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-   -   Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=1694)

SCR 29.09.10 07:15

Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zur Diskussion:
Zitat:

  1. Nach Feyerabend lässt sich aus der Wissenschaftsgeschichte der Schluss ziehen, dass die Praxis des Erkenntnisgewinns und der Erkenntnisveränderung in oftmals irrationaler und anarchischer Weise bestehende wissenschaftstheoretische Grundsätze verletzt hat und eben darum erfolgreich war.
  2. Feyerabend betont die Bedeutung von Intuition und Kreativität als Voraussetzung des Erkenntnisgewinns und Erkenntnisfortschritts, beide dürften nicht durch eine bestimmte dogmatische Rationalität und wissenschaftstheoretisch-methodologische Regeln und Zwänge, die ihrerseits nicht sakrosankt seien, sondern vielmehr im Erkenntnisprozess einem Wandel unterlägen, nutzlos und in irreführender Weise eingeschränkt werden.
  3. So prägte er den Begriff der Anti-Regel, die eine Regel bezeichnen soll, die der Induktion widerspricht. Der Wissenschaftler soll sich nicht scheuen, methodische Regeln aufzustellen, die zu Hypothesen führen, die anerkannten Theorien und beobachtbaren Tatsachen widersprechen.

siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Feyerabend

Ich lege einmal detailliert vor: 1 und 2 sind richtig, 3 falsch. :D

Knut Hacker 25.10.10 14:44

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Von Paul Feyerabend stammt vor allem der Satz: "Die Welt ist eine Projektion des Gehirns, das wiederum Teil der Welt ist".Das entspricht dem philosophischen Skeptizismus und Idealismus,den Erkenntnissen der Kognitionswissenschaften und der erkenntnistheoretischen Quintessenz aus dem Beobachterproblem der Quantenphysik.
Die Mathematiker Davis und Hersh haben daraus (in ihrem "Descartes´Traum", Über die Mathematik von Zeit und Raum) die Schlussfolgerung gezogen, "dass sowohl die Mathematik als auch die Religion als Grundlage eines Glaubens bedürfen." Als Kronzeuge könnte man Gödel benennen.

Bauhof 25.10.10 16:22

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Knut Hacker (Beitrag 56311)
... "dass sowohl die Mathematik als auch die Religion als Grundlage eines Glaubens bedürfen."

Hallo Knut Hacker,

welcher Glaube soll denn die Grundlage der Mathematik sein? :confused:

Das Axiomen-System der Mathematik ist m.E. kein Glaubenssystem, sondern eine willkürliche Schöpfung des menschlichen Geistes, das von Fall zu Fall erweitert wird, um nach und nach ein adäquates Beschreibungsmittel für die Natur zu gewinnen.

M.f.G. Eugen Bauhof

Knut Hacker 25.10.10 17:52

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 56316)
welcher Glaube soll denn die Grundlage der Mathematik sein? :confused:

Hallo Bauhof, das stammt ja nicht von mir,sondern von den beiden zitierten Mathematikern. Soweit ich sie verstanden habe, argumentieren sie so, dass vor Gödel die Mathematik als eine bewusstseinsunabhängige "Wahrheit" galt. An solche Wahrheiten glauben ja auch die Religionen. Wir können aber ja nicht aus unserem Bewusstsein heraustreten. Daher ist auch die Mathematik ein geistiges Konstrukt. Dieser Meinung bist du ja auch.Wenn jemand glaubt, dass unsere Bewusstseinsinhalte irgendein - wenn auch nur vages und täuschendes - Spiegelbild einer außerhalb des Bewusstseins gedachten Außenwelt ist - von welchem tranzendenten Standpunkt aus will er denn das beurteilen? -, ist das eben bloßer Glaube.

Knut Hacker 25.10.10 18:12

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hallo Bauhof,
ich habe die von mir zitierte Stelle noch einmal im Zusammenhang nachgelesen. Es wird dort auch Gödel zitiert, "dass kein logisches System seine eigene logische Stimmigkeit nachweisen kann. Der Glaube an die Logik ist in anderen Worten nicht weniger subjektiv als der Glaube an ein säkulares oder mystisches Erklärungsprinzip, weil die Logik selbst weder logisch noch objektiv verifiziert werden kann."

Jogi 25.10.10 18:18

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Knut, was schlägst du also vor?

Sollen wir alle Wissenschaft bleiben lassen, weil die Welt, wie sie sich uns offenbart, nur eine Projektion unseres Geistes ist?

Und weil selbst die für uns stringenteste Logik nicht zwangsläufig absolut logisch sein muss?


Gruß Jogi

richy 25.10.10 18:26

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hi Knut
So abwegig ist der Gedanke nicht :
Ich schrieb an anderer Stelle :
Zitat:

Zitat von richy
Man muss die Mengenlehre erweitern und wird letztendlich nicht vermeiden koennen, dass der Existenzbegriff ein Axiom darstellt. Dies muss nicht gleich einen Theismus bedeuten, denn Mathematik ist keine Glaubensangelegenheit. Wuerde man Axiome so einstufen, waeren auch alle Folgerungen daraus eine Glaubensfrage.Mathematik eine Religion.

Wobei es mit dem Unvollstaendigkeitssatz noch schlimmer wird. Denn selbst wenn man die Axiome eines formalen Systems ohne relogioese Annahmen akzeptiert, ergeben sich daraus nichtentscheidbare Aussagen. Aussagen die nicht bewertet werden koennen obwohl sie auf den Axiomen basieren.
Das kann man auch so auffassen, dass unsere Logik nicht vollstaendig ist.
Die Frage waere dann, was sie vervollstaendigt.
Gruesse

Knut Hacker 25.10.10 18:27

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Jogi (Beitrag 56327)
Sollen wir alle Wissenschaft bleiben lassen, weil die Welt, wie sie sich uns offenbart, nur eine Projektion unseres Geistes ist?

Um Gottes willen, Jogi!Wir haben doch keine andere Welt als das, was uns unser Bewusstsein als Welt bewusst macht. Wobei natürlich ein Denkzirkel vorliegt, da dann, wenn alles nur Konstrukt des Bewusstseins ist, dies auch für das Bewusstsein selbst gelten müsste.
Wittgenstein sagte: "Die Mathematik ist als solche immer Maß und nicht Gemessenes." Dabei ist es völlig wurscht,ob das Gemessene Erscheinungen unseres Bewusstseins sind, oder außerhalb liegen oder auch ein "Außerhalb" lediglich ein Bewusstseinskonstrukt ist.

Knut Hacker 25.10.10 18:38

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von richy (Beitrag 56328)
Das kann man auch so auffassen, dass unsere Logik nicht vollstaendig ist.
Die Frage waere dann, was sie vervollstaendigt.

