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-   -   Mathematik - haben wir sie erfunden oder entdeckt? (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=3931)

Bernhard 30.05.21 06:48

AW: Mathematik - haben wir sie erfunden oder entdeckt?
 
Zitat:

Zitat von Zweifels (Beitrag 95191)

Aus der Antwort auf Matheboard.de kann man eigentlich schließen, dass das kein korrekter Beweis ist.

Auf mich wirkt es auf den ersten Blick auch wenig überzeugend. Die Orientierung am Satz des Euklid ist ja ok, aber ob so ein vergleichsweise trivialer Ansatz auch ausreicht, ist mMn doch sehr fraglich.

Timm 30.05.21 09:36

AW: Mathematik - haben wir sie erfunden oder entdeckt?
 
Zitat:

Zitat von Plankton (Beitrag 95153)
Die empirische Belegbarkeit ist für mich der Dreh- und Angelpunkt. Und da gilt eben für die Mathematik, nicht alles was mathematisch richtig ist, wird auch real beobachtet. Singularität ist so ein Fall.

Warum also etwas als real betrachten, was sich nicht beobachten lässt? ;)

Dies alles beantwortet meine Frage nicht, die auf Titel des Threads Bezug nimmt.

Zweifels 30.05.21 10:00

AW: Mathematik - haben wir sie erfunden oder entdeckt?
 
Zitat:

Zitat von Bernhard (Beitrag 95194)
Aus der Antwort auf Matheboard.de kann man eigentlich schließen, dass das kein korrekter Beweis ist.

Auf mich wirkt es auf den ersten Blick auch wenig überzeugend. Die Orientierung am Satz des Euklid ist ja ok, aber ob so ein vergleichsweise trivialer Ansatz auch ausreicht, ist mMn doch sehr fraglich.

Die Wörter "wirken" und "fraglich" sind nicht element der mathematischen Sprache.

Das Wort "schliessen" hingegen kann mathematisch in der Logik verwendet werden.

Grundsätzlich gilt der Satz von HAL: "Ein Beweis spricht für sich selbst!"
(vgl. https://www.matheboard.de/thread.php?threadid=596081 )

Ich kann dir aber möglicherweise erklären, wo die Ursache dafür bei dir liegen kann. Der Beweis zeigt, dass "Nichts der Tatsache widerspricht, dass es unendlich viele Primzahlzwillinge gibt, und es damit unendlich viele Primzahlzwillinge gibt."
Es ist also nicht die Art von Widerspruchsbeweis, die man sonst gewohnt ist.:rolleyes:

Zweifels 30.05.21 15:10

AW: Mathematik - haben wir sie erfunden oder entdeckt?
 
Zitat:

Zitat von Plankton (Beitrag 95135)
Woher kommt sie? Haben wir sie entdeckt oder erfunden?

Die Frage ist ungeklärt unter Fachleuten.

Wir haben sie klar durch ein mathematisches Vokabular definiert...
Trivial:
Die Nullstellen des Polynomes ax²+bx+c = x²+x = 0 definieren wir durch:

x²+x = x(x+1) = 0

Für x = 0 ist x(x+1)=0(x+1)=0 eine triviale Nullstelle.

Nicht-Trivial:

x_{1/2} = [-b +- sqrt(b²-4ac) ]/2a => c=0
x_1 = [-1 + 1]/2 = 0/2 =0
x_2 = [-1 - 1]/2 = -2/2 = -1 ist weder eine triviale noch eine nicht-triviale Nullstelle.

=> Die Lineare Gleichung der 2. Nullstelle x_2 ist:
(x+1) = 0 => x = -1 also ist x_2=-1.

Zitat:

Zitat von Bernhard (Beitrag 95194)
Die Orientierung am Satz des Euklid ist ja ok, aber ob so ein vergleichsweise trivialer Ansatz auch ausreicht

Nope, nicht trivial, falls der Beweis wahr ist und man obige Definition von trivial herannimmt.

Grundlegend kann man aber auch trivial als "einfach für mich zu verstehen" deuten. Ich erschrecke nur manchmal, wenn eine Mathematiker das Wort trivial benutzt, beispielsweise "die Trivialen Nullstellen der Riemannschen Zetafunktion".:confused:

Bernhard 30.05.21 21:01

AW: Mathematik - haben wir sie erfunden oder entdeckt?
 
Zitat:

Zitat von Zweifels (Beitrag 95196)
Der Beweis zeigt, dass "Nichts der Tatsache widerspricht, dass es unendlich viele Primzahlzwillinge gibt, und es damit unendlich viele Primzahlzwillinge gibt."

Ich erkenne in dem verlinkten Text leider keinen Beweis und beende in diesem Thema damit die Diskussion zu den Primzahlzwillingen.

Wer sich für Primzahlzwillinge interessiert, kann gerne hier: http://quanten.de/forum/showthread.php5?t=3937 darüber diskutieren.

TomS 31.05.21 07:43

AW: Mathematik - haben wir sie erfunden oder entdeckt?
 
Zitat:

Zitat von Plankton (Beitrag 95166)
Ich nehme in der Physik einen "epistemischen Standpunkt" ein. Und sage, das was wir mathematisch beschreiben bezieht sich nicht auf die Realität, sondern ist nur unsere begrenzte Beobachtung.

Das wird gerne so behauptet, ist aber zu kurz gesprungen. Gerade die Mathematik der Quantenmechanik bezieht sich fast nie auf Beobachtungen.

TomS 31.05.21 07:48

AW: Mathematik - haben wir sie erfunden oder entdeckt?
 
Zitat:

Zitat von Plankton (Beitrag 95157)
Ist es nicht typisch für die ART und QM, bisher beides AFAIK unvereinbar?

