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-   -   Ist die Dehnung des Raums Physik? (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=2544)

Timm 15.02.14 16:59

Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Wenn Andreas Müller hier schreibt

Zitat:

Was dehnt sich?

Das, was expandiert ist der Raum selbst, und - achja, Einstein lehrte das - eigentlich die Raumzeit. ...
könnte man ja nach einem Gedankenexperiment Ausschau halten, das zeigt, daß tatsächlich der Raum selbst sich ausdehnt.
Es gibt Testpartikel, Uhren, Maßstäbe, Lichtpulse ... .
Aber wie könnte so ein Experiment aussehen?
Man hat irgendwo ein Stück Raum, keine störenden Massen in der Nähe und Zeit genug.

Ich 15.02.14 20:24

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hallo Timm,

meine Antwort kennst du. Aber ich würde mich auch über Rückmeldung von den anderen freuen, wie sie das so sehen.
Kann man Raumexpansion im Prinzip detektieren?
Wenn ja, wie?

JoAx 16.02.14 01:33

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Meine Einstellung ist, dass "Raum" ein Denkkonzept ist. "Man kann in den Raum keine Nägel einschlagen."

Das hier:

Zitat:

Zitat von Andreas Müller
Dunkle Energie verhält sich vollkommen anders als normale Materie und sorgt für die Expansion des Universums.

ist schlicht und ergreifend falsch. Das Modell vom expandierenden Universum gab es laaaange vor dem 30/70 ΛCDM-Modell. Die DE sorgt für die Beschleunigung der Expansion.

Ansonsten ist der Artikel halt populärwissenschaftlich, und etwas älter. Das 30/70 ΛCDM "lebt" auch nach dem Plank. :)

Marco Polo 16.02.14 04:04

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 74680)
Kann man Raumexpansion im Prinzip detektieren?
Wenn ja, wie?

Mit einer kettenartigen Messung von Zweiweg-Lichtlaufzeiten (Radar-Distance)?

Bauhof 16.02.14 11:18

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 74679)
...könnte man ja nach einem Gedankenexperiment Ausschau halten, das zeigt, daß tatsächlich der Raum selbst sich ausdehnt.
Es gibt Testpartikel, Uhren, Maßstäbe, Lichtpulse ... .
Aber wie könnte so ein Experiment aussehen?
Man hat irgendwo ein Stück Raum, keine störenden Massen in der Nähe und Zeit genug.

Hallo Timm,

darüber habe ich bereits im Jahre 1996 nachgedacht. Hier das Gedankenexperiment:

In einem Gebiet im Universum, der im Umkreis von mehreren Millionen von Lichtjahren materiefrei ist, werden zwei Sonden A und B im Abstand von einem Lichtjahr platziert.

Jede Sonde ist wie folgt bestückt:
(1) Antennen zur Messung der kosmischen Hintergrundstrahlung.
(2) Synchronisierte Atomuhren, die Zeittelegramme erzeugen können.
(3) Sendeanlagen, um Zeittelegramme senden und empfangen zu können.
(4) Echtzeit-Rechner, die sich laufend gegenseitig überwachen.
(5) Steuerdüsen, die in alle Himmelsrichtungen feuern können, um die möglichen Pekulariarbewegungen der Sonden auszugleichen.

Wenn die Sonden platziert sind, wird in den beiden Sonden laufend nach allen Seiten die Rotverschiebung der kosmischen Hintergrundstrahlung gemessen. Diese Messwerte steuern die Steuerdüsen, um die Pekulariarbewegungen der Sonden relativ zur kosmischen Hintergrundstrahlung auf den Wert Null zu bringen.

Wenn beide Sonden relativ zur kosmischen Hintergrundstrahlung ruhen, sendet A nach B ein Zeittelegramm.

Der Echtzeit-Rechner von B vergleicht das Zeittelegramm von A mit dem Zeigerstand seiner eigenen Atomuhr, [1] merkt sich die Differenz und sendet sofort sein eigenes Zeittelegramm nach A.

Sonde A empfängt das Zeittelegramm von B und sendet sofort sein eigenes Zeittelegramm nach B.

Der Echtzeit-Rechner von B vergleicht das Zeittelegramm von A mit dem Zeigerstand seiner eigenen Atomuhr, merkt sich die Differenz und vergleicht die Differenz mit der Differenz, die er sich vor einem Jahr gemerkt hat.

Wenn beide Differenzen gleich groß sind, dann hat sich der Abstand der beiden Sonden nicht vergrößert.

Wenn beide Differenzen nicht gleich groß sind, dann hat sich der Abstand der beiden Sonden vergrößert. Und zwar allein durch die Dehnung des Raumes, denn eine Abstandsvergrößerung durch mögliche Pekulariarbewegungen wurde durch die Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung ausgeschlossen.

M.f.G. Eugen Bauhof

[1] die mit der Atomuhr von A synchron läuft.

Jogi 16.02.14 12:14

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Schönes Experiment.:)

Was würde es am Ergebnis der Zeittelegramvergleiche ändern, wenn nicht der Raum, sondern die Zeit (global) eine Änderung erfahren hätte?

Ich schreibe absichtlich nicht Dehnung, weil ich das Gegenteil erwarte, wenn die beiden Sonden tatsächlich ihren raumartigen Abstand voneinander genau einhalten.

Ein expandierendes Universum "steigt" in meiner Vorstellung aus, bzw. in einem skalaren Grav.-Potential (das sich durch die Expansion "verdünnt") auf, die Zeitdilatation sollte also abnehmen.
Das Problem hierbei ist die fehlende Referenzuhr, die es nicht geben kann, denn sie müßte sich der Expansion entziehen können.

Bauhof 16.02.14 12:47

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Jogi (Beitrag 74685)
Ein expandierendes Universum "steigt" in meiner Vorstellung aus, bzw. in einem skalaren Grav.-Potential (das sich durch die Expansion "verdünnt") auf, die Zeitdilatation sollte also abnehmen.

Hallo Jogi,

1. welches Grav.-Potential?
Es ist doch weit und breit keine gravitierende Massenansammlung vorhanden.

2. Wohin soll ein expandierendes Universum "aus"- oder "aufsteigen"?

M.f.G. Eugen Bauhof

Jogi 16.02.14 16:00

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hallo Eugen.

Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 74686)
1. welches Grav.-Potential?
Es ist doch weit und breit keine gravitierende Massenansammlung vorhanden.