Auch die Quantenphysik kommt ja mit der aristotelischen, lediglich zweiwertigen Logik nicht weiter. Daher arbeitet sie - jedenfalls in der Kopenhagener Deutung - mit der mehrwertigen, komplementären Logik.In der Astrophysik - string-Theorie- geht man ja auch über die Primärdimensionen Sein-Nichtsein hinaus und postuliert unendlich viele solcher Primärdimensionen (die alten Griechen lassen grüßen). Gegenwärtig geht man - laut Hawking- von mindestens 12 solcher Dimensionen aus.

richy 25.10.10 18:47

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Auch die Quantenphysik kommt ja mit der aristotelischen, lediglich zweiwertigen Logik nicht weiter.
Wenn man das mal mit einer Fuzzy Logik vergleicht, ist dies immer noch eine quantitative Logik. Den Goedelschen Unvollstaendigkeitssatz wird man dagegen nur mit einer qualitativen Logik beschreiben koennen. Und die gibt es bisher nicht. Wahrscheinlich waere selbst B.Heims aspektbezogene Logik dazu nicht in der Lage. Ich kann es mir jedenfalls nicht vorstellen. Dann muesste man sich eben damit begnuegen, dass eine dafuer notwendige qualitative Logik selbst nicht quantitativ beschreibbar ist.
Und damit wuerde man nach vielen "Erkenntnisgewinnen" gerade beim Status Quo landen :-)

Knut Hacker 25.10.10 19:01

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von richy (Beitrag 56332)
Wenn man das mal mit einer Fuzzy Logik vergleicht, ist dies immer noch eine quantitative Logik.

Hallo richy,
Logik ist halt so oder so lediglich ein beschränktes Erkenntnismittel. Es gilt für die Wissenschaften. In anderen Bereichen gibt es andere Erkenntnismittel, die auch in der Wissenschaft eine Rolle spielen können, wie zum Beispiel Intuition usw.
William James meint wohl ironisch:
„Der ganze Prozess des Lebens verdankt sich einer Verletzung unserer logischen Grundsätze.“

Jogi 25.10.10 19:05

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Knut Hacker (Beitrag 56329)
Um Gottes willen,...

:D

Zitat:

Wittgenstein sagte: "Die Mathematik ist als solche immer Maß und nicht Gemessenes." Dabei ist es völlig wurscht,ob das Gemessene Erscheinungen unseres Bewusstseins sind, oder außerhalb liegen oder auch ein "Außerhalb" lediglich ein Bewusstseinskonstrukt ist.
Ähnliches schrieb auch Lichtenberg:
Wie kommen wir dazu zu glauben die Welt wäre außer uns?
Alle Wahrnehmung geschieht in uns.


Aber das bringt uns ja alles nicht weiter.
Auch bei der Diskussion um quantenphysikalische Phänomene kommt immer wieder das "Bewusstsein" auf's Tapet (nicht im physikalischen, sondern im geistigen Sinne).
Und das halte ich nicht für hilfreich.


Gruß Jogi

Knut Hacker 25.10.10 19:15

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Mich drängt es, das Probleme der Logik etwas aphoristisch zu beleuchten:
Was ist schon an dem Satz: „1 + 1 = 2“ logisch?
Man kann doch nicht einmal definieren, was eine Zahl ist.Sie als Bezeichnung einer Menge zu beschreiben, führt nicht weiter. Denn was ist eine Menge? Eine Vielzahl von Einheiten? Was ist eine Einheit? Was ist eine Vielzahl? Wir drehen uns im Kreise.
Was heißt Plus?Eine Operation zur Summierung. Aber was ist eine Summe. Eine Vielzahl von Einheiten usw. siehe oben.
Was heißt „ist gleich“?Eine Relation. Was ist das? Was ist Gleichheit?
Ist nicht das ganze Denken eine bloße Begriffshudelei?

Knut Hacker 25.10.10 19:17

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Jogi (Beitrag 56335)
:
Aber das bringt uns ja alles nicht weiter.

Jogi,
wohin willst du denn gebracht werden?

Jogi 25.10.10 19:25

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Gestattest du eine Gegenfrage?:

Wohin soll denn dieses grundsätzliche In-Frage-Stellen der Wissenschaft führen?

Knut Hacker 25.10.10 19:48

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
In den Sechzigern wurden viele Demonstranten angeklagt. Und viele Demonstranten traten als Zeugen auf. Sie waren in einer Zwickmühle. Einerseits mussten sie die Wahrheit sagen. Andererseits konnte diese gegen die Angeklagten sprechen, für die eine grundsätzliche Sympathie gehegt wurde.
Man erinnerte sich – humanistisch gebildet, wie man war – an das Lügnerparadoxon.
Die Zeugen wurden vorschriftsmäßig vom Richter über ihre Wahrheitspflicht belehrt und über ihr Auskunftsverweigerungsrecht, wenn sie sich durch ihre Aussage selbst belasten müssten.Wenn letzteres nicht der Fall war, erklärten die Zeugen: „Ich lüge!“
Der Richter ermahnte sie noch einmal zur Wahrheit. Die Zeugen blieben bei ihrer „Aussage“.
Der Richter – ebenfalls humanistisch gebildet, wie er war – überlegte: Der Zeuge sagt, dass er lüge. Wenn er aber lügt, dann ist auch seine Aussage, dass er lüge, gelogen und er spricht die Wahrheit. Spricht er aber die Wahrheit, dann ist seine Aussage, dass er lüge, wahr und er lügt doch usw.
Was tat der Richter?
Er nahm die Zeugen wegen unzulässiger Zeugnisverweigerung in Beugehaft. Denn die zirkuläre Aussage komme einer Aussageverweigerung gleich.
Fazit: Die Logik beißt sich in den Schwanz. Drum schloss der Richter messerscharf, dass nicht sein kann, was nicht sein darf (frei nach Christian Morgenstern).

Knut Hacker 25.10.10 19:54

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Jogi (Beitrag 56340)
Wohin soll denn dieses grundsätzliche In-Frage-Stellen der Wissenschaft führen?

Ich stelle die Wissenschaft nicht infrage, sondern den Aberglauben an absolute Wahrheiten.Es gibt keine Wahrheiten und auch dieser Satz ist nicht wahr.
Das wollte ich durch mein obiges Beispiel demonstrieren:Unser Denken ist selbstbezüglich. Weil strukturdeterminiert.Aber das ändert nichts an meiner Begeisterung für die Wissenschaft.Diese beschränkt sich in ihrem Selbstverständnis auf das, was unseren Sinnen im weitesten Sinne (einschließlich Verstand) "erscheint".

SCR 25.10.10 19:58

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Knut Hacker (Beitrag 56342)
Fazit: Die Logik beißt sich in den Schwanz.

Die Natur, die die Physik beschreibt, kennt nur keine Lüge. Und ein Wahrheits-Paradoxon gibt es nicht. Lüge bedarf eines (mehr oder weniger entwickelten) Geistes - Das ist aber nicht (mehr) Gegenstand der Physik.
Deshalb klinke ich mich an dieser Stelle auch wieder aus und wünsche Euch ansonsten noch viel Spaß.

Jogi 25.10.10 22:13

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Knut Hacker (Beitrag 56343)
Ich stelle die Wissenschaft nicht infrage, sondern den Aberglauben an absolute Wahrheiten.

...den es in der Wissenschaft nicht gibt, sonst ist sie an diesem Punkt zu Ende und Dogmatismus tritt an ihre Stelle.

Einen Wissenschaftler der diese Bezeichnung verdient, erkennt man daran dass er eine In-Frage-Stellung seiner Aussagen zulässt.


