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Semmelweis 02.08.15 20:48

Das relativistische Zwillingsparadoxon
 
Das relativistische Zwillingsparadoxon ist bizarr.
Angenommen, ein Raumschiff enfernt sich mit relativistischer Geschwindigkeit von der Erde. Es ist vereinbart, dass es ein Lichtjahr entfernt stoppt, so dass die Relativgeschwindigkeit zur Erde dann vernachlässigbar klein ist.
Nun sind beide der Meinung, dass der jeweils andere in Zeitlupe zu sehen war und glauben, dass die Uhr des jeweils anderen (die beim Start natürlich synchronisiert wurde) ein kleineres Datum anzeigt als die eigene.
Jetzt könnte man sich doch über normale lichtschnelle Signale verständigen und der Raumfahrer einfach fragen: "Bei mir ist der 2. August 2015, 20:45. Welches Datum ist bei euch auf der Erde? Bitte um sofortige Antwort". Dann könnte er zwei Jahre später doch mit der Antwort herausfinden, was wirklich geschehen ist?
Sie befinden sich ja immer noch in der gleichen Realität und können miteinander kommunizieren.

Ich 02.08.15 21:26

AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon
 
Zitat:

Zitat von Semmelweis (Beitrag 77958)
Nun sind beide der Meinung, dass der jeweils andere in Zeitlupe zu sehen war und glauben, dass die Uhr des jeweils anderen (die beim Start natürlich synchronisiert wurde) ein kleineres Datum anzeigt als die eigene.

Natürlich.
Wobei das kein Wunder ist, die Signale der Erduhr kommen ja erst ein Jahr später an. Auf jeden Fall sind die hintendran.
Zitat:

Jetzt könnte man sich doch über normale lichtschnelle Signale verständigen und der Raumfahrer einfach fragen: "Bei mir ist der 2. August 2015, 20:45. Welches Datum ist bei euch auf der Erde? Bitte um sofortige Antwort". Dann könnte er zwei Jahre später doch mit der Antwort herausfinden, was wirklich geschehen ist?
Dann kommt raus, dass die Uhr im Raumschiff weniger Zeit anzeigt.

Zeitvergleiche an unterschiedlichen Orten sind aber vom verwendeten Bezugssystem abhängig. Hier habe ich das verwendet, in dem beide am Schluss in Ruhe sind. Hätte ich eines verwendet, in dem das Raumschiff während des Flugs in Ruhe war, wäre der Vergleich andersherum ausgefallen.
Eindeutigkeit gibt es nur, wenn beide Beobachter am selben Ort sind.
Das sollte man berücksichtigen, wenn man von dem spricht, was "wirklich" geschehen ist.

TomS 02.08.15 21:31

AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 77959)
Eindeutigkeit gibt es nur, wenn beide am selben Ort sind.

Genau. Und deswegen schlage ich vor, das sogenannte Zwillingsparadoxon für den Fall der Rückkehr zum Ausgangspunkt zu analysieren. Wie Ich sagt, liegt dabei Eindeutigkeit vor;und es wird klar, das es kein Paradoxon gibt.

Harti 03.08.15 09:34

AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon
 
Hallo TomS,

Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 77960)
Genau. Und deswegen schlage ich vor, das sogenannte Zwillingsparadoxon für den Fall der Rückkehr zum Ausgangspunkt zu analysieren. Wie Ich sagt, liegt dabei Eindeutigkeit vor;und es wird klar, das es kein Paradoxon gibt.

Wie ist es möglich, dass der Reisezwilling während der Reise nichts davon merkt, dass er langsamer altert als sein Bruder auf der Erde, und beim Wiedersehen plötztlich (wann genau ?) merkt, dass er jünger ist ?

MfG
Harti

Ich 03.08.15 09:46

AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon
 
Wie soll er das merken? Auf den Kalender schauen?
Der Witz ist ja, dass für ihn alles normal ist. Das folgt direkt aus dem Relativitätsprinzip. Es gibt kein einziges (lokales) Experiment, mit dem sein Bewegungszustand feststellbar wäre.

Semmelweis 03.08.15 11:44

AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 77967)
Wie soll er das merken? Auf den Kalender schauen?
Der Witz ist ja, dass für ihn alles normal ist. Das folgt direkt aus dem Relativitätsprinzip. Es gibt kein einziges (lokales) Experiment, mit dem sein Bewegungszustand feststellbar wäre.

Er kann sich doch aber über die wirkliche Realität auf der Erde informieren, wenn die Antwort lauten würde: "2.August 2016", die dann am 2. August 2017 bei ihm eintrifft weil er ja genau 1 LJ entfernt ist, dann wüßte er, dass seine Wahrnehmung einer Erde in Zeitlupe nur eine Fata Raumgana war.
Denn wenn er ein gutes Teleskop an Bord hätte und die Erduhr dauernd beobachten würde müßte er laut dem Zwillingsparadoxon auch in Ruhe noch immer eine dauerhafte Zeitverschiebung beobachten, die ja nicht einfach so verschwinden kann.

