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-   -   Eigenzeit, Weltline, Schwarzschild Raumzeit (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=3237)

Ich 18.12.17 10:58

AW: Eigenzeit, Weltline, Schwarzschild Raumzeit
 
Mir kommt das nicht stimmig vor. Diese "axialen" Linien im K-S-Diagramm (ich würde sie eher "radial" nennen) sind Linien konstanter Schwarzschildzeit, wenn ich mich nicht irre. Zumindest im T-X-Diagramm ist das so.
Linien konstanter Schwarzschildzeit schneiden den EH nicht, können also nicht die Weltlinien einfallender Beobachter repräsentieren, egal, wie sie beschleunigen.

Zum Paper: Die längste Eigenzeit vergeht für einen frei fallenden Beobachter, der (asymptotisch) am EH mit v=0 startet. Alle Weltlinien, die im Paper diskutiert werden, starten mit einer endlichen Geschwindigkeit (sprich: fallen von weiter außen ein) und haben ab dem EH eine kürzere Eigenzeit als diese.

Die sinnvollste Strategie ist, sich direkt am EH mit maximaler Beschleunigung so zu stellen, dass die weitere Strecke mit dieser maximalen Fallzeit unbeschleunigt gefallen werden kann. Das erfordert einen Dirac-Puls als Beschleunigungsprofil.

Wenn die Beschleunigung einen Maximalwert nicht übersteigen soll, dann ist die zweitbeste Strategie, dass man so stark wie möglich beschleunigt, bis man wiederum diesen Bewegungszustand maximaler Eigenzeit erreicht hat und diesem dann folgt - also die Beschleunigung abschaltet.

Bernhard 18.12.17 12:56

AW: Eigenzeit, Weltline, Schwarzschild Raumzeit
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 86253)
Linien konstanter Schwarzschildzeit schneiden den EH nicht, können also nicht die Weltlinien einfallender Beobachter repräsentieren, egal, wie sie beschleunigen.

Eben. Hat sich bei physicsforums da vielleicht jemand verrechnet?

Timm 18.12.17 16:40

AW: Eigenzeit, Weltline, Schwarzschild Raumzeit
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 86253)
Mir kommt das nicht stimmig vor. Diese "axialen" Linien im K-S-Diagramm (ich würde sie eher "radial" nennen) sind Linien konstanter Schwarzschildzeit, wenn ich mich nicht irre. Zumindest im T-X-Diagramm ist das so.
Linien konstanter Schwarzschildzeit schneiden den EH nicht, können also nicht die Weltlinien einfallender Beobachter repräsentieren, egal, wie sie beschleunigen.

Zum Paper: Die längste Eigenzeit vergeht für einen frei fallenden Beobachter, der (asymptotisch) am EH mit v=0 startet. Alle Weltlinien, die im Paper diskutiert werden, starten mit einer endlichen Geschwindigkeit (sprich: fallen von weiter außen ein) und haben ab dem EH eine kürzere Eigenzeit als diese.

Die sinnvollste Strategie ist, sich direkt am EH mit maximaler Beschleunigung so zu stellen, dass die weitere Strecke mit dieser maximalen Fallzeit unbeschleunigt gefallen werden kann. Das erfordert einen Dirac-Puls als Beschleunigungsprofil.

Wenn die Beschleunigung einen Maximalwert nicht übersteigen soll, dann ist die zweitbeste Strategie, dass man so stark wie möglich beschleunigt, bis man wiederum diesen Bewegungszustand maximaler Eigenzeit erreicht hat und diesem dann folgt - also die Beschleunigung abschaltet.

Also "axial" habe ich aus den PF, ich glaube es war PAllen, aber wie man's nennt, ist mir egal. Ja, Linien mit t=const. schneiden den EH nicht, habe ich auch nicht behauptet. Die Weltlinie um die es hier geht, beginnt sehr knapp innerhalb des EH, nicht direkt am EH.

In dem paper geht es um die Weltlinie mit maximaler Eigenzeit bis zur Singularität. Das ist nicht die Geodäte des freien Falls sondern die mit einer ganz bestimmten konstant bleibenden Beschleunigung, s. Fig.2. Mehr oder weniger reduziert die Eigenzeit.

Ich 18.12.17 17:06

AW: Eigenzeit, Weltline, Schwarzschild Raumzeit
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 86258)
In dem paper geht es um die Weltlinie mit maximaler Eigenzeit bis zur Singularität. Das ist nicht die Geodäte des freien Falls sondern die mit einer ganz bestimmten konstant bleibenden Beschleunigung, s. Fig.2. Mehr oder weniger reduziert die Eigenzeit.

