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Eyk van Bommel 19.12.10 17:52

AW: SRT und Lorentzianische Theorie
 
Vorweg: Ich bin kein Lorentzäther verteidigter – ich halte nichts von einem ausgezeichneten Intertialsystem!

Zitat:

die Einsteinsche Zeitdilatation siehst du als indirekten Nachweis für die Existenz eines "Äthers" (was auch immer das sein soll), richtig?
Ich sehe die Einsteinsche Zeitdilatation als Nachweis für die Existenz einer physikalischen Raumzeit (die es nur im Einstein-Modell gibt).

Ich sehe die Lorentzianische Zeitdilatation als Nachweis für die Existenz eines physikalischen Äthers.

Zitat:

dass Einstein die Annahme eines "Äthers" zur Herleitung der Zeitdilatation gar nicht benötigte.
Nein er benötigte eine Raumzeit als physikalische Entität. Die gab es vorher nicht – so wie den Äther. Es ist eine Annahme wie jede andere und muss experimentell nachgewiesen werden.

Aber:

Lorentz hatte ein ausgezeichnetes Intertialsystem UND einen Äther benötigt

Einstein benötigte kein ausgezeichnetes Intertialsystem – sondern nur die Raumzeit.

Gruß
EVB

Zwill-11 03.01.11 21:48

AW: SRT und Lorentzianische Theorie
 
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Hallo an Alle. :)

Mir gefällt besonders das von Eugen Bauhoff eingeführte Zitat:

Zitat:

Einstein eliminiert in seiner Theorie den Äther, der nicht beobachtet werden kann, er eliminiert die universellen Kräfte, die keine unmittelbar beobachtbare Wirkung zeigen, und er eliminiert die absolute Zeit und den absoluten Raum, die durch keine Uhr bzw. keinen Längenmaßstab angezeigt werden. Darin unterscheiden sich Einstein und Lorentz. Die physikalischen Gleichungen bleiben dieselben, doch ihre Deutungen sind völlig verschieden.
denn die bekannten Experimente zur Speziellen Relativitätstheorie (Micheson-Morley, Kennedy-Thorndike etc.) werden von beiden Interpretationen richtig vorausgesagt. Für Einstein und seine Nachfolger beweisen die obigen Experimente die Existenz der vierdimensionalen Raumzeit, für Lorentz und seine Nachfolger die Existenz eines Äthers. Was von beidem zutrifft, kann man sich nicht aussuchen, denn entweder es gibt die vierdimensionale Raumzeit oder es gibt den Äther. In dem Buch [1] werden viele unterschiedliche Überlegungen für und gegen beide Interpretationen untersucht. In der dortigen Abb. 24.6 wird ein Gedankenexperiment vorgestellt, das – vielleicht – zwischen beiden Interpretationen unterscheiden kann: Man betrachte einen Eisenbahnzug auf einer kreisförmigen, geschlossenen Bahn. Der letzte Waggon des Zuges liegt wieder vor Lok. Nun erhöhe man für alle Waggons und die Lok gleichzeitig die Geschwindigkeit. Es tritt Lorentz-Kontraktion ein. Nur für die Lok und die Waggons oder auch für die Zwischenräume zwischen den Waggons? Für die Lorentz-Interpretation können nur reale Größen (die Waggons und die Lok) kontrahieren, für die Einstein-Interpretation müssten sich auch die Zwischenräume zwischen den Waggons verkürzen? Oder doch nicht? Beides geht aber nicht, denn der kreisförmige Schienenring ruht und kontrahiert deshalb nicht. Letztlich bedeutet diese Argumentation, dass die Einstein-Interpretation nicht erklären kann, weshalb die Zwischenräume zwischen den Waggons größer werden, die Waggons und die Lok aber kürzer.
In [1] finden sich eine Reihe weiterer Überlegungen, die in üblichen Lehrbüchern kaum diskutiert werden. Ich denke, beide Interpretationen haben ihre Stärken.

Zum besseren Verständnis habe ich ein Bild beigefügt. Anhang 230. Wenn sich die Rotationsgeschwindigkeit der Waggons erhöht, lorentzkontrahieren sie und die Zwischenräume werden größer. Letzteres kann die Einstein-Interpretation - vielleicht - nicht erklären.

Beste Grüße,
Zwill-11

[1] J. Brandes, J. Czerniawski: Spezielle und Allgemeine Relativitätstheorie
für Physiker und Philosophen - Einstein- und Lorentz-Interpretation, Paradoxien
Raum und Zeit, Experimente. Karlsbad 2010
ISBN 978-3-930879-08-3
http://www.amazon.de/Spezielle-Allge...4089928&sr=1-1

JoAx 03.01.11 22:59

AW: SRT und Lorentzianische Theorie
 
Willkommen Zwill-11!

