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-   -   EIn Crank fragt: Kann überhaupt irgendetwas in ein schwarzes Loch fallen? (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=3624)

Timm 06.05.19 22:48

AW: EIn Crank fragt: Kann überhaupt irgendetwas in ein schwarzes Loch fallen?
 
Zitat:

Zitat von Josef (Beitrag 91407)
Das bedeutet, mit dem Astronaut passiert etwas in endlicher Zeit, was von außen nicht zu sehen ist.

Ja, in endlicher Zeit des Astronauten, der Zeit, die er auf seiner Uhr abliest.

Zitat:

Zitat von Josef (Beitrag 91407)
Es passiert auch aus der Außenperspektive in endlicher Zeit, denn es muß vor dem Veschwinden des schwarzen Loches passieren. Es kann aber von außen nicht gesehen werden, weil das Licht von diesem Ereignis nicht in endlicher Zeit nach außen kommt.

Aus der "Außenperspektive" bleibt der Astronaut am Schwarzen Loch tatsächlich "kleben". Das ist jedoch nicht die Wirklichkeit, nicht das tatsächliche physikalische Geschehen. Wenn in der Wüste in weiter Ferne ein Lastwagen zu schweben scheint, ist das auch nicht das tatsächliche physikalische Geschehen. Dieses ist das, was sich vor Ort ereignet, beim Freifaller und beim Lastwagen.

Vielleicht kann jemand anders hier diese Unterscheidung noch besser erläutern.

Zitat:

Zitat von Josef (Beitrag 91407)
Ist meine Annahme überhaupt richtig, daß dem hereinfallenden Astronauten nur endliche Zeit zur Verfügung steht, die irgendwie durch Verkürzung auf die zeit des Beobachters von außen umgerechnet werden kann?

Der Beobachter weit außen kann berechen, wann der frei fallende Astronaut in dessen Zeit (der Zeit, die dieser auf seiner mitgeführten Uhr abliest) die Singularität erreicht.

Zitat:

Zitat von Josef (Beitrag 91407)
Oder erlebt der Astronaut eine Zeit, die in keiner Weise mehr in die Zeit umgerechnet werden kann, die von außen gemessen wird?

Diese Frage würde ich gerne anderen hier überlassen.

Bernhard 06.05.19 23:19

AW: EIn Crank fragt: Kann überhaupt irgendetwas in ein schwarzes Loch fallen?
 
Zitat:

Zitat von Josef (Beitrag 91409)
Danke!
Das beantwortet meine Frage (und widerlegt meine Laientheorie :D )!

Prima. Ich denke, damit kann das Thema jetzt endgültig in den regulären Bereich verschoben werden ;) .

TomS 07.05.19 07:24

AW: EIn Crank fragt: Kann überhaupt irgendetwas in ein schwarzes Loch fallen?
 
Hier gehen mehrere Diskussion durcheinander:

1) freier Fall des Astronauten durch den Ereignishorizont und in die Singularität in endlicher Eigenzeit τ des Astronauten jedoch unendlicher Zeit t eines ortsfesten Beobachters außerhalb des Ereignishorizontes

2) Modifikation dieser Situation, wenn man dem Astronauten eine nicht-verschwindende Masse zuschreibt, die demnach auf die Raumzeit und den Ereignishorizont zurückwirkt. So wie Bernhard kenne ich dazu keine konkreten Rechnungen - jedoch: im selben Bezugsystem des ortsfesten Beobachters sollte die Koordinatensingularität bestehen bleiben. Im Falle des sphärisch symmetrischen Oppenheimer-Snyder-Kollapses ist dies analytisch lösbar: die Koordinatensingularität verschiebt sich als Funktion der Zeit t mit der wachsenden Masse M(t) nach außen; die Metrik bleibt außerhalb des Ereignishorizontes statisch; der freie Fall des Astronauten durch den Ereignishorizont erfolgt weiterhin in unendlicher Zeit t des ortsfesten Beobachters.

3) Im Falle der Hawkingstrahlung muss man streng genommen eine andere Metrik ansetzen, nämlich die sogenannte /Vaidya-Metrik. Betrachten wir das ganze der Einfachheit halber auf Basis der Schwarzschild-Metrik mit schrumpfender Masse M(t): der Astronaut erreicht den schrumpfenden Ereignishorizont in endlicher Eigenzeit τ jedoch unendlicher Zeit t eines ortsfesten Beobachters außerhalb des Ereignishorizontes; letzteres würde sich nur dann ändern, wenn M(t) in endlicher Zeit t Null werden würde. Diese Situation ist jedoch auf Basis der Schwarzschild-Metrik nicht analysierbar, da diese für kleine M(t) keine sinnvolle Näherung mehr darstellt. D.h. die Argumentation, M(t) würde in endlicher Zeit Null, jedoch der Astronaut benötige weiterhin eine unendliche Zeit t zum Fall durch den Ereignishorizont, erfolgt auf Basis der unzutreffenden Annahme der Gültigkeit der Schwarzschild-Metrik.