Zitat:

Es gibt keine Wahrheiten und auch dieser Satz ist nicht wahr.
...so wie es keinen Kreter gibt, der wahrheitsgemäß alle Kreter des Lügens bezichtigt.

Aber was soll das?
Eine Methode, sich selbst zum Wahnsinn zu bringen?


Zitat:

Unser Denken ist selbstbezüglich.
Latürnich. Wer wollte das in Frage stellen?

Zitat:

Aber das ändert nichts an meiner Begeisterung für die Wissenschaft.Diese beschränkt sich in ihrem Selbstverständnis auf das, was unseren Sinnen im weitesten Sinne (einschließlich Verstand) "erscheint".
Und selbst hier bleibt stets die Option der Hinterfragung erhalten.
Jede "Erscheinung" lässt Raum für Interpretationen.
Und diese wiederum kann man bestenfalls empirisch "abklopfen".
Da "erscheint" dann eben eine Falsifikation oder auch nicht.
Usw..., usf...
Das ist Wissenschaft.
Niemand ernstzunehmendes erhebt irgendeine Aussage der Wissenschaft zur absoluten Wahrheit.
Wer es dennoch tut, ist eben nicht ernst zu nehmen.


Gruß Jogi

richy 26.10.10 07:29

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hi
@Jogi
Zitat:

Wohin soll denn dieses grundsätzliche In-Frage-Stellen der Wissenschaft führen?
Ich sehe nicht, dass Knut direkt die Physik in Frage stellen moechte.
Er stellt lediglich die Vollstaendigkeit der mathematischen Aussagelogik in Frage.
Das ist nichts neues. Jeder weiss dass sich das Hilbert Programm mit Goedel erledigt hat. Und natuerlich bringt dies etwas. Zunaechst mal etwas Negatives. Und wenn man dies ueberwinden kann auch etwas Positives.

Knut hat mit seinen Beitraegen vornehmlich diese mathematische Problematik angesprochen. In der Mathematik gibt es Wahrheiten und Nichtwahrheiten (und Unentscheidbares). In der Form, dass man Aussagen aus den Grundaxiomen logisch herleiten kann oder sie diesen widersprechen. Hier faellt auch keine SGL oder Maxwellgleichungen vom Himmel. Alles baut auf den Axiomen auf. Das ist genau der Zustand den die Physik gerne erreichen moechte. Wenige Grundgroessen aus denen sich alles ableiten laesst.
Knut, besser Goedel greift mit seinen Ueberlegungen diesem Zustand schon voraus. Aber betrachten wir das mal der Reihe nach :

Zitat:

Zitat von Bauhof
welcher Glaube soll denn die Grundlage der Mathematik sein?

Der Glaube, die Akzeptanz der Axiome eines mathematischen Themenbereiches. Diese Axiome lassen sich natuerlch nicht beweisen. Man kann sie nur glauben, akzeptieren.
Zitat:

Zitat von Bauhof
Das Axiomen-System der Mathematik ist m.E. kein Glaubenssystem, sondern eine willkürliche Schöpfung des menschlichen Geistes, ...

Natuerlich sind Axiome fuer uns ein Glaubenssystem. Nicht der Glaube an einen Gott mit Bart, sonder der Glaube an ganz einfache Dinge die jeder akzeptieren kann. "Willkuerlich" halte ich fuer eine gewagte Aussage. Sind die Primzahlen eine willkuerliche Schoepfung des menschlichen Geistes ? Der etwas schoepfen kann dass er selbst nicht versteht ? Oder hat er sich lediglich vertan ?
Zitat:

Zitat von Bauhof
das von Fall zu Fall erweitert wird, um nach und nach ein adäquates Beschreibungsmittel für die Natur zu gewinnen.

Die schlimmste Blamage eines Mathematikers duerfte die sein ein redudantes Axiom zu formulieren. Dennoch ist diese Aussage von Bauhof in Ordnung hinsichtlich einem praktischen Verstaendnis der Mathematik.
Nicht fuer die Primzahlen oder Fibonaccizahlen, aber zum Beispiel fuer diese Problematik :

@knut
Zitat:

Zitat von Knut
Was ist schon an dem Satz: „1 + 1 = 2“ logisch?

Wenn man dieses Modell in eine physikalische Situation uebersetzt ist es verstaendlich.
Zitat:

Aber was ist eine Summe.
Eine Aneinanderreihung z.B. zweier Waschmaschinen. Zuvor war es eine. Jetzt stelle ich noch eine daneben.
Zitat:

Was heißt „ist gleich“?
Das Ergebnis, das physikalische Szenario wenn ich eine weitere Waschmaschine hinzufuege.

Aber vorsicht. Hier habe ich Mathematik ueber Physik erklaert. Dazu ueber ein weiteres formales Sytem. Dem der Sprache.
Ist Mathematik also nur eine symbolische, verkuerzte Sprache ?
Ich meine nein, aber das kann ich natuerlich nicht beweisen.
Alleine der Umstand dass nicht jede mathematische Loesung einer physikalischen Loesung entsprechen muss, analytisch nicht loesbare Probleme und Primzahlen existieren, oder der mathematische Begriff der Null oder Unendlichkeit sprechen fuer meine Annahme, dass Mathematik nicht nur der Rechenknecht der Physik ist. Dennoch. fuer uns bleiben die doch relativ einfachen Axiome der Mathematik, einfachste Aussagen wie 1+1=2 ohne eine physikalische Vorstellung unverstaendlich. Wir koennen Mathematik und Physik anscheindend nicht getrennt voneinander betrachten. Na Gott das ist ja auch kein Schaden. Fuer uns machen Physik und Mathematik nur zusammen einen Sinn.
Wir sind nicht das Maß des Universums.
Und daher muss dies kein fundamentales Prinzip sein.

Es ergibt sich davon abgesehen folgende Situation.

0) Ohne Axiome landen wir in Schleifen der Unendlichkeit. Wer das mag, naja.
Letztendlich kann man die Unendlichkeit nicht verstehen und muss sie damit selbst als Axiom betrachten.
=>
Es gibt fuer uns ueberhaupt keinen anderen Weg als Axiome zu akzeptieren.

1) Der Glaube an die Axiome der Mathematik scheint wenigstens zum Teil nur durch unsere physikalische Erfahrung gerechtfertigt.

2) Deren Hypothesen , bezueglich einer Existenz (von Raum und Zeit) sind aber nur in einem Modell einer erweiterte Mengenlehre gerechtfertigt. Das kann man nur noch grenzwertig ueber eine physikalische Anschauung verstehen. An dieser Stelle naehert sich die Schlange schon betraechtlich ihrem eigenen Schwanz.

3) Die Physik ist ueber die wissenschaftliche Vorgehensweise nur ueber mathematische Modelle beschreibbar.


Bisher beisst sich die Schlange nicht wirklich in den Schwanz.
Aber mit Sicherheit im Folgenden
4) Der Goedelsche Unvollstaendigkeitssatz.

