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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Bondische k-Kalkül


Marco Polo
28.10.08, 21:59
Hi zusammen,

das Zwillingsparadoxon ist ja immer wieder Gegenstand angeregter Diskussionen.

Ungeachtet dessen, liest man in diesem Zusammenhang gelegentlich vom bondischen k-Kalkül. Dieses geht zurück auf Hermann Bondi, findet sich aber völlig zu Unrecht nur selten in der Fachliteratur.

Ich habe mich zuletzt mit dem bondischen k-Kalkül näher beschäftigt und muss sagen, dass dieses geradezu genial einfach ist.

Ist euch dieses bekannt? Wenn nein, dann werde ich morgen ein paar Infos bringen.

Gruss, Marco Polo

Hamilton
29.10.08, 10:10
Ist euch dieses bekannt? Wenn nein, dann werde ich morgen ein paar Infos bringen.
Ich hab noch nie davon gehört.
Soweit ich weiß, ist die Liste der vermeindlichen Paradoxa im Zusammenhang der Rel.Th. sehr lang- wir könnten einige klassiker mal sammeln.

Sino
29.10.08, 12:45
Hab auch noch nichts davon gehört.
So wie ich das sehe, ist es ein Hilfsmittel und es wundert mich auch nicht, dass es so "einfach" klappt.

Habe mich selber vor ein zwei Wochen auch nochmal kurz zum Spass hingesetzt, mir im s,ct Diagramm geometrisch die SRT allein aus der Vorgabe c=const in jedem Beobachtersystem herzuleiten.
Hab mich dann nur irgendwo beim Berechnen verhaspelt, weil ich Sinus-, Cosinussatz und sowas nicht mehr im Kopf hatte.
Aber wenn man die Weltlinien zweier gleichförmig bewegter Beobachter als die ct- und ct'-Achsen ihres lokalen Bezugssystems ansieht, die dann im Winkel Alpha zueinander stehen auf denen ein Ereignis/Lichtsignal aus deren lokaler Sicht immer im 45 Gradwinkel wegen c=const eintreffen muss, dann sieht man schon, wie die Zeitdilatation usw zu Stande kommt. ( Bin allerdings gerade am Überlegen, ob das mit der 45 Grad-Annahme so hinhaut, also man die 45 grad global/bezugssystemunabhängig so aufs Papier zeichnen darf, oder ob das nur klappt, wenn man mit komplexer Zeitachse ict rechnet. Im komplexen funktionierts auf jeden Fall, da dann die SRT ja eigentlich nur eine Koordinatensystemdrehung widerspiegelt.)

Trotzdem vermute ich, wenn man das geometrisch sauber durchzieht und vereinfacht, landet man direkt beim k-Kalkül.

Marco Polo
29.10.08, 20:40
Tut mir leid. Ich schaffs heute nicht, sondern wohl erst am Freitag.

Eyk van Bommel
29.10.08, 20:48
Soweit ich weiß, ist die Liste der vermeindlichen Paradoxa im Zusammenhang der Rel.Th. sehr lang

Das Bondische k-Kalkül ist imho nicht ein Paradoxa, sondern eine „einfache“ mathematische Lösung des ZP.

Hamilton
29.10.08, 20:59
Bin allerdings gerade am Überlegen, ob das mit der 45 Grad-Annahme so hinhaut, also man die 45 grad global/bezugssystemunabhängig so aufs Papier zeichnen darf, oder ob das nur klappt, wenn man mit komplexer Zeitachse ict rechnet. Im komplexen funktionierts auf jeden Fall, da dann die SRT ja eigentlich nur eine Koordinatensystemdrehung widerspiegelt.)

Also, da die komplexe Ebene holomorph zum R² ist, ist das wurst.
Ich würde sowieso nicht auf die Idee kommen, da irgendwas komlex zu rechnen, da komplexe Zahlen nirgendwo in der SRT eine Rolle spielen- das wär ja auch furchtbar, wenn man mit imaginären Zeiten oder Längen zu tun hat.

richy
29.10.08, 22:22
Der Minkowskiraum ist aber negativ definit.
http://e1.physik.uni-dortmund.de/Physik1/physikscript/node69.html

Man kann dies auch durch ein komplexes Vorzeichen beschreiben. (Unvorteilhaft)
Ansonsten gaebe es ueberhaupt keine Trennung zwischen zeitartig und raumartig. Und das waere doch noch furchtbarer. Wenn ich nicht unterscheiden koennte ob ich mich im Raum oder der Zeit bewege.