Deshalb "skalares" Potential.

Auch wenn keine baryonische Materie vorhanden ist, so ist das Vakuum doch nicht eine absolute Leere.
Und das, was in diesem Vakuum unsichtbar existent ist, hat, wenn man es nicht direkt selbst als Energie bezeichnen mag, doch ein Energiepotential und damit ein Massenäquivalent.
Eine homogene und isotrope Verteilung dieses Potentials angenommen, kommt man eben zu einem skalaren Potential, das sich durch reale Expansion "verdünnt".


Zitat:

2. Wohin soll ein expandierendes Universum "aus"- oder "aufsteigen"?
Das entspricht der Frage, wohin sich ein Universum denn ausdehnen soll.

Ich weiß es auch nicht, aber wir beobachten global eine Expansion der sichtbaren Materieverteilung im Universum.
So steigen z. B. bei zwei voneinander weg strebenden Galaxien beide jeweils für sich aus dem Potential der anderen auf, und das gilt ja prinzipiell für alles im Universum.

Timm 16.02.14 16:41

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hallo Eugen,

Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 74684)
Wenn beide Differenzen nicht gleich groß sind, dann hat sich der Abstand der beiden Sonden vergrößert. Und zwar allein durch die Dehnung des Raumes, denn eine Abstandsvergrößerung durch mögliche Pekulariarbewegungen wurde durch die Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung ausgeschlossen.

Wenn ich Deine Anordnung richtig verstehe, bedeutet sie, daß sich mitbewegte (-> jeweils in Ruhe zu ihrem CMB) Beobachter gegenseitig rotverschoben sehen und sich das mitteilen. Du hast also quasi die kosmologische Rotverschiebung, bei der Pekuliargeschwindigkeiten kaum noch eine Rolle spielen, experimentell mit großer Genauigkeit nachgestellt.

Ich glaube, es ist naheliegend zu sagen, wenn die Abstände zunehmen (hast Du ja gemessen), muß sich der Raum zwischen den Objekten gedehnt haben (oder zusätzlicher Raum hinzugekommen sein). Aber es tauchen Fragen auf, wie etwa:

Wenn die Dehnung von Raum ein physikalischer Prozess ist, wie soll man sich den vorstellen? Kann man Nichts dehnen?

Sollte ein solcher physikalischer Prozess unabhängig von den verwendeten Koordinaten sein? Mitbewegte Koordinaten bieten sich zwar an, es gibt aber auch andere.

Das Photon wird im lokalen IS bei A emittiert und kommt nachdem der Skalenfaktor zugenommen hat in einem davon verschiedenen lokalen IS bei B rotverschoben an. Wie interpretiert man das?

Gruß, Timm

Bauhof 16.02.14 17:48

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 74688)
Wenn ich Deine Anordnung richtig verstehe, bedeutet sie, daß sich mitbewegte (-> jeweils in Ruhe zu ihrem CMB) Beobachter gegenseitig rotverschoben sehen und sich das mitteilen. Du hast also quasi die kosmologische Rotverschiebung, bei der Pekuliargeschwindigkeiten kaum noch eine Rolle spielen, experimentell mit großer Genauigkeit nachgestellt.

Ich glaube, es ist naheliegend zu sagen, wenn die Abstände zunehmen (hast Du ja gemessen), muß sich der Raum zwischen den Objekten gedehnt haben (oder zusätzlicher Raum hinzugekommen sein).

Hallo Timm,

um Missverständnisse zu vermeiden, schildere ich das Gedankenexperiment nochmals mit anderen Worten:

Jede der beiden Sonden bringt sich relativ zur Hintergrundstrahlung in Ruhe. Wenn das so ist, dann befinden sich beide Sonden auch relativ zueinander in Ruhe, weil jede Sonde sich relativ zur Hintergrundstrahlung in Ruhe befindet.

Wenn nun die Sonden sich mehrmals die Uhrzeit gegenseitig zusenden und die Radiosignallaufzeit ist immer gleich, dann hat sich der Abstand zwischen den Sonden nicht verändert. Eine Veränderung der Radiosignallaufzeit würde eine Veränderung des Abstandes bedeuten, ganz gleich, wie groß der Abstand tatsächlich ist.

M.f.G. Eugen Bauhof

P.S.
Das das eine riesige Herausforderung an die Messtechnik bedeuten würde, ist wohl klar.

Jogi 16.02.14 19:02

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 74689)
Eine Veränderung der Radiosignallaufzeit würde eine Veränderung des Abstandes bedeuten, ganz gleich, wie groß der Abstand tatsächlich ist.

...und das wage ich, zu bezweifeln.

Wie Einstein sagte, es handelt sich bei der Expansion nicht um Raum-, sondern um Raumzeitexpansion.
Und weil das so ist, wird die die rein räumliche Abstandsvergrößerung durch eine abnehmende Signallaufzeitdilatation kompensiert.

Timm 16.02.14 19:19

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hallo Eugen,

Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 74689)
Jede der beiden Sonden bringt sich relativ zur Hintergrundstrahlung in Ruhe. Wenn das so ist, dann befinden sich beide Sonden auch relativ zueinander in Ruhe, weil jede Sonde sich relativ zur Hintergrundstrahlung in Ruhe befindet.

Wie meinst Du mit "relativ zueinander in Ruhe"? Ändert sich der raumartige Abstand bei aufeinander folgenden festen Zeitpunkten nicht?

Zitat:

Eine Veränderung der Radiosignallaufzeit würde eine Veränderung des Abstandes bedeuten, ganz gleich, wie groß der Abstand tatsächlich ist.
Nur damit Klarheit herrscht, Du erwartest beim expandierenden Universum zunehmende Laufzeiten, also zunehmende Abstände, oder?

Gruß, Timm

Timm 17.02.14 09:57

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Jogi (Beitrag 74690)
...und das wage ich, zu bezweifeln.

Wie Einstein sagte, es handelt sich bei der Expansion nicht um Raum-, sondern um Raumzeitexpansion.
Und weil das so ist, wird die die rein räumliche Abstandsvergrößerung durch eine abnehmende Signallaufzeitdilatation kompensiert.

Jogi, vielleicht sollten wir uns erst mal einigen, was wir unter Abstand in gekrümmter Raumzeit meinen.

