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Knut Hacker 03.10.10 18:45

Das Kontinuum-eine Paradoxie?
 
Das Kontinuum – eine Paradoxie?

Es geht hier um eine logische, nicht um eine mathematische (Infinitesimalrechnung) Frage. Wem fällt dazu etwas ein?

Gegeben sei eine Gerade von 10 Zentimetern Länge.
Gesucht ist derjenige Punkt der Geraden, der diese in zwei Hälften, also in zwei Teile von je 5 Zentimetern Länge trennt.

Diesen Punkt gibt es nicht:

Beweis:
Er kann weder zur einen noch zur anderen Hälfte der Geraden gehören, da er sonst nicht in der Mitte läge und daher die Gerade nicht in zwei gleiche Teile teilen würde.
Er kann auch nicht weder zur einen noch zur anderen Hälfte gehören, da er dann zwischen den beiden läge und dadurch die Gerade um sich verlängern würde.
Schließlich kann er auch nicht sowohl zur einen als auch zur anderen Hälfte gehören, da er dann die beiden vereinigen, nicht trennen würde.

Kann es überhaupt nulldimensionale Punkte geben?

Wenn ja:
1) Wo liegt jeder beliebige Punkt der Geraden im Verhältnis zu den Nachbarpunkten?
2) Wo beginnt und endet dann die Gerade, das heißt: welcher Punkt liegt gerade noch auf ihr und nicht schon außerhalb?

Übertragen auf den Raum:
Wo liegen die Raumpunkte?( Grenzen des Raumes kann es nicht geben, da „Grenze“ ein räumlicher Unterscheidungsbegriff ist und daher den Raum bereits voraussetzt. Der Raum ist daher unbegrenzt, wenn auch möglicherweise unendlich)

Übertragen auf die Zeit:
Wo liegen die Zeitpunkte?(Einen Anfang der Zeit kann es nicht geben, da ein Anfang bereits einen Zeitpunkt darstellen würde und daher die Zeit bereits voraussetzen würde.Ein „vor“ der Zeit kann es nicht geben, da es sich um einen zeitlichen Vergleichsbegriff handelt, der die Zeit bereits voraussetzt.Die Zeit kann daher unendlich zum Anfang zurückverfolgt werden; vergleiche die Singularität des Urknalls)

Ist somit nicht jede raumzeitliche Messung unscharf (gelten nicht die Heisenberg´schen Unschärferelationen also auch im Makrokosmos, wo sie nur vernachlässigt werden können?)

eigenvector 03.10.10 19:02

AW: Das Kontinuum-eine Paradoxie?
 
Zitat:

Zitat von Knut Hacker (Beitrag 55442)
Er kann auch nicht weder zur einen noch zur anderen Hälfte gehören, da er dann zwischen den beiden läge und dadurch die Gerade um sich verlängern würde.

In einem Kontinuum besitzt ein Punkt keine Ausdehnung.
Eine Gerade wird dann auch nicht länger wenn man einen Punkt dazunimmt.

Zitat:

Zitat von Knut Hacker (Beitrag 55442)
Kann es überhaupt nulldimensionale Punkte geben?

In einem Kontinuum gibt es die.

Ob der physikalische Raum ein Kontinuum ist, ist aber eine andere Frage.

SCR 03.10.10 20:01

AW: Das Kontinuum-eine Paradoxie?
 
Hallo Knut,
Zitat:

Zitat von Knut Hacker (Beitrag 55442)
Gegeben sei eine Gerade von 10 Zentimetern Länge.

Das geht nicht - Ansonsten denkst Du aber prinzipiell in die richtige Richtung (Physik funktioniert nur dreidimensional und/oder höher).

SCR 03.10.10 21:49

AW: Das Kontinuum-eine Paradoxie?
 
Zitat:

Zitat von wikipedia
Ein Punkt ist ein grundlegendes Element der Geometrie. Anschaulich stellt man sich darunter ein Objekt ohne jede Ausdehnung vor.

Geometrie ist ein mathematisches Modell.

