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Alt 29.10.10, 02:20
ohmed ohmed ist offline
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Standard AW: Zeit.. existiert sie oder existiert sie nicht??

Die Frage nach dem Wesen der Zeit, warum nicht auch nach ihrer Existenz an sich, ist auch für mich sicherlich die faszinierendste Frage, die man sich stellen kann. Kann man sie auch beantworten?

Gibt es Zeit?
Gibt es denn Veränderungen? Gibt es Entwicklungen? Dann gibt es per Definitionem auch etwas, das wir Zeit, time, temps, tiempo,... nennen, denn jede Änderung einer Größe impliziert ja mathematisch eine Ableitung nach der Zeit.
Eine gängige ältere Beschreibung des Universums geht davon aus, dass die Zeit eine der 4 Koordinaten der Raumzeit ist, die durch die Existenz von Energie/Materie erzeugt wird. Natürlich ist das nur ein, eigentlich beliebiges, Modell. Man kann auch versuchen, ein Bild des „Seienden“ z. B in 12 oder 24 Dimensionen zu entwerfen. Selbstverständlich steht es jedermann auch frei, das Universum lediglich auf die geläufigen 3 Raumkoordinaten abzubilden. Dieses Modell ist nur eben nicht sehr nützlich, da sich die Struktur des resultierenden Modells lediglich auf die Angabe der Gesamtenergie und anderer zeitunabhängiger Erhaltungsgrößen des Universums beschränken würde, wobei der Energiesatz und die entsprechenden Erhaltungssätze trivialerweise durch die prinzipielle Unmöglichkeit der Veränderung aller Strukturgrößen impliziert sind. Damit kann man aber wenig Nützliches anfangen, da es uns ja hauptsächlich darum geht, zu leben, zu handeln, zu verstehen (d. h. uns vom Status des Nichtwissens hin zum Status des Wissens hin zu verändern, was immer wir unter "wissen" auch verstehen mögen) und vorherzusagen, welche Veränderungen wir unter bestimmten Umständen und Handlungweisen wahrscheinlich zu erwarten haben.
Heisenberg soll richtigerweise einmal gesagt haben: Die Wirklichkeit, über die wir reden können, ist nie die Wirklichkeit an sich.
Daran kann ja wohl auch nicht gezweifelt werden, da alles, was wir überhaupt von ihr wissen können, durch fast endlose Kaskaden von schon wegen der Unschärferelation prinzipiell nicht verlustfreier und nicht umkehrbarer Abbildungen gelaufen ist.
Da uns „die Wirklichkeit an sich“ auf keine Weise zugänglich ist, ist auch die Frage, ob es „Zeit“ „gibt“ prinzipiell sinnlos und die Antwort beliebig, da ja nicht überprüfbar. Eine sinnvolle Frage kann nur sein, ob Modelle des Universums, bzw. des Seienden, brauchbarer sind mit Einschluss des Begriffes der Zeit oder ohne Einschluss des Begriffes Zeit.
Da alle kommunizierten, ja sogar schon alle überhaupt nur irgend jemandem bewussten Modelle des Universums aus Begriffen der Sprache (zu der im weiteren Sinne auch die Mathematik gehört) bestehen, sollten sinnvollerweise die üblichen Regeln der Erkenntnistheorie für die Begriffsexplikation auch in der Naturphilosophie/Physik eingehalten werden:
1. Ähnlichkeit des Explikates und des Explikandums
2. Exaktheit des Explikates
3. Fruchtbarkeit (Nützlichkeit) des Explikates und möglichst zudem, unter der Voraussetzung von 1.-3., auch noch
4. Einfachheit des Explikates.

Man sagt übrigens auch: Mit dem Tod jedes Menschen verschwindet immer ein ganzes Universum.
Zumindest Sterben erscheint mir mit einer Veränderung, also mit einer Größe verbunden, die wir üblicherweise „Zeit“ nennen.
Ich tendiere deshalb dazu, dass Modelle des Universums, die eine Zeitgröße enthalten, eine fruchtbarere Beschreibung der Welt liefern als solche ohne Zeitkomponente, wenn auch die Eliminierung der Zeit aus dem Modell der Welt den großen Reiz einer sehr eleganten Lösung der unbeantwortbaren Frage hätte, was "vor" der Zeit unseres Universums "war" und was "nach" ihr "sein wird" oder auch "vor" und "nach" unserer eigenen persönlichen Zeit.

Grüße

Ge?ndert von ohmed (29.10.10 um 02:47 Uhr)
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