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Marco Polo 03.07.19 20:34

arm und reich
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 91685)
Dennoch - natürlich spekulativ - könnte gerade der Zeitgewinn entscheidend sein um Strategien zu einer humanen Eindämmung der zu erwartenden Bevölkerungskatastrophe in Afrika zu entwickeln.

Aus meiner Sicht hilft hier nur eine Bildungs- und Aufklärungsoffensive.

Solange die Leute aufgrund Glauben/Aberglauben und anderen Gründen Verhütungsmittel ablehnen, bzw, noch nicht mal kennen oder sich leisten können, wird sich da nicht viel ändern.

Die Armut spielt auch eine gewichtige Rolle. Kinder stellen die Altersvorsorge dar. Es muss aber viel Armut geben, damit wir reich bleiben. Leider ist das so.

Und eine Ein-Kind-Politik wird in Afrika nicht funktionieren.

Gibt es Alternativvorschläge?

Dieser Beitrag wurde von Bernhard von hier: http://quanten.de/forum/showthread.php5?t=3651 nach hier verschoben

Ich 03.07.19 21:00

AW: Genmanipulationen
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 91687)
Die Armut spielt auch eine gewichtige Rolle. Kinder stellen die Altersvorsorge dar. Es muss aber viel Armut geben, damit wir reich bleiben. Leider ist das so.

Dein Ernst?

Bernhard 03.07.19 22:12

AW: Genmanipulationen
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 91687)
Es muss aber viel Armut geben, damit wir reich bleiben.

Puh, das ist Pessimismus pur.

a) Wir leben in einem relativ fruchtbaren Land. Ein gewisser relativ einfacher Wohlstand wäre also auch unabhängig vom außereuropäischen Umland machbar.

b) Natürliche Ressourcen waren und sind immer ungleichmäßig auf der Erde verteilt. Das sollte man ehrlicherweise/mMn nicht als Ungerechtigkeit, sondern als Aufgabe interpretieren.

Hawkwind 04.07.19 10:56

AW: Genmanipulationen
 
Zitat:

Zitat von Bernhard (Beitrag 91689)
Puh, das ist Pessimismus pur.

a) Wir leben in einem relativ fruchtbaren Land. Ein gewisser relativ einfacher Wohlstand wäre also auch unabhängig vom außereuropäischen Umland machbar.

b) Natürliche Ressourcen waren und sind immer ungleichmäßig auf der Erde verteilt. Das sollte man ehrlicherweise/mMn nicht als Ungerechtigkeit, sondern als Aufgabe interpretieren.

Das sehe ich auch so: es wird nicht jeder Mensch prassen können wie ein Millionär, aber ein vernünftiger Lebensstandard sollte doch für alle erreichbar sein. Nicht nur "natürliche Ressourcen" und deren Verfügbarkeit, sondern auch soziale Gerechtigkeit muss dafür Thema werden. Solange 8 Milliardäre mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung besitzen, kann das nur Illusion bleiben.

Ich 04.07.19 12:19

AW: Genmanipulationen
 
Google oxfam-85-richest-people-half-of-the-world

Alle Zahlen aus derselben Quelle "oxfam":
2014: 85
2016: 62
2017: 8
2018: 42
2019: 26

Timm 04.07.19 15:51

AW: Genmanipulationen
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 91690)
Nicht nur "natürliche Ressourcen" und deren Verfügbarkeit, sondern auch soziale Gerechtigkeit muss dafür Thema werden. Solange 8 Milliardäre mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung besitzen, kann das nur Illusion bleiben.

Ein gutes Stichwort.

Das ist auch manchen Milliardären zumindest in den USA (in China weiß ich nicht) bewußt, sie regen eine höhere Besteuerung an, gründen Stiftungen mit philanthropischen Zielen ... .

Bleiben wir bei dem Beispiel Bevölkerungswachstum in Afrika. Wie ließe es stabilisieren, wenn große Mittel der Milliardäre zur Verfügung stünden? Überläßt man sie den Staaten ist abzusehen, daß sich die korrupten Eliten vornehmlich damit bereichern. Ließe sich das mittels knallharter Bedingungen verhindern? Da bin skeptisch.

