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Alt 14.01.22, 22:58
Ich Ich ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Ein Experiment, um zu unterscheiden, ob Wesensverschiedenheit deines und meines Bewusstseins vorliegt, oder ob beide in etwa gleich funktionieren und sich introspektiv gleich anfühlen, kann nicht über die Sensorik laufen, denn dabei mische ich bei der Beobachtung von dir Effekte der Sensorik dazu, die ich bei der reinen Introspektion nicht habe. Es ist jedenfalls ein Unterschied, ob ich einen Gedanken habe, ausspreche und dies höre (und mir dessen bewusst bin), oder ich ich nur deinen Gedanken ausgesprochen höre. Im ersten Fall ist es mein Gedanke und mein Bewusstseinsinhalt, der sich nur unwesentlich dadurch ändert, dass ich ihn ausspreche, im zweiten Fall ist es nicht mein Gedanke sondern deiner. Im ersten Fall ist meine Aktorik und Sensorik verzichtbar, im zweiten nicht.

Daraus leite mich nicht ab, dass dein Bewusstsein für dich völlig anders funktioniert als meines für mich, ich leite lediglich ab, dass die Sensorik untauglich ist, über diese Gemeinsamkeiten und Unterschiede objektive Daten zu erhalten (und ohne Sensorik kann ich mich zwar selbst bewusst wahrnehmen, jedoch nicht dich, d.h. die Daten sind unvollständig).

Damit scheitert m.E. die wissenschaftliche Methode bereits im Ansatz. Sorry, wenn die Erklärung nicht passt; für mich fühlt sich das einfach offensichtlich an.
Ich habe das Gefühl dass du hier den komischen Philosophen nacheiferst, die von Zeit zu Zeit das Physikerboard heimsuchen. Du machst m. E. (und sorry, wenn ich das so krass sage) aus einem Mangel an Phantasie eine vermeintliche Denknotwendigkeit.

Natürlich wird man "dem Geheimnis des Bewusstseins" nicht auf die Schliche kommen, indem man jemand anderen anschaut und fertig. Dann wird man feststellen, dass man nicht jemand anders ist und sonst nicht wahnsinnig viel lernen.

Man kann in naher Zukunft schon einiges lernen, weil Lebewesen so wundervoll Top-Down organisiert sind. Wenn du z.B. ein bisschen Lysergsäurediethylamid dazugibst, dann geht nicht einfach alles kaputt, sondern es eröffnen sich vollkommen neue Bewusstseinszustände (weiß ich natürlich nur aus Berichten). Ähnlich aufschlussreich sind manche Läsionen. Allein durch Beobachtung der Effekte kann man vieles lernen über das Bewusstsein oder was man dafür hält.

In ferner Zukunft kann man vielleicht Gehirne kopieren und auf deterministischer Hardware laufen lassen. Dann kann man sehen, wie Bewusstseinszustände und das "Programm" zusammenhängen, und man kann reproduzierbare Untersuchungen anstellen, welcher Zustand wodurch repräsentiert wird. Man kann in einem Gehirn Muster identifizieren, die bestimmten Aspekten von "Bewusstsein" zuzuordnen sind, in andere Gehirne übertragen und nachprüfen, ob die selben Introspektionsergebnisse berichtet werden. Man kann sogar die Grenzen zwischen Individuen aufweichen, indem man zwischen Gehirnen interpoliert. Oder aus einem Individuum verschiedene machen, indem man kontrolliert extrapoliert.

Die Evolutionsbiologie wird vermutlich auch noch das "Warum" liefern, wieso also ein intelligentes soziales Wesen wie der Mensch Introspektion entwickelt und sich selbst als Betrachter wahrnimmt. Und auch aus welchen ursprünglichen Gehirnfunktionen das entstanden ist.

Und nochmal: Ich sage nicht, dass das alles passieren wird, und ich rede auch nicht von ethischen Fragen. Ich zeige nur auf, dass sehr viel mehr möglich ist als "ich beobachte dich und wundere mich". Und ich argumentiere nicht, dass man auf diese oder ähnliche Weise zu einem vollständigen Verständnis des Bewusstseins gelangen wird, das muss ich auch nicht. Aber ich denke, es ist offensichtlich, dass man heute keine prinzipiellen Hürden für ein solches Unterfangen belegen kann.


Zitat:
Ich habe nie behauptet, dass diese Kategorien wissenschaftlich wären. Aber nicht alles, was unwissenschaftlich ist, ist auch prinzipiell Mumpitz; es ist nur im wissenschaftlichen Kontext Mumpitz. Deswegen kann ich sie im wissenschaftlichen Kontext verwerfen, aber nicht, weil ich sie für nicht existent halte, sondern weil ich mir klar mache, dass sie der wissenschaftlichen Methode nicht zugänglich sind.

Damit habe ich die Argumentation hoffentlich geliefert.
Nein. Wenn etwas im wissenschaftlichen Kontext Mumpitz ist, dann ist es Mumpitz. Vermutlich, weil es nicht existiert. Wenn nachgewiesen dass in allen Gehirnen dasselbe vor sich geht, wenn man die Farbe Rot sieht, und die Funktion davon verstanden ist, dann ist es gut. Kein Mensch braucht dann irgendwelche "Qualia".
Es wird noch Leute geben, die damit nicht zufrieden sind und behaupten, dass das nur Beschreibungen wären und man nicht erklären könne, was der Eindruck "Rot" "wirklich ist". Genau so, wie das heute auch Leute von der Gravitationstheorie, den Relativitätstheorien oder der klassischen Mechanik behaupten. Das ist nichts neues.
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