Einzelnen Beitrag anzeigen
  #29  
Alt 28.03.12, 18:00
RoKo RoKo ist offline
Guru
 
Registriert seit: 12.11.2009
Beitr?ge: 996
Standard AW: Zum Emergenz- und Messproblem

Hallo Hawkwind,

Zitat:
Zitat von Hawkwind Beitrag anzeigen
Keine Ahnung, ob das jetzt nützlich war?
Ja, danke. Das war sehr nützlich. Ich hätte das nachfolgende nämlich so schön formulieren können wie du. [Da zeigt sich der Fachmann.]

Zitat:
.. Stell dir die Wellenfunktion vielleicht lieber als einen (Zustands-) Vektor im (unendlich-dimensionalen) Hilbertraum vor.

Du hast nun die Freiheit, in diesem Raum einen geeigneten Satz von Basisvektoren zu wählen. Komplette Sätze von Basisvektoren erhält man in der Quantenmechanik durch die entsprechenden Eigenzustände einer physikalischen Observablen (Energie, Impuls, Ort, ...).

D.h., du kannst deine Achsen z.B. ausrichten nach den möglichen Energieeigenwerten des Problems. Ein Orbital würde dann mit genau einer dieser Achsen zusammenfallen; die allgemeine Lösung des H-Atoms würde aber in eine beliebige Richtung zeigen, wäre eine Superposition. Die Projektion dieses Vektors auf die Achse zum Eigenwert E(n) hätte dann mit der Wahrscheinlichkeit zu tun, dass eine Energiemessung an diesem Zustand tatsächlich den Wert E(n) ergibt.Die Kopenhagener Deutung besagt nun, nach der Energiemessung zeigt der Zustandsvektor in Richtung genau der Achse, die dem gemessenen Energieeigenwert entspricht. Das ist der "Kollaps".
In einer anderen Basis (z.B. Orts-Eigenfunktionen) würde derselbe Zustandsvektor aber nun nicht mit einer der Achsen zusammenfallen, sondern entspräche einer allgemeineren Richtung in diesen Raum hinein, wäre eine Superposition (man würde bei einer Ortsmessung an einem Orbital ja eine ganzes Spektrum an Orten feststellen ( die "Wolke", wenn man denn oft genug misst). Nach der KD würde dein Zustandsvektor durch eine Ortsmessung nun auf die dem gemessenen Ort entsprechende Achse projiziert werden und wäre damit nun wieder in der Basis der Energieeigenfunktionen eine Superposition (beliebige Richtung).

Das Feature "Entartung" habe ich oben mal der Einfachheit halber außer Acht gelassen; es gibt unter Umständen auch schon mal mehrere "Richtungen" in so einem Hilbertraum, die demselben Eigenwert entsprechen; so einen Eigenwert nennt man "entartet" ("degenerate" in der englischen Literatur).
Die o.a. Freiheit hast du natürlich nur bei einem freien Atom.
Denn wenn du statt einer "Energiemessung" nun
a)eine Ortsmessung betrachtest und
b)bedenktst, dass jede lokale Wechselwirkung eine Ortsmessung ist (bzw. umgekehrt)
dann besagt nun die Quantenphysik, nach der Ortsmessung zeigt der Zustandsvektor in Richtung genau der Achse, die dem gemessenen Ortseigenwert entspricht. Das ist der "Kollaps".

Aus dieser Sichtweise "misst" ein Festkörper ständig sich selbst - oder genauer; seine rund 10^26 Atome machen das gegenseitig. Da gibt es keine Superpositionen mehr - ausser im Zeitraum zwischen zwei thermisch bedingten Kollissionen von zwei Atomen bis zur jeweils nächsten Kollission mit einem anderen Nachbar-Atom.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion
Mit Zitat antworten