort finden:
Kann man irgendwie messen (ohne die Superposition zu zerstören) ob ein Photon sich in Superposition befindet (zB. Polarisation ist noch nicht festgelegt) oder ob die Wellenfunktion bereits zusammengebrochen ist (Polarisation wurde gemessen und somit festgelegt)?

Das einzige was ich dazu gefunden habe ist der Statistische Ansatz zur widerlegung der bellschen Ungleichung bei verschränkten Photonen (keine verborgenen Variablen, keine determinierten Zustände bla). Gibt es da noch andere Methoden?

lg,
behdahh

Gandalf
11.08.08, 21:42
Das ist ja die crux (mit der QT): "Messung" und Superposition schließen sich einander aus. Das war schon bei 'Schrödingers Katze' (die nur ein Gedankenexperinent war) so und ist auch bei 'wirklichen Experimenten' von Anton Zeilinger knapp unterhalb der Katzendimension (10^14 Atome) so: http://science.orf.at/science/news/59806

Uli
11.08.08, 22:06
Hallo,
ich habe mir schon so ziemlich alle Threads zum Thema verschränkte Photonen und Superposition angesehen, konnte aber dennoch keine befriedeigende Antwort finden:
Kann man irgendwie messen (ohne die Superposition zu zerstören) ob ein Photon sich in Superposition befindet (zB. Polarisation ist noch nicht festgelegt) oder ob die Wellenfunktion bereits zusammengebrochen ist (Polarisation wurde gemessen und somit festgelegt)?


Eine Wellenfunktion, die aus einer Superposition diverser Eigenfunktionen besteht, hat durchaus physikalische Relevanz und spiegelt sich in Messungen wieder. Aber wie das immer so ist, wenn es sich um Wellenfunktionen dreht; es geht um Wahrscheinlichkeiten - Statistiken.
Das Vorhandensein einer Superposition erkennt man daran, dass bei sehr häufiger Widerholung eines Experimentes (oder Durchführung eines Ensembles gleichartiger Experimente) unterschiedliche Ergebnisse gemessen werden.

Allerdings kollabiert jede Messung - wie Gandalf richtig sagt - diese Superposition in jedem einzelnen der Experimente zu einer Eigenfunktion zum aktuell gemessenen Wert ("nichtlokale Reduktion der Wellenfunktion in der Kopenhagener Interpretation"). D.h, die Messung zerstört die Superposition.


Das einzige was ich dazu gefunden habe ist der Statistische Ansatz zur widerlegung der bellschen Ungleichung bei verschränkten Photonen (keine verborgenen Variablen, keine determinierten Zustände bla). Gibt es da noch andere Methoden?

lg,
behdahh

Die Bellsche Ungleichung ist nicht widerlegt: sie wird vielmehr durch Experimente verletzt - geradeso wie es die Quantenmechanik vorhersagt. Daraus kann man gewisse Klassen von Theorien mit verborgenen Variablen als Alternativen zur Quantenmechanik ausschließen.

Gruß,
Uli

behdahh
14.08.08, 16:54
@Uli:
Die Bellsche Ungleichung ist nicht widerlegt: sie wird vielmehr durch Experimente verletzt
Ja, das war eine schlechte Wortwahl von mir - ich meinte verletzt.

@Gandalf:
Also soweit ich weiß kann man bereits (statistisch) nachweisen, daß zwei verschränkte Photonen bis zur Messung derer Polarität sich in Superposition diesbezüglich befinden, also nicht etwa von Beginn an (ab der Emmision aus dem Kristall) bereits polarisiert sind. Nicht jede Messung läßt also die Wellenfunktion zusammenbrechen (natürlich darf ich keinen Polarisationsfilter verwenden :-) )

Auch kann man doch mit einer Bell-Messung Verschränkungszustände übertragen (siehe Quantenteleportation), auch hier bricht zunächst die Wellenfunktion nicht zusammen.

Meine Frage bezieht sich genau darauf: gibt es noch weitere Verfahren um festzustellen ob sich ein Teilchen (bzw. Wellchen ;) ) in Superposition befindet (das ist mir schon klar daß das statistische Verfahren sein werden)?
Vielleicht gibt es ja auch nicht-statistische Verfahern (natürlich ohne die Polarisation zu messen und damit festzulegen) - ich will ja lediglich wissen ob sich die Polarisation bereits manifestiert hat, oder eben nicht. Die Polarisation selbst (also horizontal oder vertikal oder sonstwie) interessiert mich ja gar nicht.
Auf Schrödinger umgemünzt: ich will nicht wissen ob die Katze lebt oder tot ist, sonder nur ob schon jemand in die Kiste geschaut hat. Ich könnte zum Beispiel mittel überwachungskamera prüfen ob jemand in die Kiste sieht. solange dies nicht der Fall ist, kann ich sicher sein, daß die Katze sich in superposition befindet.
lg,
Behdahh

