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-   -   Nicht-Lokalität und Relativitätsprinzip; VWI (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=3010)

Plankton 30.08.16 23:16

Nicht-Lokalität und Relativitätsprinzip; VWI
 
Hallo,

ich weiß, das Thema wurde hier im Forum schon öfters angeschnitten, mache trotzdem mal den Thread auf!
Für das Thema muss ich nun ein bisschen aus dem Buch zitieren --> http://www.pro-physik.de/details/rez...tenphysik.html

Zitat:

[...] drei von vier Konfliktpunkten mit der Relativitätstheorie können umgangen werden, wenn man annimmt, dass (1.) die Nicht-Lokalität keinen Materie- oder Energietransport beinhaltet, (2.) mit ihr keine Signale schneller als Licht gesendet werden können, [...], und (3.) es kein Problem mit der Asymmetrie der Kausalität gibt, wenn wir annehmen, dass die Nicht-Lokalität durch eine symmetrische Nicht-Seperabilität realisiert ist.
Weiterhin geht es um den "4. Konfliktpunkt", bei dem es darum geht, dass eine Nicht-Lokalität "die Tendenz hat, das Bezugssystem auszuzeichnen, in dem sie simultan ist" - was dem Relativitätsprinzip (alle Bezugssysteme gleichwertig) widerspricht .

Für das Problem der Vereinbarkeit gibt es demnach noch keine "allgemein akzeptierte Lösung"!

Und über die QFT heißt es:
Zitat:

Die Lorentz-Invarianz der QFT beschränkt sich auf Prozesse zwischen Messungen, aber der Kollaps der Wellenfunktion, und damit die Nicht-Lokalität der Mikro-Welt, bleibt ausgeklammert.
AFAIK "verzichtet" ja die VWI auf den Kollaps. Mein Frage ist nun:
Gibt es das geschilderte Problem in der VWI also nicht?

Hawkwind 31.08.16 11:38

AW: Nicht-Lokalität und Relativitätsprinzip; VWI
 
Zitat:

Zitat von Plankton (Beitrag 82495)
...
AFAIK "verzichtet" ja die VWI auf den Kollaps. Mein Frage ist nun:
Gibt es das geschilderte Problem in der VWI also nicht?

M.E. gibt es auch in der VWI ein ähnlich gelagertes Problem. Statt des Kollapses hat man nach meinem Verständnis die Verzweigung in viele Welten bei einer Messung. Diese Abspaltung läuft ja nun auch nicht brav lokal ab (sodass sie sich mit c "ausbreitet") sondern ist überall zugleich.

Ich denke, die "Nichtlokalität" kommt bereits mit dem Kern der QM, und nicht erst mit ihren Interpretationen.

Timm 31.08.16 14:09

AW: Nicht-Lokalität und Relativitätsprinzip; VWI
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 82496)
Ich denke, die "Nichtlokalität" kommt bereits mit dem Kern der QM, und nicht erst mit ihren Interpretationen.

Sehe ich auch so. Die VWI "löst" die Kollaps Problematik, was den experimentellen Befund der Nicht-Lokalität dabei nicht tangiert. Soweit mir bekannt, sind inzwischen auch letzte Schlupflöcher verschlossen.

Plankton 31.08.16 20:53

AW: Nicht-Lokalität und Relativitätsprinzip; VWI
 
OK, danke erstmal!

Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 82496)
[...]
Ich denke, die "Nichtlokalität" kommt bereits mit dem Kern der QM, und nicht erst mit ihren Interpretationen.

Ja, sehe ich auch so. Über die Bellsche Ungleichung ist ja ziemlich viel bereits publiziert worden und auch in den letzten 10-30 Jahren wurden noch einige "Schlupföcher" geschlossen im Bezug zur QM. Dass die QM Nicht-Lokal ist, darüber ist man sich wohl aktuell sehr einig. Gibt noch Alternativen, aber die sind eher rein "technischer" Natur, wie z.B. andere Annahmen von Rückwärtsverursachung (Price 2008).

Ist schon irgendwie faszinierend! Eine Theorie, knapp 100 Jahre alt mit ausgezeichneten Ergebnissen und trotzdem sind viele Fragen noch offen und der "Feinschliff" wird uns auch noch in Zukunft lange beschäftigen.