Hamilton
30.10.08, 08:41
Der Minkowskiraum ist aber negativ definit.
Also der Raum schon mal gar nicht- das ist nicht eine Eigenschaft eines Raumes, sondern der einer Bilinearform, wie dem Skalarprodukt.
Das Skalarprodukt ist aber per Definition positiv definit.
Das Abstandsquadrat in der Raumzeit ist ds²=dt²-dx²-dy²-dz²
Meintest Du das? Das ist auch nicht negativ definit, vor allem nicht für Punkte auf einer Weltlinie, die sich brav mit langsamer als 1 fortbewegt.

richy
30.10.08, 13:05
Also der Raum schon mal gar nicht- das ist nicht eine Eigenschaft eines Raumes, sondern der einer Bilinearform, wie dem Skalarprodukt.
Da hast du recht.

Das Innenprodukt ist nicht positiv definit.
x*y=x1*y1+x2*y2+x3*y3-x4*y4
fuer x=y
x^2=x1^2+x2^2+x3^2-x4^2

Wobei x4 die Zeit beschreibt :
x4=c0*t

Um die Signatur (+,+,+,-) zu vermeiden kann ich x4 auch umschreiben :
x4=i*c0*t
x^2=x1^2+x2^2+x3^2+(i*c0*t)^2
Das waere dann ein komplexer Innenproduktraum.

Ich will in dem Raum doch irgendetwas messen. Fuer mich ist dieses komplexe Vorzeichen einfach anschaulicher, dass geometrische Koordinaten und Zeitkoordinaten dabei nicht miteinander vertauscht werden duerfen.

In der Elektrothechnik wird das bei der Impedanz genauso gehandhabt.
Nur folgt da das imaginaere Vorzeichen aus der Fouriertransformation.

Der Minkowskiraum ist ein Hilfsmittel der ART und das Thema war die SRT.
Ich hoffe doch aber, dass beide ueber den selben Raum sprechen.

EMI
30.10.08, 13:12
Der Minkowskiraum ist ein Hilfsmittel der ART und das Thema war die SRT.

Der Minkowskiraum ist ein Hilfsmittel der SRT.

richy
30.10.08, 13:14
Nicht von ART und SRT ?
In der ART ist doch erst Raum und Zeit zusammengefasst.
Kannte Einstein Minkowski ueberhaupt schon als er die SRT formulierte ?

Sino
30.10.08, 13:18
Also, da die komplexe Ebene holomorph zum R² ist, ist das wurst.
Ich würde sowieso nicht auf die Idee kommen, da irgendwas komlex zu rechnen, da komplexe Zahlen nirgendwo in der SRT eine Rolle spielen- das wär ja auch furchtbar, wenn man mit imaginären Zeiten oder Längen zu tun hat.

Ich hab mich ja die letzte Zeit ein bischen mit der Geometrischen Algebra beschäftigt, die auf Grassmann/Cliffords Entdeckungen beruht und mit Hestenes wiederausgegraben und weiterentwickelt hat. Also habe mich da zumindest etwas eingelesen und ein paar grundlegende Dinge noch mal selber nachvollzogen, wie die Beziehung zur normalen Vektorrechnung, den komplexen Zahlen, Quaternionen usw. ist.

Da bekommen komplexe Zahlen geometrische Bedeutung. Die imaginäre Einheit ist dann z.b. der Bivektor, er von den orthonormalen Basisvektoren gebildet wird, was in beliebigen Dimensionen funktioniert, nicht nur im 2D.
Im 3-Dimensionalen kann eine Drehung eines beliebigen Vektors auf einen anderen auch durch einen Bivektor beschrieben werden, der dual zu einem Produkt aus imaginärer Einheit und einem Vektor ist... und so ein Zeug. Ist also nur eine Darstellungssache.

Von daher sind imaginäre Einheiten gar nicht so etwas Verrücktes. Man kann mit ihnen in beliebigen Dimensionen arbeiten. Und komplexe Zahlen beschreiben letztendlich auch nur geometrische Zusammenhänge.

