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-   -   Einsteins Uhrenhypothese (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=982)

Bauhof 16.02.09 16:15

Einsteins Uhrenhypothese
 
Hallo zusammen,

nach Einsteins "Uhrenhypothese" (die sich auf beschleunigte Uhren bezieht) kann man die Zeitdilatation einer bewegten Uhr, die auf einer Kreisbahn rotiert, wie folgt näherungsweise berechnen: Einstein ersetzte die Kreisbahn durch einen Polygonzug. Dann kann man für jede geradlinige Seite des Polygons die Geschwindigkeit als konstant annehmen und für diese kleine Strecke die übliche Zeitdilatationsformel für Inertialsysteme anwenden. Indem man die Eckenzahl des Polygons immer größer werden lässt, nähert sich das Polygon immer mehr dem Kreis an.

Wenn die bewegte Uhr zu einem auf dem Kreis ruhenden Beobachter nach einer vollen Umrundung zurückkehrt, weisen beide Uhren unterschiedliche Zeigerständen auf. Der Einwand der Einstein-Kritiker: Aufgrund des Relativitätsprinzips kann ein Beobachter, der die bewegte Uhr mit sich führt, behaupten, dass die Uhr des ruhenden Beobachters sich spiegelbildlich verhält. Dieser Einwand ist falsch, weil der bewegte Beobachter ständig sein Inertialsystem bei jeder Polygonzug-Ecke wechselt, hingegen der auf dem Kreis ruhende Beobachter nicht. Ich denke, das ist hier allen bekannt, ich habe daran nur zur Darlegung meines eigentlichen Problems erinnert.

Mein eigentliches Problem:
Eine Raumstation ruht in einem gravitationsfreien Gebiet des Weltraums. Von dieser Raumstation startet ein Raumschiff A und bewegt sich auf einer Kreisbahn vom Radius R mit der konstanten Winkelbeschleunigung alpha. Nach Ablauf des Zeitintervalls T hat es einmal den Kreis durchlaufen und trifft deshalb wieder bei der Raumstation ein. Das Raumschiff hat also den Weg 2•Pi•R zurückgelegt. Die Winkelbeschleunigung alpha soll so groß sein, dass das Raumschiff beim Wiedereintreffen bei der Raumstation eine Geschwindigkeit von v=0,8c hat. Alle Größen (R, alpha, T und v) wurden auf der Raumstation gemessen. Es muss jetzt nicht berechnet werden, welche Zeit T' im Raumschiff verstrichen ist, denn wir wissen hier alle, dass aufgrund der Einsteinschen Uhrenhypothese die Raumschiff-Eigenzeit T' < T sein muss. Das genügt. Meine Frage lautet anders:

Ein zweites Raumschiff B bewegt sich geradlinig von A nach B mit einer konstanten Beschleunigung x. Die Distanz zwischen A und B beträgt 2•Pi•R. Das Raumschiff erreicht den Punkt B nach Zeit T (gemessen in der Raumstation) und passiert diesen mit der Geschwindigkeit v=0,8c. Frage: Wie groß ist die konstante Beschleunigung x, ausgedrückt als Funktion von R, alpha, T und v? Darf man davon ausgehen, dass die geradlinige Bewegung von Raumschiff B physikalisch äquivalent der Bewegung des Raumschiffes A ist, das sich auf der Kreisbahn bewegt?

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

Bauhof 18.02.09 16:57

AW: Einsteins Uhrenhypothese
 
Zitat:

Zitat von EMI (Beitrag 32809)
Hallo Bauhof,

für geradlinige Beschleunigung von Raumschiff B sage ich mal:

x = v/T√1-v²/c²
oder
x = (c²/2πR) ((1/√1-v²/c²) -1)

Gruß EMI

Hallo EMI,

welche Randbedingung hast du zur Herleitung deiner Formel verwendet, so dass beide Bewegungen physikalisch äquivalent werden?

Ich habe im Internet nach Einsteins Uhrenhypothese gesucht und nichts gefunden. Die scheint weitgehend unbekannt zu sein. Deshalb zitiere ich etwas aus dem Buch, in dem ich Einsteins Uhrenhypothese gefunden habe. Leslie Marder schreibt auf den Seiten 70 und 71 seines Buches folgendes, Zitat:

"Einstein nimmt an, dass das für eine polygonale Linie bewiesene Resultat auch für eine stetig gekrümmte Kurve gelte, so erhält man den Satz:

Befinden sich in A zwei synchron gehende Uhren und bewegt man die eine derselben auf einer geschlossenen Kurve mit konstanter Geschwindigkeit, bis sie wieder nach A zurückkommt, was t Sekunden dauern möge, so geht die letztere Uhr bei ihrer Ankunft in A gegenüber der unbewegt gebliebenen um 1/2•t•(v²/c²) Sekunden nach.