Doch, das ist die Geodäte des freien Falls - bei entsprechender Startbedingung allerdings, die hier nicht gegeben ist.
Die beschleunigten Weltlinien sind dann optimal, wenn sie möglichst bald zu auf diese Geodäte führen und dann frei fallen. Das sieht man ein bisschen in Fig. 4, wo die grüne Linie (e=0) zu dieser Geodäte wird, die anderen aber nicht. Wenn man da noch eine höhere Beschleunigung wählen würde, könnte man die Eigenzeit noch weiter optimieren.
Wenn man die Beschleunigung nie beendet, wie in Fig. 2, erwischt man die Geodäte natürlich nie. Man schießt man entweder darüber hinaus oder erreicht es noch nicht. Beides suboptimal, aber wenigstens mit einem lokalen Maximum in der Eigenzeit, wo man am wenigsten weit daneben liegt.
Das ist also nicht das echte Optimum, sondern nur das Optimum unter der Randbedingung konstanter Beschleunigung. Die Beschleunigung rechtzeitig wieder abzuschalten wäre aber geschickter. Noch geschickter wäre es, die Beschleunigung möglichst hoch zu wählen und möglichst bald wieder abzuschalten.

p.s.: Könntest du noch einen Link auf die Diskussion geben?

Timm 18.12.17 18:48

AW: Eigenzeit, Weltline, Schwarzschild Raumzeit
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 86259)
Das ist also nicht das echte Optimum, sondern nur das Optimum unter der Randbedingung konstanter Beschleunigung. Die Beschleunigung rechtzeitig wieder abzuschalten wäre aber geschickter. Noch geschickter wäre es, die Beschleunigung möglichst hoch zu wählen und möglichst bald wieder abzuschalten.

Ja und bei der konstanten Beschleunigung war ich hängen geblieben.

Die Strategie ist also hoch beschleunigen bis der der Killing Vektor e=0 ist und dann abzuschalten. Ich habe noch nie über Killing Vektor nachgelesen, weil ich das mangels Vorwissen für hoffnungslos gehalten habe. Das hier ist ein Fall, wo die Intuition hoffnungslos überfordert ist. Ich hätte angenommen, daß möglichst hoch beschleunigen und beibehalten die beste Strategie ist aber weit gefehlt. Falls Du eine Möglichkeit siehst, etwas näher zu bringen, weshalb hier e=0 der Schlüssel ist, wäre das super.

Bernhard 18.12.17 23:13

AW: Eigenzeit, Weltline, Schwarzschild Raumzeit
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 86261)
Ich habe noch nie über Killing Vektor nachgelesen, weil ich das mangels Vorwissen für hoffnungslos gehalten habe.

1) Killing-Vektoren beschreiben die Symmetrien einer Raumzeit. Im Umkehrschluss kann man bei bekannter oder leicht zu erratender Symmetrie der Raumzeit meist auch relativ direkt die zugehörigen Killing-Vektoren erraten und über die zugehörige Mathematik dann verifizieren.

Im Fall der Schwarzschild-Raumzeit gibt es drei Killing-Vektoren, wobei für dieses Thema nur einer direkt benutzt wird. Die beiden Anderen beschreiben die beiden Rotations-Symmetrien in den beiden Winkeln Theta und Phi.

2) Mit Hilfe von Killing-Vektoren kann man ferner Bewegungskonstanten von Geodäten finden. Bei diesem Thema wird speziell die Zeitunabhängigkeit der Raumzeit benutzt, um einen Ausdruck für so etwas wie die Gesamtenergie e des frei fallenden Testkörpers zu finden. Im PDF auf arxiv.org wird das durch die Gleichung (13) beschrieben.

Ich 19.12.17 10:05

AW: Eigenzeit, Weltline, Schwarzschild Raumzeit
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 86261)
Die Strategie ist also hoch beschleunigen bis der der Killing Vektor e=0 ist und dann abzuschalten. Ich habe noch nie über Killing Vektor nachgelesen, weil ich das mangels Vorwissen für hoffnungslos gehalten habe. Das hier ist ein Fall, wo die Intuition hoffnungslos überfordert ist. Ich hätte angenommen, daß möglichst hoch beschleunigen und beibehalten die beste Strategie ist aber weit gefehlt. Falls Du eine Möglichkeit siehst, etwas näher zu bringen, weshalb hier e=0 der Schlüssel ist, wäre das super.

