Einzelnen Beitrag anzeigen
  #173  
Alt 19.01.22, 13:38
Benutzerbild von TomS
TomS TomS ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 04.10.2014
Beitr?ge: 3.124
Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Die nicht-funktionalen Kriterien sind es ja gerade, die das NN lernen soll. Das Lernen beruht auf Fehlerrückführung (backpropagation), wofür die Vorgabe eines zu erreichenden Zieles Voraussetzung ist. Für ein Schach trainierendes NN ist diese Vorgabe die Maximierung der Bewertung. Für ein Bewusstsein trainierendes NN ist diese Vorgabe das, was Bewusstsein ausmacht. Und eben das wissen wir nicht.
Das ist beim Menschen doch auch irrelevant. Niemand wird konkret mittels eines Lernalgorithmus speziell auf Bewusstsein trainiert. Menschen hatten wahrscheinlich bereits ein Bewusstsein, bevor sie auf einer Metaebene begannen, darüber nachzudenken. Die wesentlichen biologischen Merkmale (mit Ausnahme von Gehirnmasse und der Verschaltung) haben sich in den letzten Jahrtausenden wohl nicht derart geändert, dass Bewusstsein gerade darauf zurückzuführen sein dürfte.

Das Gehirn empfängt Signale von Sinnesorganen und reagiert mit extern sichtbaren Aktionen; im Gehirn laufen biochemische Reaktionen ab. Mehr wissen wir nicht sicher. Über Evolution und Training (Erziehung) ist das emergente Phänomen Bewusstsein entstanden - soweit die Hypothese.

Eine vergleichbare Hypothese stellt man nun bzgl. eines künstlichen Bewusstseins auf.

Frage: welche speziell auf das Bewusstsein zugeschnittenen Lern- oder andere Mechanismen siehst du denn beim Menschen?

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Wenn wir uns einig sind, dass wir das nicht wissen, weshalb sind wir uns dann nicht einig, dass ein NN Bewusstsein nicht lernen kann?
Wir sind uns einig, dass wir das nicht wissen.

Zunächst ein logisch: wenn wir dies nicht wissen, bleiben offenbar mehrere Optionen; es gibt dann keinen logischen Grund, warum wir uns auf genau eine davon einigen müssten.

Ich formuliere die Hypothese, dass die bekannten Prozesse, Interaktionen und Rückkopplungen beim Menschen ausreichend für die Emergenz von Bewusstsein sind. Eine äquivalente Hypothese formuliere ich für KIs.

Frage: was wäre denn deine Antithese?

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Ehrlich gesagt verstehe ich nicht was du hier sagen willst.

Diese Aussage "1. Aus dieser Hypothese resultiert einerseits eine naturwissenschaftliche Auffassung von Bewusstsein, wobei sich andererseits dessen - aus subjektiver Sicht hochrelevanten - rein introspektiv zugänglichen Aspekte prinzipiell der wissenschaftlichen Methode der objektiven Testbarkeit entziehen." halte ich für gewagt.
Worin besteht "der naturwissenschaftliche Anspruch", wenn die "naturwissenschaftliche Auffassung von Bewusstsein" sich messen lassen muss an dem worüber wir uns einig sind: wir wissen es nicht.
Das hatte ich schon mehrfach versucht zu erklären erklärt, siehe z.B.

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Unter der plausiblen Annahme, dass Bewusstsein aus Biochemie entsteht, ist der Ansatz, das Modell des Bewusstseins auf ein Modell biochemischer Prozesse zurückzuführen, wiederum plausibel ...

Es ist natürlich zu Beginn nicht klar, ob die o.g. Hypothese vollumfänglich trägt. Und es ist ziemlich sicher klar, dass selbst wenn sie funktional trägt, dennoch die rein introspektiv erfahrbaren Bewusstseinsphänomene wie mentale Zustände nicht oder nur teilweise erfassbar werden ...
M.a.W.: das Modell bzw. die Theorie ist naturwissenschaftlich, insofern sie ausschließlich auf bekannten Mechanismen der Physik und Biochemie basiert; die Theorie ist insofern unwissenschaftlich im Sinne Poppers, als sie bzgl. der rein introspektiv erfahrbaren Aspekte des Bewusstseins nicht falsifizierbar ist (sie ist außerdem nicht verifizierbar).

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
D.h. es könnte die paradox anmutende Situation entstehen, dass man tatsächlich ein vollständig [naturwissenschaftliches] Modell des Verstandes entwickelt hat, das ohne weiteres Zutun ... von selbst Bewusstsein entwickelt ... Allerdings fehlt immer noch unsere Einsicht in die mentalen Zustände dieses ... Bewusstseins ... Dies ... ist m.E. der entscheidende limitierende Faktor.
Zum Vergleich: viele naturwissenschaftliche Theorien enthalten nicht testbare Vorhersagen (für das innere Schwarzer Löcher gelten bestimmte Vorhersagen und mathematische Theoreme der ART; jenseits des kosmischen Horizontes gelten die bekannten physikalischen Gesetze; die Viele-Welten-Interpretation folgt mittels Schrödingergleichung und speziell Dekohärenz)

Zitat:
Zitat von Timm Beitrag anzeigen
Bei 6. scheinst du davon auszugehen, "künstliches Bewusstsein" sei gesetzt. Das sehe ich aus den genannten Gründen nicht so.
Rein von der Abfolge her ...

Zitat:
5. ... entsprächen diese KIs (inklusive ihrem hypothetischen Bewusstsein)
6. ... auf Basis einer zweiten Hypothese - der mathematischen Äquivalenz von biologischem und künstlichen Bewusstsein - ...
... baut (6) auf (5) auf.

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Ich hoffe, die Thematik "Abgleich" nun hinreichend geklärt zu haben. Hier sehe ich den Dissens.
Ok, verstanden. Habe ich oben nochmal versucht zu beantworten.

Zusammenfassend: ich sehe keinen expliziten Abgleich, kein explizites Training, keine spezifischen Mechanismen und keine objektive Beobachtung d.h. keinen Test bzgl. Anwesenheit von von Bewusstsein.

Frage: hältst du du diesen Ansatz für eine Sackgasse? warum? was fehlt dir? oder bist du lediglich der Meinung, das wir letztlich nichts interessantes über das Bewusstsein lernen, weil es sich unserer objektiven Beobachtung entzieht?

Warum ist das mein Ansatz?
  • er ist schlank im Sinne von Ockham
  • er ist technisch sehr konkret
  • ich wüsste nicht, was ich konkret ändern sollte
  • er behandelt biologisches und künstliche Intelligenz und Bewusstsein möglichst analog
  • er ist bei weitem nicht ausgereizt (z.B. bzgl. der Größe der NNs und der Sensorik/Aktorik)
  • er enthält offenbar unerforschte Weiten, in denen durchaus Platz für Bewusstsein sein sollte (negativ könnte man auch von unerforschbaren Weiten sprechen)
__________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.

Ge?ndert von TomS (19.01.22 um 13:45 Uhr)
Mit Zitat antworten