Oder, der Norden bezahlt für afrikanische Produkte Preise, die weit über dem Weltmarktniveau liegen und nehmen wir an, daß dieser künstliche Eingriff nicht die gesamte Weltwirtschaft ins Schleudern bringt. Käme der höhere Ertrag wirklich bei den unteren Schichten an? Das ist doch sehr zu bezweifeln. Wäre aber Voraussetzung für mehr Bildung, den Aufstieg in die Mittelschicht und damit auch eine Chance das Bevölkerungswachstum zu verlangsamen.

Hilfe zur Selbsthilfe an den Eliten vorbei? Kaum vorstellbar, wie sollte das funktionieren?

Weitere Vorschläge?

Marco Polo 04.07.19 22:31

AW: Genmanipulationen
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 91688)
Dein Ernst?

Der Reichtum des einen bedingt die Armut des anderen und umgekehrt.

Dieses schöne Zitat habe ich im Internet entdeckt:

Bertolt Brecht: „Reicher Mann und armer Mann standen da und sah’n sich an, und der Arme sagte bleich: ‘Wär ich nicht arm wärst du nicht reich.’

Ich 05.07.19 12:29

arm und reich
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 91694)
Der Reichtum des einen bedingt die Armut des anderen und umgekehrt.

Diese Weltsicht ist nachweisbar falsch und extrem gefährlich.
Wenn du eh schon sauer bist, dann lassen wir das so stehen und sind und einfach uneinig. Ansonsten würde ich meinen Standpunkt ausführen und belegen - das könnte aber eine kontroverse Diskussion werden und Nerven kosten.

Dieser Beitrag wurde von Bernhard von hier: http://quanten.de/forum/showthread.php5?t=3651 in ein neues Thema verschoben

Marco Polo 05.07.19 16:02

AW: Genmanipulationen
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 91700)
Diese Weltsicht ist nachweisbar falsch und extrem gefährlich.

Kann und will ich nicht ausschliessen.

Zitat:

Wenn du eh schon sauer bist, dann lassen wir das so stehen und sind und einfach uneinig. Ansonsten würde ich meinen Standpunkt ausführen und belegen.
Hab ich den Eindruck gemacht? Dein Standpunkt würde mich schon interessieren.

Bernhard 06.07.19 08:14

AW: arm und reich
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 91700)
Diese Weltsicht ist nachweisbar falsch und extrem gefährlich.

Mich interessierene in diesem Zusammenhang eher die folgenden Fragen:

Müssen wir uns in Europa unbedingt an Großmächten wie USA, China und Russland orientieren?

Ist es akzeptabel, dass Weltmarktführer wie Amazon, Apple und Microsoft (?) in Europa praktisch keine Steuern und gleichzeitig nur vergleichsweise geringe Löhne an die wenig ausgebildeten Arbeiter zahlen?

Was ist Cum-Ex?

Timm 06.07.19 10:20

AW: arm und reich
 
Zitat:

Zitat von Bernhard (Beitrag 91708)

Müssen wir uns in Europa unbedingt an den drei Weltmächten USA, China und Russland orientieren?

Nein und das ist auch nicht so. Hinsichtlich Protektionismus orientiert sich Europa nicht an den USA, hinsichtlich Menschenrechte und freie Meinungsäußerung nicht an China und Russland.

Hast du an etwas anderes gedacht?

Zitat:

Zitat von Bernhard (Beitrag 91708)
Ist es akzeptabel, dass Weltmarktführer wie Amazon, Apple und Microsoft (?) in Europa praktisch keine Steuern und gleichzeitig nur vergleichsweise geringe Löhne an die wenig ausgebildeten Arbeiter zahlen?

Nein, genausowenig wie das immense Vermögen der Milliardäre, wie schon im anderen Thread angesprochen.