Einsteins Annahme bedeutet, dass der Gang einer Uhr nur von der Geschwindigkeit, jedoch nicht von ihrer Beschleunigung abhängt (obwohl er, genaugenommen, eigentlich nur den Fall konstanter Geschwindigkeit betrachtet). Dies ist jedoch eine keineswegs triviale Annahme. [...] Die Behauptung, dass der augenblickliche Gang einer Uhr nur von der momentanen Geschwindigkeit abhängt, ist als Uhrenhypothese bekannt und wird manchmal bei der Definition einer 'idealen' Uhr verwendet." Zitat Ende.

Ich finde Einsteins Uhrenhypothese bemerkenswert. Denn sie widerlegt die Behauptung, dass das Zwillingsparadoxon infolge der Beschleunigungen letztendlich nur durch die ART auflösbar sei. Diese falsche Behauptung geistert seit 100 Jahren durch die Literatur, auch durch die seriöse Literatur. Das Zwillingsparadoxon ist vollständig allein durch die SRT auflösbar.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Leslie Marder
Reisen durch die Raumzeit.
Das Zwillingsparadoxon - Geschichte einer Kontroverse.
Braunschweig 1979. ISBN=3-528-08421-9.

Nur noch antiquarisch greifbar:
http://www.zvab.com/showAdvancedSearch.do
oder bei Amazon:
http://www.amazon.de/Reisen-durch-Zw...4975334&sr=1-1

Marco Polo 18.02.09 18:37

AW: Einsteins Uhrenhypothese
 
Hallo Bauhof,

mal eine Frage. So weit ich mich nicht verlesen habe, werden ja alle Daten von der Raumstation aus gemessen.

Gilt das auch für die konstante Beschleunigung des Raumschiffes?

Wenn ja, dann liegt ein Denkfehler vor. Es ist physikalisch nämlich unmöglich, von der Raumstation aus eine konstante Beschleunigung für das Raumschiff zu messen.

Es sei denn, man glaubt an Überlichgeschwindigkeiten.

Eine konstante Beschleunigung ist lediglich aus Raumschiffsicht (Eigenbeschleunigung) erlaubt. Die Raumstation misst bei konstanter Eigenbeschleunigung des Raumschiffes selbstverständlich eine stetig abnehmende Beschleunigung des Raumschiffes.

Gruss, Marco Polo

Bauhof 26.02.09 12:12

AW: Einsteins Uhrenhypothese
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 32832)
Es ist physikalisch nämlich unmöglich, von der Raumstation aus eine konstante Beschleunigung für das Raumschiff zu messen.

Hallo Marco Polo,

bleiben wir erst mal beim ersten Experiment mit dem Raumschiff A, das sich auf einer Kreisbahn bewegt. Die Winkelbeschleunigung des Raumschiffs kann auf der Raumstation zwar nicht direkt gemessen werden, aber doch aus den gemessenen Daten berechnet werden. Auf der Raumstation werden R, T und v gemessen. Aufgrund des Radius, der Umlaufzeit T und der Geschwindigkeit v, kann m.E. auf der Raumstation die Winkelbeschleunigung alpha bestimmt werden, mit der das Raumschiff unterwegs war.

Mit dem Raumfahrer wurde vorher vereinbart, dass die Winkelbeschleunigung alpha während der gesamten Reise konstant sein soll.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

Marco Polo 26.02.09 12:28

AW: Einsteins Uhrenhypothese
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 33067)
Mit dem Raumfahrer wurde vorher vereinbart, dass die Winkelbeschleunigung alpha während der gesamten Reise konstant sein soll.

Hi Bauhof,

nur so macht es Sinn.

Aus Sicht der Raumstation gilt für ein beschleunigtes Raumschiff das relativistische Beschleunigungs-Zeit-Gesetz:

ax=alpha/(1+(alpha*t)/c)²)^(3/2)

alpha ist hier aber nicht die Winkelbeschleunigung sondern die konstante Eigenbeschleunigung.

Wie man das jetzt aber auf eine Kreisbahn überträgt, da bin ich momentan auch überfragt. Die von mir angegebene Formel gilt nur für geradlinige Beschleunigungen.

Gruss, Marco Polo

Uli 26.02.09 13:08

AW: Einsteins Uhrenhypothese
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 32766)
Hallo zusammen,

nach Einsteins "Uhrenhypothese" (die sich auf beschleunigte Uhren bezieht) kann man die Zeitdilatation einer bewegten Uhr, die auf einer Kreisbahn rotiert, wie folgt näherungsweise berechnen: Einstein ersetzte die Kreisbahn durch einen Polygonzug. Dann kann man für jede geradlinige Seite des Polygons die Geschwindigkeit als konstant annehmen und für diese kleine Strecke die übliche Zeitdilatationsformel für Inertialsysteme anwenden. Indem man die Eckenzahl des Polygons immer größer werden lässt, nähert sich das Polygon immer mehr dem Kreis an.

Wenn die bewegte Uhr zu einem auf dem Kreis ruhenden Beobachter nach einer vollen Umrundung zurückkehrt, weisen beide Uhren unterschiedliche Zeigerständen auf. Der Einwand der Einstein-Kritiker: Aufgrund des Relativitätsprinzips kann ein Beobachter, der die bewegte Uhr mit sich führt, behaupten, dass die Uhr des ruhenden Beobachters sich spiegelbildlich verhält. Dieser Einwand ist falsch, weil der bewegte Beobachter ständig sein Inertialsystem bei jeder Polygonzug-Ecke wechselt, hingegen der auf dem Kreis ruhende Beobachter nicht. Ich denke, das ist hier allen bekannt, ich habe daran nur zur Darlegung meines eigentlichen Problems erinnert.