Unter Beruecksichtigung von 3 ergibt sich naemlich folgende Schlussfolgerung :
Selbst wenn wir die Natur vollstaendig beschreiben koennten, naemlich mit Hilfe der Mathematik einer TOE, gaebe es Naturgesetzte von denen wir nicht wuessten ob sie wahr oder falsch sind.
Und das ist prinzipieller Natur.
Und daher koennen wir die Natur niemals rein mathematisch vollstaendig beschreiben. Prinzipiell nicht !
Aber dass weiss jeder, dass dazu mehr notwendig ist.

Gruesse

Knut Hacker 26.10.10 18:17

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hallo Ihr,

ich freue mich, dass wir uns über die weise Selbstbeschränkung der Physik auf das Erfahrbare, also notwendigerweise Beobachter-und damit Subjektbezogene einig sind (wobei für die Quantenphysik nach von Weizsäcker gilt, dass „sie Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung formuliert“und in ihr „ein mögliches Ereignis nur noch in Bezug auf einen möglichen Beobachter“ definiert werden könne). Hawking ist da offenbar anderer Ansicht, wenn er einer Weltformel die Bedeutung einer Welterklärung und damit von etwas Absolutem beimisst.

Die alten Quantenphysiker haben sich ja über dieses Thema viele Gedanken gemacht.
Schon Einstein sagte zu Heisenberg: „Erst die Theorie entscheidet, was beobachtbar ist. Ehe Sie die Theorie haben, wissen Sie gar nicht, welche Größen die beobachtbaren sind.“ Kant formulierte, “dass die Vernunft nur das einsieht, was sie selbst nach ihrem Entwurfe hervorbringt“.

Bei der Konzeption der Theorie und der Beschreibung der experimentellen Ergebnisse stellt sich das Problem der Sprache und der Logik.Zum Sprachproblem pflegte Bohr zu sagen: „Wir hängen in der Sprache“.Heisenberg hatte das Problem so formuliert: „Die Menschen drängen in unserer Zeit in entlegene Bereiche der Natur vor, die unseren Sinnen nicht mehr unmittelbar zugänglich sind, die nur auf dem Umweg über komplizierte technische Apparaturen erschlossen werden können. Damit verlassen wir nicht nur den unmittelbar sinnlich erfahrbaren Bereich, wir verlassen auch den Raum, in dem sich unsere gewöhnliche Sprache gebildet hat und für den sie brauchbar ist. Wir sind daher gezwungen, eine neue Sprache zu lernen, die der gewöhnlichen Sprache an vielen Stellen sehr fremd ist. Eine neue Sprache bedeutet aber auch eine neue Art zu denken....“

Diese neue Sprache ist die Mathematik der Quantentheorie.Heisenberg schreibt dazu: “Aus diesen Versuchen, die früher von Birkhoff und von Neumann und neuerdings noch ausführlicher von von Weizsäcker unternommen worden sind, hat sich ergeben, dass das mathematische Schema der Quantentheorie als eine Erweiterung oder Modifikation der klassischen Logik gedeutet werden kann. Es ist insbesondere ein Grundaxiom der klassischen Logik, das offenbar abgeändert werden muss. In der klassischen Logik wird angenommen, dass, sofern eine Behauptung überhaupt einen Sinn hat, entweder die Behauptung oder die Negation der Behauptung korrekt sein muss....In der Quantentheorie muss offenbar dieses Gesetz ´tertium non datur´ abgeändert werden.“ Von Weizsäcker hat es philosophisch formuliert: “.. Wahrheit ist zugleich Unwahrheit, denn die als selbstständig vorgestellten Teile, mögen sie atomarer Gegenstände oder atomare Funktionseinheiten sein, sind selbst Produkte des Begriffs, sie sind Wirklichkeit in einem seiner selbst unbewussten Spiegel gespiegelt, sind nicht selbst wirklich.“

Die aristotelische, 2- wertige Logik schließt eine Wahrheit aus:
Eine Wahrheit kann es nicht geben. Denn sie müsste etwas Seiendes sein. Eine Wahrheit, die nicht „sein“ würde, wäre keine Wahrheit. Wenn die Wahrheit aber etwas Seiendes ist, dann kann sie nur im Sein und nicht für das Sein selbst gelten. Daher ist das Sein nicht wahr. Weil das Sein nicht wahr ist, kann auch alles Seiende nicht wahr sein, auch die Wahrheit nicht.
Außerdem müsste es eine letzte Wahrheit geben. Wodurch sollte sie aber dann verifiziert werden können? Es gäbe ja keine höhere Wahrheit mehr, durch die sie von der Unwahrheit unterschieden werden könnte. Sonst käme es zum unendlichen Progress.
Im übrigen: Was ist Wahrheit überhaupt? Man versuche eine Beschreibung! Sie ist unmöglich.
Schließlich: Was sollte an der Wahrheit wahr sein?

Knut Hacker 26.10.10 18:20

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von SCR (Beitrag 56344)
Und ein Wahrheits-Paradoxon gibt es nicht.

Wirklich?
Siehe meinen vorausstehenden Beitrag. am Ende.

Knut Hacker 26.10.10 18:23

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Jogi (Beitrag 56348)

Aber was soll das?
Eine Methode, sich selbst zum Wahnsinn zu bringen?

Soll man denn den Kopf in den Sand stecken? Mich fasziniert, dass die Quantenphysiker nicht dem Morgenstern´schen um Motto verfallen sind, "dass nicht sein kann, was nicht sein darf."

Knut Hacker 26.10.10 18:33

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von richy (Beitrag 56351)
Eine Aneinanderreihung z.B. zweier Waschmaschinen. Zuvor war es eine. Jetzt stelle ich noch eine daneben.

Aber was ist "zwei", "eine"?
Axiome sind nicht nur nicht beschreibbar, sondern in diesem Fall wohl durch die Quantenphysik überholt. Von Weizsäcker definiert:"Die Kompositionsregel der Quantentheorie besagt, dass zwei Objekte stets als ein einziges Objekt verstanden werden können, dessen Hilbert-Raum das Kronecker-Produkt der Hilbert-Räume der zwei ursprünglichen Objekte ist."

Du schreibst allerdings:"Jeder weiss, dass sich das Hilbert Programm mit Goedel erledigt hat." Das stimmt,aber Weizsäcker geht es nicht um das Programm, sondern um die Operation.

Zitat:

Zitat von richy (Beitrag 56351)
Alleine der Umstand dass nicht jede mathematische Loesung einer physikalischen Loesung entsprechen muss, analytisch nicht loesbare Probleme und Primzahlen existieren, oder der mathematische Begriff der Null oder Unendlichkeit sprechen fuer meine Annahme, dass Mathematik nicht nur der Rechenknecht der Physik ist.

Ich würde noch die imaginäre Einheit i und Pi anführen sowie die nicht "glatte" Lichtgeschwindigkeit usw

SCR 26.10.10 20:59

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hallo Knut,
Zitat:

Zitat von SCR (Beitrag 56344)
Und ein Wahrheits-Paradoxon gibt es nicht.

Zitat:

Zitat von Knut Hacker (Beitrag 56364)
Wirklich?
Siehe meinen vorausstehenden Beitrag. am Ende.