Ok, ich probier's mal und hoffe, nichts Falsches zu erzählen.
Der relevante Killingvektor ist dt, nicht e. e ist die Größe, die bei unbeschleunigter Umgebung erhalten bleibt. Diese Größe ist hier die (spezifische) Gesamtenergie des Teilchens/Beobachters, also die Summe aus Masse, potentieller und kinetischer Energie. Das ist zumindest außerhalb des EH die eindeutige Interpretation. Aber Vorsicht, die Autoren haben für diese Interpretation das Vorzeichen falsch gewählt, e ist also die negative Gesamtenergie, was lästig ist.
e=-1 bedeutet, dass der Körper in unendlicher Entfernung (wo die potentielle Energie verschwindet) 1 J Energie pro 1 J (Ruhemasse im Unendlichen) hat. Das heißt, die kinetische Energie ist Null, alle Energie ist nur Ruhemasse. e=-1 charakterisiert ein Teilchen, das aus Ruhe im Unendlichen einfällt. Oder, andersrum gesprochen und um die Kurve zu Himmelsmechanik zu kriegen: Zeitumgekehrt hat so ein Körper gerade die Fluchtgeschwindigkeit, die er braucht, um ins Unendliche zu entkommen.
e<-1 bedeutet, dass der Körper im Unendlichen noch Geschwindigkeit übrig hat.
e<-1 bedeutet, dass der Körper im Unendlichen gar nich sein kann, weil er da noch nicht einmal die Ruhemasse hätte. Er fällt also von weiter innen ein - bzw. erreicht nicht die Fluchtgeschwindigkeit und fällt wieder zurück, wenn die Geschwindigkeit nach außen gerichtet wäre.
e=0 bedeutet, dass der Körper außerhalb des EH nicht existieren kann, weil er da negative Masse haben müsste. Das charakterisiert also einen Körper, der direkt vom EH einfällt.

Das heißt, die Bedingung e=0 heißt einfach, dass der Körper eine Bahn beschreibt, wie wenn er direkt vom EH eingefallen wäre.
Warum genau diese Bahn die mit der längsten Eigenzeit ist, habe ich mir nicht angeschaut. Wenn das also eigentlich deine Frage war, dann hilft dir diese Antwort nicht.

Timm 19.12.17 11:31

AW: Eigenzeit, Weltline, Schwarzschild Raumzeit
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 86259)
Könntest du noch einen Link auf die Diskussion geben?

PAllen schrieb hier:

"Well, without promising to do so (it would be a fair effort to write up), I could justify (but not strictly prove) all key aspects of survival maximization in the following relatively elementary terms (but won't think about doing this if it would not be accessible to you):

1) By arguments from a Kruskal diagram, establish why any realizable infall trajectory ends up with axial motion inside the horizon.
2) By the form of the metric relabeled as described in my prior post, plus algebra and elementary calculus argue that:
a) from any interior event, the proper time maximizing path to the singularity must be a line of constant z (axial coordinate), theta and phi of the relabeled coordinates
b) then it follows that acceleration sufficient to eliminate your axial motion helps survival time, but any further acceleration simple adds axial motion in the other direction, which reduces survival time. Similarly, adding any tangential speed reduces survival time.
"

Timm 19.12.17 18:09

AW: Eigenzeit, Weltline, Schwarzschild Raumzeit
 
Zitat:

Zitat von Bernhard (Beitrag 86262)
1) Killing-Vektoren beschreiben die Symmetrien einer Raumzeit. Im Umkehrschluss kann man bei bekannter oder leicht zu erratender Symmetrie der Raumzeit meist auch relativ direkt die zugehörigen Killing-Vektoren erraten und über die zugehörige Mathematik dann verifizieren.

Im Fall der Schwarzschild-Raumzeit gibt es drei Killing-Vektoren, wobei für dieses Thema nur einer direkt benutzt wird. Die beiden Anderen beschreiben die beiden Rotations-Symmetrien in den beiden Winkeln Theta und Phi.

2) Mit Hilfe von Killing-Vektoren kann man ferner Bewegungskonstanten von Geodäten finden. Bei diesem Thema wird speziell die Zeitunabhängigkeit der Raumzeit benutzt, um einen Ausdruck für so etwas wie die Gesamtenergie e des frei fallenden Testkörpers zu finden. Im PDF auf arxiv.org wird das durch die Gleichung (13) beschrieben.

Vielen Dank, Bernhard, es ist schwieriges Terrain, die Gleichung (16) ist einfacher. :) Ich brauche erst mal ein besseres Verständnis für e.

Ich 19.12.17 18:40

AW: Eigenzeit, Weltline, Schwarzschild Raumzeit
 
Ok, ich hab' PAllens Argument nachvollzogen:
Innerhalb des EH geht jede Weltlinie streng monoton in Richtung kleinerer r. Da die Metrik nicht explizit von t abhängt, kann man die Eigenzeit also ermitteln, indem man ds/dr ausrechnet und an jeder Stelle maximiert. Man möchte also für jedes dr , das man sowieso gehen muss, möglichst viel Eigenzeit herausschinden.
Dann folgt eigentlich direkt aus der Metrik, dass jedes dtheta, dphi oder dt, das man dazugibt, die Eigenzeit verringert. Also hält man die alle zu Null, und ist auf einer Linie konstanten ts unterwegs.
Diese Linie kreuzt tatsächlich den EH nicht, das ist aber kein Problem - es bedeutet nur, dass man sie nicht durch freien Fall von außerhalb erreichen kann.
Dass t=const eine Geodäte sein soll, folgt daraus nicht. Die Argumente für die Geodäte hab ich mir nicht genau angeschaut.
Der Rest entspricht dem, was ich auch gesagt habe. Das Wort "axial" bezieht sich nicht auf das Diagramm, sondern darauf, dass man auf Kreisen konstanten Umfangs bleibt.


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