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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Überlichtgeschwindigkeit durch Tunneln


pauli
11.06.07, 19:52
Vor einigen Jahren gab es mal einen großen Hype um dieses Thema, man hätte in Mikrowellen verschlüsselte Informationen mit 2 - 4facher LG durch einen "Tunnel" geschickt (superluminar). Sogar "negative" Geschwindigkeit wäre möglich, das Licht kommt also aus dem Tunnel raus noch bevor es den Tunnel betreten hat.

Bei wikipedia ist zu lesen, dass dieses Verhalten auch mit sichtbarem Licht bestätigt wurde, trotzdem sagen wohl Physiker einvernehmlich, die SRT würde trotzdem nicht verletzt.

Habe seit Jahren nichts mehr davon gehört, viele Informationen im web sind alt.

Weiß jemand näheres/aktuelles dazu?
Was ist so ein Tunnel und wie kann das funktionieren ohne die SRT zu verletzen?

absolut
11.06.07, 20:09
Was ist so ein Tunnel und wie kann das funktionieren ohne die SRT zu verletzen?
Kennst du nicht einmal das ?!
:o

pauli
11.06.07, 20:16
Nein, sonst würde ich ja nicht fragen, hast du eine Erklärung dafür? Deine Maximalgeschwindigkeit 2c wird dafür wohl nicht reichen.

rene
11.06.07, 20:48
Nimtz hat den quantenmechanischen Effekt des superluminalen Tunnelns mittels Mikrowellen, die eine Barriere überwinden mussten, nachgewiesen. Diese Versuche wurden später mit Lichtwellen wiederholt.

Die Wellen werden im hinteren Teil stärker gedämpft als im vorderen - in Abhängigkeit ihrer Dispersion -, so dass sich das Intensitätsmaximum nach vorne verlagert. Zudem besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Wellen ihr Ziel wegen der Barriere gar nicht erreichen, womit die Axiome der RT (keine Information schneller als c) nicht verletzt werden. Auch bei Nimtz' Mozart-Transport ging entsprechend Information verloren. Diesen Effekt nun mithilfe der Redundanz zu kompensieren ist zwar möglich, verlängert aber die Übertragung der vollständigen Information auf den Bereich hin zu, der dann statistisch mit c zu Buche liegt.

Grüsse, rene

Uli
11.06.07, 20:51
Im allgemeinen beschreibt ja die sog. Gruppengeschwindigkeit dw/dk (w für Frequenz und k für Wellenzahl) die Ausbreitung von Wellenpaketen, d.h. Signalen. Im Falle sehr starker Absorption gilt das aber nicht mehr: dann verändert sich nicht nur die Höhe des Peaks eines Wellenpakets aufgrund der starken Dämpfung, sondern auch seine Form (Dispersion); aus einem Peak werden z.B. n Peaks etc.. Dann stimmt die Gruppengeschwindigkeit einfach nicht mehr - wie ansonsten üblich - mit der Signalgeschwindigkeit überein.

In diesem Fall ("anomale Dispersion") - wenn das Paket während des Transports "auseinanderfliesst" - wird die Gruppengeschwindigkeit einfach uninteressant und hat nichts mehr mit der Geschwindigkeit der Signalausbreitung zu tun.

Das ist ein "alter Hut" aus der klassischen Elektrodynamik und seit 1907 bekannt (Sommerfeld glaube ich, kam als erster drauf).

siehe z.B.
anomale Dispersion (http://theory.gsi.de/~vanhees/faq/nimtz/node6.html)

In diesen Experimenten beobachtet man nun Gruppengeschwindigkeiten > c, macht eine Schlagzeile draus und sagt anschließend "ätsch, war doch nur anomale Dispersion". :)


Fazit. Im Falle anormaler Dispersion breitet sich die Wirkung nicht mit der Gruppengeschwindigkeit aus. Da wird die Gruppengeschwindigkeit ähnlich irrelevant wie die Phasengeschwindigkeit, was die Signalgeschwindigkeit angeht. Und die vorderste Front nach Einschalten einer Quelle ist sowieso nie schneller als c.

Gruss, Uli

Lorenzy
11.06.07, 21:06
Ist doch schön zu sehen, wie die RT solch scheinbaren Verletzungen immer wieder standhält. Auch bei der quantenmechanischen Verschränkung kommt der Laie ja nur allzu oft auf den Gedanken "Moment mal...". Aber beim genauerem Hinsehen...Tja.