BTW:
Ich hoffe ja darauf, dass sich die Probleme dadurch lösen, dass der Zusammenhang zwischen Gravitation und QM so als richtig erkannt wird (AdS/CFT Korrespondenz) und sich dann neue Perspektiven auftun!
BTW2: Weiß jemand warum http://www.pro-physik.de DOWN ist?

PS: Die VWI weckt bei mir meistens deshalb das meiste Interesse, weil sie IMHO das Maudlin-Trilemma am elegantesten entwirrt.

okotombrok 31.08.16 21:34

AW: Nicht-Lokalität und Relativitätsprinzip; VWI
 
Hallo Plankton,

Zitat:

Zitat von Plankton (Beitrag 82495)
Weiterhin geht es um den "4. Konfliktpunkt", bei dem es darum geht, dass eine Nicht-Lokalität "die Tendenz hat, das Bezugssystem auszuzeichnen, in dem sie simultan ist" - was dem Relativitätsprinzip (alle Bezugssysteme gleichwertig) widerspricht .

das verstehe ich nicht so ganz.
Was sollte das für ein ausgezeichnetes Bezugssystem sein? Wo liegt sein Ursprung?
Wäre es nicht sinnvoller, von einer Invarianz gegenüber Transformationen zu reden, wie bei der Lichtgeschwindigkeit?
Erübrigt die Nicht-Lokalität nicht überhaupt die Anwendung von Bezugssystemen, da diese sich immer auf einen lokalen Ursprung beziehen?

Kannst du mir, oder ein anderer da weiterhelfen?

mfg okotombrok

TomS 31.08.16 22:10

AW: Nicht-Lokalität und Relativitätsprinzip; VWI
 
Die VWI hat das Problem der Nicht-Lokalität explizit nicht. Bzw. anders: sie ist nicht lokal-realistisch, in dem Sinn, dass eben keine klassischen, lokalisierbaren Eigenschaften existieren - insbs. erzeugen Messungen keine Eigenzustände - aber das ist im Rahmen der VWI unproblematisch.

Rein mathematisch gehorcht die QM im Rahmen der VWI ausschließlich der unitären Zeitentwicklung

|ψ,t> = exp(-iHt) |ψ,0>

Eine "Verzweigung" ist dabei lediglich das makroskopische Erscheinen einer mikroskopisch bereit angelegt "Zweigstruktur", keine zusätzliche, andere oder neue Dynamik.

Die o.g. unitäre Zeitentwicklung ist kovariant, vorausgesetzt der Hamiltonoperator H entspricht der Zeitkomponente P⁰ eines Viererimpuls-Operators (P⁰, Pª) und erfüllt zusammen mit diesen sowie den Drehungen Lª und Boosts Kª die Poincare-Algebra.

Zitat:

Zitat von Plankton (Beitrag 82498)
PS: Die VWI weckt bei mir meistens deshalb das meiste Interesse, weil sie IMHO das Maudlin-Trilemma am elegantesten entwirrt.

Interessant. Ja, das sehe ich ähnlich. Außerdem ist sie axiomatisch sparsamer.

Plankton 31.08.16 22:31

Zitat:

Zitat von okotombrok (Beitrag 82499)
[...]

Kannst du mir, oder ein anderer da weiterhelfen?

Ich verstehe es leider nicht gut genug. Es geht hauptsächlich um Nicht-Separabilität und Lorentz-Invarianz. Ansonsten muss ich nochmal zitieren:

http://www.pro-physik.de/details/rez...tenphysik.html
Zitat:

Eine Theorie ist dann voll relativistisch, wenn die Gesetze, die sie involviert, Lorentz-Invariant sind. Lorentz-Invarianz ist der Kern der SRT. (...)
Nehmen wir an, die Nicht-Lokalität bestünde in einem nicht-separablen Quantenzustand. Dieser Quantenzustand ist nicht-lokal ausgedehnt, und das heißt, er muss auf einer raumartigen Hyperebene liegen. Damit entsprechen raumartige Hyperebenen den Simultaneitätsebenen in einer klassischen Raumzeit, aber mit dem wichtigen Unterschied, dass es in einer relativistischen Raumzeit keine ausgezeichnete Wahl einer Familie von parallelen Ebenen gibt. [...]
(gekürzt von mir)

Wie ich das verstehe, muss die Nicht-Lokalität der QM durch Nicht-Separabilität realisiert sein, dafür spricht, dass eine nicht-lokale Verbindung in manchen Bezugssystemen vorwärts, in manchen aber rückwärts in der Zeit laufen würde und es zum Konflikt mit der Asymmetrie der Kausalität kommt.

