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Marco Polo 27.04.08 01:50

Lorentztransformation
 
Hallo Forengemeinde,

meines Wissens ist in der bisherigen Forenvergangenheit, wenn es um die Lorentztransformation ging, immer von achsenparallelen kartesischen Koordinatensystemen ausgegangen worden, also nur "einer" Raumdimension.

Wie verhält es sich aber bei zwei- oder gar drei Raumdimensionen?

Kennt sich da einer aus? Ist auch für mich Neuland.

Grüssle,

Marco Polo

Uli 27.04.08 03:19

AW: Lorentztransformation
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 19239)
Hallo Forengemeinde,

meines Wissens ist in der bisherigen Forenvergangenheit, wenn es um die Lorentztransformation ging, immer von achsenparallelen kartesischen Koordinatensystemen ausgegangen worden, also nur "einer" Raumdimension.

Wie verhält es sich aber bei zwei- oder gar drei Raumdimensionen?

Kennt sich da einer aus? Ist auch für mich Neuland.

Grüssle,

Marco Polo

Die Lorentz-Treansformation wird doch üblicherweise in 3 Raum- und einer Zeitdimension angegeben, siehe z.B.
http://de.wikipedia.org/wiki/Lorentz-Transformation

Dabei hat man natürlich die Freiheit, seine Koordinaten-Achsen so zu wählen, dass eine davon (meist x) in Richtung der Relativbewegung zeigt. Das bedeutet also noch keine Einschränkung der Allgemeinheit.
"Lustiger" wird es, wenn man aufeinanderfolgende nicht-kollineare LTs betrachtet. Um das zu "erschlagen", muss man zur Lorentz-Gruppe übergehen, die Lorentz-Boosts in beliebigen Richtungen und Drehungen um eine Raumachse enthält. Lorentz-Boosts alleine bilden nämlich keine Gruppe, denn das Produkt aus 2 aufeinanderfolgenden Lorentz-Boosts in unterschiedlichen Richtungen ist erstaunlicherweise kein Lorent-Boost sondern ein Boost, kombiniert mit einer Rotation - der sog. Wigner-Rotation: eine subtile und recht paradox anmutende Vorhersage der SRT, die in Form der Thomas-Präzession in der Atomphysik sogar experimentell bestätigt ist.
Dazu hatten wir mal einen Thread bei Alpha-Centauri
Parallelität in der Speziellen Relativität

All diese Transformationen werden durch 4x4 Matrizen dargestellt.
Die allgemeine Form eines Boosts in beliebiger Richtung findest du in Theorie-Lehrbüchern, bestimmt im Landau-Lif****z. Falls es dich wirklich interessiert, kann is es mal raussuchen.

Gruß,
Uli

Marco Polo 27.04.08 04:10

AW: Lorentztransformation
 
Hallo Uli,

vielen Dank für deine fachkundige Antwort, die sich sehr angenehm von dem sonst hier üblichen Geschwalle abhebt.

Aber zur Sache.

Mich würde mal die Berechnung eines konkreten Beispiels (also mit konkreten Werten) interessieren. Also wenn wir das Koordinaten-Vierbein (ct, x, y, z) mit der Rotationsmatrix multiplizieren.

Kennst du da vielleicht Quellen im Netz?

Das Skalarprodukt des Zeit-Ortsvektors ist ja bei 2 Raumdimensionen mit sich selbst lorentzinvariant:

(ct')²-x'²-y'²-z'²=(ct)²-x²-y²-z²

Wie verhält es sich aber bei 3 Raumdimensionen?

Wir haben dann ja nicht mehr v=(vx,0,0) oder v=(vx,vy,0) sondern v=(vx,vy,vz).

Ein Beispiel (ohne konkrete Werte) wäre:

Im System S bewegt sich ein Körper mit u=(ux,uy,uz). Wie gross wäre nun seine Geschwindigkeit u'=(ux',uy',uz') im S'-System?

Es sind hier natürlich auch noch die unterschiedlichen ß-Werte zu berücksichtigen, also ßx,ßy,ßz.

Aus der Fachliteratur werde ich hier leider nicht so recht schlau.

Da sag noch mal jemand, die SRT würde sich mit der normalen Schulmathematik (10. Klasse) behandeln lassen. Pustekuchen.

Grüssle,

Marco Polo

Marco Polo 27.04.08 04:11

AW: Lorentztransformation
 
Zitat:

Zitat von Uli (Beitrag 19240)
Die allgemeine Form eines Boosts in beliebiger Richtung findest du in Theorie-Lehrbüchern, bestimmt im Landau-Lif****z. Falls es dich wirklich interessiert, kann is es mal raussuchen.

Oh ja, das würde mich sogar brennend interessieren. :)

Uli 27.04.08 11:56

AW: Lorentztransformation
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 19241)
Hallo Uli,

...
Mich würde mal die Berechnung eines konkreten Beispiels (also mit konkreten Werten) interessieren. Also wenn wir das Koordinaten-Vierbein (ct, x, y, z) mit der Rotationsmatrix multiplizieren.