Es lebe Einstein.:)

PS
Ich finds auch bemerkenswert, wieviele nichtregistrierte User beim Thema Überlichtgeschwindigkeit hier reinschauen. Hat schon was Anziehendes.

pauli
11.06.07, 21:09
ok Leute, danke für die Infos, Gruppengeschwindigkeit (http://de.wikipedia.org/wiki/Gruppengeschwindigkeit) ist der Schlüssel, hab das mal irgendwann gelesen und mich gefragt, wozu nun die Wellenanzahl benötigt wird und was sie besagt.

pauli
11.06.07, 21:14
Ist doch schön zu sehen, wie die RT solch scheinbaren Verletzungen immer wieder standhält. Auch bei der quantenmechanischen Verschränkung kommt der Laie ja nur allzu oft auf den Gedanken "Moment mal...". Aber beim genauerem Hinsehen...Tja.

Es lebe Einstein.:)
Das wäre meine nächste Frage gewesen, diese "spukhafte Fernwirkung" durch Verschränkung, irgendwo (weiß nicht mehr in welchem Forum :o ) wurde berichtet, man hätte Teilchen über mehrere Kilometer verschränkt, und eine Wechselwirkung mit einem Teilchen wirkte sich sofort auf das andere Teilchen aus.

Wie ist das mit der SRT in Einklang zu bringen?
Auf diese Weise könnten Signale schneller alc c gesendet werden.

El Cattivo
11.06.07, 21:30
Wie ist das mit der SRT in Einklang zu bringen?
Auf diese Weise könnten Signale schneller alc c gesendet werden.
Kann man leider nicht. Sehr lax ausgedrückt um die Signale die vom verschränkten Teilchen beim Empfänger ankommen zu entschlüsseln muss man wissen was gesendet wurde... Vorher ist das was ankommt nur "zufälliges" Rauschen. Man muss die Informationen von Sender und Empfänger abgleichen um zu wissen was gesendet wurde. Das geht nur mit c.

Allerdings scheint das Spielchen, so weit ich weiß, für neue Verschlüsselungstechnologien interessant zu sein.

mfg

absolut
11.06.07, 21:47
Es lebe Einstein.:)

Gott sei dank ist er mausetot!
Nur seine irren Theorien spuken noch in den bekloppten Köpfen seiner unfähigen Anhängern...
(selbstverständlich)
:eek:

pauli
11.06.07, 21:51
hm, wenn man sie zb 30km voneinander entfernen kann dann sicher auch 300.000, in etwa auf den Mond.
Wenn nun das Teilchen auf der Erde in einen Zustand gezwungen wird passiert dasselbe mit dem Mondteilchen, kann das nicht dort als Signal gemessen werden?

Lorenzy
11.06.07, 22:37
hm, wenn man sie zb 30km voneinander entfernen kann dann sicher auch 300.000, in etwa auf den Mond.
Wenn nun das Teilchen auf der Erde in einen Zustand gezwungen wird passiert dasselbe mit dem Mondteilchen, kann das nicht dort als Signal gemessen werden?

Angenommen die auf dem Mond detektieren ein horizontal polarisiertes Teilchen. Zwar wissen die dann, aufgrund der Verschränkung, dass das Photon auf der Erde vertikal polarisiert sein wird, aber diese Info können sie nur mit c übermitteln (mit einer klassischer Verbindung wie z.B. über Funk).

absolut
11.06.07, 22:45
Angenommen die auf dem Mond detektieren ein horizontal polarisiertes Teilchen. Zwar wissen die dann, aufgrund der Verschränkung, dass das Photon auf der Erde vertikal polarisiert sein wird, aber diese Info können sie nur mit c übermitteln (mit einer klassischer Verbindung wie z.B. über Funk).
So blöd könnten die doch nicht sein (oder so schlecht ausgerüstet), wenn es doch eben schnellere Verbindungen geben soll ... (und zwar SELBSTVERSTÄNDLICH)!!!
:D

El Cattivo
11.06.07, 23:43
So blöd könnten die doch nicht sein (oder so schlecht ausgerüstet), wenn es doch eben schnellere Verbindungen geben soll ... (und zwar SELBSTVERSTÄNDLICH)!!!
:D
Na denn Vorschlag, wie solls gehen. Lass uns ein wenig Schrödinger lösen.

Nur zur Info:
Beleidigung ungleich sachliches Argument.

mfg

Uli
12.06.07, 11:43
hm, wenn man sie zb 30km voneinander entfernen kann dann sicher auch 300.000, in etwa auf den Mond.
Wenn nun das Teilchen auf der Erde in einen Zustand gezwungen wird passiert dasselbe mit dem Mondteilchen, kann das nicht dort als Signal gemessen werden?