Abstand in mitbewegten Koordinaten: Der ist im dynamischen FRW Modell zeitlich konstant, die Galaxien bewegen sich nicht voneinander fort. Wenn das so ist, sagt Eugen, die Signallaufzeiten aber zunehmen, kann das nur durch eine Dehnung des Raums erklärt werden.

Abstand definiert als "Eigenlänge" (proper distance): Die Länge zwischen 2 Objekten zu einem festen Zeitpunkt, gemessen mit Maßstäben. Diesen Abstand kann man deshalb mit Lichtsignalen nicht messen, er ist ja raumartig.

Welche Abstandsdefinition meinst Du nun mit "räumliche Abstandsvergrößerung "? Und was bedeutet "abnehmende Signallaufzeitdilatation" konkret bezogen auf die Signallaufzeiten zwischen 2 mitbewegten Objekten? Ich will nur Missverständnisse ausschließen.

Gruß, Timm

Timm 17.02.14 10:18

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 74682)
Mit einer kettenartigen Messung von Zweiweg-Lichtlaufzeiten (Radar-Distance)?

Angenommen, es gelingt eine Abstandsänderung zwischen 2 inertialen Objekten zu detektieren. Vielleicht nicht den exakten Abstand zu festen Zeitpunkten, aber zumindest 'nimmt zu' oder 'nimmt ab'. Welches Kriterium bräuchte man dann, um diesen Befund als Raumdehnung oder als Auseinander-Bewegung, oder als beides kombiniert zu unterscheiden?

Bauhof 17.02.14 10:26

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 74691)
Wie meinst Du mit "relativ zueinander in Ruhe"? Ändert sich der raumartige Abstand bei aufeinander folgenden festen Zeitpunkten nicht?

Hallo Timm,

ich weiß nicht was du mit "raumartigen" Abstand meinst. Wenn das Universum nicht expandiert, dann ändert sich der Abstand zwischen den beiden Sonden zu keinem Zeitpunkt.

Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 74691)
Nur damit Klarheit herrscht, Du erwartest beim expandierenden Universum zunehmende Laufzeiten, also zunehmende Abstände, oder?

Ja, wenn das Universum expandiert, dann erwarte ich mit dem Fortschreiten der Zeit zunehmende Abstände zwischen den beiden Sonden, obwohl sie sich relativ zur kosmischen Hintergrundstrahlung nicht bewegen.

Ich wundere mich ein wenig, denn das von mir vorgestellte Gedankenexperiment basiert doch nur auf die hausbackene Standard-Kosmologie, wie sie z.B. der Physiker Martin Bäker hier anschaulich vorstellt.

M.f.G. Eugen Bauhof

Ich 17.02.14 15:28

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Bauhof
Ja, wenn das Universum expandiert, dann erwarte ich mit dem Fortschreiten der Zeit zunehmende Abstände zwischen den beiden Sonden, obwohl sie sich relativ zur kosmischen Hintergrundstrahlung nicht bewegen.

Ich wundere mich ein wenig

Ich denke Timm fragt nach folgendem: Man könnte ja auch behaupten, die Schwerpunktsysteme des CMB an den beiden Orten seien nicht zueinander in Ruhe. Dann sind auch die darin ruhenden Sonden nicht zueinander in Ruhe, sondern bewegen sich auseinander. Kann man diese beiden Interpretationen mittels eines Experiments unterscheiden?

Oder, anders ausgedrückt: Dass das Universum expandiert ist klar, das sieht man an den Beobachtungen der Dinge darin, inklusive CMB. Als Grund wird gerne "Raumdehnung" genannt. Kann man diese Raumdehnung durch irgendein lokales Experiment von einer schlichten Auseinanderbewegung der im Raum befindlichen Dinge unterscheiden?

Bauhof 17.02.14 16:36

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 74702)
Oder, anders ausgedrückt: Dass das Universum expandiert ist klar, das sieht man an den Beobachtungen der Dinge darin, inklusive CMB. Als Grund wird gerne "Raumdehnung" genannt. Kann man diese Raumdehnung durch irgendein lokales Experiment von einer schlichten Auseinanderbewegung der im Raum befindlichen Dinge unterscheiden?

Hallo ICH,

ja, ich denke, da gibt es unterschiedliche empirische Konsequenzen. Die zeigt Bernulf Knaitscheider in seinem Buch [1] auf. Er zitiert darin ein bekanntes Werk der Kosmologie, nämlich das von Misner, Ch. / Thorne, K. / Wheeler, J.: Gravitation. Er schreibt auf Seite 226 seines Buches [1] folgendes:

Zitat:

Diese zweite Sichtweise, wo die Galaxien durch das metrische Führungsfeld getragen werden, ist natürlich die relativistische, aber der Unterschied ist nicht nur eine philosophische facon de parier, sondern die beiden Deutungen haben auch unterschiedliche empirische Konsequenzen. Wäre die kosmologische Rotverschiebung tatsächlich ein Geschwindigkeits- und kein Expansionseffekt, so würde der Energiefluss S, der von einer Galaxis der Leuchtkraft L auf der Erde gemessen wird, nicht

S = L / 4πR²(1 + z)², sondern S = L / 4πr²(1 + z)⁴ betragen, siehe
Misner, Ch. / Thorne, K. / Wheeler, J.: Gravitation. San Francisco 1973.
S. 794, Exercise 29.5

Man muss allerdings bedenken, dass die beiden Deutungen einen Überschneidungsbereich haben, der bis etwa z = 0,1 reicht. Für solche kosmischen Quellen, die auf Entfernungen stehen, die klein gegenüber der Hubble-Länge (dem beobachtbaren Universum) sind, liefern das klassische Doppler-Gesetz und das Expansion-Rotverschiebung-Gesetz quantitativ gleiche Aussagen.

Dies darf jedoch nicht verschleiern, dass der Unterschied begrifflich wesentlich ist. Das sieht man am besten, wenn man extreme Situationen betrachtet. Relativbewegungen von Galaxien durch den Raum sind durch die Lichtgeschwindigkeit c beschränkt. Aufgrund des v = H•D-Gesetzes gibt es in einer endlichen Entfernung vom Beobachter eine sphärische Fläche, auf der die Galaxien mit c vom Beobachter wegstreben.