Der Verschränkte Zustand ist nicht-separabel die QM nicht-lokal und "der fundamentale Konflikt zwischen QM und Relativitätstheorie besteht nun darin zu sagen, entlang welcher Hyperebene die nicht-lokalen Quantenzustände liegen."

BTW: T. Maudlin soll das angeblich ausführlich diskutieren!

PS: Das wird sicher noch jemand besser erklären! ;)

TomS 31.08.16 22:49

AW: Nicht-Lokalität und Relativitätsprinzip; VWI
 
Zitat:

Eine Theorie ist dann voll relativistisch, wenn die Gesetze, die sie involviert, Lorentz-Invariant sind (...) Nehmen wir an, die Nicht-Lokalität bestünde in einem nicht-separablen Quantenzustand. Dieser Quantenzustand ist nicht-lokal ausgedehnt, und das heißt, er muss auf einer raumartigen Hyperebene liegen. Damit entsprechen raumartige Hyperebenen den Simultaneitätsebenen in einer klassischen Raumzeit, aber mit dem wichtigen Unterschied, dass es in einer relativistischen Raumzeit keine ausgezeichnete Wahl einer Familie von parallelen Ebenen gibt.
Ja, genau.

(die o.g. nicht-Lokalität bezieht sich nicht unbedingt auf verschränkte Teilchen)

In der darstellungsfreien Formulierung mittels abstrakter Zustände tritt zunächst überhaupt keine Auszeichnung eines Bezugssystem auf, da im Zustand selbst überhaupt keine Ortsabhängigkeit vorliegt.

Erst die Wahl einer Ortsraum-Basis erzeugt eine Bezugssystemabhängigkeit. Verschiedene Basen und damit verschiedene Zeitentwicklungen sind dabei äquivalent; dies wird durch die o.g. Poincare-Invarianz gewährleistet.

D.h. dass die Zeitentwicklungen mittels exp(-iHt) und exp(-iH't') sowie die daraus resultierenden Zustände äquivalent sind, wobei H und t sowie H' und t' durch eine Poincare-Transformation verknüpft sind.

Plankton 31.08.16 23:05

AW: Nicht-Lokalität und Relativitätsprinzip; VWI
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 82500)
Die VWI hat das Problem der Nicht-Lokalität explizit nicht. [...]

Alles was ich hier im Thread angeschnitten habe, dreht sich eigentlich um Verschränkung und die Bellsche Ungleichung und dass daraus ZWINGEND die Nicht-Lokalität der QM folgt, welche wiederum durch Nicht-Separabilität realisiert sein MUSS. Die Nicht-Separabilität ist dann im Konflikt mit der SRT.

Das sollte eigentlich alles nur aus der Standard-QM folgen und der Schrödinger-Gleichung. Bin jetzt etwas verwirrt.... :confused:

Plankton 31.08.16 23:25

AW: Nicht-Lokalität und Relativitätsprinzip; VWI
 
PS: ca. so:

Einstein-Lokalität
1. Es gibt keine kausalen Wirkungen (mit Prozessen durch Materie-, Energietransport) schneller als mit LG.
2. Eine kausale Verbindung zur Signalübertragung kann nicht zwischen raumartig getrennten Ereignissen bestehen. (Wäre Über-LG)
3. Es kann keinerlei kausale Verbindung (auch Verbindungen ohne Materie-, Energietransport) zwischen raumartig getrennten Ereignissen geben.
4. Alle Bezugssystem sind gleichwertig. Es kann keine nicht-lokalen Verbindungen geben, weil diese das Bezugssystem auszeichnen in dem sie simultan sind.

Und ALLEINE aus der Standard-QM, Verschränkung und der Bellschen Ungleichung folgt nun die Nicht-Lokalität der QM.
Was für 3 Punkte kein Problem ist.

Zitat:

[...] drei von vier Konfliktpunkten mit der Relativitätstheorie können umgangen werden, wenn man annimmt, dass (1.) die Nicht-Lokalität keinen Materie- oder Energietransport beinhaltet, (2.) mit ihr keine Signale schneller als Licht gesendet werden können, [...], und (3.) es kein Problem mit der Asymmetrie der Kausalität gibt, wenn wir annehmen, dass die Nicht-Lokalität durch eine symmetrische Nicht-Seperabilität realisiert ist.
Nur Punkt 4 macht ärger.


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