Zitat:

Zitat von Zwill-11 (Beitrag 57874)
Nur für die Lok und die Waggons oder auch für die Zwischenräume zwischen den Waggons? Für die Lorentz-Interpretation können nur reale Größen (die Waggons und die Lok) kontrahieren, für die Einstein-Interpretation müssten sich auch die Zwischenräume zwischen den Waggons verkürzen?

Das verstehe ich nicht. Verfügen denn die Waggons und die Lok über keine "reelle" (=materielle/energetische) Verbindung zu einander?

Ich schätze - die Überlegung, dass "beides" nicht geht, schlicht falsch ist.


Gruss, Johann

Bauhof 05.01.11 13:13

AW: SRT und Lorentzianische Theorie
 
Zitat:

Zitat von Zwill-11 (Beitrag 57874)
Für Einstein und seine Nachfolger beweisen die obigen Experimente die Existenz der vierdimensionalen Raumzeit, für Lorentz und seine Nachfolger die Existenz eines Äthers.

Hallo Zwill-1,

weder die Existenz einer 4-D-Raumzeit noch die "Existenz" eines Äthers sind durch Experimente bewiesen. Der Äther und die 4-D-Raumzeit sind beides nur gedankliche Konstrukte, um Rechnungen durchsichtiger zu machen.

Welches Experiment soll für Lorentz und seine Nachfolger die Existenz eines Äthers beweisen?

Zitat:

Zitat von Zwill-11 (Beitrag 57874)
Man betrachte einen Eisenbahnzug auf einer kreisförmigen, geschlossenen Bahn. Der letzte Waggon des Zuges liegt wieder vor Lok. Nun erhöhe man für alle Waggons und die Lok gleichzeitig die Geschwindigkeit. Es tritt Lorentz-Kontraktion ein. Nur für die Lok und die Waggons oder auch für die Zwischenräume zwischen den Waggons? Für die Lorentz-Interpretation können nur reale Größen (die Waggons und die Lok) kontrahieren, für die Einstein-Interpretation müssten sich auch die Zwischenräume zwischen den Waggons verkürzen? Oder doch nicht?

Warum muss sich der Zug auf einer kreisförmigen, geschlossenen Bahn befinden? Warum so kompliziert? Die relativistischen Effekte (Zeitdilatation und Raumschrumpfung) treten doch bereits bei unbeschleunigten Bewegungen auf.

Zitat:

Zitat von Zwill-11 (Beitrag 57874)
Letztlich bedeutet diese Argumentation, dass die Einstein-Interpretation nicht erklären kann, weshalb die Zwischenräume zwischen den Waggons größer werden, die Waggons und die Lok aber kürzer.

Bei der Einstein-Interpretation gibt es keine Vergrößerung der Zwischenräume, denn nicht das Material schrumpft, sondern der Raum selbst und mit ihm der ganze Zug einschließlich der Zwischenräume. Dabei ist es unerheblich, ob die einzelnen Waggons fest miteinander gekoppelt sind oder nicht. Man kann sich ja ersatzweise einen Zug vorstellen, der nur aus Lokomotiven besteht, die nicht miteinander gekoppelt sind und jede Lokomotive fährt mit der gleichen, gleichförmigen Geschwindigkeit auf gerader Strecke und hält konstanten Abstand zu seinem Vorläufer und Nachfolger.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

Eyk van Bommel 05.01.11 17:03

AW: SRT und Lorentzianische Theorie
 
Hallo Zwill-1,
vorweg ich sehe für mich gerne alles eher aus der lorenzianischen sichtweise ;)

Daher...
Zitat:

Für die Lorentz-Interpretation können nur reale Größen (die Waggons und die Lok) kontrahieren,..
Real ja - aber aufgrund der ZD die der Beobachter im Äther erfährt, kontrahiert auch der zwischen Raum.

Es gibt ja keinen Unterschied in der Messung zwischen AE und Lorentz...

Beide (müssen!) dasselbe sehen!

@Bauhof
Das von dir geschriebene würde ich alles so unterschreiben wollen.

Gruß
EVB

Bauhof 05.01.11 17:46

AW: SRT und Lorentzianische Theorie
 
Zitat:

Zitat von Eyk van Bommel (Beitrag 57897)
Es gibt ja keinen Unterschied in der Messung zwischen AE und Lorentz... Beide (müssen!) dasselbe sehen!

Hallo Eyk van Bommel,

müssen tut gar nichts, aber es wird allgemein so behauptet.
Und Zwill-1 will ja gerade mit seinem Gedankenexperiment darauf hinweisen, dass es experimentelle Unterschiede geben könnte. Mehr noch, Zwill-1 will sogar sagen, dass die Lorentzianische Theorie Experimente erklären könnte, die von Einsteins SRT nicht erklärt werden.