Ich schrieb:
Zitat:

Zitat von SCR (Beitrag 56344)
Die Natur, die die Physik beschreibt, kennt nur keine Lüge.

Ich schrieb explizit nicht: Die Natur, die die Physik beschreibt, kennt (nur) die Wahrheit.
Das geht eben prinzipiell nicht: Ohne die Lüge verliert die Wahrheit ihre Existenz-Berechtigung.
Konkret: Ein mögliches Wahrheits-Paradoxon bedingt als Voraussetzung ein existierendes Lügen-Paradoxon - Die Physik kennt weder das eine und damit auch nicht das andere ...
Und dabei bleibt sogar noch ein "noch" übrig.

Und jetzt Euch noch viel Spaß!

Jogi 26.10.10 22:48

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hi Knut.


Zitat:

Zitat von Knut Hacker (Beitrag 56365)
Soll man denn den Kopf in den Sand stecken?

Aber nicht doch!
Mir scheint, wir mißverstehen uns gründlich.
Deine kritische Betrachtung der Anerkennung von Axiomen wertete ich als Zweifel an der Wissenschaft im Allgemeinen.
Da lag ich wohl völlig daneben, sorry.:o


Zitat:

Mich fasziniert, dass die Quantenphysiker nicht dem Morgenstern´schen Motto verfallen sind, "dass nicht sein kann, was nicht sein darf."
Wer mag schon entscheiden was sein darf und was nicht?
Das hatte ich ja gesagt, der seriöse Wissenschaftler lässt eine Hinterfragung seiner Ausagen zu, ja, er revidiert sogar ggf.
Ich weiß jetzt nicht, von wem das Zitat stammt:
Es gehört manchmal mehr Mut dazu seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben.


Gruß Jogi

Knut Hacker 28.10.10 19:29

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hallo Jogi,
entschuldige bitte, dass ich dich missverstanden habe.

Knut Hacker 28.10.10 19:33

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
[QUOTE=SCR;56371] Ein mögliches Wahrheits-Paradoxon bedingt als Voraussetzung ein existierendes Lügen-Paradoxon - Die Physik kennt weder das eine und damit auch nicht das andere ...
Und dabei bleibt sogar noch ein "noch" übrig.
/QUOTE]
Da stimme ich dir zu.Die Quantenphysik kennt die mehrwertige (komplementäre) Logik:
Der wohl bekannteste gegenwärtige Quantenphysiker, Anton Zeilinger, schreibt in „Spektrum der Wirtschaft, Dossier“ 2/10:
„ Während das klassische Bit nur entweder die Werte 0 oder 1 annehmen kann, existiert ein Quantenbit, Qubit genannt, in einer Superposition von 0 oder 1. Genauso, wie für ein Teilchen, das durch einen Doppelspalt geht, nicht festgelegt ist, welchen Spalt es passiert, nimmt ein Quantenbit quasi die beiden Zustände 0 und 1 gleichzeitig ein.“

Knut Hacker 28.10.10 19:38

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von SCR (Beitrag 56371)
Ein mögliches Wahrheits-Paradoxon bedingt als Voraussetzung ein existierendes Lügen-Paradoxon - Die Physik kennt weder das eine und damit auch nicht das andere ...
Und dabei bleibt sogar noch ein "noch" übrig.

Da stimme ich dir zu. Die Quantenphysik kennt eben die mehrwertige [komplementäre) Logik:

Der wohl bekannteste gegenwärtige Quantenphysiker, Anton Zeilinger, schreibt in „Spektrum der Wirtschaft, Dossier“ 2/10:

„ Während das klassische Bit nur entweder die Werte 0 oder 1 annehmen kann, existiert ein Quantenbit, Qubit genannt, in einer Superposition von 0 oder 1. Genauso, wie für ein Teilchen, das durch einen Doppelspalt geht, nicht festgelegt ist, welchen Spalt es passiert, nimmt ein Quantenbit quasi die beiden Zustände 0 und 1 gleichzeitig ein.“

SCR 29.10.10 08:33

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hallo Knut,

da erlaube ich mir doch einmal Herrn Zeilinger zu widersprechen:
Es gibt 0, 1 sowie "noch nicht bekannt".
Es gibt nicht "0 und 1 gleichzeitig".
Das ist aber nur ein kleiner Unterschied.

Aber was weiß ich schon.

Knut Hacker 29.10.10 17:21

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von SCR (Beitrag 56450)
Es gibt nicht "0 und 1 gleichzeitig".

Hallo SCR,
ich verstehe Zeilinger so, dass er "gleichzeitig" nicht physikalisch im zeitlichen Sinne -koinzident- gemeint hat,sondern als "zugleich" im logischen Sinne:dass also der nach der aristotelischen, zweiwertigen Logik sich ergebende Widerspruch nach der mehrwertigen Logik komplementär aufgelöst ist, wie dies der Kopenhagener Deutung entspricht.
Direkte Gegensätze, also solche, die nicht- wie positiv und negativ - durch ein Neutrum voneinander getrennt sind, wie zum Beispiel Sein und Nichtsein, schließen sich ja nicht nur gegenseitig aus, sondern ergänzen sich auch gegenseitig. Ohne Sein gäbe es kein Nichtsein und umgekehrt.

SCR 29.10.10 17:42

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Nein - logisch macht das keinen Sinn.
Logisch gibt es nur den Zustand 0 oder 1.
Und darüber gibt es eine weitere Schicht 0 oder 1 - im Sinne "Ich weiß es" oder "Ich weiß es nicht".

Für mich gibt's nur schwarz oder weiß - Grauwerte werden daraus dann zusammengesetzt. Wenn ich irgendwo nur einen Grauwert erkenne habe ich eben bloß noch nicht schwarz und weiß erkannt.

Knut Hacker 29.10.10 18:27

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
SCR,
entschuldige bitte, aber worin siehst du dann überhaupt den Unterschied zwischen der klassischen Newton´schen Physik und der Quantenphysik? Bisher ist er doch gerade durch die spezielle Quanten-Logik definiert gewesen,die auch Stephen Hawking in seinem neuesten Buch ("Der große Entwurf") heranzieht bei der Verneinung des Gegensatzes von Ursprung und Nicht- Ursprung im Rahmen der Lösung des Problems der Singularität.

SCR 29.10.10 18:52

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hallo Knut,
Zitat:

Zitat von Einstein
Es scheint hart, dem Herrgott in die Karten zu gucken. Aber dass er würfelt und sich telepatischer Mittel bedient (wie es ihm von der gegenwärtigen Quantentheorie zugemutet wird), kann ich keinen Augenblick glauben.

Aus einem Brief über die Quantenmechanik an Cornelius Lanczos, 21. März 1942.

Du wirst sehen: Auch da wird er Recht behalten.

Und wenn Du nach meiner persönlichen Meinung fragst:
Ich denke es liegt an unseren Schwierigkeiten, mehrdimensional zu denken.
Aber das ist womöglich gar nicht das eigentliche Problem - Es ist vielleicht die unbegründete Verweigerung, es überhaupt zu versuchen.
Solange ich mich aber auf drei räumliche und eine zeitliche Dimension beschränke wird die Quantenmechanik - für mich logischerweise - immer ein Rätsel bleiben.

