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Alt 03.12.10, 17:58
Knut Hacker Knut Hacker ist offline
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Standard "QUALIA" - Bewusstseinsgrenzen

Qualia – die Grenzen unseres Bewusstseins

I Es ist unmöglich,
einem von Geburt an Blinden zu beschreiben, was Helligkeit, Dunkelheit, Farbe ist;
einem von Geburt an Tauben zu beschreiben, was ein Ton, ein Geräusch ist:
einem von Geburt an nicht mit Geschmackspapillen Ausgestatteten zu beschreiben, was ein Geschmack ist;
einem von Geburt an nicht mit Geruchsorganen Ausgestatteten zu beschreiben, was ein Geruch ist;
einem von Geburt an nicht mit einem Tastsinn Ausgestatteten zu beschreiben, was Berührungsempfindugen sind.

Diese Sinneseindrücke, die einer Beschreibung nicht zugänglich sind, bezeichnet man als Qualia:

http://de.wikipedia.org/wiki/Qualia

II Dieser Begriff ist jedoch erweiterungsfähig.

1) Auch psychische Gefühle wie z.B. Freude oder Leid sind nicht beschreibbar.

2) Das gilt schließlich auch für abstrakte Denkinhalte wie

a)Begriffe insbesondere folgender Kategorien:

kontradiktorisch (Ja/Nein; Sein/Nichts; Seiend/Nichtseiend; Wahrheit/Unwahrheit),
raum-zeitlich,
partikularistisch (Ganzes/Teil; Objekt/Subjekt),
reduktionistisch ( kausalistisch, funktionalistisch, entelechistsch).

und für

b)Denkoperationen wie

Verknüpfungen (raumzeitliche, logische, kausale),
Aussonderungen (Selektionen),
Verallgemeinerungen,
Unterscheidungen,
Vergleiche,
Wertungen (ästhetisch, ethisch).

Würden uns beispielsweise Alliens von fernen Galaxien besuchen, weil sie aufgrund eines nicht raumzeitlich orientierten Bewusstseins die für unsere Vorstellungen ungeheueren Entfernungen gleichsam durch einen Denkakt hätten überbrücken können, könnten wir ihnen nicht beschreiben, was für uns Raum und Zeit ist, geschweige denn, dass wir raumzeitliche Strukturen(Gerade, Fläche, Körper,Bewegung) darlegen könnten.Begännen wir beispielsweise, den Raum als Entzerrung der Einheit von Sein und Nichts in Teile zu erklären, wären das alles bereits räumliche Begriffe,die es doch gerade zu erklären gäbe.Oder wenn wir die Zeit als Entzerrung der Einheit von Sein und Nichts in ein Nacheinander erklärten, wären dies alles bereits zeitliche Begriffe.

III Diese Qualia im weitesten Sinne lassen sich nicht beschreiben, weil sie auf höchster Bewusstseinsebene angesiedelt sind und daher selbst erst Beschreibungen ermöglichen.

Unsere sinnliche Wahrnehmung ist in den Naturwissenschaften mit Hilfe von Beobachtungsinstrumenten so weit vorgedrungen, dass es Erscheinungen gibt, die mit unseren Begriffsschemata und Denkoperationen nicht mehr erfassbar sind (insbesondere in der Allgemeinen Relativitätstheorie und in der Quantenphysik) und nur noch rein formal – nämlich mit Hilfe einer an sie angepassten – Mathematik beschrieben werden können, nichts anderes, als wie in Platons Höhlengleichnis der befreite Gefangene seinen zurückgebliebenen Mitgefangenen die von ihm erfahrene Außenwelt der Ideen nur dahin beschreiben kann, dass sie seine Augen geblendet hatte.

IV Zum Teil handelt es sich bei den Qualia allerdings um Scheinbegriffe, nämlich lediglich um substantivierte Verben oder Adjektive. Das ändert aber nichts daran, dass dann eben diese Verben und Adjektive in ihrer Bedeutung nicht beschreibbar sind.

Drei Beispiele:

1) „Sein“ ist ein bloßes substantiviertes Verb. Es suggeriert einen Bewusstseinsgegenstand (Reifikation).

a) Wenn man sagt, dass etwas „ist“, dann ist dies eine Tautologie.
Aristoteles ( 384/3 – 322 v. Chr. ):
τὸ δὲ εἶναι οὐκ οὐσία οὐδενί
das Sein gehört nicht zum Wesen von etwas ( Analytica posteriora, II. 7 )

b) Wenn man sagt, dass etwas so oder so oder dies oder das „ist“, dann ist das eine Beschreibung von Eigenschaften oder Funktionen oder eine Synonymisierung (Andersbezeichnung) oder Klassifizierung.

c) Wenn man sagt, dass etwas „nicht ist“ oder „nicht so oder so ist“ oder „nicht dies oder das ist“, dann ist das nur eine Verneinung des Satzsubjektes oder einer Eigenschaft oder Funktion oder Gattungszugehörigkeit oder Identität.

d) Wenn man in Bezug auf etwas von „Sein“ spricht, dann ist das lediglich die Substantivierung eines Verbs, gleichbedeutend mit dessen verbalem Gebrauch.

e) Wenn man allgemein vom Sein“ spricht, dann ist das lediglich eine Substantivierung eines Verbs , die nichts Individuelles (Unterscheidbares) zum Gegenstand hat, sondern Synonym für „alles“ist. Das.Sein“ „ist“ also nur tautologisch.

f) Wenn man in Bezug auf etwas vom „Nichtsein“ spricht, dann ist das lediglich eine Substantivierung der Negation eines Verbs, gleichbedeutend mit dessen verbalem Gebrauch.

g) Wenn man allgemein vom „Nichtsein“ oder „Nichts“ spricht, ist das lediglich die Substantivierung eines verneinten Verbs, die nichts Individuelles (Unterscheidbares) zum Gegenstand hat, sondern Synonym für „alles nicht“ ist. Das „Nichtsein“, „Nichts“ „ist“ also nur begrifflich.


2) Auch „Bewusstsein“ ist lediglich eine substantiierte Verwendung des Adjektivs „bewusst“.Es ist nur die Bezeichnung einer Qualität bestimmter kognitiver Prozesse.Man spricht daher besser von „Bewusstheit“ oder „Erleben“.

3) Auch „Wille“ ist lediglich eine Bezeichnung eines qualitativen Zustandes unseres Erlebens.Er wird als „ frei“ erlebt.Doch ein immaterieller kognitiver Apparat ist ein Widerspruch in sich selbst.Im übrigen kann die Mechanik eines kognitiven Apparates nicht „frei“ sein: Gleicher Imput und gleiche Randbedingungen führen stets zum selben Ergebnis (output).

Wie schon für Freud sind nach den Erkenntnissen der Kognitions-Psychologie subpersonale Prozesse,die zu Handlungsentscheidungen führen, nicht bewusstseinsfähig.



Habt ihr weitere oder gar bessere Erkenntnisse?
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