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Alt 18.02.18, 16:54
Jan R. Jan R. ist offline
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Registriert seit: 20.01.2018
Ort: Bremen
Beitr?ge: 27
Standard AW: Die korrekte Formulierung und Herleitung der "Konstanz der Lichtgeschwindigkeit"

Hallo allerseits,

Zwei kurze Vorbemerkungen:

1. Hallo Soon, ich bin zwar tatsächlich Psychologe, aber ich kann Dir versichern, dass ich hier keine Psycho-Spiele spiele. Ich versuche, eine interessante und herausfordernde Kommunikation mit "Ich" fortzusetzen, die vor 10 Jahren begonnen hat.

2. Hallo JoAx, Du schreibst:
Zitat:
Zitat:
Zitat von A.E.
S und S' seien gleichwertige Bezugssysteme, d. h. diese Systeme mögen gleichlange Einheitsmaßstäbe und gleichlaufende Uhren besitzen, falls diese Gegenstande im Zustande relativer Ruhe miteinander ver- glichen werden. Es ist dann einleuchtend, daß jedes Naturgesetz, das in bezug auf S gilt, in genau gleicher Form auch in bezug auf S' gilt, falls S und S' relativ zueinander ruhen. Das Relativitätsprinzip verlangt jene vollkommene Übereinstimmung auch fur den Fall, daß S' relativ zu S in gleichförmiger Translationsbewegung begriffen ist. Im speziellen muss sich also für die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum in bezug auf beide Bezugssysteme dieselbe Zahl ergeben.
Grün - Relativitätsprinzip.
Rot - Invarianz der Lichtgeschwindigkeit.

Es sind zwei separate Bedingungen hier anwesend, nicht bloß eine.
Leider kann ich Dein Argument nicht nachvollziehen. Wo erkennst Du in dieser Aussage die Begründung für eine zweite separate Bedingung? Da steht klipp und klar: Aus dem Einsteinschen Relativitätsprinzip folgert Einstein unmittelbar diejenige Aussage, die Du bislang unter der Bezeichnung "KdL" für eine zweite separate Bedingung gehalten hast. Punkt.
Die Frage, die ich an Dich (wie auch an "Ich") hätte: welchen Sinn soll es haben, ein zweites Postulat aufzustellen, in dem noch mal explizit drinsteht, was sich aus dem ersten unmittelbar ergibt? Welchen Mehrwert soll das haben? Die SRT ist stets stolz darauf, dass sie besonders sparsame Grundannahmen macht, nämlich nur zwei. Wenn diese beiden praktisch identisch sind, dann könnte sie doch eine der beiden bedenkenlos einsparen. Also, das verstehe ich nicht.

3. Hallo Ich,
erst mal vielen Dank für Deine ausführliche Kommentierung meines letzten Beitrags. Und Du beklagst zu Recht, dass der zum Teil auf Dein Beispiel gar nicht zutrifft, weil es da nur einen Lichtstrahl gibt. Das stimmt. Ich habe beim erneuten Lesen meines Beitrags gemerkt, dass ich in ein allgemeines Beispiel abgerutscht bin, in dem es separate Lichtstrahlen in jedem KS gibt. Sorry.

Jetzt aber wirklich zu Deinem Beispiel. Ich hatte mir schon viele Gedanken darüber gemacht. Wobei mein Verständnis war, dass Du hier mit der Beschränkung auf einen Lichtstrahl in Bezug zu zwei KS eine eigenständige Variante zur Herleitung der SRT vertrittst. Heute morgen habe ich noch mal Einstein 1917 gelesen und konnte feststellen, dass er in seiner "gemeinverständlichen" Darstellung bereits genau dieses Beispiel verwendet.
Im Wesentlichen steht das in § 7 ("Die scheinbare Unvereinbarkeit des Ausbreitungsgesetzes des Lichtes mit dem Relativitätsprinzip."):

http://einsteinpapers.press.princeton.edu/vol6-doc/463 ff.