Aber meine Einschätzung zählt nicht.

Knut Hacker 29.10.10 19:40

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von SCR (Beitrag 56482)
Du wirst sehen: Auch da wird er Recht behalten.

Da ist er aber doch bereits widerlegt durch die die Teleportation, die Grundlage für die Entwicklung der Quanten- Computer durch Zeilinger ist.Von Einstein stammt das EPR- Paradoxon zur Widerlegung der "Spukwirkung".Bell hat darauf seine Ungleichungen formuliert,aufgrund derer dann experimentell die Nichtlokalität bewiesen werden konnte. Diese hat Einstein noch in seinen letzten Lebensjahren anerkannt!!!!!

Zitat:

Zitat von SCR (Beitrag 56482)
wird die Quantenmechanik - für mich logischerweise - immer ein Rätsel bleiben.

Aber das ist doch gerade der große Erkenntnisgewinn der Quantenmechanik, dass der Mensch erstmals experimentell auf nicht überwindbare Grenzen seiner Erkenntnisfähigkeit gestoßen ist.

Eberhard Zeidler. Director (retired) Max Planck Institute for Mathematics in the Sciences, schreibt dazu im Taschenbuch der Mathematik:
"Es ist eine wesentliche Erkenntnis der Physik und der Mathematik des 20. Jahrhunderts, dass der sogenannte gesunde Menschenverstand versagt, sobald wir in Erkenntnisbereiche vorstoßen, die weit von unserer täglichen Erfahrungswelt entfernt sind. Das betrifft die Quantentheorie (atomare Dimensionen), die Relativitätstheorie ( hohe Geschwindigkeiten und kosmische Maßstäbe) sowie die Mengentheorie (der Begriff des Unendlichen). "

SCR 29.10.10 20:32

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Knut Hacker (Beitrag 56484)
Aber das ist doch gerade der große Erkenntnisgewinn der Quantenmechanik, dass der Mensch erstmals experimentell auf nicht überwindbare Grenzen seiner Erkenntnisfähigkeit gestoßen ist.

Na ob das ein Erkenntnisgewinn ist ...
Könnte Nicht-Lokalität in einem bestimmten Dimensionsbezug nicht mit Lokalität in einem anderen Dimensionskontext gepaart sein?

Wenn's Dir ansonsten etwas hilft: Unendlich gibt's IMHO nur in der Mathematik.

Knut Hacker 30.10.10 16:32

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hallo SCR,
warum soll man denn unbedingt an jenem "gesunden Menschenverstand" unseligen Gedenkens, mit dem die modernen Wissenschaften endlich gebrochen haben, festhalten ? Dieses Gefängnis der Trivialität , dieser Glaube an hausgemachten Sinn und Wahrheit, ist doch die Ursache allen Leides und aller Kriege in der Menschheitsgeschichte! Er ist auf den naiven Glauben zurückzuführen, dass es sich beim Menschen um die „Krone der Schöpfung“ handele.Mit diesem Glauben haben die Naturwissenschaften gründlich aufgeräumt. Die Erde als unser Lebensmittelpunkt wurde von Kopernikus aus dem geozentrischon Weltbild des Ptolemäus verstoßen.Die Aufklärung hat den Verstand vom mittelalterlichen Thron der Göttlichkeit – man glaubte sogar, Gott beweisen zu können- verstoßen und in den Bereich des Lebenspraktischen verwiesen.Darwin hat aufgeräumt mit dem hybriden Menschenbild der „Ebenbildlichkeit Gottes“ und seiner Endgültigkeit, kraft derer er alles erkennen könne.Freud hat unser Seelenleben entmystifiziert.Und schließlich haben Relativitätstheorie,Quantenphysik und Chaosforschung die uns von der Evolution zur Orientierung in der Alltagswelt mitgegebenen Bewusstseins -, insbesondere Verstandesstrukturen als untaugliches, selbstbezügliches Erkenntnismittel in einer von ihnen nicht trennbaren Erkenntniswelt entlarvt.

Knut Hacker 30.10.10 18:21

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von SCR (Beitrag 56450)
da erlaube ich mir doch einmal Herrn Zeilinger zu widersprechen:
Es gibt 0, 1 sowie "noch nicht bekannt".
Es gibt nicht "0 und 1 gleichzeitig".

Hallo SCR,
Ich komme noch einmal darauf zurück und bringe das von mir angeführte Zitat Zeilingers im Gesamtzusammenhang:
"Teleportation gilt..heute als ein ideales Mittel zur Informationsübertragung zwischen künftigen Quantencomputern. Ein Quantencomputer bildet sozusagen die ultimative Anwendung quantenmechanischer Prinzipien.Die Grundidee:Die Information wird nicht wie in einem herkömmlichen Computer durch klassische Zustände dargestellt, sondern durch quantenmechanische - etwa durch Zustände von Atomen oder Photonen, wobei verschiedene Anregungszustände verschiedenen Bitwerten entsprechen.Dadurch kommen völlig neue Grundprinzipien zur Verarbeitung der Information ins Spiel.
Während das klassische Bit nur entweder die Werte 0 oder 1 annehmen kann, existiert ein Quantenbit,Qubit genannt, in einer Superposition von 0 oder 1. Genau so, wie für ein Teilchen, das durch einen Doppelspalt geht, nicht festgelegt ist, welchen Spalt es passiert, nimmt ein Quantenbit quasi die beiden Zustände 0 oder 1 gleichzeitig ein.Dies scheint auf den ersten Blick einen Verlust an Gewissheit zu bedeuten, eröffnet jedoch ganz neue Möglichkeiten.Die wichtigste ist: Die Quantenbits in einem Quantencomputer können miteinander verschränkt sein. Das ermöglicht Überlagerungen sehr komplexer Inhalte.Weltweit beteiligen sich viele Laboratorien an einem intensiven Wettrennen um die Entwicklung solcher Geräte. Quantenbits lassen sich auf verschiedene Weise realisieren: als Atome oder lonen, die in elektromagnetischen Fallen festgehalten werden, als Quantenzustände in einem Festkörper, oder sogar durch Photonen."

"Alles, was nicht größer ist als ein kleines Molekül, existiert nicht in einem definierten Zustand, sondern in mehreren zugleich. Zu jedem Zeitpunkt ist ein Atom zugleich hier und dort, ein Photon zugleich horizontal und vertikal polarisiert, das magnetische Moment eines Elektrons zugleich auf-und abwärts gerichtet und so weiter. Während ein klassisches Datenbit entweder im Zustand 1 oder im Zustand 0 ist, kann sich sein quantenmechanisches Gegenstück (ein „ Qubi“) in einer Überlagerung beider Zustände finden."
Seth Lloyd „Spektrum der Wissenschaft“ 5/10)

SCR 30.10.10 19:14

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hallo Knut,
genau die Verschränkung ist ein Beispiel für ein (mögliches) mehrdimensionales Zusammenspiel ...
Sorry, aber ich muß unsere Diskussion abbrechen: Mir steht leider nur ein begrenztes Beitrags-Kontingent zu. Und schon diese Antwort an Dich geht davon ab.
Sieh' es mir bitte nach. Oder sei froh - Wie Du willst: Ich bin sowieso kein guter Umgang für Niemanden.