Es ist also nur eine Frage, wie ich es aufschreibe. Ob ich nun mit Vektoren, Rotoren usw. rumrechne, mit imaginären Einheiten, oder mit Vektoren, Bivektoren, Trivektoren etc. usw. Alles geometrisch.

Die Geometrische Algebra ist halt schöner, da sie alles beinhaltet und man Skalare,Vektoren,Bi-Vektoren usw. beliebiger Dimension direkt addieren, multiplizieren und dividieren kann quer Beet durch die Dimensionen und imaginären Einheiten und damit die Rechengesetze für Vektoralgebra und komplexe Zahlen, Quarternionen inklusive ihrer geometrischen Erklärung schon enthalten sind.

SRT, ART usw. sind auch schon in der GA formuliert worden, das i in der Schrödingergleichung bekommt geometrische Bedeutung usw., die Pauli-Matrizen und das ganze Zeug ergibt mit der GA geometrischen Sinn, die 2 Maxwellschen Gleichungen für Magnetfeld und elektrisches Feld werden zu einer .... aber so weit bin ich noch nicht eingestiegen. Der Übergang ist halt nicht so einfach, wenn man seit der Schule auf normale Vektoralgebra gedrillt wurde und fast sämtliche Literatur so verfasst ist.

richy
30.10.08, 13:27
Nur als Beispiel fuer die komplexe Rechnung :
Jeder Fersehtechniker verwendet 1/(jwc) als Impedanz einer Kapazitaet und umgeht damit die Foeriertransformation anzuschreiben. Er rechnet automatisch im Bildbereich und bildet dort auch die Impedanz von komlexwertigen Schaltungen.
Am Ende kann er daraus Betrag und Phase berechnen.
Das waere ueber DGL's sehr viel schwerer.
Aber die imaginaerwertige Zeit scheint veraltet. Die Physiker sind eben keine Fernsehtechniker :-)

EMI
30.10.08, 13:33
Nicht von ART und SRT ?
In der ART ist doch erst Raum und Zeit zusammengefasst.
Kannte Einstein Minkowski ueberhaupt schon als er die SRT formulierte ?

Hallo richy,

Albert Einstein und Hermann Minkowski waren Zeitgenossen.
Albert Einstein war mal Schüler von Minkowski.

Um 1907 erkannte Minkowski, dass die Arbeiten von Hendrik Antoon Lorentz (http://de.wikipedia.org/wiki/Hendrik_Antoon_Lorentz) (1904) und Albert Einstein (http://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Einstein) (1905) zur Relativitätstheorie (http://de.wikipedia.org/wiki/Relativit%C3%A4tstheorie) in einem nicht-euklidischen Raum (http://de.wikipedia.org/wiki/Nichteuklidische_Geometrie) verstanden werden können. Er vermutete, dass Raum (http://de.wikipedia.org/wiki/Raum) und Zeit (http://de.wikipedia.org/wiki/Zeit) in einem vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuum miteinander verbunden sind und verfasste Abhandlungen über eine vierdimensionale Elektrodynamik. Minkowski hielt darüber 1908 den aufsehenerregenden Vortrag Raum und Zeit (http://de.wikisource.org/wiki/Raum_und_Zeit_(Minkowski)) auf der Deutschen Gesellschaft der Naturforscher und Ärzte.

In der SRT wurden Raum und Zeit vereinigt.
In der ART wurden Raumzeit und Materie vereinigt.

Gruß EMI

richy
30.10.08, 13:38
Aber es war Minkowski der in der SRT Raum und Zeit vereinigt hat oder ?
Oder war sich Einstein dessen schon bewusst ?
Deshalb auch meine Frage ob Einstein bei der SRT schon Minkowski kannte.

EMI
30.10.08, 14:38
Aber es war Minkowski der in der SRT Raum und Zeit vereinigt hat oder ?
Oder war sich Einstein dessen schon bewusst ?
Deshalb auch meine Frage ob Einstein bei der SRT schon Minkowski kannte.