Lorenzy
14.08.08, 18:53
Vielleicht gibt es ja auch nicht-statistische Verfahern (natürlich ohne die Polarisation zu messen und damit festzulegen) - ich will ja lediglich wissen ob sich die Polarisation bereits manifestiert hat, oder eben nicht. Die Polarisation selbst (also horizontal oder vertikal oder sonstwie) interessiert mich ja gar nicht.
Auf Schrödinger umgemünzt: ich will nicht wissen ob die Katze lebt oder tot ist, sonder nur ob schon jemand in die Kiste geschaut hat. Ich könnte zum Beispiel mittel überwachungskamera prüfen ob jemand in die Kiste sieht. solange dies nicht der Fall ist, kann ich sicher sein, daß die Katze sich in superposition befindet.

Bis jetzt gibt es nur die statistische Auswertung. Und es gibt auch keine Theorien welche andere Möglichkeiten in Betracht ziehen um diesen Umstand zu umschiffen, jedenfalls sind mir keine bekannt. Die "abhörsichere" Quantenkryptographie arbeitet auch mit Sicherheitsprotokollen die nur auf Statistik beruhen. Ganz abhörsicher ist aber auch diese Technik nicht, denn es muss ja immer noch ein klassischer Kanal bestehen bleiben. Und dieser Kanal ist ganz und gar nicht abhörsicher. Trotzdem ist es alles andere als leicht ein solches Verfahren auszuspionieren ohne entdeckt zu werden, aber theoretisch ist es möglich. Ein Spion könnte sich zum Beispiel innerhalb der Fehlertoleranz des Empfängers/Senders bewegen ohne entdeckt zu werden, vorausgesetzt seine Technik hat eine geringere Fehlerstatistik als die des Senders resp. Empfängers.

Gandalf
14.08.08, 22:09
Hi!
@behdahh


@Gandalf:
Also soweit ich weiß kann man bereits (statistisch) nachweisen, daß zwei verschränkte Photonen bis zur Messung derer Polarität sich in Superposition diesbezüglich befinden, also nicht etwa von Beginn an (ab der Emmision aus dem Kristall) bereits polarisiert sind. Nicht jede Messung läßt also die Wellenfunktion zusammenbrechen (natürlich darf ich keinen Polarisationsfilter verwenden :-) )

Was Du meinst ist wahrscheinlich: Es lässt sich (anhand der Experimente um die Bellschen Ungleichungen) nachweisen, das verschränkte Photonen 'nichtlokal' miteinander verbunden sind, - also durch keine "versteckten Variablen" miteinander (lokal, - bei ihrer Entstehung) in Verbindung stehen (so wie ein linker und ein rechter Schuh in einem Schuhkarton)

Die 'Statsitk' bereitet ja nur 'gemessene Werte' (für uns) auf, ohne das ihr selbst eine Existenz zukommt. Sie hat (wiederum für uns) 'praktischen Nutzen', wenn wir z.B das Verhalten von Maschinen bestimmen wollen. (z.B. ist die "durchschnittliche Lebenserwartung" eines Menschen - nicht seine (messbare) Todesursache. Wogegen sie einen sehr hohen praktischen Nutzen für eine Lebensversicherung bedeutet)

Auch kann man doch mit einer Bell-Messung Verschränkungszustände übertragen (siehe Quantenteleportation), auch hier bricht zunächst die Wellenfunktion nicht zusammen.
Ob wir sie übertragen haben, können wir aber wiederum erst wissen, wenn wir sie gemessen / - die Messwerte verglichen haben....

Vielleicht gibt es ja auch nicht-statistische Verfahern (natürlich ohne die Polarisation zu messen und damit festzulegen) - ich will ja lediglich wissen ob sich die Polarisation bereits manifestiert hat, oder eben nicht.

Nach der Viele-Welten-Interpretation (mit der ich sympathisiere^^) ist das tatsächlich so. Dort gibt es überhaupt keine "Superposition". Photonen (und andere Quantensysteme) sind immer in 'einem' (jeweiligen) Universum genau bestimmt (und die Lokalität ist immer gewahrt)

Ich könnte zum Beispiel mittel überwachungskamera prüfen ob jemand in die Kiste sieht. solange dies nicht der Fall ist, kann ich sicher sein, daß die Katze sich in superposition befindet.