Kennst du da vielleicht Quellen im Netz?

Das Skalarprodukt des Zeit-Ortsvektors ist ja bei 2 Raumdimensionen mit sich selbst lorentzinvariant:

(ct')²-x'²-y'²-z'²=(ct)²-x²-y²-z²

Wie verhält es sich aber bei 3 Raumdimensionen?

Wir haben dann ja nicht mehr v=(vx,0,0) oder v=(vx,vy,0) sondern v=(vx,vy,vz).

Lorentz-Transformationen sind ja gerade so definiert, dass sie die Menge der Operationen auf Vierer-Vektoren sind, die deren Sakalarprodukt (also nicht nur mit sich selber) invariant lassen. Das ist der invariante Minkowski-Abstand und dies gilt für den Minkowski-Raum (3 rämliche und 1 zeitliche Dimension).

Im Landau habe ich doch nichts gefunden, aber ich kann mal skizzieren, wie du zum einer LT mit einem Geschwindigkeitsvektor in einer beliebigen Richtung kommst, welche durch die 3
Euler-Winkel
charakterisiert wird.

Du rotierst erst dein Koordinatensystem derart, dass deine neue x-Achse mit der Bewegungsrichtung überstimmt und wendest dann die LT aus Wikipedia für den entsprechenden Boost in x-Richtung an; nach Ausführung des Boosts machst du die räumliche Drehung wieder rückgängig um zur Ausagangsorientierung deines KS zurückzukommen:

LT(tetax,tetay,tetaz,beta) =
= R(-tetax,-tetay,-tetaz) * LT(beta) * R(tetax,tetay,tetaz)

Diese Produktmatrix liefert dir die LT um den Boost beta in Richtung tetax,tetay,tetaz.

R(tetax,tetay,tetaz) ist dabei die Rotationsmatrix aus obigem Papier,

http://www.ais.fraunhofer.de/ARC/3D/...lom/img112.gif

ergänzt um ein 4. Spalte und eine 4. Zeile (Zeitkomponente!), die aber diagonal ist mit dem diagonalen Element 1, denn eine Rotation in den 3 Raumdimensionen beeinflusst die 4. zeitliche Komponente ja gar nicht.

und LT(beta) ist dabei die Matrix für einen Lorentz-Boost in x-Richtung also


LT(beta) =

1/sqrt(1-beta^2) 0 0 -v/sqrt(1-beta^2)
0 1 0 0
0 0 1 0
-beta/[c*sqrt(1-beta^2)] 0 0 1/sqrt(1-beta^2)

Ich hoffe, du ahnst, was ich meine.
Das entsprechende beta ergibt sich dabei einfach aus dem Betrag deines Geschwindigkeitsvektors
beta = sqrt(vx^2 + vy^2 + vz^2) / c

Das artet im allgemeinen Fall natürlich zu einer ziemlichen Rechnerei aus.

Gruß,
Uli

Nachtrag:
hier - in dem Artikel über Lorentz-Transformationen - sind die Grundlagen beschrieben, scheint mir:
http://mathe-base.de/relativitaetstheorie.php
allerdings hat er die t-Komponente als 0-te gewählt, kommt also zuerst, bei mir oben dagegen zuletzt.
Und er meint, dass man mit Rotationen um 2 Koordinatenachsen (bei ihm die Winkel fi und teta) auskommt, um sein KS in Richtung des Gescheindigkeitsvektors auszurichten (während ich oben von 3 Winkeln (tetax, tetay, tetaz) ausgegangen war).

criptically 27.04.08 16:11

AW: Lorentztransformation
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 19241)

...
Mich würde mal die Berechnung eines konkreten Beispiels (also mit konkreten Werten) interessieren. Also wenn wir das Koordinaten-Vierbein (ct, x, y, z) mit der Rotationsmatrix multiplizieren.

...

Das Skalarprodukt des Zeit-Ortsvektors ist ja bei 2 Raumdimensionen mit sich selbst lorentzinvariant:

(ct')²-x'²-y'²-z'²=(ct)²-x²-y²-z²

Wie verhält es sich aber bei 3 Raumdimensionen?
...

Marco Polo

Du hast ja bereits 3 Raumdimensionen x, y, z und sogar noch eine vierte ct.

Ein konkretes Beispiel

Wir rechnen das ganze für Zeitpunkt t=0 ! In diesem Fall ist auch t'=0 weil t' = t/sqrt(1-v²/c²).
Also, das ergibt x'²+y'²+z'²=x²+y²+z² oder r'²=r² !

Das bedeutet, es gibt keine physikalisch begründbare Lorentztransformation! :D :D :D

mfg

möbius 27.04.08 16:47

AW: Lorentztransformation
 
Zitat:

Zitat von criptically (Beitrag 19256)
.......................