Mein eigentliches Problem:
Eine Raumstation ruht in einem gravitationsfreien Gebiet des Weltraums. Von dieser Raumstation startet ein Raumschiff A und bewegt sich auf einer Kreisbahn vom Radius R mit der konstanten Winkelbeschleunigung alpha. Nach Ablauf des Zeitintervalls T hat es einmal den Kreis durchlaufen und trifft deshalb wieder bei der Raumstation ein. Das Raumschiff hat also den Weg 2•Pi•R zurückgelegt. Die Winkelbeschleunigung alpha soll so groß sein, dass das Raumschiff beim Wiedereintreffen bei der Raumstation eine Geschwindigkeit von v=0,8c hat. Alle Größen (R, alpha, T und v) wurden auf der Raumstation gemessen.
...
Eugen Bauhof


Blöde Frage, Eugen: muss es nicht "Winkelgeschwindigkeit" statt Winkelbeschleunigung heißen ?
Es wird doch von einer gleichförmigen Kreisbewegung ausgegangen.

Gruß,
Uli

Marco Polo 26.02.09 13:12

AW: Einsteins Uhrenhypothese
 
Zitat:

Zitat von Uli (Beitrag 33069)
Blöde Frage, Eugen: muss es nicht "Winkelgeschwindigkeit" statt Winkelbeschleunigung heißen ?
Es wird doch von einer gleichförmigen Kreisbewegung ausgegangen.

Hi Uli,

darf ich auch antworten? Das Raumschiff startet ja bei v=0 und trifft mit v=0,8c wieder bei der Raumstation ein.

Da muss es sich also um eine Winkelbeschleunigung handeln, würde ich mutmassen. :)

Gruss, Marco Polo

Uli 26.02.09 13:15

AW: Einsteins Uhrenhypothese
 
Will mal nicht nur blöd fragen, sondern auch eine Antwort versuchen:
m.E. sind die beiden, von dir geschilderten, Situationen keineswegs äquivalent.

Einstein reduziert sein Beispiel einer Kreisbewegung mit konstantem Geschwindigkeitsbetrag auf das Problem einer gleichförmig, geradlinigen Bewegung (durch die Segmentierung der Bahn in Teilstücke), sodass er unmittelbar Lorentz-Transformieren kann.

Das andere Problem einer geradlinigen konstanten Beschleunigung hat nichts damit zu tun. Es ist auch rechnerisch komplizierter: man muss das Eigenzeit-Integral über v(t) berechnen.

Gruß,
Uli

Uli 26.02.09 13:18

AW: Einsteins Uhrenhypothese
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 33070)
Hi Uli,

darf ich auch antworten? Das Raumschiff startet ja bei v=0 und trifft mit v=0,8c wieder bei der Raumstation ein.

Da muss es sich also um eine Winkelbeschleunigung handeln, würde ich mutmassen. :)

Gruss, Marco Polo

Glaube ich nicht: Einsteins Idee war es doch, das Problem auf eine geradlinig, gleichförmige Bewegung zurückzuführen. Das macht nur Sinn für eine Kreisbewegung mit konstanter Winkelgeschwindigkeit.

Wo hast du her, dass es mit v=0 losgehen soll ?

Gruß,
Uli

Marco Polo 26.02.09 13:27

AW: Einsteins Uhrenhypothese
 
Zitat:

Zitat von Uli (Beitrag 33072)
Wo hast du her, dass es mit v=0 losgehen soll ?

ich habe Bauhofs Zitat:

Zitat:

Von dieser Raumstation startet ein Raumschiff A und bewegt sich auf einer Kreisbahn vom Radius R mit der konstanten Winkelbeschleunigung alpha. Nach Ablauf des Zeitintervalls T hat es einmal den Kreis durchlaufen und trifft deshalb wieder bei der Raumstation ein. Die Winkelbeschleunigung alpha soll so groß sein, dass das Raumschiff beim Wiedereintreffen bei der Raumstation eine Geschwindigkeit von v=0,8c hat.
folgendermassen interpretiert: Da es sich nach Aussage von Bauhof um eine Winkelbeschleunigung handelt, die zudem so gross sein soll, dass sich am Ende die Geschwindigkeit v=0,8c ergibt, bin ich von einer Startgeschwindigkeit v=0 und einer Zielgeschwindigkeit von v=0,8c ausgegangen.

Ich wüsste nicht, wie man das anders interpretieren sollte.

Wenn natürlich Start- und Zielgeschwindigkeit identisch sind, dann handelt es sich, wie du richtig erkannt hast, lediglich um eine Winkelgeschwindigkeit.

Ich habe Bauhofs Beispiel aber anders verstanden.

Gruss, Marco Polo


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