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-   -   Ein Rätsel (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=2743)

JoAx 28.04.15 14:43

AW: Ein Rätsel
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 77184)
Die Masse der Erde bewirkt die Krümmung der Raumzeit. Meines Erachtens hat das zur Folge, dass sich alle Probekörper beschleunigt zur Erdoberfläche bewegen.

Krümmung der Raumzeit - ja. Mit der Beschleunigung ist es nun so, dass man diese "lokal" messen kann. Man muss nicht von Außen schauen, um eine Beschleunigung fest zu stellen - es braucht keine Koordinaten dazu. Du, als Mensch, wirst bsw. 10g nicht lange aushalten können. Und jetzt die Preisfrage - wann stirbst du, wenn du im "10g-Feld" frei fällst, oder wenn du im selben Feld auf der Oberfläche stehst?

Grüße

Bauhof 28.04.15 15:40

AW: Ein Rätsel
 
Zitat:

Zitat von JoAx (Beitrag 77186)
Krümmung der Raumzeit - ja. Mit der Beschleunigung ist es nun so, dass man diese "lokal" messen kann. Man muss nicht von Außen schauen, um eine Beschleunigung fest zu stellen - es braucht keine Koordinaten dazu. Du, als Mensch, wirst bsw. 10g nicht lange aushalten können. Und jetzt die Preisfrage - wann stirbst du, wenn du im "10g-Feld" frei fällst, oder wenn du im selben Feld auf der Oberfläche stehst?

Grüße

Hallo Johann,

Antwort: Wenn ich im "10g-Feld" frei falle, dann sterbe ich nicht. Ich sterbe, wenn ich im "10g-Feld" auf der Erdoberfläche stehen würde. Aber nur im Gedankenexperiment, weil auf der Erdoberfläche meine Beschleunigung realiter nur 1g beträgt.

Heißt das, wenn ich auf der Erdoberfläche stehe, dann kommt mir die Erdoberfläche mit einer Beschleunigung von 1g entgegen?

Oder heißt das, ich komme der Erdoberfläche mit einer Beschleunigung von 1g entgegen, weil ich in einem 1g-Feld stehe?

M.f.G. Eugen Bauhof

Timm 28.04.15 18:59

AW: Ein Rätsel
 
Hallo Eugen,

im freien Fall kommt die Erdoberfläche beschleunigt auf Dich zu. Wenn Du auf ihr stehst oder in einer Rakete stehst, die mit 1 g radial beschleunigt, bist im Gravitationsfeld der Erde stationär.

Gruß, Timm

Ich 28.04.15 23:43

AW: Ein Rätsel
 
Um's nochmal zusammenzufassen:
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 77180)
Wenn die Erdoberfläche beschleunigt, wohin in und welche Richtung fliegt sie dann?

Nach oben.
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 77184)
Die Masse der Erde bewirkt die Krümmung der Raumzeit. Meines Erachtens hat das zur Folge, dass sich alle Probekörper beschleunigt zur Erdoberfläche bewegen. Eine (entgegenkommende) Beschleunigung der Erdoberfläche ist dazu nicht notwendig.

Jetzt sollte man die Definitionen nochmal aufrollen:
In der ART gibt es absolute Beschleunigung. Das ist das, was mit einem Beschleunigungsmesser auch tatsächlich gemessen wird, und diese Beschleunigung ist frei nach F=m·a die Folge einer einwirkenden Kraft.

Einsteins "glücklichster Gedanke" 1907 war nun, dass diese Beschleunigung im freien Fall Null ist. Empirisch ist das eigentlich kein großer Aufreger, heutzutage kann man in jeder Videobotschaft von der ISS erkennen, dass die Leute da alle schwerelos sind, obwohl auf sie nominell (nach Newton also) fast 10 m/s² einwirken sollen. Das Problem ist nur, dass alle freifallenden Dinge in der Nähe der Erde ganz offensichtlich beschleunigte Bahnen verfolgen - was irgendwie mit der lokal ganz eindeutig feststellbaren Schwerelosigkeit in Konflikt zu stehen scheint. Und da braucht es eben einen Wissenschaftler vom Kaliber Einsteins, dass man beide Beobachtungen ernst nimmt, gelten lässt und den Widerspruch trotzdem auflöst. Genau dasselbe Spielchen hatte er ja gerade mit dem "Widerspruch" von Relativitätsprinzip und konstanter Lichtgeschwindigkeit gemacht: Wenn beides gelten soll, dann folgt zwangsläufig, dass Raum und Zeit nicht ganz so sind, wie Newton sich das gedacht hatte. Die Schlussfolgerung ist absolut revolutionär, selbst Megabrains wie Poincaré wären in ihrem Leben nicht draufgekommen - 300 Jahre hervorragend funktionierende, absolut einsichtige und dem gesunden Menschenverstand zugängliche Theorie einfach wegzuwerfen, bloß weil zwei empirisch ebenfalls sehr gut abgesicherte Anomalien nicht damit verträglich sind. Genau das hat Einstein aber mit Erfolg (und Minkowskis Hilfe) getan.
Beim ersten Mal kann man noch spekulieren, ob nicht jemand anders auch bald daraufgekommen wäre, z.B. Lorentz. Er hat's aber wieder gemacht, vor den Augen der Weltphysik, mit 9 Jahren Anlauf: Was wäre, wenn das empirisch so gut gesicherte Äquivalenzprinzip ganz einfach stimmt? Freier Fall = Keine Kraft?
Nun, nach etwas Nebenrechnung folgt aus diesem Gedanken die ART. Wieder müssen Raum und Zeit herhalten, um die vermeintlichen Widersprüche geradezubügeln.