Es ist ein Skandal, daß Mittelständler (insbesondere in Deutschland) die volle Steuerlast tragen, die großen international agierenden Konzerne dagegen lächrelich wenig; dies nicht nur in Europa sondern weltweit. Die Politik ist sich dessen ja bewußt und man kann nur hoffen, daß es hier voran geht. Anzustreben ist eine Besteuerung des Umsatzes, wo immer er auch erwirtschaftet wird.

Damit hängt die Problematik der abhängig von der Region viel zu niedrigen Löhne allerdings nur indirekt zusammen. Es ist unerläßlich in Bildung zu investieren. China hat damit vor Jahrzehnten begonnen und mittlerweile sind die Löhne erheblich höher als in benachbarten Ländern. Daß es hier in vielen afrikanischen Ländern nicht voran geht liegt an den korrupten Eliten, die zunehmende Bildung als Bedrohung ihrer Existenz betrachten.

Bernhard 06.07.19 19:20

AW: arm und reich
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 91709)
Hast du an etwas anderes gedacht?

Mir fehlt schon auch so etwas wie ein europäisches Selbstbewusstsein. In das "Projekt Europa" wurde viel Arbeit und Geld gesteckt, aber über die zugehörigen Erfolge wird relativ wenig medial berichtet.

Der weitgehend freie Waren- und Personenaustausch ist mMn ein sehr bedeutender Erfolg der letzten zwanzig Jahre.

Timm 06.07.19 19:54

AW: arm und reich
 
Zitat:

Zitat von Bernhard (Beitrag 91712)
Mir fehlt schon auch so etwas wie ein europäisches Selbstbewusstsein.

Wie sollte das auch entstehen angesichts der sich verstärkenden Zentrifugalkräfte? Die unterschiedlichen Auffassungen passen sich nicht an sondern scheinen sich eher zu verstärken, denkt man an Themen wie die Handhabung der Gewaltenteilung (Ost-West) oder an die Korsett-Wirkung (Nord-Süd) des Eurokurses, für die einen zu hoch, für die anderen zu niedrig. Ganz zu schweigen von den Gräben, die sich zwischen den Altparteien und den neueren nationalistischen Parteien auftun.

Ich sehe keine positiven Tendenzen. Dabei wäre es so wichtig, daß Europa mit einer Sprache spricht und agiert.

Timm 06.07.19 20:08

AW: Genmanipulationen
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 91694)
Der Reichtum des einen bedingt die Armut des anderen und umgekehrt.

Dazu zwei Fragen:

Wie begründest du diese Feststellung?

Hast du eine Idee bei welcher Gesellschaftsform sich der Unterschied zwischen arm und reich nivelliert?

Bernhard 06.07.19 20:11

AW: arm und reich
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 91714)
Dabei wäre es so wichtig, daß Europa mit einer Sprache spricht und agiert.

Das Wissen um die Vorteile wäre schon ausreichend. Jede Nation dieser großen Gemeinschaft soll ja ihre gute kulturelle Identität auch behalten dürfen. 70 Jahre friedlicher Austausch von Waren, Personen und Ideen hat definitiv einen großen Wert.

Man muss es sich nur bewusst machen. Dann kann man auch dafür werben, ohne befürchten zu müssen, dass man sich damit blamiert.

Eine breite Mehrheit will diese Dinge und befürwortet diese auch. Manchmal vergißt man jedoch, dass das nicht selbstverständlich ist.

Ich 06.07.19 20:35

AW: arm und reich
 
Ok, da sind ja ein paar mehr oder weniger interessante Diskussionen im Gang.
Erst mal Danke an Bernhard, dass er diese Frage ausgegliedert hat, das war sicherlich sinnvoll. Im selben Atemzug möchte ich bitten, sich hier auf die Frage zu konzentrieren, die da wäre:
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 91700)
Zitat:

Zitat von Marco Polo
Der Reichtum des einen bedingt die Armut des anderen und umgekehrt.

Diese Weltsicht ist nachweisbar falsch und extrem gefährlich.

