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Ich 16.10.14 13:11

AW: Raumschwingungen
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 75855)
Ist das wirklich so?

Fragen wir doch Tom, der kennt sich mit so was aus.

Also, ich nehme an, ich habe ein Elektron im statischen B-Feld mit der energetisch ungünstigeren Spin-Richtung. Wenn der Spin dann in die günstigere Richtung kippt, geschieht das unter Aussendung eines Photons?

Hawkwind 16.10.14 13:40

AW: Raumschwingungen
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 75858)
Fragen wir doch Tom, der kennt sich mit so was aus.

Also, ich nehme an, ich habe ein Elektron im statischen B-Feld mit der energetisch ungünstigeren Spin-Richtung. Wenn der Spin dann in die günstigere Richtung kippt, geschieht das unter Aussendung eines Photons?

Im statischen Feld eines Kerns kann ja Energie, Impuls und Drehimpuls mit dem Kern(-feld) ausgetauscht werden. Deshalb dürfte aus Drehimpulserhaltungsgründen die Aussendung eines reellen Photons hier nicht unbedingt "Pflicht" sein.

Tom weiss das bestimmt!
Schön, dass er zu uns gestoßen ist!!!

Gruß,
Uli

TomS 16.10.14 20:03

AW: Raumschwingungen
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 75856)
In welcher Eichung entfallen denn virtuelle Photonen?

Ich sage nicht, dass sie entfallen, sondern dass ihre Definition nicht eichinvariant ist.

Zunächst mal ist die Null-Komponente des Eichpotentials kein dynamischer Freiheitsgrad, weil es dazu keinen kanonisch konjugierten Impuls gibt. Demnach enthalten alle Eichungen, in denen die Null-Komponente nicht eliminiert wird, unphysikalische Freiheitsgrade.

Am einfachsten setzt man 1) die Null-Komponente per Eichfixierung gleich Null und löst 2) anschließend den Constraint des Gaußschen Gesetzes. Von vier Eichfeldern verschwinden somit zwei. Es verbleiben also noch zwei transversale = physikalische Polarisationen. Nur diese sind im Hamiltonoperator enthalten. Und nur diese propagieren und werden in der Störungsrechnung mittels virtueller Photonen (Propagatoren) beschrieben.

In anderen Eichungen, z.B. der Lorenzeichung bleiben zunächst alle vier Photonenfelder erhalten, allerdings steht im Propagator ein entsprechender Projektor. Somit "sieht es so aus", als ob tatsächlich vier Polarisationen existieren würden. Diese existieren auch im Hilbertraum (der jedoch kein echter Hilbertraum ist, da er Zustände negativer Norm enthält). Die virtuellen Photonen (Propagatoren) sehen also explizit anders aus als oben. Mathematisch verschwindet eine unphysikalische Polarisation durch den Projektor, eine weitere entkoppelt.

Witzig wird's in nicht-abelschen Eichtheorien. Der erste Weg der physikalischen Eichung funktioniert wie oben. Im zweiten Weg entkoppelt jedoch eine Polarisation nicht und es verbleiben tatsächlich drei Eichbosonen - eines zu viel! Dieses wird jedoch durch ein ebenfalls unphysikalisches Geist-Felder kompensiert, das man explizit konstruieren kann. D.h. man hat insgs. vier progagierende Freiheitsgrade, wovon sich zwei gegenseitig wegheben. Die virtuellen Teilchen sehen nicht einfach anders aus, sie haben eine völlig andere Natur.

D.h. man kann nicht von "dem virtuellen Photon" sprechen, sondern nur von "dem virtuellen Photon bezogen auf eine bestimmte Eichung". Nicht nur der mathematische Ausdruck, den man einem Propagator zuordnet, sondern sogar die Menge der Feynmandiagramme, die man einer Amplitude zuordnet, ist eichabhängig.

TomS 16.10.14 22:04

AW: Raumschwingungen
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 75860)
Im statischen Feld eines Kerns kann ja Energie, Impuls und Drehimpuls mit dem Kern(-feld) ausgetauscht werden. Deshalb dürfte aus Drehimpulserhaltungsgründen die Aussendung eines reellen Photons hier nicht unbedingt "Pflicht" sein.

Ich denke, ein vernünftiges Modell ist die Streuung von Spin-1/2 Teilchen an einem Spin-0 Target. Das ist bekannt als Mott-Streuung. Ja, es findet eine WW zwischen dem Magnetfeld des Targets (aus Sicht des sich bewegenden Spin-1/2 Teilchens) mit dem Spin statt. Nein, dabei entsteht kein reelles Photon (kann man das für ein strukturloses Target nicht bereits kinematisch ausschließen?) Insbs. sind die Spin-Zustände entartet (was man im Ruhesystem des Targets erkennt)

Leider habe ich hier nur die Spin-gemittelten Streuquerschnitte vorliegen, und die helfen nur zum Teil. Sie enthalten im wesentlichen einen Zusatzterm zur Rutherfordstreung.