Nein, beide sind sehr wohl vereinbar, es gibt diverse Ansätze dazu; lediglich eine bestimmte mathematische Näherungsmethode aus der Quantenfeldtheorie ist nicht ohne Erweiterung auf die Quantisierung der Gravitation anwendbar.

Aber leider liefern diese Ansätze wenig konkrete experimentell überprüfbare Vorhersagen, zudem bei praktisch nicht erreichbaren Energieskalen.

TomS 31.05.21 07:51

AW: Mathematik - haben wir sie erfunden oder entdeckt?
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 95152)
Muss der Satz des Pythagoras erst vom Baum der Erkenntnis gepflückt werden um zu existieren?
Oder existiert er unerkannt schon vorher?

Ich denke nicht, dass es dazu jemals eine sichere Antwort geben wird. Ich sehe aber auch nicht, dass Hilberts Programm und Gödels Arbeiten diesbzgl. viel geändert hätten.

Zweifels 31.05.21 13:05

AW: Mathematik - haben wir sie erfunden oder entdeckt?
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 95208)
Ich denke nicht, dass es dazu jemals eine sichere Antwort geben wird. Ich sehe aber auch nicht, dass Hilberts Programm und Goedels Arbeiten diesbzgl. viel geändert hätten.

Ich halte Goedel für einen der brilliantesten Logiker, der je gelebt hat. Bedeutend weiterhin ist meiner Meinung nach aber auch seine Lebensgeschichte, vorallem die Angst, welche sich in seinem späteren Jahren in dieser Welt vorallem durch die Logik entwickelt hat. Hilbert hingegen, ebenso brilliant, hatte mit solchen Problemen weniger zu kämpfen und sich gelegentlich in einem Biergarten ein kühles Helles zugute kommen lassen.
In unserer Zeit gibt es aber etliche, die den gleichen Grad an Brillianz erreicht haben (z.B. du), auch wenn sie nicht bzw. noch nicht ihre Berühmtheit erlangt haben (was schwer ist, da sie weiterhin historisch bedeutende Personen sind).

Auch wenn man seinen Unvollständigkeitssatz "metaphorisch" (wie ich oben) deuten kann, kann man sich fragen, ob man die "Beweisstruktur" für aussagekräftig hält (was in deinem Unterton mitschwingt).
Dazu kurz folgendes:
Goedel hat auch bewiesen, dass Gott (als Wesen, welches alle positiven Eigenschaften besitzt) existiert. Er verwendet dabei eine höhere Stufe der Modallogik und insbesondere einen bestimmten Kniff in dieser Modallogik, der eben von einem möglich wahren Wesen zur Existenz des Wesens führt.

Beim Unvollständigkeitssatz hingegen musst du bedenken, dass er sich auf Hilberts Programm bezieht.
Zitat:

David Hilbert gilt als bedeutender früher Vertreter des Formalismus.
Also, wenn Hilbert durch den Formalismus sein Ziel verfolgt, alles beweisen zu wollen, dann wird dieser Versuch in der Tat durch Gödels Beweis widerlegt.

Beim Gottesbeweis kann man sich fragen, ob ein bestimmtes modallogisches Strukturelement dieser Modallogik höheren Stufe tatsächlich ein wahr existierendes Wesen beweist. Man kann ja auch beispielsweise meine Sichtweise der Mathematik hernehmen, und dahingehend behaupten, dass die Mathematik "in jedem möglich wahrem Universum notwendig wahr ist", unabhängig von Wesen und weiterführend, dass Wesen Mathematik zuallererst mal kennenlernen müssen und sie am Ende niemals vollständig kennenlernen werden, mit vorheriger Vorraussetzung, dass Mathematik "eine positive Eigenschaft ist".

Frage an dich, kannst du mir mal Modallogik des Gödelschen Gottesbeweis kurz erklären, und vorallem das spezielle Element, welches er für den Beweis benutzt?

TomS 31.05.21 14:26

AW: Mathematik - haben wir sie erfunden oder entdeckt?
 
Zitat:

Zitat von Zweifels (Beitrag 95212)
Also, wenn Hilbert durch den Formalismus sein Ziel verfolgt, alles beweisen zu wollen, dann wird dieser Versuch in der Tat durch Gödels Beweis widerlegt.

Zunächst wollte Hilbert nicht alles beweisen, er wollte lediglich alle im Rahmen eines Axiomensystem wahren Sätze beweisen. Und Gödel zeigte, dass dies nicht möglich ist, d.h. dass Aussagen im Rahmen und über ein Axiomensystem existieren, die zwar wahr jedoch nicht mittels der gegebenen Axiome beweisbar sind.

Das hat jedoch wenig mit der Frage zu tun, ob der Satz des Pythagoras “erst vom Baum der Erkenntnis gepflückt werden muss, um zu existieren”, oder ob er “bereits vorher unerkannt existierte”. Hilberts Programm und Gödels Arbeiten dazu helfen nicht weiter. Statt dies anhand des Satzes von Pythagoras zu diskutieren, könnte man sich diese Frage auch bzgl. Gödels Satz stellen. Natürlich kann man Axiomensysteme, Arithmetik und Theoreme als Menschenwerk betrachten, und damit auch speziell Gödels Satz. Umgekehrt kann man dies alles auch prä-existente platonische Welt außerhalb von Raum und Zeit sowie unabhängig von Menschen ansehen.

Beide Sichtweisen - dass wir die Wahrheit von Gödels Satz entdecken oder dass wir Gödels Satz lediglich selbst konstruieren - sind m.E. beide mit eben diesem Satz verträglich.


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