Einzelnen Beitrag anzeigen
  #3  
Alt 02.12.18, 11:53
Benutzerbild von TomS
TomS TomS ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 04.10.2014
Beitr?ge: 3.124
Standard AW: Quantenzahlen und Freiheitsgrade

Man muss Freiheitsgrade und maximale Sätze vertauschbarer Observablen unterscheiden.

Für ein klassisches Teilchen ohne Rotationsfreiheitsgrade in N Dimensionen wird der 2N-dim. Phasenraum durch (x,p) mit den jeweils N-dim. Vektoren x, p aufgespannt. Allerdings sind nach Quantisierung von den zugehörigen Operatoren immer nur N aus den 2N gleichzeitig diagonalisierbar. Bei Vorliegen von Translationsinvarianz in k ≤ N Dimensionen erhält man daraus k erhaltene Impulse.

Alternativ kann man auch den Drehimpuls L betrachten. In N Dimensionen hat er N(N-1)/2 unabhängige Komponenten, d.h. man benötigt diese Anzahl an Drehwinkeln. Die maximale Anzahl k gleichzeitig diagonalisierbarer Generatoren entspricht dem sogenannten Rang der Liealgebra, d.h. der Dimension der sogenannten Cartan-Unteralgebra. Dabei ist

rank SO(N) = k

für

B(k) = SO(2k+1) = SO(N); k = (N-1)/2
D(k) = SO(2k) = SO(N); k = N/2

Außerdem existieren noch k sogenannte Casimir-Operatoren, d.h. Operatoren, die mit allen Generatoren vertauschen. Insgs. liefert uns dies 2k = (N-1) bzw. 2k = N untereinander vertauschende Operatoren, im Falle ungerader N also N-1, speziell der SO(3) gerade L² und L₃. Eine dritte vernünftige Observable ist der Hamiltonoperator H, der jedoch mit L² und L₃ nicht zwingend vertauscht. Mit N-1 haben wir also weniger als die erwarteten N Quantenzahlen.

D.h. dass die Konstruktion verschiedener Sätze gleichzeitig kommutierender Observablen i.A. nicht auf die selbe Anzahl von Quantenzahlen führen muss.

EDIT: speziell in N = 3, jedoch nicht für höhere N, haben wir im Falle des 1/r-Potentials eine erweiterte Symmetrie SO(4), die als zusätzliche Erhaltungsgröße den Lenz-Runge-Vektor liefert. D.h. für U ~ 1/r in N = 3 funktioniert dieses Argumentation nicht.

Ein weiteres Beispiel: betrachte den N-dim. harmonischen Oszillator. Er weist eine U(N) = U(1) * SU(N) Symmetrie auf. Für den Rang k der SU(N) gilt

rank SU(N) = k = N-1
rank U(N) = k+1 = N

D.h. die Darstellungen der SU(N) werden durch k Casimir-Operatoren sowie k weitere Quantenzahlen beschrieben, zusammen also 2k. Im Falle der SU(2), also dem 2-dim. harmonischen Oszillator mit k = 1 und 2k =2 führt das auf L² und L₃ (für den Bahndrehimpuls L = xp in der Vektordarstellung, d.h. keine halbzahligen Spins). Im Falle der SU(3), also dem 3-dim. harmonischen Oszillator, auf L² und einen kubischen Operator sowie L₃, L₈. D.h. für den N-dim. harmonischen Oszillator liegen 2k = 2(N-2) Quantenzahlen vor. Dazu kommt immer noch die erhaltene Gesamtenergie, die aufgrund der U(N) Symmetrie mit allen anderen Operatoren vertauscht.

D.h. dass die Konstruktion der Sätze gleichzeitig kommutierender Observablen sozusagen geschickt oder ungeschickt erfolgen kann, je nach Vorliegen bzw. Verwendung von Symmetrien. Bei genügend vielen Symmetrien übersteigt die Anzahl der Quantenzahlen offensichtlich die der Freiheitsgrade N.
__________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.

Ge?ndert von TomS (02.12.18 um 13:44 Uhr)
Mit Zitat antworten