richy 31.10.10 01:54

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hi SCR
Zitat:

Es gibt 0, 1 sowie "noch nicht bekannt".
Es gibt nicht "0 und 1 gleichzeitig".
Die Aussage des bekannten Kreters ist nicht "... noch nicht bekannt" sondern tatsaechlich ein dritter Zustand der Nichtentscheidbarkeit. Seine Aussage ist gleichzeit wahr und falsch. Ein Quantencomputer rechnet im Ueberlagerungszustand. Ansonsten waere er ja witzlos. Allerdings kann er letzendlich nicht die Ergebnisse aller Parallelrechnungen auslesen. Man muss ueber Algorithmen wie den Shore Algo den "Parallelbetrieb" ausnuetzen. Uebrigends keine Fiktion. Eine Primzahlfaktorzerlegung (glaube von 15) wurde von einem Quantencomputer schon berechnet.
Gruesse

SCR 02.11.10 08:35

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hi richy,
Mensch - Ich hatte doch geschrieben: Ich bin beschränkt. ;-)
Zitat:

Zitat von richy (Beitrag 56522)
Die Aussage des bekannten Kreters ist nicht "... noch nicht bekannt" sondern tatsaechlich ein dritter Zustand der Nichtentscheidbarkeit.

Aber völlig zu Recht von Dir kritisiert.
Denn eigentlich geht es um eine Variable, die zwei Werte annehmen kann.
Diese Variable ist aber nicht immer (Zeit) und / oder für jeden (Beobachter / Ort des Beobachter bzw. Beobachtungsobjekt / Ort des Beobachtungsobjekts) gleichermaßen definiert ("nicht definiert" = Dritter logischer Wert).

Die Physik basiert zudem (häufig) auf dem Vergehen von Zeit, die Mathematik "läuft" dagegen grundsätzlich instantan ab.

twr 30.11.10 22:17

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Hallo Eugen,

Und hi. Mische mich hier zum ersten Mal ein. Das Axiomensystem, oder besser: Axiomensysteme sind nicht willkürlich. Oder sollten es nicht sein. Sie basieren auf Erfahrungen und sind im Grunde genommen die einzigen induktiven Elemente im Erkenntnisprozess, die zulässig sind.
Axiomensysteme sind aufgrund Erfahrungen erweiterbar. Beispiel: das Axiomensystem des Euklid basierte u.a. auf seine Erfahrung (nicht Erkenntnis!), dass die kürzeste Verbindung zweier Punkte eine Gerade ist. Dieser Erfahrungsschatz wurde bereichert, z.B. durch Riemann usw.

Axiomensysteme lassen daher (in Grenzen, s. Gödel) Erkenntnisgewinne durch BEWEISE zu, was eben für Realwissenschaften nicht zutrifft. Ergo: Physik basiert nicht auf Axiome (was ein interessanter Ansatz zu weiteren Überlegungen wäre...).

SG TWR

Knut Hacker 01.12.10 12:40

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von twr (Beitrag 57420)
Physik basiert nicht auf Axiomen (was ein interessanter Ansatz zu weiteren Überlegungen wäre...).

Dieser Ansicht ist offenbar auch Stephen Hawking trotz seiner sehr positivistischen Weltsicht:
"Physikalische Theorien sind nur mathematische Modelle, die wir konstruieren. Wir können nicht fragen, was die Wirklichkeit ist, denn wir haben keine modellunabhängigen Überprüfungen von dem, was real ist (bdw 2001).
Unsere Wahrnehmung – und damit die Beobachtungen, auf die sich unsere Theorien stützen – ist nicht unmittelbar, sondern wird durch eine Art Linse geprägt., die Deutungsstrukturen unseres Gehirns (Der große Entwurf).
Es gibt keinen abbild-oder theorieunabhängigen Realitätsbegriff (dto)
Offenbar werden die fundamentalen Zahlen und sogar die Form der in unserem Kosmos nachweisbaren Naturgesetze nicht von der Logik oder von physikalischen Prinzipien verlangt. Die Parameter können viele Werte und Gesetze beliebige Formen annehmen, die zur einer selbst-konsistenten mathematischen Theorie führen, und sie besitzen tatsächlich verschiedene Werte und verschiedene Formen in verschiedenen Universen (dto)."

Axiome sind laut Wikipedia in der Naturwissenschaft "grundlegende Gesetze, die vielfach empirisch bestätigt worden sind".
Wenn also laut Hawking die "Naturgesetze nicht... von den physikalischen Prinzipien verlangt werden" dann sind diese Prinzipien eben nicht axiomatisch.

Bauhof 01.12.10 13:29

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von twr (Beitrag 57420)
Das Axiomensystem, oder besser: Axiomensysteme sind nicht willkürlich. Oder sollten es nicht sein. Sie basieren auf Erfahrungen und sind im Grunde genommen die einzigen induktiven Elemente im Erkenntnisprozess, die zulässig sind. Axiomensysteme sind aufgrund Erfahrungen erweiterbar. Beispiel: das Axiomensystem des Euklid basierte u.a. auf seine Erfahrung (nicht Erkenntnis!), dass die kürzeste Verbindung zweier Punkte eine Gerade ist. Dieser Erfahrungsschatz wurde bereichert, z.B. durch Riemann usw. Axiomensysteme lassen daher (in Grenzen, s. Gödel) Erkenntnisgewinne durch BEWEISE zu, was eben für Realwissenschaften nicht zutrifft. Ergo: Physik basiert nicht auf Axiome (was ein interessanter Ansatz zu weiteren Überlegungen wäre...).

Hallo TWR,

von Richard Dedekind stammt der Ausspruch:
Zitat:

Die Zahlen sind freie Schöpfungen des menschlichen Geistes, sie dienen als ein Mittel, um die Verschiedenheit der Dinge leichter und schärfer aufzufassen.
Als Verallgemeinerung würde ich das Wort Zahlen durch das Wort Mathematik ersetzen, das heißt auch die gesamte Mathematik wäre dann eine freie Schöpfung des menschlichen Geistes.

Ich meine, das Axiomensystem des Euklid wurde nicht allein aus (physikalischer) Erfahrung erweitert. Als Gauß die euklidische Geometrie auf die nichteuklidische Geometrie erweiterte, war noch keine Rede in der Physik davon, dass zur Beschreibung der Gravitation eine gekrümmte Raumzeit angebracht wäre, geschweige denn, wie man eine Raumzeitkrümmung durch Messung nachweisen könnte. Aber vielleicht meinst du mit dem Erfahrungsschatz etwas anders als ich, den ich mehr als physikalischen Erfahrungsschatz sehe.

Dass die Physik nicht auf Axiome basiert, da stimme ich dir zu. Wie ich dich kenne, hast du dazu weitere Überlegungen.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

P.S.
Dein Popper-Avatar vermisse ich, kommt es noch?

Timm 01.12.10 16:29

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von twr (Beitrag 57420)
Physik basiert nicht auf Axiome (was ein interessanter Ansatz zu weiteren Überlegungen wäre...).