Na, das ist doch ganz einfach: zwischen dem Teilchen auf dem Mond und dem auf der Erde besteht eine Korrelation wegen Drehimpulserhaltung. Sobald ich also geschaut habe, wie der Spin des Teilchens auf der Erde ist, kenne ich auch den
Spin des Teilchens auf dem Mond; dazu muss kein Signal vom einen zum anderen Teilchen fließen.

Uli

pauli
12.06.07, 21:56
dazu muss kein Signal vom einen zum anderen Teilchen fließen.

Nein, ich meinte es anders, ich will von der Erde der Mondstation ein Signal geben für z.B. das Einschalten einer Maschine. Dieses Signal stünde dann sofort zur Verfügung und nicht erst nach einer Sekunde.

rene
12.06.07, 22:38
Nein, ich meinte es anders, ich will von der Erde der Mondstation ein Signal geben für z.B. das Einschalten einer Maschine. Dieses Signal stünde dann sofort zur Verfügung und nicht erst nach einer Sekunde.

Die Verschränkung von Quanten erfolgt über jede beliebige Distanz; im Gegensatz zu Bindungskräften, die einem Abstandsgesetz folgen (1/r oder 1/r²). Dabei stossen wir auf grundlegende Probleme, wenn wir versuchen, den einzelnen Mitgliedern verschränkter Quanten eine unabhängige physikalische Realität zuzuschreiben. Vielmehr muss man das gesamte System in Betracht ziehen – im Falle eines verschränkten Paares die Gesamtheit beider Teilchen. Die Forderung nach einem unabhängigen realen Zustand für jedes der beiden Teilchen ist bei verschränkten Quantensystemen ohne physikalischen Sinn. Vor der Messung eines Teilchens ist ja sein Zustand nicht bekannt, erst nach der Messung wissen wir auch den Zustand des anderen Teilchens.

Verschränkte Zustände sind Superposition von mehreren Teilchen, wobei nur der Gesamtheit der Teilchen eine Eigenschaft zugeschrieben werden kann. Für die einzelnen Teilchen ist diese Eigenschaft nicht festgelegt, gehorchen also einer korrelierten probabilistischen Verteilung.
Im Experiment werden dazu die Ionen in einer Pauli-Falle mittels eines elektrischen Wechselfeldes durch Ansetzen einer hochfrequenten Wechselspannung gespeichert und durch eine Sequenz von Laserpulsen in einen verschränkten Zustand gebracht. Der Gesamtzustand aller Teilchen ist dann wohlbekannt, der Zustand jedes einzelnen Teilchens aber völlig unbekannt.

Die quantenmechanischen Messungen gehorchen einer statistischen Verteilung; verschränkte Quantensysteme können zwar über eine grosse Distanz miteinander wechselwirken, übertragen aber dabei keine Informationen; somit wird die Kausalität nicht verletzt. Die superpositionierte Verschränkung des Gesamtsystems verbietet die Definition eines Teilsystems für sich. Infolge der Komplementarität können die Werte einer Observablen nicht gleichzeitig definiert sein. Ist der eine exakt, bleibt der andere völlig unbestimmt. Misst man ihn, so ist sein Wert rein zufällig. Eine Korrelation tritt erst bei nicht festgelegten (nicht definierten) Observablen ein, wo in Abhängigkeit vom Wert der ersten Observablen die Werte der anderen Observablen unterschiedlich wahrscheinlich sind.

Langer Rede kurzer Sinn: Von einer instantanen Live-Übertragung von Proxima-Centauri würden wir ein zufälliges, völlig verrauschtes Signal empfangen! :rolleyes:

Grüsse, rene

pauli
12.06.07, 23:05
Pauli-Falle
meine Güte, was es nicht alles gibt :D

Verschränkte Zustände sind Superposition von mehreren Teilchen, wobei nur der Gesamtheit der Teilchen eine Eigenschaft zugeschrieben werden kann.
Das ist der Verständnis-Schlüssel, und natürlich schlägt wieder die ewige und brutale Unbestimmtheit zu, seltsam wie bestimmend sie doch ist.

rene
13.06.07, 00:31
Pauli-Falle
meine Güte, was es nicht alles gibt :D

Sorry, leider doch nicht. Es ist die Paul-Falle. :o

Das ist der Verständnis-Schlüssel, und natürlich schlägt wieder die ewige und brutale Unbestimmtheit zu, seltsam wie bestimmend sie doch ist.

In der Tat. Ohne ihre erst durch sie ermöglichten Freiheitsgrade käme keine Wechselwirkung zustande, schon gar kein Universum. Der Determinismus in Reinkultur ist schon lange tot, aber einige hätten ihn wohl gerne wieder zurück! :D

Grüsse, rene