Deutet man die Rezessionsbewegungen der Galaxien jetzt als Relativbewegung in einem flachen, undynamischen Hintergrundraum, in einer Arena, die nicht am physikalischen Geschehen teilnimmt, so müsste man sich diese Hubble-Sphäre als einen Rand des Universums vorstellen,...
Das heißt, Misner, Thorne und Wheeler kennen offenbar astronomische Beobachtungen, welche einen Rückschluss darauf zulässt, dass die Universum-Expansion kein Geschwindigkeitseffekt, sondern ein Raumdehnungs-Effekt ist.

M.f.G. Eugen Bauhof

[1] Kanitscheider, Bernulf
Kosmologie.
Stuttgart 1991
Philipp Reclam jun.
ISBN=3-15-008025-8 (2. Auflage)

Timm 17.02.14 18:02

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hallo Eugen,

Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 74697)
Ja, wenn das Universum expandiert, dann erwarte ich mit dem Fortschreiten der Zeit zunehmende Abstände zwischen den beiden Sonden, obwohl sie sich relativ zur kosmischen Hintergrundstrahlung nicht bewegen.

Ich wundere mich ein wenig, denn das von mir vorgestellte Gedankenexperiment basiert doch nur auf die hausbackene Standard-Kosmologie, wie sie z.B. der Physiker Martin Bäker hier anschaulich vorstellt.

Ja, diese Interpretation findet sich häufig. Dein Gedankenexperiment zeigt zunehmende Abstände. Es geht aber um die Frage, ob die Raumdehnung selbst zumindest im Prinzip meßbar ist. Wenn ich irgendeine Substanz dehne, ihr Aggregatzustand spielt keine Rolle, beobachte ich Veränderungen an ihr.

Gruß, Timm

Jogi 17.02.14 21:10

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hallo Timm.
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 74695)
Jogi, vielleicht sollten wir uns erst mal einigen, was wir unter Abstand in gekrümmter Raumzeit meinen.

:confused:
Eugen geht bei seinem Aufbau doch erklärtermaßen von ungekrümmter Raumzeit aus, oder irre ich mich?

Zitat:

Welche Abstandsdefinition meinst Du nun mit "räumliche Abstandsvergrößerung "?
Raumartig.
Ohne Berücksichtigung raumzeitlicher Effekte.
(Was aber in der Praxis nicht funktionieren wird...)


Zitat:

Und was bedeutet "abnehmende Signallaufzeitdilatation" konkret bezogen auf die Signallaufzeiten zwischen 2 mitbewegten Objekten?
Okay, das ist mißverständlich ausgedrückt.

Ich versuch's nochmal anders:

Eugen's Experiment soll in unserem realen Universum stattfinden, das, wie ich schon sagte, nirgendwo eine absolute Leere aufweist.
Das Quantenvakuum ist immer und überall da und es dilatiert durch seine (skalare, homogen und isotrop wirkende) Gravitation die Zeit und damit auch die Signalgeschwindigkeit im Vergleich zu einem tatsächlich vollkommen leeren Universum.
Natürlich sind in so einem Vergleich auch die Distanzen verkürzt, was zu eben jener von mir angesprochenen Kompensation führt, also einem Nullergebnis des Experiments.

Unser Universum mit seiner abnehmenden globalen Dichte des Vakuums expandiert asymptotisch zu einem "leeren" Universum, aber wie gesagt, die gravitative Dilatation und Längenkontraktion nehmen dabei im Gleichschritt ab, c bleibt immer c.

Ideal als masselos angenommene Referenzobjekte, die sich zum CMB und somit auch zueinander in Ruhe befinden, vergrößern nur aus Sicht des "leeren" Universums ihren Abstand zueinander.

Innerhalb ihres gegenseitigen Wahrnehmungsbereiches ändert sich (theoretisch) nichts.
Eine Zunahme der Rotverschiebung, die das eine Objekt beim anderen beobachtet, wäre nicht zu erwarten.


Gruß Jogi

Bauhof 18.02.14 14:07

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 74704)
Es geht aber um die Frage, ob die Raumdehnung selbst zumindest im Prinzip meßbar ist. Wenn ich irgendeine Substanz dehne, ihr Aggregatzustand spielt keine Rolle, beobachte ich Veränderungen an ihr.

Hallo Timm,

das ist ein guter Ansatz zum weiteren Verständnis.
Meine Meinung: Die Raumdehnung selbst ist nicht messbar. Der springende Punkt, ist, dass der dreidimensionale Raum allein für sich genommen keine Substanz ist, die sich dehnen kann, gleichgültig, ob sich Materie oder Energie darin befindet.

Ich stelle mir eine Seifenblase vor, die aufgeblasen wird. Auf der Oberfläche der Seifenblase leben (jetzt im Gedankenexperiment) zweidimensionale Wesen, die keine Möglichkeit haben, die dreidimensionale Seifenhaut irgendwie zu erfassen. Für sie existiert nur ein zweidimensionaler Raum. Dass dieser zweidimensionale Raum der Begrenzungsraum einer 3-D-Kugel ist, können sie nicht feststellen.

Nur ein zweidimensionaler Carl Friedrich Gauß könnte mit seinem "hervorragenden Theorem" seinen Mitbewohnern Messvorschriften liefern, mit denen sie die eventuelle Krümmung ihrer zweidimensionalen Welt bestimmen könnten, ohne auf eine dritte Dimension Bezug zu nehmen.

Die 2-D-Wesen bemerken nun, dass die Abstände zwischen ihnen immer größer werden, obwohl sich relativ zueinander nicht bewegen. Sie stellen nun die Theorie auf, dass der 2-D-Raum sich im Laufe der Zeit dehnt, was die Abstandsvergrößerung erklären könnte.

In Wirklichkeit kann man aber dem zweidimensionalen Begrenzungsraum die Eigenschaft einer Substanz nicht zusprechen, somit kann er sich auch nicht dehnen. Substanz hat nur die dreidimensionale Seifenhaut, aber die können die 2-D-Wesen nicht wahrnehmen.

Es dehnt sich nur die dreidimensionale Seifenhaut. Nicht aber der zweidimensionale Begrenzungsraum der Seifenblase, weil man dem leeren Raum an sich keine Substanz zusprechen kann.

Somit können die 2-D-Wesen auch keine Veränderung des 2-D-Raumes feststellen, weil er substanzlos ist. Er ist nur ein mathematischer Raum, in dem sich die 2-D-Wesen wie Schatten umherbewegen und der sich im Laufe der Zeit vergrößert.