Also spare ich mir meine eigenen Überlegungen. Wir können anhand dieses Textes von Einstein direkt vergleichen, ob Du die beiden Postulate der "Konstanz der Lichtgeschwindigkeit" und des "Relativitätsprinzips" so verwendest wie Einstein selbst - oder nicht.

::::::::::::::::::::::::::: Postulate bei Ich ::::::::::::::::::::::::::::::::

Wenn wir uns Dein Beispiel angucken, können wir feststellen, dass Du nur Bezug auf das Postulat der "Konstanz der Lichtgeschwindigkeit" (in Deiner Formulierung) nimmst:

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Galileotrafo erfüllt also nicht die Anforderung, dass die Lichtgeschwindigkeit in allen Koordinatensystemen gleich ist.
Das Relativitätsprinzip kommt in Deiner Ableitung nicht vor. Dafür machst Du aber einige "selbstverständliche" Annahmen über die Ausbreitung des einen Lichtstrahls. Das sind Deine impliziten Zusatzannahmen:

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Wir stellen uns einen Zug vor, dessen Enden zu einem bestimmten Zeitpunkt mit den Enden des Bahnsteigs zusammenfallen. Zu genau diesem Zeitpunkt schlagen die besagten Blitze ein.
Etwas später treffen die Signale gleichzeitig in der Bahnsteigmitte ein. Der Punkt ist, dass sich dort zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die Mitte des Zuges befindet, weil der ein Stück weitergefahren ist.(...) Isso. Das ist noch keine Relativitätstheorie, sondern einfach eine Tatsache.
Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
...weil es keine solche "galileo-konforme" Erklärung gibt: In meinem Beispiel gibt es nur eine einzige "Lichtstrahl-Entität". Ihre Geschwindigkeit relativ zu sich selbst kann sich gar nicht um einen Betrag v unterscheiden, das ist Blödsinn.
Da hast Du recht. Ein Lichtstrahl ist ein physikalisches Objekt mit endlicher Geschwindigkeit. Wobei Geschwindigkeit immer etwas ist, was relativ zu einem Bezugssystem zu messen ist. Es ist schwer vorstellbar, dass sich ein Lichtstrahl in zwei Teile aufteilt und mit den beiden Teilen jeweils die Geschwindigkeit derjenigen Mess-Apparatur einnimmt, von der die entsprechenden Photonen gemessen werden.

Soweit Deine theoretischen Annahmen zur Herleitung der LT.

:::::::::::::::::::::: Einsteins Verwendung der Postulate :::::::::::::::::

Jetzt also zum Vergleich Einstein, 1917, S. 11 ff. Sein Szenario ist das gleiche wie bei Dir.
http://einsteinpapers.press.princeton.edu/vol6-doc/464
Was sind Einsteins theoretische Überlegungen? Er erläutert die Schwierigkeiten, die das
Zitat:
einfache Gesetz von der konstanten Lichtgeschwindigkeit c (im Vakuum)
bereitet. Die Schwierigkeit kommt daher:

Zitat:
Natürlich müssen wir den Vorgang der Lichtausbreitung wie jeden anderen auf einen starren Bezugskörper (Koordinatensystem) beziehen. Als solchen wählen wir wieder unseren Bahndamm.
Einstein nimmt also als gesetzt an, dass Licht sich im KS Bahnsteig mit c bewegt. Dann führt er den mit v bewegten Zug ein und fragt:

Zitat:
Wir fragen nach der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Licht- strahles relativ zum Wagen.
Mit Rückgriff auf eine vorher erläuterte Galileo-Berechnung schließt Einstein:

Zitat:
w ist die gesuchte Geschwindigkeit des Lichtes gegen den Wagen, für welche also gilt:
w = c - v.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtstrahles relativ zum Wagen ergibt sich also als kleiner als c.
:::::::::::::::::::::::::::::::: Zwischenstand :::::::::::::::::::::::::::
So, soweit erst mal. Jetzt zum Vergleich von dem, was Einstein bis hierher schreibt, zu Deiner Darstellung. Ich deute es so:
Deine impliziten Annahmen über das Verhalten eines einzelnen Lichtstrahls in Bezug zu zwei zueinander bewegten KS ("Zug bewegt sich eben weiter - isso. Licht kann ja schlecht zwei Geschwindigkeiten annehmen!") werden von Einstein explizit als Teil seiner Theorie formuliert. Und zwar unter dem Begriff "Konstanz der Lichtgeschwindigkeit". Es ist diese KdL, die Einstein erlaubt, Annahmen darüber zu machen, welche Geschwindigkeit das Licht im bewegten KS einnimmt. So, wie ich es geschrieben hatte:

Zitat:
"Wenn Licht sich in einem KS mit c bewegt, dann folgt daraus, dass es sich in allen anderen NICHT mit c bewegt."
Dem hattest Du widersprochen und etwas weiter unten behauptet:
Zitat:
Nein, eine solche Geschwindigkeitsdifferenz in K' kommt im ganzen Papier nicht vor. Erinnerst du dich nicht mehr, du hattest das falsch gelesen?
Nun, das obige Zitat scheint mir aber zu belegen, dass ich RICHTIG gelesen habe. Oder, wie siehst Du das?

Jetzt zu der Frage, mit was dieser Befund (im einen KS c, im anderen c-v) laut Einstein in Widerspruch steht:

:::::::::::::::::::::::: Einsteins Postulate - Fortsetzung ::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Zitat:
Dies Ergebnis verstößt aber gegen das im § 5 dargelegte Relativitätsprinzip.Das Gesetz der Lichtausbreitung im Vakuum müßte nämlich nach dem Relativitätsprinzip wie jedes andere allgemeine Naturgesetz für den Eisenbahnwagen als Bezugskörper gleich lauten wie für das Geleise als Bezugskörper. Das erscheint aber nach unserer Betrachtung unmöglich. Wenn sich jeder Lichtstrahl in bezug auf den Damm mit der Geschwindigkeit c fortpflanzt, so scheint eben deshalb das Licht- ausbreitungsgesetz in bezug auf den Wagen ein anderes sein zu müssen - im Widerspruch mit dem Relativitätsprinzip.

::::::::::::::::::::: Schlussfolgerungen :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Im Vergleich mit Deiner Herleitung zeigt sich, dass Einstein hier das Relativitätsprinzip in Stellung bringt, während Du auf die "moderne Fassung der KdL" zurückgreifst. Das steht aber im Widerspruch zu dem, was Einstein hier schreibt. Die genauen Ausführungen könnt ihr ja alle selber weiterlesen. Im Wesentlichen sagt Einstein hier:

1. Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: Wenn Licht sich in Bezug zu einem KS mit c bewegt, dann bewegt es sich in einem zweiten, mit v bewegten KS mit c-v.

2. Relativitätsprinzip: Licht muss aber in beiden KS den selben Wert haben.


Beide Aussagen sind laut Einstein unzweifelhaft richtig. Also muss irgendeine dritte entsprechend modifiziert werden. Das ist die Galileo-Transformation. FÜr diese Modifikation müssen KdL und Relativitätsprinzip kombiniert werden. Und wenn wir dann die Lorentz-Transformation haben, DANN bewegt sich das Licht in jedem KS mit c. Das ist die letztliche Schlussfolgerung. Aber nicht die Prämisse vor der Lorentz-Transformation.

Gut, soweit erst mal. Ich hoffe, ich habe meine Position unter direkten Bezug auf Einstein klarer gemacht. Und wenn ich mich geirrt habe, besteht ja die Möglichkeit, es anhand des Einstein-Textes aufzuzeigen.

Herzliche Grüße allerseits
Jan
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