Das bedeutet, es gibt keine physikalisch begründbare Lorentztransformation! :D :D :D

mfg

Jetzt bin ich mal sehr gespannt, was die PHYSIK-Experten zu dieser Hypothese sagen ...:D :D :D
möbius

Uli 27.04.08 16:47

AW: Lorentztransformation
 
Zitat:

Zitat von criptically (Beitrag 19256)
Du hast ja bereits 3 Raumdimensionen x, y, z und sogar noch eine vierte ct.

Ein konkretes Beispiel

Wir rechnen das ganze für Zeitpunkt t=0 ! In diesem Fall ist auch t'=0 weil t' = t/sqrt(1-v²/c²).

was nur leider nicht stimmt; die korrekte Transformation ist ja

t' = t/sqrt(1-v²/c²) - v/{c²*sqrt(1-v²/c²)}x

du hast den 2. Term vergessen.
Um deinen "Faden weiterzuspinnen", du musst also neben t=0 auch x=0 setzen;damit erhältst du die Ausgangsbedingung: die Koordinaten-Ursprünge beider System sind zur Zeit 0 am selben Ort.

Die so eingeschränkte "LT" wäre dann:

x' = x = 0
y' = y
z' = z
t' = t = 0

was sicher nicht falsch, aber auch kaum von Nutzen ist. :)

Was lernen wir daraus ?
Wenn ich die Transformation in ein bewegtes KS finden will, ist es ziemlich sinnfrei, dies für einen Schnappschuss (t=0) zu tun. Das hat mit Bewegung zu tun: in einem Schnappschuss (Foto) bewegt sich nichts; du brauchst schon einen Film (zeitliche Folge), um Bewegungen zu sehen.

Zitat:

Zitat von criptically (Beitrag 19256)

Also, das ergibt x'²+y'²+z'²=x²+y²+z² oder r'²=r² !

Das bedeutet, es gibt keine physikalisch begründbare Lorentztransformation! :D :D :D

mfg

Du hast recht: wenn wir ignorieren, dass es Zeit und Bewegung gibt, dann brauchen wir keine Lorentz-Transformation - aber sicherlich genausowenig eine Galilei-Transformation. Dann brauchen wir eigentlich gar keine Physik, denn Physik handelt immer von Dynamik.

Uli

criptically 27.04.08 18:26

AW: Lorentztransformation
 
Zitat:

Zitat von Uli (Beitrag 19259)
was nur leider nicht stimmt; die korrekte Transformation ist ja

t' = t/sqrt(1-v²/c²) - v/{c²*sqrt(1-v²/c²)}x

du hast den 2. Term vergessen.
Um deinen "Faden weiterzuspinnen", du musst also neben t=0 auch x=0 setzen;damit erhältst du die Ausgangsbedingung: die Koordinaten-Ursprünge beider System sind zur Zeit 0 am selben Ort.

Die so eingeschränkte "LT" wäre dann:

x' = x = 0
y' = y
z' = z
t' = t = 0

was sicher nicht falsch, aber auch kaum von Nutzen ist. :)

Was lernen wir daraus ?
Wenn ich die Transformation in ein bewegtes KS finden will, ist es ziemlich sinnfrei, dies für einen Schnappschuss (t=0) zu tun. Das hat mit Bewegung zu tun: in einem Schnappschuss (Foto) bewegt sich nichts; du brauchst schon einen Film (zeitliche Folge), um Bewegungen zu sehen.



Du hast recht: wenn wir ignorieren, dass es Zeit und Bewegung gibt, dann brauchen wir keine Lorentz-Transformation - aber sicherlich genausowenig eine Galilei-Transformation. Dann brauchen wir eigentlich gar keine Physik, denn Physik handelt immer von Dynamik.

Uli

Deine Formel t' = t/sqrt(1-v²/c²) - v/{c²*sqrt(1-v²/c²)}x lässt alles mögliche offen! So ist z.B. möglich dass t'>t oder aber t'<t (abhängig von Bewegungsrichtung von v) raus kommt. Also, es gebe dann nicht nur "Zeitdilatation" sondern auch "Zeitkontraktion" .

Außerdem x'=x=0 kann nicht gelten, denn zum Zeitpunkt t=0 sind alle Punkte der x-Achse identisch mit allen Punkten der x'-Achse (bei der Bewegung eines Koordinatensystems, entfernt sich jeder Punkt der x'-Achse, vom "korrespondierenden" Punkt der x-Achse um gleiche Strecke was dann bedeutet, dass nur Galilei-Transformation physikalisch sinnvoll ist). Oder hast du nur verschiedene "Skalierung" der beiden Achsen (schon zum Zeitpunkt t=0), was physikalisch eine Verfälschung der Messung bedeuten würde.

mfg

Marco Polo 27.04.08 20:36

AW: Lorentztransformation
 
Zitat:

Zitat von Uli (Beitrag 19247)
Das artet im allgemeinen Fall natürlich zu einer ziemlichen Rechnerei aus.

Stimmt. Da kommt man wohl nicht drum herum ein kleines Programm zu schreiben.

Ach übrigens besten Dank für den Link mit der Herleitung der Lorentztransformation.

Grüssle,

Marco Polo


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