Ein Punkt ist nulldimensional. Er gibt eine Koordinate, einen Ort an.

Damit dort (bzw. "der Punkt") etwas ist muß dieses Etwas existieren.

Eine der Physik angemessene ;) Definition von Existenz ist Wahrnehmbarkeit.

Wahrnehmbar sind nur drei- (bzw. höher-) -dimensionale Objekte - Damit existieren keine null-/ein-/zweidimensionalen physikalischen Objekte.

Tim P. 04.10.10 07:25

AW: Das Kontinuum-eine Paradoxie?
 
Der Punkt gehört zu beiden Teilgeraden. Er ist die Grenze von beiden. Ist doch logisch, oder?

SCR 04.10.10 13:32

AW: Das Kontinuum-eine Paradoxie?
 
Hallo Tim P.,

es ist schnurz ob Du diesen Punkt
a) beiden oder
b) keiner oder
b) nur einer der beiden TeilSTRECKEN zuordnest -

Es ändert nichts am Ergebnis.

Knut Hacker 04.10.10 16:09

AW: Das Kontinuum-eine Paradoxie?
 
Vielen Dank für eure Antworten!

Ich sehe zwar auch in der Mathematik,der Geometrie und der Physik kein Problem mit dem Kontinuum, da dieses dort eben einfach beschrieben wird, wobei allerdings in den letzten Jahrzehnten das Einstein´sche Raumzeit- Kontinuum im Hinblick auf die Singulärität des Urknalls in Zweifel gezogen wird und die Lösung der Vereinigung der Relativitätstheorien und der Quantentheorie darin gesucht wird, die Raumzeit zu qanteln.
We bereits zu Beginn des Threads erwähnt,sehe ich das Problem in der Logik.
Zur Veranschaulichung habe ich mir folgendes Paradox ausgedacht, das ich auch in meinem entsprechenden Thread über Paradoxien aufgeführt habe, das dort aber leider nicht kommentiert wurde:

Es ist vollkommen ausgeschlossen, geboren worden zu sein. Denn wäre man geboren worden, müsste es einen letzten Augenblick gegeben haben, in dem man noch nicht geboren war, und einen ersten Augenblick, in dem man bereits geboren war. Beide Augenblicke müssten sich unterschieden haben und daher voneinander getrennt gewesen sein. Sie können aber nicht getrennt gewesen sein, da jeder noch so kleine Zwischenraum entweder zum letzten Augenblick des Noch-nicht-geboren-Seins oder zum ersten Augenblick des Bereits-geboren-Seins gehört haben müsste. Denn während dieses Zwischenraumes kann man nicht gleichzeitig. ungeboren und geboren und auch nicht weder ungeboren noch geboren gewesen sein .
Ebenso ist es vollkommen ausgeschlossen, zu sterben.Denn stürbe man, müsste es einen letzten Augenblick geben, in dem man noch lebt, und einen ersten Augenblick, in dem man bereits tot ist. Beide Augenblicke müssten sich unterscheiden und daher voneinander getrennt sein. Sie können aber nicht getrennt sein, da jeder noch so kleine Zwischenraum entweder zum letzten Augenblick des Noch-Lebens oder zum ersten Augenblick des Bereits-tot-Seins gehören müsste. Denn während dieses Zwischenraumes könnte man nicht gleichzeitig lebendig und tot und auch nicht weder lebendig noch tot sein.

Bauhof 04.10.10 16:24

AW: Das Kontinuum-eine Paradoxie?
 