M.f.G. Eugen Bauhof

Eyk van Bommel 05.01.11 20:18

AW: SRT und Lorentzianische Theorie
 
Hallo Bauhof,
Zitat:

müssen tut gar nichts, aber es wird allgemein so behauptet…
Weil allgemein von einer Beobachter unabhängigen Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ausgegangen wird (dem wohl keiner widersprechen möchte?) Und das machen eben auch Lorentz und Einstein.
Zitat:

Und Zwill-1 will ja gerade mit seinem Gedankenexperiment darauf hinweisen, dass es experimentelle Unterschiede geben könnte.
Einen messbaren Unterschied zwischen der Lorentzäthertheorie und der SRT zu suchen, ist genauso „sinnvoll“ wie nach einem Perpetuum mobile zu suchen.

Auch wenn man denkt man hat etwas gefunden, wird es immer einen Maxwellschen-Dämonen geben, der einem zeigt, dass man falsch liegt. Man könnte die Hinzunahme der Zeitdilatation bei Lorentz so sehen.

Oder man hat die Beobachter abhängige Konstanz der Lichtgeschwindigkeit gezeigt – was genauso wahrscheinlich ist wie die Gesetzte der Thermodynamik zu widerlegen.
Zitat:

Mehr noch, Zwill-1 will sogar sagen, dass die Lorentzianische Theorie Experimente erklären könnte, die von Einsteins SRT nicht erklärt werden.
Was mir bei identischen mathematischen Formeln, die Widerlegung der Thermodynamik für wahrscheinlicher erscheinen lässt.;)

Gruß
EVB

Zwill-11 05.01.11 22:06

AW: SRT und Lorentzianische Theorie
 
Liste der Anh?nge anzeigen (Anzahl: 1)
Hallo an alle :)


Zum besseren Verständnis meines obigen Beitrags habe ich ein Bild beigefügt. Anhang 231. Jetzt kann man besser verstehen, was ich meine. Wenn sich die Rotationsgeschwindigkeit der Waggons erhöht, lorentzkontrahieren sie und die Zwischenräume werden größer. Letzteres kann die Einstein-Interpretation - vielleicht - nicht erklären. Oder doch?

Quellenhinweis: Die obige Abbildung ist dem Buch [1] aus meinem ersten Beitrag entnommen.

Beste Grüße,
Zwill-11

Hawkwind 05.01.11 22:38

AW: SRT und Lorentzianische Theorie
 
Zitat:

Zitat von Zwill-11 (Beitrag 57902)
Hallo an alle :)


Zum besseren Verständnis meines obigen Beitrags habe ich ein Bild beigefügt. Anhang 231. Jetzt kann man besser verstehen, was ich meine. Wenn sich die Rotationsgeschwindigkeit der Waggons erhöht, lorentzkontrahieren sie und die Zwischenräume werden größer. Letzteres kann die Einstein-Interpretation - vielleicht - nicht erklären. Oder doch?

Quellenhinweis: Die obige Abbildung ist dem Buch [1] aus meinem ersten Beitrag entnommen.

Beste Grüße,
Zwill-11

Wieso kontrahieren denn nur die Wagen ?

Die Lorentz-Kontraktion resultiert aus einer Koordinatentransformation - da geht es also um Punkte im Raum. Ob da nun zufällig materielle Objekte liegen oder nicht, das interessiert die Lorentz-Kontraktion nicht.

Und die Formeln dieser nach Lorentz benannten Koordinatentransformation sind ja nun in SRT und LET (Lorent-Äther) identisch. Ich sehe nicht, wie die Lorentzkontraktion helfen könnte, zwischen beiden Interpretationen zu unterscheiden.

Marco Polo 05.01.11 23:03

AW: SRT und Lorentzianische Theorie
 
Hi Hawkwind,

Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 57904)
Wieso kontrahieren denn nur die Wagen ?

Die Lorentz-Kontraktion resultiert aus einer Koordinatentransformation - da geht es also um Punkte im Raum. Ob da nun zufällig materielle Objekte liegen oder nicht, das interessiert die Lorentz-Kontraktion nicht.

Und die Formeln dieser nach Lorentz benannten Koordinatentransformation sind ja nun in SRT und LET (Lorent-Äther) identisch. Ich sehe nicht, wie die Lorentzkontraktion helfen könnte, zwischen beiden Interpretationen zu unterscheiden.

Sehe ich auch so. Streng genommen geht es bei der SRT lediglich um Koordinatentransformationen zwischen Inertialsystemen in Relativbewegung.

Raumschiffe, Beobachter und sonstiger Schnurkes findet man eher in der populärwissenschaftlichen Literatur, um das Ganze zugänglicher zu machen.

Wie du also korrekt angemerkt hast, geht es z.B. bei der Längenkontraktion lediglich um Punkte im Raum. Nicht mehr, nicht weniger. Es ist dabei also völlig wurscht, ob sich an diesen Punkten Materie befindet oder nicht.


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