Hi TWR,

basieren denn mathematische Konstrukte, wie die Riemannsche Mannigfaltigkeit, grundsätzlich auf Axiomen?

Gruß, Timm

EMI 01.12.10 17:29

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von twr (Beitrag 57420)
Ergo: Physik basiert nicht auf Axiome...

Ach echt twr,

und was sind dann z.B. die Newtonschen Axiome?

Gruß und willkommen

EMI

Hawkwind 02.12.10 10:44

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von EMI (Beitrag 57433)
Ach echt twr,

und was sind dann z.B. die Newtonschen Axiome?

Gruß und willkommen

EMI


Ich denke, unter Axiomen versteht man in der Physik nicht genau dasselbe wie etwa in der Mathematik. Dort ist ein Axiom so etwas wie eine nicht-herleitbare Basis-These. Die Axiome der Physik dagegen wurden aus Beobachtungen gewonnen; sie sind keine Thesen sondern Hypothesen und stehen oder fallen mit den zugrundeliegenden Beobachtungen.
Gruß,
Hawkwind

EMI 02.12.10 12:17

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 57436)
Ich denke, unter Axiomen versteht man in der Physik nicht genau dasselbe wie etwa in der Mathematik.
Dort ist ein Axiom so etwas wie eine nicht-herleitbare Basis-These. Die Axiome der Physik dagegen wurden aus Beobachtungen gewonnen;...

Na ja Hawkwind,

nicht-herleitbare Basis-Thesen gibt es auch in der Physik und die nicht-herleitbaren Basis-Thesen der Mathematik wurden auch aus Beobachtungen gewonnen.
Nicht-herleitbare Basis-Thesen beruhen auf unmittelbar einleuchtenden Prinzipien in der Mathematik und in der Physik. Ich sehe da keinerlei Unterschied.
Im übrigen hat EINSTEIN die Physik geometrisiert und damit mit der Mathematik "vereint". IMHO

Gruß EMI

Hawkwind 02.12.10 13:03

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von EMI (Beitrag 57440)
Na ja Hawkwind,

nicht-herleitbare Basis-Thesen gibt es auch in der Physik und die nicht-herleitbaren Basis-Thesen der Mathematik wurden auch aus Beobachtungen gewonnen.
Nicht-herleitbare Basis-Thesen beruhen auf unmittelbar einleuchtenden Prinzipien in der Mathematik und in der Physik. Ich sehe da keinerlei Unterschied.
Im übrigen hat EINSTEIN die Physik geometrisiert und damit mit der Mathematik "vereint". IMHO

Gruß EMI

Widerspruch zu allen Punkten. :)

Nach meinem Verständnis werden die Axiome der Mathematik er- und nicht gefunden; ein System von Axiomen ist Basis einer mathematischen Theorie und definiert diese. So ist das klassische Parallelen-Axiom z.B. nicht unbedingt Grundlage von nicht-euklidischen Geometrien. Unterschieldiche mathematische Theorien beruhen auf unterschiedlichen Axiomensystemen.

Und Newtons Axiome z.B. sind nicht unbedingt "unmittelbar einleuchtend". "Ein Körper verharrt im Zustand gleichförmiger Bewegung solange keine Kraft auf ihn wirkt" finde ich alles andere als unmittelbar einleuchtend. Ich muss ganz schön das Gaspedal gedrückt halten, um kontinuierlich meine 120 km/h beizubehalten. Um dahin zu kommen, braucht es genaueste Beobachtungen und Abstraktion davon. Ansonsten hätte man ja auch ein paar Jahrhunderte eher drauf kommen können.

Und wieso sollte Einstein Physik und Mathematik vereint haben ?
Die Physik benutzt Methoden der Mathematik; Einstein hat nichts anderes getan als auch die Nutzung von Methoden aus der Geometrie in die Physik einzuführen, Newton dagegen z.B. die Differentialrechnung. Ich sehe da keinen qualitativen Unterschied, dass einer von beiden Mathematik und Physik "vereint" hätte und der andere nicht; beide haben Methoden der Mathematik genutzt.

Aber was weiss ich schon ... ? :)
Schere mich um solche Fragen meist nicht ... .

Gruß,
Hawkwind

EMI 02.12.10 15:08

AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 57442)
Nach meinem Verständnis werden die Axiome der Mathematik er- und nicht gefunden;...

Ok, nach deinem Verständnis Hawkwind, aber nicht nach meinem.:)

Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 57442)
Und wieso sollte Einstein Physik und Mathematik vereint haben ?

Ich denke über die Geometrie, die ist doch Mathematik, oder?

Als vor etwas mehr als 100 Jahren ersichtlich wurde, dass die klassische Physik an ihre Grenzen gelangt war, ging EINSTEIN anders als all seine zeitgenössischen, hervorragenden Physiker vor. EINSTEIN versuchte nicht, die alten, bewährten Theorien umzubauen.
Er ging vielmehr auf die ursprünglichen Fragestellungen zurück, die einst zu deren Begründung geführt hatten.

EINSTEIN schloss in der Mechanik direkt an GALILEI und in der Elektrodynamik bei FARADAY an und entwickelte die von diesen geschaffenen Grundbegriffe der Physik neu.
EINSTEIN zeigte, dass die mathematisch formulierten Grundgesetze einer physikalischen Theorie ein in sich logisch geschlossenes System von Messvorschriften für die Experimentalphysik bilden, während umgekehrt die Experimente erst durch die Einordnung in eine Theorie eine erkenntnismäßige Bedeutung bekommen.

Auf diese Weise gelangte EINSTEIN zu einer ersten Synthese der Mechanik von GALILEI und NEWTON mit der Feldtheorie von FARADAY und MAXWELL durch seine Neukonzeption von der Raum-Zeit-Vorstellung.
Statt des Raumes, des Inbegriffs der Lagebeziehungen zwischen Punkten, erkannte EINSTEIN, dass die Einheit von Raum und Zeit als Inbegriff der Kausalitätsbeziehungen zwischen den "Ereignissen" das gemeinsame Fundament von Geometrie und Bewegungslehre ist.

Diese Ergebnisse (SRT) ermöglichten es ihn dann mit der ART, auch die Dynamik, die Lehre von Kräften, mit der Raum-Zeit-Geometrie zu verschmelzen.
EINSTEIN formulierte hier sein allgemeines Relativitätsprinzip, nach dem die für einen Weltpunkt als gültig festgestellten elementaren Naturgesetze überall im Raum und zu jeder Zeit gültig sind.

Diese scharfe Formulierung des Prinzips der materiellen Einheit der Welt und der Universalität der Bewegungsgesetze der Materie wurde von EINSTEIN dadurch erreicht, dass er die Geometrie von einer rein mathematischen Disziplin mit Aussagen über denkmögliche Raumstrukturen wieder (wie zur Zeit EUKLIDS) zu einer naturwissenschaftlichen Disziplin mit Aussagen über die im Universum tatsächlich realisierten Raum-Zeit-Strukturen machte.

EINSTEINS Relativitätstheorien sind physikalische Theorien über das mathematische Kontinuum (den physikalischen Feldern) im Sinne der Differentialgeometrie von GAUSS und RIEMANN.
IMHO!

Gruß EMI


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