Es liegt aber tatsächlich eine Spin-Asymmetrie vor.

Hawkwind 17.10.14 07:21

AW: Raumschwingungen
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 75865)
Ich sage nicht, dass sie entfallen, sondern dass ihre Definition nicht eichinvariant ist.

Ich weiss ... sorry, wollte nur ein bisschen provozieren. :)


Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 75865)
...
D.h. man kann nicht von "dem virtuellen Photon" sprechen, sondern nur von "dem virtuellen Photon bezogen auf eine bestimmte Eichung". Nicht nur der mathematische Ausdruck, den man einem Propagator zuordnet, sondern sogar die Menge der Feynmandiagramme, die man einer Amplitude zuordnet, ist eichabhängig.

Danke für die ausführlichen Erläuterungen, Tom - man kann also mit der Verwendung des Begriffes "virtuelle Teilchen" gar nicht vorsichtig genug sein.

Mitunter kommt man aber erstaunlich weit damit, Physik zu erklären, indem man virtuelle Teilchen sehr ernst nimmt (Erklärung des Casimir-Effektes, Hawking-Strahlung, etc.).

Gruß,
Uli

Ich 17.10.14 07:42

AW: Raumschwingungen
 
Hmm, und was ist jetzt mit dem beschriebenen Szenario? Mott-Streuung ist ja doch was anderes.

TomS 17.10.14 13:40

AW: Raumschwingungen
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 75868)
man kann also mit der Verwendung des Begriffes "virtuelle Teilchen" gar nicht vorsichtig genug sein.

Stimmt.

Wie die folgenden Beispiele zeigen:

Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 75868)
Mitunter kommt man aber erstaunlich weit damit, Physik zu erklären, indem man virtuelle Teilchen sehr ernst nimmt (Erklärung des Casimir-Effektes, Hawking-Strahlung, etc.).

Für den Casimir-Effekt gibt es durchaus unterschiedliche Herleitungen, genauso wie für die Hawkingstrahlung.

Hawkings originale Arbeit verwendet keine virtuellen Teilchen im oben diskutierten Sinn, auch wenn er das immer wieder schreibt. Hawking betrachtet die freien Lösungen nicht-wechselwirkender Felder (!!!) auf einer gekrümmten Raumzeit, d.h. die einzige WW findet zwischen den Feldern und der RZ statt. Die thermische Strahlung resultiert einzig und allein aus einer Bogoljubov-Trf. freier Felder.

Insbs. kommt in Hawkings Rechnung keine Kopplungskonstante vor. Hawkingstrahlung existiert also auch für freie Quantenfelder und für Kopplungskonstante = Null. Für Kopplungskonstante = Null existieren jedoch gar keine Feynmandiagramme mit Vertizes und Propagatoren ;-)

TomS 17.10.14 13:41

AW: Raumschwingungen
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 75869)
Hmm, und was ist jetzt mit dem beschriebenen Szenario? Mott-Streuung ist ja doch was anderes.

welches? da war doch die Frage nach dem statischen Colulombfeld eines Kerns und der WW nit dem Spin ...

Hawkwind 17.10.14 18:44

AW: Raumschwingungen
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 75869)
Hmm, und was ist jetzt mit dem beschriebenen Szenario? Mott-Streuung ist ja doch was anderes.

Ich denke, bei unserem Problem hier geht es um ein externes klassisches elektrisches Feld und nicht um den Streuprozess 2er Quanten; das von mir weiter oben referenzierte Papier
Spin flip of electron in static electric fields
beantwortet die Frage doch eindeutig - ganz am Schluss des Papiers
Zitat:

The main goal has been achieved, to show that an electron moving through a static electric field can suffer spin flips. The transition amplitude was calculated using the Dirac equation, and the spin flip probability for an electron was calculated from that.
Das Problem wurde mit Hilfe der Dirac-Gleichung und minimaler Kopplung ans elm. Feld gelöst, d.h. das externe Feld wurde klassisch behandelt (keine 2. Quantisierung & QFT).

Die Beantwortung unserer Frage scheint auch gar nicht so offensichtlich zu sein, wenn darüber publiziert wird. :)

Gruß,
Uli

Ich 17.10.14 20:08

AW: Raumschwingungen
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 75873)
welches?

Zitat:

Zitat von Ich
Also, ich nehme an, ich habe ein Elektron im statischen B-Feld mit der energetisch ungünstigeren Spin-Richtung. Wenn der Spin dann in die günstigere Richtung kippt, geschieht das unter Aussendung eines Photons?

Zitat:

Zitat von Hawkwind
Das Problem wurde mit Hilfe der Dirac-Gleichung und minimaler Kopplung ans elm. Feld gelöst, d.h. das externe Feld wurde klassisch behandelt (keine 2. Quantisierung & QFT).

Dass Spin Flip vorkommt, ist klar. Aber wohin geht der Drehimpuls? Ist da sicher kein Photon?


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