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Alt 19.12.18, 07:57
HelmutH HelmutH ist offline
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Registriert seit: 12.12.2018
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Standard Helmut Hansens Ansichten zur Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Lieber Moderator,

vielen Dank für Deine kritischen Anmerkungen. Ich muss zugeben, dass es mir in der Tat nichtgelungen ist, Dir den Unterschied zwischen dem von Einstein in seiner Arbeit aus dem Jahre 1905 formulierten zweiten Postulat und der heutigen modernen Deutung dieses Postulates deutlich zu machen. Ich kann nur vermuten, dass die bisweilen sehr emotional geführte Diskussion wesentlich dazu beigetragen hat.

Mit dem von H. Ives zitierten Aufsatz habe ich nur deutlich machen wollen, warum sich das zweite Postulat trotz der Kritik, es sei unlogisch, bis heute hat behaupten können.

Es ist - wie Deine Reaktion zeigt - sicherlich, und ich räume dies auch ein, ein unglücklicher Zug gewesen, auf einen Satz in diesem Aufsatz Bezug genommen zu haben, in dem auf der einen Seite die empirische Gültigkeit dieses Postulates betont wird, während es auf der anderen Seite zugleich für unlogisch erklärt wird.

Das war zweifelsohne irreführend. Es suggeriert, dass ich die moderne Fassung für unlogisch halte. Dem ist aber nicht so - im Gegenteil: Ich halte dieses Postulat weder in der alten noch in der neuen Fassung für falsch. Es geht mir lediglich darum, den Unterschied zwischen beiden Fassungen zu bezeichnen und Überlegungen darüber anzustellen, welche Konsequenzen dies haben könnte.

Dass es einen solchen Unterschied gibt, ist keine ausschließlich von mir behauptete Erkenntnis. So hat sich der Physiker Ralph Baierlein hat sich in seinem Aufsatz "Two myths about special relativity" u.a. mit eben diesem Unterschied befasst.

In Abschnitt III seines Aufsatzes fragt er: "Does the phrase "the constancy of the speed of light" have the same meaning today that it had when Einstein used it in 1905?

Seine Antwort: No. Today the primary meaning is that, given a specific burst of light, the burst's speed is measured to have the same numerical value in all inertial frames.

Wenige Zeilen später betont er, dass es in Einstein's Aufsatz aus dem Jahre 1905 allein die Bedeutung habe, dass die Lichtgeschwindigkeit von der Geschwindigkeit der Lichtquelle unabhängig ist. Er bezeichnete diese Fassung des zweiten Postulates ausdrücklich als sekundär. Diese Fassung wird oft in Abgrenzung zu dem zweiten Postulat als drittes Postulat bezeichnet. (in: Gedankenexperimente von Henning Genz)

Die Tatsache, dass das zweite ursprüngliche Postulat der SRT aus dem Jahre 1905 nur sekundärer Natur ist, bedeutet nun nicht, dass es falsch ist. Dies stünde auch im Widerspruch zu seiner empirischen / experimentellen Verifikation. Es tritt nur - im Vergleich zur primären Fassung - stärker in den Hintergrund. Hierfür gibt es eine ganze Reihe von Gründen - einen dieser Gründe habe ich bereits in dem "irrelevanten Rest meines Beitrages" genannt.

Da das zweite klassische Postulat seine Existenz lediglich einer speziellen Eigenschaft des Lichtes verdankt und seinen Ursprung in Maxwell's Theorie hat, während das Relativitätsprinzip - zumindest von seinem Anspruch her - universeller Natur war, gab es wiederholt Versuche, dieses Postulat loswerden zu wollen, um eine allgemeinere Theorie der Relativität auf den Weg zu bringen, die ohne dieses, von seinem Gültigkeitsbereich her begrenzte Postulat auskam.(see: Relativity without light: A further suggestion by Shan Gao).

Dass das zweite Postulat aus dem Jahre 1905 dennoch Bestand haben sollte, ist sicherlich dem Umstand zuzuschreiben, dass namhafte Physiker wie z.B. Wolfgang Pauli (1921) dezidiert den Standpunkt vertraten, dass das Lichtpostulat in der SRT notwendig ist, um die Lorentztransformation ableiten zu können.

In Anbetracht der Möglichkeit, dass die primäre Bedeutung dieses Postulates die Anwendung der SRT auch zukünftig dominieren wird und als solches die Bezugnahme auf das zweite, sekundäre Postulat als entbehrlich ausweist,
tauchte die Frage auf: Bleibt der Verzicht auf die Bezugnahme der Lichtquelle wirklich physikalisch folgenlos - oder zahlen wir am Ende einen zu hohen Preis? Wird uns durch die primäre Fassung des zweites Postulates womöglich der Zugang zu einer tieferen Wirklichkeitsebene abgeschnitten?

Das sind Fragen, die mich bewegen. Es hat - wie ich behaupten möchte - bis heute keine Ideen gegeben, durch die der erkenntnistheoretische Status des zweiten klassischen Postulats nachhaltig gestärkt worden wäre. Dass das Lichtpostulat als notwendig erachtet wird, um im Rahmen der SRT die Lorentztransformation ableiten zu können, stärkt letztlich die primäre Fassung dieses Postulates.

Wie die Geschichte der SRT zeigt, ebnete Einstein's zweites Postulat der primären Fassung entscheidend den Weg - und paradoxerweise ist es gerade dadurch in Gefahr, aus unserem Blickfeld zu verschwinden, weil es - wie der Physiker Moses Fayngold zeigt - im Rahmen der primären Fassung nicht länger notwendig ist, auf dieses Postulat Bezug nehmen zu müssen.

Mein Resumee: Im Rahmen der Entwicklung der SRT hatte das zweite Postulat eine vitale Bedeutung, doch ihm Rahmen der primären Deutung der SRT ist es in Gefahr, gerade diese vitale Bedeutung zu verlieren.

Gruss Helmut
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