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Alt 30.08.10, 17:06
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richy richy ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 01.05.2007
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Standard AW: Das grosse Fenster ...

Hi JGC

Feigenbaumdiagramm und Mandelbrotmenge gehoeren zunaechst nicht zusammen. Sondern das Feigenbaumdiagramm gehoert zur Verhulst Gleichung, auch logistische Abbildung genannt :
http://de.wikipedia.org/wiki/Logistische_Gleichung

y(k+1)=r*y(k)*(1-y(k)) . Ja, sieht ganz harmlos aus !
Ein nichtlinearer rueckgekoppelter Prozess. Nicht komlexwertig wie Mandelbrot.
Je nachdem wie man den Parameter r waehlt weist diese Gleichung verschiedene Verhaltensmuster auf. Der Bereich r=0 bis 4 ist am einfachsten zu erfassen.
(Die simulierte Funktion y(k) ist selten dargestellt, denn man kann wenig in ihr erkennen.) Nur fuer 3 Werte r ist die Gleichung bis heute loesbar. Die meisten Bilder die man sehen kann sind daher numerische Simulationen.
BTW:
Fuer r=4 wird die Iteration voellig chaotisch, zufaellig. Aber gerade den Fall kann man die Gleichung loesen.
Das Feigenbaumdiagramm stellt nicht direkt die Funktion y(k) dieser Gleichung dar. Sondern es sind die Haeufungspunkte (Attraktoren) dieser Funktion dargestellt ueber r.

Grafisch ausgedrueckt.
Man laesst die Iteration erstmal einschwingen, indem man irgendeinen Anfangswert y(0) zwischen 0 und 1 einfach einige Male durchratten laesst. Danach verhaelt sich die Iteration fuer alle Startwerte gleich. Zum Beispiel springt sie zwischen zwei Punkten hin und her (vergleichbar einer Rechteckfunktion).
Erhoeht man den Wert r nun in der naechsten Simulation springt sie zwischen zwei anderen Attraktoren hin und her. (Der Anfangswert spielt keine Rolle)
In der Feigenbaumgrafik sind die zwei Aeste vor dem Verzweigungspunkt 1 ein solcher 2 er Zyklus. Leider ist die untere Achse nicht beschriftet. Das ist der Parameter r. Man sieht auch schoen. warum es im Fenster 4 ein Dreierzylus ist. Das Feigenbaumdiagramm resultiert somit nicht aus einer Simulation ueber ein festes r der logistischen Abbildung, sondern fuer jedes r muss man eine Simulation durchfuehren. Also vielleicht 1000 oder 10000 Simulationen mit jeweils 500 Iterationen. Das macht man natuerlich in einer Schleife und geht auf heutigen Rechnern ruck zuck. Wenn du eine senkrechte Linie durch das Feigenbaumdiagramm zeichnest. Das ist das Ergebnis einer numerischen Simulation.
Zitat:
Ich wollte mal fragen, wieso der Ast der oberen Hälfte des Feigenbaumes andere Winkelverzweigungs-Verhältnisse aufweist, wie die untere Hälfte des Feigenbaums..
Liegt das an der Beschaffenheit der Ausgangsformel??(dem willkürlich gesetzten Anfangspunkt?)
Ja das liegt an der Beschaffenheit der Gleichung y(k+1)=r*y(k)*(1-y(k)).
Aber nicht am Startwert ! Also welchen Wert du am Anfang rein steckst. Der hat keinen Einfluss. Einiges kann man sogar noch analytisch ausrechnen und das hab ich auch mal durchgefuehrt (Recht arbeitsaufwendig):
Hier hab ich statt "r" die Bezeichnung "a" gewaehlt.

Das Feigenbaumdiagramm folgt nur abschnittsweise zwischen zwei Verzweigungen einer gemeinsamen Gleichung. Bei jeder Verzweigung wird eine ,besser zwei, neue Gleichungen erzeugt und die alte ist nicht mehr gueltig. Daher die Unsymetrie. Aber es herrscht ab dem (nicht genau berechenbaren) Feigenbaumpunkt r=3,57.... soundso das Chaos. Nur an einigen Punkten wird dieses kurz durch Ordnung unterbrochen. Fenster der Ordnung, die hellen senkrechten Streifen. (Siehe auch Ljapunovexponent zur Detektion der Fenster)
http://home.arcor.de/richardon/richy...alytic/le1.htm

Beispiel
Dass das Feigenbaumdiagramm der Gleichung (r-1)/r folgt ist nur zwischen 0 und 3 gueltig. Ab dem Wert 3 existiert der Attraktor noch aber er verliert seine Anziehungsfaehigkeit. Dann gilt die "blaue" Gleichung. Deren Attraktoren sind anziehend. Fuer diese muss man schon ein Polynom 4 ter Ordnung loesen.(Das man auf Ordnung 2 reduzieren kann). Aber mit jeder neuen Verzweigung 4er 8er 16er Zyklus wird die Aufgabe schwieriger, denn das Polynom immer hoeherer Ordnung. Auch ein Computer kann diese nicht loesen.
Grob gesagt. Daher weiss man bis heute nicht bei welchem Parameter r dieser Schritt ins Chaos ueber die Periodenverdoppelung genau vollzogen ist.
Dass ich den Punkt 1+sqrt(8) kenne ist reiner Zufall. Wobei schlaue Leute den Wert wohl auch berechnen koennen. Aber niemals die Verhulst Gleichung selbst. Heuristisch :
Alle Punkte 1+Wurzel(n) stellen im Diagramm Besonderheiten dar.
Zwei ist zum Beispiel 1+Wuzel(1)
Vier ist zum Beispiel 1+Wuzel(9)

Zitat:
Gehören also Feigenbaum und Apfelmännchen zusammen?
Wie erwaehnt ist die Antwort nein. Aber Juliamengen lassen sich auch in der Verhulst Gleichung finden. Selbstaehnlichkeit im Feigenbaumdiagramm, Die Verhulst Gleichung sicherlich auch in der Mandelbrotmenge ...
In der Chaostheorie sprich man daher von Dialekten. Verhulst und Mandelbrot gehoeren dem selben quadratischen Dialekt an.

Gruesse

Ge?ndert von richy (15.04.11 um 15:48 Uhr)
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