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Alt 26.10.10, 07:29
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richy richy ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 01.05.2007
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Standard AW: Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft

Hi
@Jogi
Zitat:
Wohin soll denn dieses grundsätzliche In-Frage-Stellen der Wissenschaft führen?
Ich sehe nicht, dass Knut direkt die Physik in Frage stellen moechte.
Er stellt lediglich die Vollstaendigkeit der mathematischen Aussagelogik in Frage.
Das ist nichts neues. Jeder weiss dass sich das Hilbert Programm mit Goedel erledigt hat. Und natuerlich bringt dies etwas. Zunaechst mal etwas Negatives. Und wenn man dies ueberwinden kann auch etwas Positives.

Knut hat mit seinen Beitraegen vornehmlich diese mathematische Problematik angesprochen. In der Mathematik gibt es Wahrheiten und Nichtwahrheiten (und Unentscheidbares). In der Form, dass man Aussagen aus den Grundaxiomen logisch herleiten kann oder sie diesen widersprechen. Hier faellt auch keine SGL oder Maxwellgleichungen vom Himmel. Alles baut auf den Axiomen auf. Das ist genau der Zustand den die Physik gerne erreichen moechte. Wenige Grundgroessen aus denen sich alles ableiten laesst.
Knut, besser Goedel greift mit seinen Ueberlegungen diesem Zustand schon voraus. Aber betrachten wir das mal der Reihe nach :

Zitat:
Zitat von Bauhof
welcher Glaube soll denn die Grundlage der Mathematik sein?
Der Glaube, die Akzeptanz der Axiome eines mathematischen Themenbereiches. Diese Axiome lassen sich natuerlch nicht beweisen. Man kann sie nur glauben, akzeptieren.
Zitat:
Zitat von Bauhof
Das Axiomen-System der Mathematik ist m.E. kein Glaubenssystem, sondern eine willkürliche Schöpfung des menschlichen Geistes, ...
Natuerlich sind Axiome fuer uns ein Glaubenssystem. Nicht der Glaube an einen Gott mit Bart, sonder der Glaube an ganz einfache Dinge die jeder akzeptieren kann. "Willkuerlich" halte ich fuer eine gewagte Aussage. Sind die Primzahlen eine willkuerliche Schoepfung des menschlichen Geistes ? Der etwas schoepfen kann dass er selbst nicht versteht ? Oder hat er sich lediglich vertan ?
Zitat:
Zitat von Bauhof
das von Fall zu Fall erweitert wird, um nach und nach ein adäquates Beschreibungsmittel für die Natur zu gewinnen.
Die schlimmste Blamage eines Mathematikers duerfte die sein ein redudantes Axiom zu formulieren. Dennoch ist diese Aussage von Bauhof in Ordnung hinsichtlich einem praktischen Verstaendnis der Mathematik.
Nicht fuer die Primzahlen oder Fibonaccizahlen, aber zum Beispiel fuer diese Problematik :

@knut
Zitat:
Zitat von Knut
Was ist schon an dem Satz: „1 + 1 = 2“ logisch?
Wenn man dieses Modell in eine physikalische Situation uebersetzt ist es verstaendlich.
Zitat:
Aber was ist eine Summe.
Eine Aneinanderreihung z.B. zweier Waschmaschinen. Zuvor war es eine. Jetzt stelle ich noch eine daneben.
Zitat:
Was heißt „ist gleich“?
Das Ergebnis, das physikalische Szenario wenn ich eine weitere Waschmaschine hinzufuege.

Aber vorsicht. Hier habe ich Mathematik ueber Physik erklaert. Dazu ueber ein weiteres formales Sytem. Dem der Sprache.
Ist Mathematik also nur eine symbolische, verkuerzte Sprache ?
Ich meine nein, aber das kann ich natuerlich nicht beweisen.
Alleine der Umstand dass nicht jede mathematische Loesung einer physikalischen Loesung entsprechen muss, analytisch nicht loesbare Probleme und Primzahlen existieren, oder der mathematische Begriff der Null oder Unendlichkeit sprechen fuer meine Annahme, dass Mathematik nicht nur der Rechenknecht der Physik ist. Dennoch. fuer uns bleiben die doch relativ einfachen Axiome der Mathematik, einfachste Aussagen wie 1+1=2 ohne eine physikalische Vorstellung unverstaendlich. Wir koennen Mathematik und Physik anscheindend nicht getrennt voneinander betrachten. Na Gott das ist ja auch kein Schaden. Fuer uns machen Physik und Mathematik nur zusammen einen Sinn.
Wir sind nicht das Maß des Universums.
Und daher muss dies kein fundamentales Prinzip sein.

Es ergibt sich davon abgesehen folgende Situation.

0) Ohne Axiome landen wir in Schleifen der Unendlichkeit. Wer das mag, naja.
Letztendlich kann man die Unendlichkeit nicht verstehen und muss sie damit selbst als Axiom betrachten.
=>
Es gibt fuer uns ueberhaupt keinen anderen Weg als Axiome zu akzeptieren.

1) Der Glaube an die Axiome der Mathematik scheint wenigstens zum Teil nur durch unsere physikalische Erfahrung gerechtfertigt.

2) Deren Hypothesen , bezueglich einer Existenz (von Raum und Zeit) sind aber nur in einem Modell einer erweiterte Mengenlehre gerechtfertigt. Das kann man nur noch grenzwertig ueber eine physikalische Anschauung verstehen. An dieser Stelle naehert sich die Schlange schon betraechtlich ihrem eigenen Schwanz.

3) Die Physik ist ueber die wissenschaftliche Vorgehensweise nur ueber mathematische Modelle beschreibbar.


Bisher beisst sich die Schlange nicht wirklich in den Schwanz.
Aber mit Sicherheit im Folgenden
4) Der Goedelsche Unvollstaendigkeitssatz.

Unter Beruecksichtigung von 3 ergibt sich naemlich folgende Schlussfolgerung :
Selbst wenn wir die Natur vollstaendig beschreiben koennten, naemlich mit Hilfe der Mathematik einer TOE, gaebe es Naturgesetzte von denen wir nicht wuessten ob sie wahr oder falsch sind.
Und das ist prinzipieller Natur.
Und daher koennen wir die Natur niemals rein mathematisch vollstaendig beschreiben. Prinzipiell nicht !
Aber dass weiss jeder, dass dazu mehr notwendig ist.

Gruesse

Ge?ndert von richy (26.10.10 um 18:33 Uhr)
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