Sowie:
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 91715)
Zitat:

Zitat von Marco Polo
Der Reichtum des einen bedingt die Armut des anderen und umgekehrt.

Dazu zwei Fragen:

Wie begründest du diese Feststellung?

Hast du eine Idee bei welcher Gesellschaftsform sich der Unterschied zwischen arm und reich nivelliert?

Und noch ein Wort in eigener Sache:
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 91705)
Zitat:

Zitat von Ich
Wenn du eh schon sauer bist, dann lassen wir das so stehen und sind und einfach uneinig. Ansonsten würde ich meinen Standpunkt ausführen und belegen.

Hab ich den Eindruck gemacht?

Ja, schon. Täusch' ich mich?
Das sind unter Umständen sensible Themen, und ich hab schon ziemlich schlechte Erfahrungen mit politischen Diskussionen gemacht. Sag' einfach Bescheid, wenns zuviel wird, ich hab keinen Bock auf Streit. (Hab' aber nichts gegen eine streitbare Dskussion, das ist aber oft ein schmaler Grat.)

Ich 06.07.19 21:33

AW: arm und reich
 
Zur Frage:
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 91700)
Zitat:

Zitat von Marco Polo
Der Reichtum des einen bedingt die Armut des anderen und umgekehrt.

Diese Weltsicht ist nachweisbar falsch und extrem gefährlich.

Zu nachweisbar falsch: Wie Timm schon sagt, ist das eine steile Behauptung, die du begründen musst, nicht ich widerlegen. Versuche ich natürlich trotzdem, das sollte man aber nicht aus den Augen verlieren.
Und natürlich setze ich voraus, dass wir nicht mit einer dieser bescheuerten Definitionen "relativer Armut" arbeiten. Die da z.B. in der Grundgesamtheit "Sultan von Brunei" und "Queen Elizabeth II" letztere als "arm" klassifizieren würden, weil sie weniger als 60% des Durchschnittseinkommens verdient. Wenn du so etwas im Sinn hattest, habe ich dich missverstanden, und es gibt nichts zu diskutieren.

Marktwirtschaft ist kein Nullsummenspiel. Der Gewinn des einen ist nicht notwendigerweise ein Verlust des anderen. Sogar Marx hat akzeptiert, dass es einen "Mehrwert" gibt, also zusätzlichen Nutzen, wenn Arbeiten spezialisiert verteilt werden. Im einfachen Beispiel heißt dass, dass alle davon profitieren, wenn manche Leute nur bestimmte Sachen machen, die sie aufgrund ihrer Spezialisierung (oder besonderen Talents) in sehr viel größerer Menge herstellen können als ein "Allrounder". Eine Gesellschaft, die auf dem Austausch solcher Waren und Dienstleistungen basiert, wäre produktiver und würde deshalb für jedes einzelne Mitglied mehr Wohlstand schaffen, als eine Ansammlung autarker Individuen oder Familien. Dem steht nicht entgegen, dass unter diesen Umständen bestimmte Personen noch mehr Wohlstand ansammeln könnten. Gegenbeweis fertig.
Ein reales Beispiel ist Nachkriegsdeutschland. Es ist unbestreitbar, dass es so ziemlich jedem 1960 wirtschaftlich besser ging als 1945. Da sind Leute reich geworden, ohne dass andere dafür arm werden mussten.
Natürlich hält man entgegen, dass dafür andere ausgebeutet und entsprechend ärmer wurden, namentlich Schwarzafrika. Dem entgegen steht die Tatsache, dass der Anteil des deutschen Außenhandels mit dieser Region nie deutlich über 1% hinauskam. Ob es Schwarzafrika gibt oder nicht, hat für das Wirtschaftswunder also keinen Belang. Es basiert nicht auf Ausbeutung anderer.
Noch viel interessanter ist die Entwicklung der ganzen Welt unter der Ägide der Marktwirtschaft. Ich möchte unbedingt jedem "Gapminder" ans Herz legen. Man sollte mal den Test mitmachen, und man sollte die Zahlen zur Kenntnis nehmen, die besagen, dass jede einzelne Weltregion in den letzen 100 Jahren an Wohlstand und Gesundheit gewonnen hat. Schwarzafrika sticht nur dadurch negativ heraus, dass es dort am wenigsten Fortschritt gab. Es ist aber reicher als früher - obwohl andere Regionen noch viel reicher wurden. Wir haben es mit einer beispiellosen weltweiten Wohlstandsexplosion zu tun, die jede Region erfasst hat, nur manche eben weniger. Das mag sich für den geübten Marxisten wie Zynismus anhören, wenn man sieht, wieviel schlechter es manchen Menschen heute geht als anderen. Fakt ist aber, dass es allen Regionen besser geht als früher.
Damit ist für mich widerlegt, dass der Reichtum des einen notwendigerweise die Armut des anderen bedingt. Wäre das wahr, wäre der weltweite Anstieg des Wohlstands unmöglich, den man beobachtet.

