Zitat:
Zitat von Bernhard
Würdest Du dann anstelle des Kollapses Prozesse verwenden, die einer (allgemeinen) Schrödinger-Gleichung genügen?
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Vom Standpunkt der "Standardphysik", also dem, worin die wissenschaftliche Community weitestgehend übereinstimmt, muss man sagen, dass das Messproblem in der Quantenmechanik nach wie vor nicht geklärt ist. Gerade weil es keine klare Linie in der Community gibt, erachte ich es hier für angebracht, dass alle Erklärungsversuche bisweilen als Interpretationen der Vorgänge anzusehen sind, über die eine Einigung herrscht.
Die englische Wikipedia-Seite hierzu ist meiner Meinung nach klarer und auch auf dem neueren Stand als die deutsche:
https://en.wikipedia.org/wiki/Measurement_problem
Meine Einschätzung ist, dass die Physiker auf den Gebieten der Quantenphysik, die am meisten mit dem Messproblem zu tun haben, eher nicht Anhänger der Kopenhagener Interpretation des Kollaps der Wellenfunktion sind, insbesondere nicht die jüngeren. Weiters ist mein Eindruck, dass die Kopenhagener Deutung spätestens seit den Arbeiten über den Einfluss der Dekohärenz in der Quantenmechanik Mitte der 1990er immer weiter zurück gewichen ist.
Ein guter Überblick über die Entwicklung der letzten 30 Jahre - und da ist doch einiges auf diesem Gebiet geschehen - gibt die Arbeit von Schlosshauer:
Decoherence, the measurement problem, and interpretations of quantum mechanics (2005)
Hier zitiert er Zurek (1998):
A “collapse” in the traditional sense is no longer necessary. (…) [The] emergence of “objective existence” [from decoherence] (…) significantly reduces and perhaps even eliminates the role of the “collapse” of the state vector.
Es gibt dazu unterschiedliche Meinungen. Jedenfalls ist der Kollaps der Wellenfunktion nichts, das man als Faktum der Physik ansehen könnte, und das war er auch nie, gab es doch immer viele (auch namhafte) Physiker, die diese Interpretation völlig ablehnten, darunter z.B. Einstein und Schrödinger.