Zitat:

Zitat von Josef (Beitrag 91403)
Ein Astronaut fällt rein. Von außen gesehen kann man zuschauen, wie der Astronaut 100 Milliarden Jahre lang immer langsamer und dunkelroter auf den Ereignishorizont sich hinbewegt, aber nienmals ganz reinfällt. Am Ende der 100 Milliarden Jahre ist das schwarze Loch weg, und der Astronaut ist immer noch nicht ganz reingefallen.

Diese Argumentation muss durch eine Lösung der Geodätengleichung der Vaidya-Metrik in Eddington–Finkelstein Koordinaten u(t,r),r plus Rücktransformation nach t,r ersetzt werden.

Ich 07.05.19 08:56

AW: EIn Crank fragt: Kann überhaupt irgendetwas in ein schwarzes Loch fallen?
 
Ich würde mal so zusammenfassen: Hier weiß keiner die Antwort, ich auch nicht.
Baez hat mal was dazu geschrieben, das sollte deine Frage beantworten (wenn kein Fehler drin ist):
What happens to you if you fall into a black hole?

Bernhard 07.05.19 12:47

AW: EIn Crank fragt: Kann überhaupt irgendetwas in ein schwarzes Loch fallen?
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 91413)
Baez hat mal was dazu geschrieben

Es gibt auch noch die Simulationen bei den Gravitationswellen-Detektoren. Dort wird doch auch das Verschmelzen z.B. eines Neutronensterns mit einem Schwarzen Loch simuliert? Insofern wäre eine endliche Einfallszeit sowohl experimentell, als auch theoretisch nachgewiesen.

TomS 07.05.19 15:33

AW: EIn Crank fragt: Kann überhaupt irgendetwas in ein schwarzes Loch fallen?
 
ich werde das mal mir der Vaidya-Metrik durchrechnen

Ich 07.05.19 16:23

AW: EIn Crank fragt: Kann überhaupt irgendetwas in ein schwarzes Loch fallen?
 
Zitat:

Zitat von Bernhard (Beitrag 91415)
Es gibt auch noch die Simulationen bei den Gravitationswellen-Detektoren. Dort wird doch auch das Verschmelzen z.B. eines Neutronensterns mit einem Schwarzen Loch simuliert? Insofern wäre eine endliche Einfallszeit sowohl experimentell, als auch theoretisch nachgewiesen.

Es bleibt aber immer das Problem, dass die EH nominell in unendlicher Zukunft liegen, wenn man übliche Gleichzeitigkeitsdefinitionen zugrundelegt. Die könnten also durchaus auch mit daraufgeklebten Beobachtern verschmelzen, die noch nicht hineingefallen sind.

Der einzig gangbare Weg ist vermutlich wirklich, diese Koordinatensingularität zu vermeiden und in vernünftigen Koordinaten zu rechnen. Man muss die Ergebnisse dann natürlich auch noch deuten können.

In diesem Sinne:
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 91417)
ich werde das mal mir der Vaidya-Metrik durchrechnen

Viel Erfolg!

TomS 07.05.19 19:08

AW: EIn Crank fragt: Kann überhaupt irgendetwas in ein schwarzes Loch fallen?
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 91420)
Der einzig gangbare Weg ist vermutlich wirklich, diese Koordinatensingularität zu vermeiden und in vernünftigen Koordinaten zu rechnen. Man muss die Ergebnisse dann natürlich auch noch deuten können.

Genau das ist die Idee.

Bernhard 07.05.19 19:34

AW: EIn Crank fragt: Kann überhaupt irgendetwas in ein schwarzes Loch fallen?
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 91420)
Der einzig gangbare Weg

... für Papier und Bleistift erstmal ja.

soon 08.05.19 07:24

AW: EIn Crank fragt: Kann überhaupt irgendetwas in ein schwarzes Loch fallen?
 
Ist die folgende Vermutung korrekt?:

Der Freifaller verschwindet für den aussenstehenden Beobachter in der Nicht-Messbarkeit.

Angenommen, der Freifaller schaltet mit jedem seiner Herzschläge eine Taschenlampe an und wieder aus.

(Eine Betrachtung 'pro Herzschlag' finde ich besser als 'pro Sekunde', weil die Herzschläge eine abzählbare und endliche Anzahl an Ereignissen darstellt, die das ganze Objekt Freifaller repräsentieren)

Die Lichtsignale der Taschlampe kommen bei dem Beobachter nicht nur immer mehr rotverschoben an, sondern auch immer seltener, bis hin zur Unmessbarkeit.

Das gilt auch für alle anderen für eine Messung notwendigen Wechselwirkungen.


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