Diese Vorstellung ist eigentlich schon seit etlichen Jahren überholt, - seitdem man die 'Dekohärenz' eines Quantensystems (http://de.wikipedia.org/wiki/Dekoh%C3%A4renz) berechnen kann. (Und die 'Wahlzeiten' für das Quantensystem "Katze" sind extrem kurz). Aber nicht verwechseln sollte man die Dekohärenz mit einer alternativen Interpretation der QT. Sie beschreibt lediglich einen 'Vorgang' - eine Art Dominoeffekt, - ohne zu erklären wer oder was die Dominosteine zu Fall bringt

Grüße

behdahh
17.03.10, 16:46
Hi,
irgendwie hat die Mailverständigung bei diesem thread nicht geklappt, daher mit 2-Jähriger Verspätung meine Antwort - vielleicht interessiert sich ja noch jemand dafür...
Diese Vorstellung ist eigentlich schon seit etlichen Jahren überholt, - seitdem man die 'Dekohärenz' eines Quantensystems berechnen kann. (Und die 'Wahlzeiten' für das Quantensystem "Katze" sind extrem kurz). Aber nicht verwechseln sollte man die Dekohärenz mit einer alternativen Interpretation der QT. Sie beschreibt lediglich einen 'Vorgang' - eine Art Dominoeffekt, - ohne zu erklären wer oder was die Dominosteine zu Fall bringt

Das ist mir völlig klar - ich habe den guten Schrödinger ja nur bemüht um klar zu machen was gemeint ist. Daß das mit der Katze aufgrund der Dekohärenz nicht funktioniert ist klar.

Vielleicht aber zurück zur eigentlichen Fragestellung: Kennt jemad weiter statistische verfahren um die nichtlokalität verschränkter Photonen zu beweisen? Und: Was spricht prinzipiell gegen ein nicht-statistisches Verfahren? Klar, wenn man die Polarisation misst bricht die Funktion zusammen und aus. Aber vielleicht gibt es ja Verhaltensweisen von "unentschiedenen" photonen die sich von den Verhaltensweisen "entschiedener" unterscheiden. Und solange ich die Polarisation nicht messse dürfte sie auch unentschieden bleiben.

Jogi
13.09.10, 19:15
Hi Freunde.

Es gibt offenbar Fortschritte, die Verschränkung indirekt und somit "zerstörungsfrei" zu messen:

http://www.pro-physik.de/Phy/leadArticle.do?laid=13296

Zitat:
Vier der sechs erzeugten Teilchen dienen dabei als „Hilfsteilchen“. Sie können mithilfe eines ausgeklügelten Detektionsprotokolls gemessen werden und kündigen damit die Anwesenheit der anderen beiden Photonen an, so dass deren Messung nicht erforderlich ist und der quantenmechanische Zustand unverändert bleibt.


Gruß Jogi

Bauhof
14.09.10, 10:25
Es gibt offenbar Fortschritte, die Verschränkung indirekt und somit "zerstörungsfrei" zu messen:

http://www.pro-physik.de/Phy/leadArticle.do?laid=13296

Vier der sechs erzeugten Teilchen dienen dabei als „Hilfsteilchen“. Sie können mithilfe eines ausgeklügelten Detektionsprotokolls gemessen werden und kündigen damit die Anwesenheit der anderen beiden Photonen an, so dass deren Messung nicht erforderlich ist und der quantenmechanische Zustand unverändert bleibt.



Hallo Jogi,

Kündigigen sie nur die "Anwesenheit" an oder sind nach dieser "zerstörungsfreien" Messung auch die Orte der anderen beiden Photonen bestimmt?

M.f.G. Eugen bauhof

Jogi
14.09.10, 14:48
Hi Eugen.



Kündigigen sie nur die "Anwesenheit" an oder sind nach dieser "zerstörungsfreien" Messung auch die Orte der anderen beiden Photonen bestimmt?


Seeehr gute Frage!

Könnte man Verschränkung und Ort(e) zu einem scharfen Zeitpunkt bestimmen, läge eine (theoretische) Möglichkeit der instantanen Informationsübertragung vor.
Allerdings auch nur mit diesen Inhalten (pro Photonenpaar).
Eine weitere, "aufmodulierte" Information würde wiederum ein Ensemble, eine große Anzahl determiniert verschränkter Photonenpaare erfordern.

Leider geht aus den kostenfrei zugänglichen Veröffentlichungen nicht hervor, ob neben der Verschränkung auch der Ort des einzelnen Photons determiniert ist.
Den Volltext bietet Nature Photonics nur registrierten Mitgliedern gegen Erlegung von 18,--(!) USD an.


Gruß Jogi

Bauhof
14.09.10, 15:37
Leider geht aus den kostenfrei zugänglichen Veröffentlichungen nicht hervor, ob neben der Verschränkung auch der Ort des einzelnen Photons determiniert ist. Gruß Jogi

Hallo Jogi,

der Presseerklärung entnimmmt man, dass der Polarisationszustand der anderen beiden Photonen unbestimmt ist:

http://quantuminformation.physi.uni-heidelberg.de/pic/heralded/presseerklaerung.pdf

Ich denke, wenn der Polarisationszustand unbestimmt ist, dann ist auch der Ort unbestimmt.

M.f.G. Eugen Bauhof

Jogi
14.09.10, 17:37
Ich denke, wenn der Polarisationszustand unbestimmt ist, dann ist auch der Ort unbestimmt.



Da stimme ich dir zu, allerdings würde mich mal deine Begründung für den Zusammenhang interessieren.


Gruß Jogi