Es würde sich dann die paradoxe Situation ergeben, dass er mit seinem Teleskop ablesen kann "27.Juli 2016" obwohl ihm die Erde "2.August 2016" als menschliche Antwort gibt und beide Signale am 2.August 2017 wahrgenommen werden können.

Marco Polo 03.08.15 12:56

AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon
 
Zitat:

Zitat von Semmelweis (Beitrag 77970)
Es würde sich dann die paradoxe Situation ergeben, dass er mit seinem Teleskop ablesen kann "27.Juli 2016" obwohl ihm die Erde "2.August 2016" als menschliche Antwort gibt und beide Signale am 2.August 2017 wahrgenommen werden können.

Was man mit dem Teleskop abliest, stimmt aber nicht mit den Messvorhersagen gemäß SRT überein, da beim Ablesen noch der Dopplereffekt dazu kommt.

Semmelweis 03.08.15 13:38

AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 77972)
Was man mit dem Teleskop abliest, stimmt aber nicht mit den Messvorhersagen gemäß SRT überein, da beim Ablesen noch der Dopplereffekt dazu kommt.

Die Erde und das Raumschiff befinden sich ja in Ruhe zueinander, und beide könnten mit ihren Teleskopen beim jeweils anderen eine kleinere Uhrzeit ablesen. Um herauszufinden, welche Uhr nun tatsächlich nachgeht müßten sie nur kommunizieren und genau 1 Jahr abziehen, da das Signal 1 Jahr zum Empfänger braucht. Es geht ja nicht um irgendwelche Ungenauigkeiten sondern um die einfache Feststellung, welche Uhr nun gegenüber der anderen wirklich nachgeht.

Um das ganze auf die Spitze zu treiben: Sie könnten sich durch Kommunikation doch wohl einigen, welche Uhr von beiden 1000 Jahre nachgeht wenn sie sich in Ruhe zueinander befinden und einfach nur die Signallaufzeit berücksichtigen müssen, die ja bekannt ist.

Ich 03.08.15 13:45

AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon
 
Zitat:

Zitat von Semmelweis (Beitrag 77970)
Er kann sich doch aber über die wirkliche Realität auf der Erde informieren, wenn die Antwort lauten würde: "2.August 2016", die dann am 2. August 2017 bei ihm eintrifft weil er ja genau 1 LJ entfernt ist, dann wüßte er, dass seine Wahrnehmung einer Erde in Zeitlupe nur eine Fata Raumgana war.

Das wäre aber nicht die Antwort.


Zitat:

Denn wenn er ein gutes Teleskop an Bord hätte und die Erduhr dauernd beobachten würde müßte er laut dem Zwillingsparadoxon auch in Ruhe noch immer eine dauerhafte Zeitverschiebung beobachten, die ja nicht einfach so verschwinden kann.
Ja. ***EDIT: Kommt drauf an, was du mit "Zeitverschiebung" meinst. Ich nehme das "Ja" also zurück und lasse die Frage unbeantwortet, bis sie mal eindeutig definiert gestellt ist.

Zitat:

Es würde sich dann die paradoxe Situation ergeben, dass er mit seinem Teleskop ablesen kann "27.Juli 2016" obwohl ihm die Erde "2.August 2016" als menschliche Antwort gibt und beide Signale am 2.August 2017 wahrgenommen werden können.
...wenn die Antwort "2. August 2016" wäre. Sie ist aber "8. August 2016", und genau das liest er auch an seinem Teleskop ab.

Die ganze Signalschickerei kannst du dir auch sparen. Weil beide im selben Bezugssystem ruhen, reicht es, wenn er direkt am Ziel den 8. August 2014 an der Erde abliest und ein Jahr Signallaufzeit dazurechnet.

Semmelweis 03.08.15 14:06

AW: Das relativistische Zwillingsparadoxon
 
Zitat:

Zitat von Ich (Beitrag 77974)
Das wäre aber nicht die Antwort.


Ja.

...wenn die Antwort "2. August 2016" wäre. Sie ist aber "8. August 2016", und genau das liest er auch an seinem Teleskop ab.

Die ganze Signalschickerei kannst du dir auch sparen. Weil beide im selben Bezugssystem ruhen, reicht es, wenn er direkt am Ziel den 8. August 2014 an der Erde abliest und ein Jahr Signallaufzeit dazurechnet.

Gut, extrem Formuliert kann er dann der Erde senden: "Ich sehe, dass eure Uhr 1000 Jahre nachgeht", und die Erde antwortet ihm das Gleiche, weil sie das aus ihrer Perspektive auch so sieht.

Wenn nun aber beide Parteien die Signallaufzeit kennen können sie sich doch über ihre wirkliche Uhrzeit unterhalten.


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