Wir haben also, um auf das Thema zurückzukommen, zwei Körper (Erdmittelpunkt und Probekörper), die nach eigener Aussage definitiv unbeschleunigt sind. Trotzdem beschleunigen sie externen Messungen zufolge definitiv aufeinander zu. Lösung: Raumzeitkrümmung.
MTW beschreiben das mit zwei Ameisen die auf einem Apfel laufen. Wir haben zwei Ameisen, die in etwas Abstand parallel zueinander loslaufen, also definitiv nicht aufeinander zulaufen. Sie laufen auch immer geradeaus weiter, ändern nie ihre Richtung. Trotzdem nähern sie sich beschleunigt einander an und treffen sich sogar. Ein scheinbar unauflöslicher Widerspruch - aber vollkommen einsichtig und naturgesetzlich wenn man berücksichtigt, dass die beiden auf einer gekrümmten Geometrie unterwegs sind.

Hier also Erdmittelpunkt und Probekörper, beide definitiv unbeschleunigt im absoluten Sinne, trotzdem sich beschleunigt einander nähernd.
Hier muss man im Umkehrschluss fragen: Was ist mit zwei Punkten, die in genau derselben Geometrie sich eben nicht einander nähern, sondern konstanten Abstand halten - so wie Erdmittelpunkt und Erdoberfläche? Nun, ein frei fallender, also unbeschleunigter (absolut!) Körper würde ja auf den Erdmittelpunkt zubeschleuigen (relativ!), also muss ein auf konstantem Abstand verharrender Körper (im absoluten Sinne!) nach außen beschleunigt sein.
Und schon sind wir bei der Erdoberfläche, die sich "nach oben" vom Erdmittelpunkt wegbeschleunigt, obwohl dieser in konstantem Abstand bleibt. Ein Widerspruch, nicht anders auflösbar, als wenn man Raumzeitkrümmung annimmt.

Bauhof 29.04.15 12:45

AW: Ein Rätsel
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 77191)
Hier also Erdmittelpunkt und Probekörper, beide definitiv unbeschleunigt im absoluten Sinne, trotzdem sich beschleunigt einander nähernd.

Hier muss man im Umkehrschluss fragen: Was ist mit zwei Punkten, die in genau derselben Geometrie sich eben nicht einander nähern, sondern konstanten Abstand halten – so wie Erdmittelpunkt und Erdoberfläche? Nun, ein frei fallender, also unbeschleunigter (absolut!) Körper würde ja auf den Erdmittelpunkt zubeschleuigen (relativ!), also muss ein auf konstantem Abstand verharrender Körper (im absoluten Sinne!) nach außen beschleunigt sein.

Und schon sind wir bei der Erdoberfläche, die sich "nach oben" vom Erdmittelpunkt wegbeschleunigt, obwohl dieser in konstantem Abstand bleibt. Ein Widerspruch, nicht anders auflösbar, als wenn man Raumzeitkrümmung annimmt.

Hallo ICH,

ich danke dir.
Nun ist es mir klar. Der für mich klärende Gedanke von dir war, dass ein auf konstantem Abstand auf der Erdoberfläche verharrender Körper nach außen beschleunigt sein muss.

Warum ist es nicht auch mit Newton erklärbar?

M.f.G. Eugen Bauhof

JoAx 29.04.15 13:13

AW: Ein Rätsel
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 77195)
Warum ist es nicht auch mit Newton erklärbar?

Das verstehst du falsch, Eugen. Es ist nicht so, dass es mit Newton nicht erklärbar wäre. Nur sind die Erklärungen unterschiedlich, und die von Einstein - besser = genauer.

Ich 29.04.15 13:15

AW: Ein Rätsel
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 77195)
Warum ist es nicht auch mit Newton erklärbar?

Ich weiß nicht, was du meinst. Was genau ist nicht erklärbar?

Bauhof 29.04.15 13:39

AW: Ein Rätsel
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 77198)
Ich weiß nicht, was du meinst. Was genau ist nicht erklärbar?

Hallo ICH,

du hattest geschrieben:

Zitat:

Und schon sind wir bei der Erdoberfläche, die sich "nach oben" vom Erdmittelpunkt wegbeschleunigt, obwohl dieser in konstantem Abstand bleibt. Ein Widerspruch, nicht anders auflösbar, als wenn man Raumzeitkrümmung annimmt.
Das fasste ich so auf, dass der (scheinbare) Widerspruch ausschließlich mit der Raumzeitkrümmung auflösbar wäre. Johann meint, dass der (scheinbare) Widerspruch auch mit Newton in anderer Weise auflösbar wäre.

M.f.G. Eugen Bauhof

JoAx 29.04.15 14:31

AW: Ein Rätsel
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 77199)
Johann meint, dass der (scheinbare) Widerspruch auch mit Newton in anderer Weise auflösbar wäre.

Dann muss ich dich falsch verstanden haben.

Wenn es mit Newton nicht auflösbar wäre, dann, weil "seine Raumzeit" ungekrümmt ist. Und in nicht gekrümmter Raumzeit würde nach Aussen beschleunigte Oberfläche sich vom Mittelpunkt des Planeten auch weg bewegen.

Ich 29.04.15 14:41

AW: Ein Rätsel
 
Nach Newton gibt es deswegen keinen Widerspruch, weil dort Punkte auf der Erdoberfläche unbeschleunigt sind und dafür frei fallende Punkte beschleunigt. Die empirisch ermittelte Tatsache, dass diese Beschleunigung im freien Fall prinzipiell nicht messbar ist, ist einfach nur ein Kuriosum, dem keine weitere Bedeutung beigemessen wird.

Der Widerspruch tritt ja erst auf, wenn man diesen empirischen Befund ernst nimmt und folgerichtig Punkte an der Erdoberfläche als beschleunigt ansieht.


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