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Alt 13.05.17, 18:18
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TomS TomS ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 04.10.2014
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Standard AW: SRT als Spezialfall der ART

Wenn man die Feldgleichungen der ART für die Raumzeit-Mannigfaltigkeit M löst, dann sucht man üblicherweise eine Metrik g auf M. Dieses g ist dann eine spezielle Lösung.

Nun kann man verschiedene Metriken g, g', g'' zur selben Mannigfaltigkeit M finden. Du kannst z.B. die selbe flache Ebene sowohl mittels kartesischen als auch mittels Polarkoordinaten überdecken. Änderung des Koordinatensystems ändert nichts an Längen, Flächen, Winkeln etc., beschreibt also letztlich die selbe Situation.

D.h. dass zusammen mit g auch bestimmte andere Metriken g', g'', ... auf M möglich sind und die Feldgleichungen der ART für das selbe M lösen. Es sind aber nicht beliebige andere Metriken g*, g**, ... erlaubt, denn diese beschreiben i.A. andere Mannigfaltigkeiten M*, M**, ..., die nicht mit M übereinstimmen. Z.B. beschreibt ein Koordinatensystem auf einer Kugelfläche eben eine Kugelfläche und keine Ebene.

Wie unterscheidet man nun diese beiden Fälle:
i) g, g', g'', ... gehören zum selben M
ii) g, g*, g**, ... beschreiben unterschiedliche M, M*, M**

In der ART - genauer: der Riemannschen Geometrie - liegt (i) vor, wenn g ~ g' ~ g'' ~ ... äquivalent bzw. diffeomorph sind, d.h. mittels eines sogenannten Diffeomorphismus = einer "genügend glatten" Koordinatentransformation ineinander überführt werden können. Dieser Diffeomorphismus darf keine Artefakte wie Kanten, Knicke, Löcher o.ä. einführen. Es liegt (ii) vor, wenn zwischen g und g* kein derartiger Diffeomorphismus existiert.

Das, was physikalisch relevant ist, ist die Äquivalenzklasse aller Metriken g, g', g'', ... modulo aller Diffeomorphismen; man schreibt:

[M] = {g, g', g'', ...} / ~

Vergleiche: die Kugeloberfläche [K] ist das, was übrigbleibt, wenn du alle möglichen Koordinatensysteme betrachtest und alle Unterschiede, die rein aufgrund der Koordinatentransformationen entstehen, wieder eliminierst; diese Unterschiede sind künstlich bzw. irrelevant. Z.B. hängt die Entfernung von Nürnberg nach Berlin nicht vom verwendeten Koordinatensystem ab, sondern lediglich von der gewählten Route; die Orte, durch die unterwegs fährst, sind für dich eindeutig bekannt, ohne dass du überhaupt über ihre Koordinaten nachdenkst.

Das hört sich ziemlich kompliziert an, deswegen ein sehr einfaches Beispiel: [Mittag], d.h. "wenn die Sonne im Zenit steht", sind alle Uhrzeiten 12:00, 36:00, 60:00, ... modulo 24. Hier ist die Äquivalenz einfach die Addition von beliebigen Vielfachen von 24, im obigen Beispiel ist die Äquivalenz eine beliebige Koordinatentransformation. Auch davon gibt es unendlich viele.
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.

Ge?ndert von TomS (13.05.17 um 18:37 Uhr)
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