M.f.G. Eugen Bauhof

Ich 18.02.14 15:21

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Die 2-D-Wesen bemerken nun, dass die Abstände zwischen ihnen immer größer werden, obwohl sich relativ zueinander nicht bewegen.
Wie?

Wie stellen sie fest, dass sie sich nicht bewegen? Das ist die Frage.

Den Kanitscheider hatten wir übrigens schon behandelt, für mich auch abschließend. Im MTW steht nur als Aufgabe, man soll rausfinden, wo der Unterschied herkommt. Und dass die Lösung bei Ellis, 1970 zu finden sei - was ich aber nicht habe.

Marco Polo 18.02.14 16:20

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 74721)
Wie stellen sie fest, dass sie sich nicht bewegen? Das ist die Frage.

Das ist prinzipiell nicht möglich, behaupte ich jetzt einfach mal ganz kess.

Timm 18.02.14 17:11

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hallo Jogi,

Zitat:

Zitat von Jogi (Beitrag 74709)
Eugen geht bei seinem Aufbau doch erklärtermaßen von ungekrümmter Raumzeit aus, oder irre ich mich?

Ja, da irrst Du. In flacher Minkowski-Raumzeit ist jede Frequenzverschiebung zwischen inertialen Beobachtern eine "reine" Dopplerverschiebung. Da gibt's keine Mehrdeutigkeiten und keine Interpretation als Raumdehnung.

Im Folgenden tue ich mir etwas schwer zu verstehen, was Du sagen willst, kann aber auch an mir liegen.
Zitat:

Zitat von Jogi (Beitrag 74709)
Eugen's Experiment soll in unserem realen Universum stattfinden, das, wie ich schon sagte, nirgendwo eine absolute Leere aufweist.
Das Quantenvakuum ist immer und überall da und es dilatiert durch seine (skalare, homogen und isotrop wirkende) Gravitation die Zeit und damit auch die Signalgeschwindigkeit im Vergleich zu einem tatsächlich vollkommen leeren Universum.

Das Quantenvakuum mit anziehender Gravitation (im Gegensatz zur kosmologischen Konstanten) würde die die Expansion abbremsende Wirkung der Materieenergiedichte weiter verstärken. Es gibt Rechnungen auf Basis der Nullpunktsenergie, aber da ergeben sich irrsinnige Werte, die das Universum zum sofortigen Kollaps brächten. Du nimmst nun eine wohl "schache" Variante an, ist allerdings soz. off-Modell.

Sprichst Du (-> Signalgeschwindigkeit dilatiert) von einer Laufzeitverzögerung im Sinne des Shapiro-Effekts, nur übertragen von Schwarzschild- auf FRW-Raumzeit?

Zitat:

Zitat von Jogi (Beitrag 74709)
Natürlich sind in so einem Vergleich auch die Distanzen verkürzt, was zu eben jener von mir angesprochenen Kompensation führt, also einem Nullergebnis des Experiments.

Heißt das bezogen auf Eugen's Experiment, daß während das Universum expandiert die Laufzeiten zwischen den mitbewegten Sonden zeitlich konstant sind?

Zitat:

Zitat von Jogi (Beitrag 74709)
Unser Universum mit seiner abnehmenden globalen Dichte des Vakuums expandiert asymptotisch zu einem "leeren" Universum, aber wie gesagt, die gravitative Dilatation und Längenkontraktion nehmen dabei im Gleichschritt ab, c bleibt immer c.

Längenkontraktion klingt nach Lorentz-Trafo, wendest Du hier die SRT in der gekrümmten Raumzeit an?

Gruß, Timm

Timm 18.02.14 17:14

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hallo 'Ich',

Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 74680)
meine Antwort kennst du.

ja, etwa seit Du mir im Nachbarkasten Raum zur Detektion geschickt hast. :) Ist schon eine gute Weile her.

Gruß, Timm

Jogi 18.02.14 18:47

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 74723)
Das Quantenvakuum mit anziehender Gravitation (im Gegensatz zur kosmologischen Konstanten) würde die die Expansion abbremsende Wirkung der Materieenergiedichte weiter verstärken.

Offenbar wirkt die Gravitation im Quantenvakuum jedoch abstossend.

Sorry für OT:
Das liegt in meiner Vorstellung an einer speziellen Eigenschaft der dunklen Materie, die sie grundsätzlich von baryonischer Materie unnterscheidet.
DM wird von Gravitation abgestossen, ihre eigene Gravitationswirkung auf baryonische Materie ist jedoch anziehend, so "zieht" die DM bei ihrer Expansionsbewegung die baryonische Materie mit.

Zitat:

Sprichst Du (-> Signalgeschwindigkeit dilatiert) von einer Laufzeitverzögerung im Sinne des Shapiro-Effekts, nur übertragen von Schwarzschild- auf FRW-Raumzeit?
Ohne das jetzt im Detail überprüft zu haben, ja.

Zitat:

Heißt das bezogen auf Eugen's Experiment, daß während das Universum expandiert die Laufzeiten zwischen den mitbewegten Sonden zeitlich konstant sind?
Davon gehe ich aus, aber genau das wäre ja mit dem Experiment zu überprüfen.

Denkt man diesen Gedanken mal bezogen auf das, was wir so schon im Universum beobachten können, ergibt sich für mich Folgendes:

Hätten wir vor, na, sagen wir mal 10 Mrd. Jahren die Möglichkeit gehabt, die Rotverschiebung einer weit entfernten Galaxie zu messen, so hätte sich dieser Wert bis heute nicht verändert.
Voraussetzung hierfür wäre jedoch eine ideale, nicht von lokalen Massen beeinflusste Messung (wie sie Eugen vorschwebt).

Zitat:

Längenkontraktion klingt nach Lorentz-Trafo, wendest Du hier die SRT in der gekrümmten Raumzeit an?
Ja.
Im Vergleich zu einem absolut leeren Universum (was sich ja nur denken, aber niemals präparieren lässt...)

Ich 18.02.14 19:52

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 74722)
Das ist prinzipiell nicht möglich, behaupte ich jetzt einfach mal ganz kess.

So sehe ich das auch.