Soviel erst mal dazu. Falls ich damit durchkomme, würde ich als nächstes erläutern, warum diese unwahre Idee von "Reichtum nur auf Kosten anderer" auch noch extrem gefährlich ist.

Timm 07.07.19 17:58

AW: arm und reich
 
Volle Zustimmung. Wie auch nicht, denn was du beschreibst sind Fakten mit wenig Interpretationsspielraum. Mich würde der Anteil der Bevölkerung interessieren, der sich ihrer bewußt ist. Denn mainstream Medien vermittelt sie eher nicht.

Dein Kommentar zu “Reichtum nur auf Kosten anderer” würde mich interessieren.

soon 08.07.19 06:08

AW: arm und reich
 
Das Arm- und Reichwerden muss nicht zeitgleich stattfinden.

Die Rechnung für Klima- und Umweltschäden z.B. werden die nachfolgenden Generationen erhalten.


Das gilt in gewisser Weise auch für den Aufschwung in Nachkriegsdeutschland, nur in anderer Reihenfolge.

Der Wikipedia-Artikel zu 'Wirtschaftswunder' ist lesenswert:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftswunder

Ein Teilaspekt:
Zitat:

Während es den Alliierten gelungen war, ganze Städte zu zerstören, war die gezielte Zerstörung industrieller Anlagen kaum gelungen. Es bestand daher trotz aller Zerstörung ein bedeutender intakt gebliebener Kapitalstock, hochqualifiziertes Humankapital und bewährte korporativistische Organisationsmethoden. Deshalb bestand nach Kriegsende ein besonders hohes Wachstumspotential.
Darauf, wie, durch wen, und zu welchem Preis die für den Aufschwung notwendigen Industrieanlagen entstanden sind, möchte ich gar nicht weiter eingehen.
edit: 'durch wen' schreibe ich doch hin, da sonst missverständlich: auch durch Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, Frauen ...

Ich 08.07.19 15:28

AW: arm und reich
 
Zitat:

Zitat von soon (Beitrag 91731)
Das gilt in gewisser Weise auch für den Aufschwung in Nachkriegsdeutschland, nur in anderer Reihenfolge.

Der Wikipedia-Artikel zu 'Wirtschaftswunder' ist lesenswert:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftswunder

Ein Teilaspekt:
Darauf, wie, durch wen, und zu welchem Preis die für den Aufschwung notwendigen Industrieanlagen entstanden sind, möchte ich gar nicht weiter eingehen.
edit: 'durch wen' schreibe ich doch hin, da sonst missverständlich: auch durch Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, Frauen ...

Richtig.
Das Wirtschaftswunder fand eigentlich von 1942-1945 statt, und beruhte ausschließlich auf der Ausbeutung von Zwangsarbeitern und Frauen. Die Nachkriegsleute haben sich dann einfach ins gemachte Nest gesetzt und von dem hervorragenden Zustand profitiert, in dem sie Deutschland im Mai 45 vorgefunden haben.

