Eichbosonen
Hallo,
ich möchte das Konzept der Eichbosonen verstehen. Laut Wikipedia und so wie ich es im Physikstudium gelernt habe, stellt man erstmal eine lokale Eichinvarianz fest. Dass der Beobachter z.B. lokal die Rollen von grün, blau und rot in der Quantenchromodynamik vertauschen kann. Man macht also lokal eine Transformation, die die Physik nicht ändern soll. Damit die Lagrangedichte invariant gegenüber dieser Transformation ist, muss man weitere Terme einführen, die genau ein Eichbosenfeld beschreiben. Meine Frage: Kann man das Eichbosonenfeld dann auch immer lokal wegtransformieren? Wäre sehr komisch! |
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Man muss dies m.E. anders aufziehen. Stell dir vor, du möchtest die Beschreibung eines freien Teilchens auf einer Kugeloberfläche S² beschreiben. Das ist geometrisch ziemlich kompliziert. Stattdessen schreibst du die Lagrangefunktion des freien Teilchens in drei Dimensionen hin, plus einen Zusatzterm mit Lagrangemultiplikator λ, der die Bewegung des Teilchens auf die Kugeloberfläche reduziert, d.h. L[S²] = L[R³] + λ(r² - R²) Letztlich führt dies dazu, dass der zu r kanonisch konjugierte Impuls p verschwindet, d.h. r ~ R, p ~ 0. ~ Bedeutet dabei, dass diese Bedingungen erst nach Aufstellung der Bewegungsgleichungen angewandt werden dürfen, nicht auf L oder H selbst. D.h. λ und r sind unphysikalische Freiheitsgrade, also Hilfsgrößen. Im Prinzip genau so - jedoch deutlich komplizierter - kann man die QED und die QCD formulieren und quantisieren. Man formuliert die Lagrangedichte so um, dass ein Term L[QCD] = ... + A₀ G resultiert. Offenbar spielt die 0-Komponente A₀ die Rolle des Lagrangemultiplikators, G entspricht dem Gaußschen Gesetz. Im Gegensatz zu λ kann man aufgrund der Eichsymmetrie die Eichung A₀ = 0 wählen, d.h. A₀ eliminieren. Zuvor muss man jedoch die zu A₀ gehörende Euler-Lagrange-Gleichung G ~ 0 mittels ∂L / ∂A₀ = 0 ableiten. Der zu A₀ gehörige kanonische Impuls Π₀ ~ 0 verschwindet, da L bzw. der Feldstärketensor F keinen Term ∂₀ A₀ enthält. Damit reduziert man das Eichfeld auf die räumlichen Komponenten, hat jedoch zusätzlich noch G ~ 0, was dem r² - R² ~ 0 entspricht. D.h. man hat neben dem Lagrangemultiplikator A₀ einen weiteren unphysikalischen Freiheitsgrad, was dem o.g. r ~ R und seinem kanonisch konjugiertem Impuls p ~ 0 entspricht. Im Gegensatz zu oben ist die Lösung des Gaußschen Gesetzes in der QCD jedoch nicht direkt möglich, da es im wesentlichen die Struktur DE - J° ~ 0 hat, wobei die kovariante Ableitung D sowie der Farbstrom J° die räumlichen Komponenten der Eichfelder enthält. E ist das chromo-elektrische Feld und trägt außerdem einen SU(3)-Index. In der QED kann man das Gaußsche Gesetz dagegen explizit lösen und erhält dadurch das statische Coulombpotential. Letztlich eliminiert man dadurch zwei unphysikalische Freigeitsgrade, nämlich A₀ sowie die longitudinalen Photonen bzw. Gluonen und erhält 4 - 2 = 2 physikalische, transversale Polarisationen. Die endgültige Theorie enthält nur noch zwei Eichfeldkomponenten, statt der ursprünglichen vier. |
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Spezielle Eichungen bekommen deshalb ggf. auch Namen, wie z.B. Lorenz- oder Coulomb-Eichung (s.a. Wikipedia) in der Elektrodynamik. |
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Ich denke, zum Einstieg in lokale Eichtheorien ist eher die simpelste lokale Eichtheorie, die Elektrodynamik, geeignet - siehe z.B.: https://de.wikipedia.org/wiki/Quantenelektrodynamik Das Eichboson dort ist das Photon; das lässt sich nicht wegtransformieren. Wie Bernhard schon sagte, bietet es sich in der Elektrodynamik auch mal an, Probleme in bestimmten Eichungen zu untersuchen: in der Coulomb-Eichung z.B. sieht die 0-te Komponente des Eichfeldes wie das vertraute Coulomb-Potenzial aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Coulomb-Eichung |
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„Wegtransformieren“ funktioniert in einer 1+1 dimensionalen Raumzeit für die QED und QCD. Die Argumentation lautet der Einfachheit halber etwas anders als oben.
Zunächst verwendet man die axiale Eichung A₁ = 0 Man betrachtet nun das Gaußsche Gesetz ∇E - ρ = 0 In der o.g. Eichung lautet dies in einer Raumdimension ∂₁(∂₀A₁ - ∂₁A₀) - ρ = 0 Aufgrund der gewählten Eichung erhält man - ∂₁²A₀ - ρ = 0 Dies ist eine zeitunabhängige Differentialgleichung, die man mittels einer Greenschen Funktion lösen kann: A₀(x) = A₀[ρ] = ∫ dy G(x-y) ρ(y) Einsetzen in den Wechselwirkungsterm V = ∫ dx A₀ρ der Hamiltonfunktion liefert V = ∫ dx dy ρ(x) G(x-y) ρ(y) Die Greensche Funktion G(x-y) liefert gerade das Coulomb-Potential! In 1+1 Dimensionen gilt G(x) ~ |x|, in 3+1 Dimensionen das bekannte G(x) ~ 1/|x|. In 3+1 Dimensionen bleiben noch zwei transversale, dynamische Polarisationen übrig, nämlich A₂, A₃; diese koppeln auch an die entsprechenden Komponenten des Stromes j. In 1+1 Dimensionen wird jedoch A₁ mit der Eichung A₁ = 0 sowie A₀ mit der expliziten Lösung A₀[ρ] vollständig eliminiert, d.h. hier existiert kein dynamisches elektromagnetisches Feld. Die Argumentation für die QCD ist komplizierter, die Abzählung der Freiheitsgrade bleibt jedoch gleich. In 3+1 Dimensionen gilt: das Vektorpotential A hat zunächst vier Komponenten. Die Eichung eliminiert eine Komponente, die Lösung des Gaußschen Gesetzes eliminiert eine weitere Komponente. Es verbleiben zwei dynamische Polarisationen. |
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IIRC, sind Theorien in 1+1 Dimensionen eine beliebte "Spielwiese" um Probleme wie Quark-Confinement zu untersuchen. Sie eignen sich anscheinend besonders zur Untersuchung nicht-perturbativer Effekte? |
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