Zitat:
Zitat von JoAx
|<a|Z>|² ist böse. Sie zerstört die ganze Idylle. Aber ohne sie geht es nicht.
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Nee, die Bornsche Regel ist nicht böse. Und ohne sie geht es wirklich nicht!
Daher verzichtet Everett zwar auf i) das Kollapspostulat sowie ii) die Bornsche Regel als
Axiome, er weiß aber sehr genau, dass er i) die "wechselweise füreinander unsichtbaren Zweige" sowie ii) die subjektiv und "Zweig-lokal anwendbare" Bornsche Regel aus den verbleibenden Axiomen als
Theoreme herleiten muss.
Darum dreht sich die Diskussion seit ca. 50 Jahren. Gerade
weil die Dekohärenz ohne weitere Annahmen auf diese "zweigartige" Struktur führt, und
weil sie damit den Messprozess als rein quantenmechanische, unitäre Wechselwirkung in völliger Übereinstimmung mit den verbleibenden Axiomen und allen anderen Prozessen erklären kann, erfreut sich die VWI zunehmender Beliebtheit. Sie ersetzt Annahmen, Postulate und Axiome durch Schlussfolgerungen und Theoreme.
Nur bei der Bornschen Regel ist man noch nicht zu einem allgemein überzeugenden Ergebnis gekommen. Zunächst mal muss man erklären können, wieso in einer objektiv deterministischen Welt subjektiv stochastischen Verhalten
möglich ist; das habe ich oben an einem einfachen Beispiel vorgeführt. Dann muss man begründen können, warum die Einführung von Wahrscheinlichkeiten logisch zwingend, überzeugend,
sinnvoll o.ä. ist; ich habe die philosophisch verzwickten Argumente dazu nie ganz verstanden, und sie sind auch nicht allgemein akzeptiert.
Es gibt jedoch einige mathematisch präzise Theoreme, die zumindest als Indizien dienen können, dass man auf dem richtigen Weg ist. Das wahrscheinlich wichtigste ist das
Gleasonsche Theorem; es besagt im Wesentlichen folgendes:
wenn man auf einem Hilbertraum ein Wahrscheinlichkeitsmaß konsistent definieren möchte, dann ist dieses
eindeutig festgelegt; es entspricht
zwingend der Bornschen Regel!!
Man vergleiche dies mit anderen mathematischen Strukturen wie z.B. den natürlichen oder den reellen Zahlen: hier sind Wahrscheinlichkeitsmaße nahezu beliebig definierbar.
Es fehlt allerdings noch das
warum:
warum sollte man überhaupt ein Wahrscheinlichkeitsmaß einführen, und
warum sollte man gewisse Koeffizienten, die aus der Dekohärenz folgen, als Wahrscheinlichkeiten interpretieren? Das sind die wesentlichen offenen Fragen im Umfeld der VWI.