Und noch als Erklärung, soon, warum ich da vielleich nicht in den allerverbindlichsten Tönen antworte: Sowohl mein Vater als auch mein Schwiegervater sind Heimatvertriebene. Mein Schwiegervater lebt noch und erzählt öfter mal von "dazumal". Von daher trifft das bei mir einen Nerv, das konntest du nicht wissen.
Ich sage jetzt mal nur, dass ich richtig sauer werde, wenn der mir von der meinungsbildenden Ideologie als der archetypische "privilegierte alte weiße Mann" verkauft werden soll, dessen bescheidener Wohlstand auf Ausbeutung beruht.

@Timm: Das ist einer der Aspekte dessen, warum ich diese Weltsicht als "extrem gefährlich" bezeichnet hatte: Es ist eine wirklich weitverbreitete Ideologie, vor allem bei gebildeten Leuten. Ideologien schlagen Fakten locker.

Timm 08.07.19 17:56

AW: arm und reich
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 91735)

@Timm: Das ist einer der Aspekte dessen, warum ich diese Weltsicht als "extrem gefährlich" bezeichnet hatte: Es ist eine wirklich weitverbreitete Ideologie, vor allem bei gebildeten Leuten. Ideologien schlagen Fakten locker.

Ja, leider ist das so. Auch bei Leuten, die es eigentlich besser wissen sollten. Bedenklich ist, daß man womöglich in der falschen Ecke landet, wenn man nüchtern Dinge klarstellt.

Ich 08.07.19 20:44

AW: arm und reich
 
Ja, ich bin da gebranntes Kind. Zur Frage "wahr oder falsch" kommt man gar nicht, weil "gut oder böse" schon vorher entschieden ist. Und "gut", das bin komischerweise nie ich, mir fehlt da wohl ein bisschen der Klassenstandpunkt. ;)

Bernhard 08.07.19 21:25

AW: arm und reich
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 91743)
Und "gut", das bin komischerweise nie ich, mir fehlt da wohl ein bisschen der Klassenstandpunkt. ;)

Sind wir damit bereits bei der Frage angekommen, ob Reichtum glücklich macht?

Duck und weg...

soon 09.07.19 08:19

AW: arm und reich
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 91735)
... und beruhte ausschließlich auf der Ausbeutung von Zwangsarbeitern und Frauen.

Aus 'auch durch' machst du 'ausschließlich'.

Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 91735)
... , dessen bescheidener Wohlstand auf Ausbeutung beruht.

Ich habe mich noch gar nicht zu der Frage geäußert, ob Wohlstand immer auf Kosten anderer gehen muß. Das mache ich bei so viel Unsachlichkeit auch nicht.

Ich 09.07.19 08:38

AW: arm und reich
 
Zitat:

Zitat von soon (Beitrag 91749)
Aus 'auch durch' machst du 'ausschließlich'.

Die Frage war doch, ob der Reichtum des einen notwendigerweise die Armut des anderen bedingt, also durch Ausbeutung entsteht. Da habe ich angenommen, dass dein Beitrag in diesem Kontext zu sehen ist, du also auch beim Wirtschaftswunder die dafür notwendige Ausbeutung lokalisiert zu haben glaubtest. Und auf dieser Annahme basiert meine Antwort, und daher kommt auch das "ausschließlich".

Wenn du bloß einfach so, ohne Zusammenhang mit der Frage, beitragen wolltest, dass Zwangsarbeiter Produktionsmittel hergestellt haben könnten: Ja, sicher. Das ist aber total irrelevant, das Wirtschaftswunder basiert doch nicht darauf. Der Punkt ist doch, dass unter katastrophalen Anfangsbedingungen aus Armut Wohlstand wurde, ohne dass dafür die Ausbeutung anderer nötig gewesen wäre.

Zitat:

Ich habe mich noch gar nicht zu der Frage geäußert, ob Wohlstand immer auf Kosten anderer gehen muß. Das mache ich bei so viel Unsachlichkeit auch nicht.
Dann mach doch bitte kenntlich, dass du komplett außerhalb des Kontexts auch mal was sagen willst. Dann missverstehe ich deine Aussage auch nicht, und dann musst du meine Antwort nicht als "unsachlich" sehen, weil sie dann ganz anders ausfällt.