Timm 19.02.14 14:59

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hallo Eugen,

Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 74720)
das ist ein guter Ansatz zum weiteren Verständnis.
Meine Meinung: Die Raumdehnung selbst ist nicht messbar. Der springende Punkt, ist, dass der dreidimensionale Raum allein für sich genommen keine Substanz ist, die sich dehnen kann, gleichgültig, ob sich Materie oder Energie darin befindet.

Da sind wir uns einig. In der ART spielt der Skalenfaktor die Rolle einer dynamischen Größe, aber über eine Dehnung des Raums schweigt sie sich aus.
Meßbar sind Signallaufzeiten, Rotverschiebungen, Winkel unter denen Objekte erscheinen ... . Dann sind wir bei Physik. Die man frei ist zu interpretieren. Für mich bedeutet Expansion zunehmende Abstände. beschäftigen.

Gruß, Timm

Bauhof 20.02.14 10:18

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 74731)
Da sind wir uns einig. In der ART spielt der Skalenfaktor die Rolle einer dynamischen Größe, aber über eine Dehnung des Raums schweigt sie sich aus.
Meßbar sind Signallaufzeiten, Rotverschiebungen, Winkel unter denen Objekte erscheinen ... . Dann sind wir bei Physik. Die man frei ist zu interpretieren. Für mich bedeutet Expansion zunehmende Abstände. beschäftigen.

Hallo Timm,

ja, da sind wir uns einig, dass der 3-D-Raum nicht etwas Substanzielles ist, das dehnbar ist. Aber sind wir uns auch darüber einig, dass die zunehmenden Abstände bei der Universum-Expansion nicht auf einen Geschwindigkeitseffekt zurückzuführen sind?

M.f.G. Eugen Bauhof

Timm 20.02.14 17:23

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hallo Eugen,

Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 74737)
ja, da sind wir uns einig, dass der 3-D-Raum nicht etwas Substanzielles ist, das dehnbar ist. Aber sind wir uns auch darüber einig, dass die zunehmenden Abstände bei der Universum-Expansion nicht auf einen Geschwindigkeitseffekt zurückzuführen sind?

Ich vermute, daß Du statt "daß" "ob" meinst. Dann sind wir wohl uneins.

Vielleicht hast Du den Nachbar Thread http://www.quantenforum.de/viewtopic.php?f=7&t=618 verfolgt. Die Diskussion ist nicht gerade einfach.
Es gibt zahlreiche teils sich widersprechende Veröffentlichungen zu dem Thema. Aber ein relativer Geschwindigkeitseffekt wird nach meinem Eindruck überwiegend angenommen und eine Dehnung des Raums nicht verteidigt.

Ich belasse es im Moment einfach dabei, daß die Abstände zunehmen, es aber keine eindeutige kinematische Definition gibt. Die gibt's nur in flacher Raumzeit. Die Idee ist, daß beim Übergang von 'lokal noch flach' zu 'fast flach' (bei einem etwas größeren Radius) der lokale Doppler-Effekt immer noch prinzipiell existiert, wenn auch als Folge der Raumzeitkrümmung leicht verändert, wie auch immer das im Detail aussieht. Oder anders, ich kann mir nicht vorstellen, daß es in flacher Raumzeit Relativbewegung gibt, in fast flacher aber schlagartig nicht mehr.

Ich werd' mir heute Abend ein gutes Glas Wein gönnen, auf der Suche nach der Wahrheit.

Gruß, Timm

Bauhof 20.02.14 17:45

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 74744)
Ich vermute, daß Du statt "daß" "ob" meinst. Dann sind wir wohl uneins.

Hallo Timm,

nein, ich meinte es so, wie ich es schrieb:

"ja, da sind wir uns einig, dass der 3-D-Raum nicht etwas Substanzielles ist."
Das heißt, der 3-D-Raum ist keine Substanz. Ich weiß nicht, wie ich es noch deutlicher ausdrücken soll.

Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 74744)
Ich werd' mir heute Abend ein gutes Glas Wein gönnen, auf der Suche nach der Wahrheit.

Im Wein liegt Wahrheit, aber im Bier liegt auch etwas!:)

M.f.G. Eugen Bauhof

P.S.
In der neuen deutschen Rechtschreibung wird statt "daß" nun dass geschrieben

soon 20.02.14 18:30

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hi,

obwohl sich der Thread nicht in der Plauderecke befindet, versuche ich mal, meine unqualifizierte Meinung zu äußern:

'Raum' als eigenständiges Irgendwas gibt es doch garnicht. Gegenstand der Betrachtung sind immer Gegenstände, oder anders ausgedrückt: Objekte.

Wenn man ganz konsequent die Anschauung beibehält, dass Teile aus Teilen bestehen, dann bestehen Objekte aus kleineren Objekten.
Ab welcher Größenordnung und bis zu welcher Größenordnung diese Anschauung Sinn macht, und ob in 3d, 4d oder mehr, ist eine andere Frage. Aber prinzipiell kann man sagen, dass jedes Objekt innerhalb eines größeren Objekts seinen Platz hat, bzw. dessen Bestandteil ist.
Ganz platt: es gibt keinen leeren Raum, - nicht weil immer etwas drin ist, sondern weil immer ein grösseres Objekt drumherum ist, sozusagen.

Die Frage nach einer Ausdehnung des Raums ist die Frage nach der Ausdehnung eines Objekts.
Vielleicht sollte man aber zunächst versuchen, den Begriff 'Ausdehnung' zu definieren.


[In meiner privaten Physik:D ist 'Raum' sogar nur eine Eigenschaft eines jeden Objekts. Und spannend wird es für mich, in meiner privaten Physik:D, wenn ich versuche Trägheit bzw. Gravitation als Folge der Entstehung von Potentialen durch die Überlagerung der Räume der Objekte zu sehen.]




Zur Ausgangsfrage (da habe ich sicherlich grundlegende Verständnisprobleme), aber als Gedankenexperiment, das zeigt, dass sich der Raum bzw. die Raumzeit ausdehnt, würde ich vorschlagen, die Sterne zu zählen. Die Anzahl der Sterne seit dem Urknall oder sonst einem späteren Ausgangspunkt ist eine diskrete Größe, die stetig wächst. Ein Stern ist dabei der komplette Zyklus Entstehung, Entwicklung, Sterben des Sterns.

LG soon :D

Timm 21.02.14 08:37

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hallo Eugen,

Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 74745)
"ja, da sind wir uns einig, dass der 3-D-Raum nicht etwas Substanzielles ist."

