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Alt 02.10.12, 16:38
Marcus Ulpius Marcus Ulpius ist offline
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Standard AW: Abgleich meines Wissens

Hallo EVB,

auf die Schnelle:

Studiere bitte zunächst einmal aufmerksam (wenigstens die ersten, einleitenden Seiten) dieses Manuskript(s): http://www.math.uni-augsburg.de/~eschenbu/riem.pdf

Ergänzen möchte ich einen kurzen Ausriss aus Riemanns Habitilationsschrift:
"Ich werde nun zeigen, wie man umgekehrt eine Veraenderlichkeit, deren Gebiet gegeben ist, in eine Veraenderlichkeit von einer Dimension und eine Veraenderlichkeit von weniger Dimensionen zerlegen kann. [...] Hierdurch wird die Ortsbestimmung in der gegebenen Mannigfaltigkeit zurueckgeführt auf eine Groeßenbestimmung und auf eine Ortsbestimmung in einer minderfach ausgedehnten Mannigfaltigkeit."

Riemanns Leistung besteht (vorrangig) darin, Gauß theorema egregium auf n-dimensionale Mannigfaltigkeiten verallgemeinert zu haben:
Die Hauptkrümmungen einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit / Fläche sind abhängig von deren Einbettung in eine n+1 dimensionalen Mannigfaltigkeit / Raum (= äußere Geometrie - Hier hat auch der Begriff "äußere Krümmung" seinen Ursprung).
Das Produkt der Hauptkrümmungen (= Gaußsche Krümmung bzw. (Schnitt)Krümmung riemannscher Mannigfaltigkeiten) lässt sich dagegen auch rein aus der jeweiligen Metrik selbst ermitteln (= inneren Geometrie - deshalb auch "innere Krümmungen" genannt) ohne hierfür etwas über die äußere Geometrie der Mannigfaltigkeit wissen zu müssen.
Wobei sich jede innere Krümmung in einer äußeren, aber nicht jede äußere in einer inneren Krümmung widerspiegelt.
(siehe z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Raumkr%..._Kr.C3.BCmmung)

Zur Veranschaulichung möchte ich das hier bereits von anderer Seite eingebrachte Flatländer-Beispiel aufgreifen:

Ein flach auf einem Tisch ausgebreitetes Blatt Papier möge unser Flatland symbolisieren.

Rollen wir nun dieses Blatt zu einem Zylinder (ohne seine Kanten miteinander zu verbinden).

Die Bewohner von Flatland werden davon nichts bemerken: Die innere Geometrie des Blattes ist dieselbe wie zuvor (euklidisch). Die äußere Geometrie des Blattes hat sich allerdings verändert - Die Riemannsche Metrik kann diese Veränderung jedoch nicht fassen / bleibt von dieser unberührt.

Man kann es auch so sagen: Die Riemann-Metrik kann nicht zwischen einer Ebene und einem Zylinder unterscheiden - Sie kann keine (vollständigen) Aussagen über die äußere Gestalt/Geometrie einer betrachteten Mannigfaltigkeit liefern.

Das ist aber auch gar nicht erforderlich: Für unsere Flatländer ist dieser Sachverhalt belanglos denn die Veränderung der äußeren Geometrie hat keine Auswirkungen auf sie und/oder ihre Umgebung - solange sich diese Veränderung nicht gleichzeitig auf die innere Geometrie auswirkt (Diese Zusammenhänge sind im Übrigen Grundlage der Topologie - Eine in meinen Augen für die Physik sehr interessante Diziplin. Das konkrete Stichwort hier lautet im Übrigen Homöomorphismus).

Das ganze kurz noch mathematisch umrissen:
Die innere Geometrie befasst sich mit denjenigen Größen, die aus der ersten Fundamentalform (g_ij = X_i, X_j) (sowie deren ersten und zweiten Ableitungen) hervorgehen. Der Riemann-Tensor (bzw. auch Riemannsche Krümmungstensor) beschreibt dabei die innere Krümmung einer Mannigfaltigkeit. Besitzt dieser Tensor von Null verschiedene Komponenten betrachtet man die betreffende Mannigfaltigkeit als gekrümmt. Da ein Tensor, welcher in einem Koordinatensystem nichtverschwindende Komponenten besitzt, auch in jedem anderen Koordinatensystem von Null abweichende Komponenten aufweist (Merke: "Ein Tensor läßt sich nicht wegtransformieren"), ist diese Krümmungsaussage von der Wahl des Koordinatensystems unabhängig.
Die äußere Geometrie befasst sich mit denjenigen Größen, die der zweiten Fundamentalform entspringen.

Conclusio:
Riemann macht keine Vorgaben wievieldimensional (und ob eingebettet oder nicht) wir uns unsere Welt vorzustellen haben - Ansonsten wäre nicht nur Deinen Vorstellungen sondern z.B. auch den Stringtheorien (oder Ansätzen wie denen von Kaluza und Klein) der Boden entzogen, EVB.

Wobei ich - das muß ich leider eingestehen - zweiterem durchaus mehr Bedauern entgegengebracht hätte. Ich hoffe Du siehst mir das nach.

wkr
Marcus
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