Ich war zwar nicht dabei aber ich denke schon das Minkowski der Erste war mit seinem Diagram und Ausspruch dazu:
"Die Tendenz ist eine radikale. Von Stund’ an sollen Raum für sich und Zeit für sich völlig zu Schatten herabsinken,
und nur noch eine Art Union der beiden soll Selbstständigkeit bewahren."

Als Personen kannte sich Beide. Minkowski entwickelte seine Vorstellungen erst 2 Jahre nach der Veröffentlichung der SRT.

Gruß EMI

PS: SRT 1905, Minkowskidiagram 1907, ART 1908/11/15

Sino
30.10.08, 14:54
Nur als Beispiel fuer die komplexe Rechnung :
Jeder Fersehtechniker verwendet 1/(jwc) als Impedanz einer Kapazitaet und umgeht damit die Foeriertransformation anzuschreiben. Er rechnet automatisch im Bildbereich und bildet dort auch die Impedanz von komlexwertigen Schaltungen.
Am Ende kann er daraus Betrag und Phase berechnen.
Das waere ueber DGL's sehr viel schwerer.
Aber die imaginaerwertige Zeit scheint veraltet. Die Physiker sind eben keine Fernsehtechniker :-)

Bin auch gelernter Radio- und Fernsehtechniker. :D
Allerdings hatte ich natürlich auch in E-Technik, Physik und Mathevorlesungen damit zu tun und im Abi kamen die auch dran.

Die Physiker benutzen die komplexen Zahlen überall, nur die geometrische Bedeutung und der Bezug zu Drehungen, Vektoren usw. ist allgemein nicht so bekannt, was daher rührt, dass man die Mathematik dummerweise in bestimmte Teilgebiete wie Vektor- und Tensorrechnung, Komplexe Zahlen usw zerstückelt hat, obwohl das alles zu einem System zusammengefügt werden kann, mit dem sich geometrische Zusammenhänge beschreiben und berechnen lassen. Vielleicht dauerts noch 20 Jahre und es wird Schulstoff.

Hamilton
30.10.08, 16:50
Ich will in dem Raum doch irgendetwas messen. Fuer mich ist dieses komplexe Vorzeichen einfach anschaulicher, dass geometrische Koordinaten und Zeitkoordinaten dabei nicht miteinander vertauscht werden duerfen.

Ja meinetwegen mach das halt, aber normalerweise wird das nicht so gemacht, da es sonst massive Anschauungsprobleme gibt.
Üblicherweise notiert man einen vierervektor in kontravarianter x^µ = (ct, x, y, z) oder kovarianter Form x_µ = (ct, -x, -y, -z) und das Abstandquadrat ist dann x_µ * x^µ
Das wirkt zwar umständlich, löst das Problem aber rein algebraisch und man braucht nicht mit einer imaginären Zeit zu arbeiten, was sicherlich an einer anderen Stelle wieder Probleme macht.

richy
30.10.08, 22:28
Ja meinetwegen mach das halt, aber normalerweise wird das nicht so gemacht, da es sonst massive Anschauungsprobleme gibt.
Nee, muessen wir nicht machen, obwohl Einstein selbst meines Wissens noch mit der komplexen Schreibweise gerechnet hat.
Ich finde die auch weitaus anschaulicher als diese kovariante und kontravariante Form. Man sieht mit dem komplexen Vorzeichen sofort welche Groessen zeitartig und welche raumartig sind.
An der Anschauung kann es wohl nicht liegen, dass die moderene Wissenschaft diese Schreibweise verworfen hat.
Wahrscheinlich geben sich damit an anderer Stelle Probleme.

BTW:
In der Elektrotechnek resultiert das imaginaere Vorzeichen aus anderen Gruenden. Wie erwaehnt aus der Fouriertransformation oder einem komplexen Exponentialansatz, der die selbe Methode darstellt.

Marco Polo
31.10.08, 23:16
Hi,

zum Thema bondisches k-Kalkül muss ich nochmal um einen kleinen Aufschub bitten. Ist mir sehr peinlich das Ganze. :o Hab aber im Moment ein paar wichtige Dinge zu regeln, die so nicht vorher zu sehen waren.
Und ein wenig Zeit und Ruhe brauche ich dafür schon. Das schreibt sich nicht mal eben so dahin.

Gruss, Marco Polo