Dein erstes "dass" hatten wir schon abgehakt. Sind wir uns auch beim zweiten, bei dem es um "einen Geschwindigkeitseffekt" geht, einig?

Gruß, Timm

Bauhof 21.02.14 09:16

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 74749)
Dein erstes "dass" hatten wir schon abgehakt. Sind wir uns auch beim zweiten, bei dem es um "einen Geschwindigkeitseffekt" geht, einig?

Hallo Timm,

die zunehmenden Abstände bei der Universum-Expansion sind nicht auf einen Geschwindigkeitseffekt zurückzuführen.

Kannst du da auch zustimmen?

M.f.G. Eugen Bauhof

Ich 21.02.14 09:40

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

die zunehmenden Abstände bei der Universum-Expansion sind nicht auf einen Geschwindigkeitseffekt zurückzuführen.
Womit wir wieder bei der Ausgangsfrage des Threads sind: Kannst du das über ein Experiment belegen oder nicht?

Die Satelliten zeigen, dass das Schwerpunktsystem des lokalen CMB an verschiedenen Orten verschiedene Geschwindigkeit hat.
Kanitscheider zeigt, dass man genau lesen sollte, bevor man zu Schlussfolgerungen springt.

Gibt's noch einen Vorschlag?

Bauhof 21.02.14 13:43

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 74751)
Gibt's noch einen Vorschlag?

Hallo ICH,

ich erwarte eigentlich von dir einen Literatur-Vorschlag, denn alle Bücher, die ich bisher gelesen habe negieren, dass die Universum-Expansion ein Geschwindigkeitseffekt sein soll.

Kannst du mir wenigstens ein namhaftes deutschsprachiges Buch nennen, in dem die Universum-Expansion als Geschwindigkeitseffekt interpretiert wird? Das würde ich mir kaufen.

M.f.G. Eugen Bauhof

Hawkwind 21.02.14 13:57

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Mir als Kosmolgie- und ART-Laie stellt sich hier die Frage, ob es dabei nicht wieder einmal um Definitionen und Interpretationen geht.

Was wird beobachtet? Die Lichtlaufzeiten zu einem entfernten Objekten nehmen mit der Zeit zu: es entfernt sich von uns. Der Abstand nimmt mit der Zeit zu: diesen Quotienten nennt man in der klassischen Mechanik Geschwindigkeit.

Wenn ich nun zur Raumexpansion kommen will, muss ich ein Modell zurate ziehen, z.B. die ART. Die Beobachtungen alleine bringen mich nach einem Verständnis nicht auf so eine Idee wie Raumexpansion.

Timm 21.02.14 14:03

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 74750)
die zunehmenden Abstände bei der Universum-Expansion sind nicht auf einen Geschwindigkeitseffekt zurückzuführen.

Kannst du da auch zustimmen?

Nein Eugen, kann ich nicht. Meine Sicht habe ich Dir gestern geschrieben. Aber die ist zugegeben vage.

Gruß, Timm

Bauhof 21.02.14 14:45

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 74753)
Wenn ich nun zur Raumexpansion kommen will, muss ich ein Modell zurate ziehen, z.B. die ART. Die Beobachtungen alleine bringen mich nach einem Verständnis nicht auf so eine Idee wie Raumexpansion.

Hallo Hawkwind,

das sehe ich auch so. Gemäß Wikipedia ist der derzeitige Forschungsstand folgender:

Zitat:

Laut der heute gängigsten Theorie ist die kosmologische Rotverschiebung kein Dopplereffekt im eigentlichen Sinne, sondern beruht auf der allgemeinen zeitlichen Zunahme von Abständen im Universum.
Kannst du mir ein deutsprachiges Buch empfehlen, der einen neueren Forschungstand aufzeigt, insbesondere, dass die kosmologische Rotverschiebung auf allen Skalen als Dopplereffekt zu deuten ist?

M.f.G. Eugen Bauhof

Timm 21.02.14 17:03

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Hallo Eugen,

dieses Zitat
Zitat:

Laut der heute gängigsten Theorie ist die kosmologische Rotverschiebung kein Dopplereffekt im eigentlichen Sinne, sondern beruht auf der allgemeinen zeitlichen Zunahme von Abständen im Universum.
finde ich gar nicht so übel.

Kein "eigentlicher" Dopplereffekt (den gibt's nur in der SRT) ja, zunehmende Abstände ja und Raumdehnung geflissentlich nicht erwähnt.

Gruß, Timm

P.S. Meinst Du mit Stand der Forschung die Dehnung des Raums?

Günter Panazée 21.02.14 17:51

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 74751)
Womit wir wieder bei der Ausgangsfrage des Threads sind: Kannst du das über ein Experiment belegen oder nicht?

Im Experiment misst man auf diese große Entfernungen eine Rotverschiebung (oder keine) - Die Theorie steuert die Hintergründe bei.
Nach der allgemein anerkannten Theorie der Relativität besitzt unser Universum nun einmal keinen Mittelpunkt.
In Privattheorien spricht sicher nichts dagegen eine davon abweichende Annahme zu treffen.

Gonzee

Ich 21.02.14 19:04

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Ich hab' mir hier wirklich den Mund fusslig geredet, meinen Standpunkt bis ins Detail genau zu erklären. Und jetzt kommt so was:
Zitat:

Zitat von Bauhof
Kannst du mir ein deutsprachiges Buch empfehlen, der einen neueren Forschungstand aufzeigt, insbesondere, dass die kosmologische Rotverschiebung auf allen Skalen als Dopplereffekt zu deuten ist?

Das hat echt keinen Sinn, ich bin draußen.

Marco Polo 21.02.14 21:53

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 74752)
Kannst du mir wenigstens ein namhaftes deutschsprachiges Buch nennen, in dem die Universum-Expansion als Geschwindigkeitseffekt interpretiert wird? Das würde ich mir kaufen.

Hallo Eugen,

zu diesem Thema habe ich im Nachbarforum unlängst geschrieben:

Rebhan [1] schreibt dazu: "Die Deutung der ART-Kosmologie, dass die Zunahme der Galaxienabstände ausschliesslich auf einer Expansion des Raumes beruht, ist auf das System der mitbewegten Koordinaten, für das sie abgeleitet wurde, beschränkt. Auch in der ART-Kosmologie kann man Koordinaten benutzen, in denen sich die Galaxien gegenüber dem Raum bewegen".