Zum Beispiel so: Ja, ich selbst profitiere von der Arbeit meiner Eltern und habe es jetzt materiell viel besser als die damals. Und vielleicht hat auch ein Zwangsarbeiter etwas gefertigt, von dem ich jetzt profitiere. Aber was willst du damit sagen?

Ich 21.10.19 15:17

AW: Genmanipulationen
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 91694)
Der Reichtum des einen bedingt die Armut des anderen und umgekehrt.

Dieses schöne Zitat habe ich im Internet entdeckt:

Bertolt Brecht: „Reicher Mann und armer Mann standen da und sah’n sich an, und der Arme sagte bleich: ‘Wär ich nicht arm wärst du nicht reich.’

Ich habe vor ein paar Tagen ein viel schöneres Zitat zum Thema entdeckt, das die Frage auch abschließend beantwortet:
Zitat:

Zitat von Esther Duflo
The two groups that did relatively well in the world economy are the ultra-rich and the ultra-poor.

Es lohnt sich, die Arbeit der Nobelpreisträger kennenzulernen. Es ist einerseits beschämend, dass es im 21. Jahrhundert noch "revolutionär" ist, empirische Wissenschaft statt Ideologie auf diese Fragen anzuwenden. Andererseits gilt "besser spät als nie"; ihre Erfolge können sich durchaus sehen lassen und stimmen hoffnungsvoll.


Weil ich schon dabei bin, hier noch eine Antwort auf Timms Frage:
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 91729)
[...] was du beschreibst sind Fakten mit wenig Interpretationsspielraum. Mich würde der Anteil der Bevölkerung interessieren, der sich ihrer bewußt ist. Denn mainstream Medien vermittelt sie eher nicht.

Dazu zwei Links aus diesem Artikel, auch aus dem "Gapminder"-Projekt, das ich schon mal empfohlen hatte.
https://ourworldindata.org/uploads/2...Since-1820.png
https://ourworldindata.org/uploads/2...population.png
In den letzten Jahrzehnten gab es also einen dramatischen, noch nie dagewesenen Rückgang der weltweiten extremen Armut. Britische Universitätsabsolventen haben in großer Mehrheit noch nie etwas davon gehört, sondern glauben weiterhin brav daran, dass alles immer schlechter wird. Das sind die Leute, die sich über Qualitätsmedien informieren, immun gegen Filterblasen und Fake News. Meinen sie zumindest.

Mir gibt das zu denken, zumal ich weitere folgenreiche Tatsachen kenne, über die die Öffentlichkeit, insbesondere die meinungsführende, komplett desinformiert ist. Obwohl es manchmal nur einen Klick auf Wikipedia bräuchte, um die Fakten kennenzulernen, komplett mit ausgiebigen Quellenangaben.
Das ist mir manchmal durchaus ein bisschen unheimlich.

Timm 21.10.19 18:04

AW: Genmanipulationen
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 92326)
Das ist mir manchmal durchaus ein bisschen unheimlich.

Verstehe ich gut, mir geht's ähnlich. Die naive Mediengläubigkeit ist bedenklich. Aber für bare Münze halten, was man vorgesetzt bekommt ist die eine Sache, vielleicht eine Überforderung vieler Leute. Die mangelnde Objektivität dessen was sie sehen und lesen wiegt wohl schwerer. Wobei man nicht alles über einen Kamm scheren kann. Berichte über zunehmende Armut erscheinen regelmäßig von interessierter Seite, kürzlich auch in der FAZ. Immerhin erschien da wenige Tage später eine seriöse Richtigstellung. Aber insgesamt gehen Richtigstellungen in der Regel unter.
Von Einfluss ist das Thema um das es geht. Bei der offensichtlichen Bildungsmisere besteht breiter Konsens, allerdings bei der Frage, wie damit umgehen, schon weniger.


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