Zitat:

Zitat von Knut Hacker (Beitrag 55489)
Es ist vollkommen ausgeschlossen, geboren worden zu sein. Denn wäre man geboren worden, müsste es einen letzten Augenblick gegeben haben, in dem man noch nicht geboren war, und einen ersten Augenblick, in dem man bereits geboren war. Beide Augenblicke müssten sich unterschieden haben und daher voneinander getrennt gewesen sein. Sie können aber nicht getrennt gewesen sein, da jeder noch so kleine Zwischenraum entweder zum letzten Augenblick des Noch-nicht-geboren-Seins oder zum ersten Augenblick des Bereits-geboren-Seins gehört haben müsste. Denn während dieses Zwischenraumes kann man nicht gleichzeitig. ungeboren und geboren und auch nicht weder ungeboren noch geboren gewesen sein .
Ebenso ist es vollkommen ausgeschlossen, zu sterben.Denn stürbe man, müsste es einen letzten Augenblick geben, in dem man noch lebt, und einen ersten Augenblick, in dem man bereits tot ist. Beide Augenblicke müssten sich unterscheiden und daher voneinander getrennt sein. Sie können aber nicht getrennt sein, da jeder noch so kleine Zwischenraum entweder zum letzten Augenblick des Noch-Lebens oder zum ersten Augenblick des Bereits-tot-Seins gehören müsste. Denn während dieses Zwischenraumes könnte man nicht gleichzeitig lebendig und tot und auch nicht weder lebendig noch tot sein.

Hallo Knut Hacker,

und was ist die Quintessenz dieser Paradoxie? Was können wir daraus lernen?

M.f.G. Eugen Bauhof

Knut Hacker 04.10.10 16:51

AW: Das Kontinuum-eine Paradoxie?
 
Bauhof,
die Quintessenz des Paradoxons ist wohl, dass wir mit unserem reduktionstischen Denken an eine Grenze stoßen.Wir denken hier bei den Continua wie Raum und Zeit in den Kategorien von "Ganzem" und "Teil", das ja wiederum ein Ganzes darstellt und so weiter. So geraten wir in einen unendlichen Regress. Dies hat ja Zenon bereits mit seinen Bewegungs- Paradoxien aufgezeigt, deren Intention man nicht gerecht wird, wenn man sie mathematisch auflöst. Denn die Mathematik erklärt nicht, sondern beschreibt.
Aristoteles hat auf Zenon erwidert,Teile entstünden erst durch Teilung. Dann ergäben sich immer endlich viel Teile. Das ist eigentlich das holistishe Verständnis eines Kontinuums.
Übertragen auf mein Paradoxon: Die Geburt ist kein Zeitpunkt.Sie geht im Kontinuum der Zeit auf.Die Gegenwart ist nie gegenwärtig, sondern fließt instantan von der Zukunft in die Vergangenheit.

Bauhof 04.10.10 17:04

AW: Das Kontinuum-eine Paradoxie?
 
Zitat:

Zitat von Knut Hacker (Beitrag 55496)
Bauhof,
die Quintessenz des Paradoxons ist wohl, dass wir mit unserem reduktionstischen Denken an eine Grenze stoßen.Wir denken hier bei den Continua wie Raum und Zeit in den Kategorien von "Ganzem" und "Teil", das ja wiederum ein Ganzes darstellt und so weiter. So geraten wir in einen unendlichen Regress. Dies hat ja Zenon bereits mit seinen Bewegungs- Paradoxien aufgezeigt, deren Intention man nicht gerecht wird, wenn man sie mathematisch auflöst. Denn die Mathematik erklärt nicht, sondern beschreibt.
Aristoteles hat auf Zenon erwidert,Teile entstünden erst durch Teilung. Dann ergäben sich immer endlich viel Teile. Das ist eigentlich das holistishe Verständnis eines Kontinuums.
Übertragen auf mein Paradoxon: Die Geburt ist kein Zeitpunkt.Sie geht im Kontinuum der Zeit auf.Die Gegenwart ist nie gegenwärtig, sondern fließt instantan von der Zukunft in die Vergangenheit.

Hallo Knut Hacker,

ich dachte eher, dass du aus dem Paradoxon Konsequenzen für die Quantentheorie oder für die Kosmologie herleiten willst. Denn dieses Unterforum "Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik" habe ich deswegen initiert. Reine philosophische Betrachtungen kommen hier nicht so gut an. Im Vordergrund stehen immer Physik und Kosmologie und deren Betrachtung durch die Wissenschaftstheorie.

M.f.G. G Eugen Bauhof


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