[1] Rebhan, Eckhard
Theoretische Physik: Relativitätstheorie und Kosmologie
Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
ISBN=978-3-8274-2314-6

Grüsse, MP

Marco Polo 21.02.14 22:27

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 74758)
Ich hab' mir hier wirklich den Mund fusslig geredet, meinen Standpunkt bis ins Detail genau zu erklären. Und jetzt kommt so was:


Das hat echt keinen Sinn, ich bin draußen.

Hier reagierst du zu streng, finde ich.

Und überhaupt: Warum machst du dein weiteres Mitwirken in diesem Thread von der Bitte einer einzelnen Person nach einer Buchempfehlung abhängig?

Hier schreiben ja auch noch andere mit, die du damit ungewollt mitbestrafst.

Ausser dir ist zudem kein Kosmologie-Experte anwesend. Insofern ist Eugens Bitte nach Buchtiteln alles andere als unangemessen.

Ist doch schön wenn sich jemand Gedanken macht und nach weiterführender Lektüre fragt. Davor habe ich grossen Respekt. Auch dann, wenn die Frage evtl. bezeugt, dass der Fragensteller etwas nicht verstanden hat und deine bisherigen Bemühungen um Aufklärung möglicherweise für die Katz waren. :)

Grüsse, MP

Günter Panazée 21.02.14 22:32

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 74760)
"Die Deutung der ART-Kosmologie, dass die Zunahme der Galaxienabstände ausschliesslich auf einer Expansion des Raumes beruht, ist auf das System der mitbewegten Koordinaten, für das sie abgeleitet wurde, beschränkt. Auch in der ART-Kosmologie kann man Koordinaten benutzen, in denen sich die Galaxien gegenüber dem Raum bewegen".

Die GR ist algelmein kovariant - Das ist seit etwas längerem bekannt.

Zitat:

Zitat von Baumhof
Kannst du mir wenigstens ein namhaftes deutschsprachiges Buch nennen, in dem die Universum-Expansion als Geschwindigkeitseffekt interpretiert wird? Das würde ich mir kaufen.

Das würde mich auch interessieren. Alternative auch Standard-Literatur in Englisch oder Russisch.

Gonzee

Marco Polo 21.02.14 22:52

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Günter Panazée (Beitrag 74762)
Die GR ist algelmein kovariant - Das ist seit etwas längerem bekannt.

Ja selbstverständlich ist sie das. Das gilt nebenbei ja auch für die klassische Mechanik. Ist sie doch invariant gegenüber Galilei-Transformationen.

Zitat:

Das würde mich auch interessieren. Alternative auch Standard-Literatur in Englisch oder Russisch.
Den Buchtitel habe ich weiter oben angegeben.

MP

JoAx 22.02.14 01:54

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Ich versuche mal zusammen zu fassen.

Es geht um die Aussage (ungefähr): dass die Ursache der kosmologischen Rotverschiebung nicht die Geschwindigkeit ist, sondern die Expansion des Raums.

Das Problem bei der Aussage ist, dass:

a) Da in der ART die Geschwindigkeit nicht eindeutig definiert werden kann, kann man diese auch nicht eindeutig als Ursache für irgendetwas ablehnen (wo sie sonst als Ursache in Frage käme).

b) "Expansion des Raumes" ist genau so ein relativistischer Effekt, wie die "kosmologische Rotverschiebung". Die eine Ursache für beide Effekte ("parallel", nicht "nacheinander") ist das expandierende Universum (im 4d-Sinne).

@Günter Panazée

Willkommen bei uns.

Noch ein mal zur Klarstellung - es geht nicht darum, die Expansion des Universums durch Geschwindigkeit zu erklären/begründen. Insofern ist eure mit Eugen Bitte nicht erfüllbar. :)


Grüße, Johann

Günter Panazée 22.02.14 05:26

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Anfänglich spach man von "Nebelflucht".
Ein Kirchenmann extrapolierte dann die Bewegungen in die Vergangenheit und kam zu dem Ergebnis das sich alle Weltlinien in einem Punkt schneiden - Dem Big Bang.
In statischen Koordinaten ist dieser Punkt ausgezeichnet, in mitbewegten nicht.
Deshalb setzte sich schnell die Ansicht durch dass die
Rotverschiebungen auf grossen Skalen auf ein Wachstum des Raums
zurückzuführen sind und man bezeichnete es als kosmologische Rotverschiebung.

Später fand diese Interpretation ihre Bestätigung in verschiedenen
Beobachtungen (z.B. CMB) und ist heute zur Erklärung bestimmter Aspekte des Standardmodells unerlässlich (z.B. Inflation)

Es spricht aber nichts dagegen in Privattheorien von andere Annahmen auszugehen.

Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 74761)
Ausser dir ist zudem kein Kosmologie-Experte anwesend.

Ich bin auch Astrologe und habe immer meine Tarot-Karten dabei.

Gonzee

Marco Polo 22.02.14 07:02

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Günter Panazée (Beitrag 74765)
Ich bin auch Astrologe und habe immer meine Tarot-Karten dabei.

Supi. Demnach ein Konjunktions-Fuzzi mit topozentristischer Denke. Na das kann ja was werden. Wir freuen uns dann auf qualifizierte Folgebeiträge.

Und immer schön die Karten trocken halten. ;)

Günter Panazée 22.02.14 08:34

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Der Kirchenmann gelangte auf Grundlage mitbewegter Koordinaten zu der Auffassung das Raum und Zeit auch erst mit dem Urknall entstanden sind.

Gleichzeitig unstrittig ist die allgemeine Kovarianz der GR - wodurch statische und mitbewegte Koordinaten in *ausgezeichneten* Ausschnitten der Raumzeit zu identischen Resultaten führen.

[quote]Das hat echt keinen Sinn[\quote]

Gut erkannt

(Wobei grundsätzlich nichts dagegen spricht Standardmodelle in Frage zustellen^).

Gonzee

Marco Polo 22.02.14 09:50

AW: Ist die Dehnung des Raums Physik?
 
Zitat:

Zitat von Günter Panazée (Beitrag 74767)
Gleichzeitig unstrittig ist die allgemeine Kovarianz der GR

Kovariant unter beliebigen Koordinatentransformationen (Diffeomorphismus-Invarianz) ist meines Wissens die korrekte Beschreibung.


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